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Der Moment der Macht

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26.07.2015
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Der Moment der Macht

Ich betrat die Küche und schaltete das Licht ein. Ich betrachtete die Fotos, die mit bunten Magneten am Kühlschrank befestigt waren. Marie mit Freundinnen am Strand von Barossa im letzten Sommer. Marie, ihre Großmutter umarmend, davor eine große Geburtstagstorte auf dem Tisch. Marie neben ihrer Schwester, beide trugen Weihnachtsmützen und Wollpullover mit Rentieren darauf. Daneben ein Notizzettel, eine Einkaufsliste. Ich öffnete den Kühlschrank, nahm Wurst, Käse und eine Dose Coke heraus, griff zwei Scheiben Toast aus der Packung neben dem Kühlschrank und machte mir ein Sandwich. Ich setzte mich an den runden Küchentisch in der Mitte des Raumes, aß und trank. Es war totenstill im Haus und während ich aß und trank, schaute ich mich in der aufgeräumten Küche um. Durch die Reflexion im Fenster sah ich den Mann am Küchentisch. Er saß da, aß und trank. Er hatte acht Stunden an einem kleinen Schreibtisch in einem kleinen Büro verbracht und erledigte kleine, unbedeutende Dinge, die ihn langweilten. Er sah aus wie ein ganz normaler, durchschnittlicher Kerl. Er hatte einen kurzen, akkuraten Haarschnitt, trug eine Brille und führte eine Beziehung mit einer Frau, die ihn langweilte. Und nun saß er hier in der Küche. Ich schaute auf die Uhr. Es war kurz nach zehn. Ich trank den letzten Schluck Coke, warf die leere Dose in den Mülleimer, spülte den Teller ab und stellte ihn zum restlichen Geschirr neben die Spüle.

Ich ging durch den schmalen Flur zum Wohnzimmer, blieb in der Tür stehen und schaute mich um. Auf dem Couchtisch stand ein benutztes Weinglas, daneben eine Flasche Wein. Das Wohnzimmer war klein, aber gemütlich. Ich zuckte zusammen, als die Stille plötzlich durch das schrille Klingeln eines Telefons zerrissen wurde. Es klingelte drei, vier Mal, dann ging der Anrufbeantworter an.
„Hallo Marie, hier ist Mama. Ich wollte nur kurz Bescheid geben, dass wir uns morgen Abend um halb acht im Restaurant treffen, vorher schafft es deine Schwester leider nicht. Die Reservierung habe ich geändert. Wahrscheinlich schläfst du schon, mein Schatz. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Bis morgen. Ich hab dich lieb.“
Das rote Licht am Telefon blinkte und es war wieder still. Marie war bereits vor einer guten Stunde ins Bett gegangen, schlief vermutlich schon tief und fest. Sie hatte einen harten Tag auf der Arbeit. Ich drehte mich um, ging zur Treppe und während ich leise die Stufen hinauf schritt, betrachtete ich im Vorbeigehen die Bilder an der Wand. Sie zeigten Familie und Freunde, alle sahen fröhlich und unbeschwert aus, lächelten oder machten Grimassen. Ich erreichte die oberste Stufe der Treppe und blickte den Flur entlang, dann stand ich vor der Schlafzimmertür.

Ich öffnete sie leise und trat hinein, ohne das Licht einzuschalten. Ich setzte mich auf die Bettkante. Marie lag da, ganz ruhig. Nur ihre Brust bewegte sich, hob und senkte sich in einem gleichmäßigen Rhythmus. Einzelne Strähnen ihrer langen, blonden Haare hingen ihr im Gesicht. Ich strich sie ihr zurück hinters Ohr. Sie war Mitte Zwanzig, hatte vor einem Jahr ihr Studium beendet und war nun dabei, Karriere in einer Marketingfirma zu machen. Sie war eine schöne Frau, zweifellos. Aber das war nicht wichtig. Es war nichts Sexuelles. Es ging um Macht. Das Gefühl der Macht, wenn das Leben eines Menschen in den eigenen Händen liegt. Es war ein befreiendes Gefühl. Ich griff in die Tasche meiner Jacke und zog zwei schwarze Lederhandschuhe heraus. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und das Leder knarzte. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Als ich ihren zarten Hals umfasste, riss Marie die Augen auf. Sie starrte mich an, blickte in das Gesicht eines ihr völlig fremden Mannes. Noch bevor sie einen Schrei von sich geben konnte, erhöhte ich den Druck. Sie wehrte sich, zerrte an meinen Armen. Ich blickte in ihre angsterfüllten Augen und spürte diesen Moment der Macht. Und ich genoss diesen Moment. Mein Puls raste. Während sie erfolglos versuchte, sich von meinem Griff zu befreien, konzentrierte ich mich auf den panischen Ausdruck in ihren Augen. Die kleinen Äderchen darin waren bereits geplatzt und ihr Gesicht wurde blass-blau. Dann wurde sie schwächer, ihre Hände ließen langsam von mir ab. Sie zuckte noch einige Male heftig. Dann lag sie nur noch da, regungslos, als würde sie wieder schlafen. Doch in ihren Augen schien die Panik wie eingefroren. Einzelne Strähnen ihrer langen, blonden Haare hingen ihr im Gesicht. Ich strich sie ihr zurück hinters Ohr. Mein Herzschlag beruhigte sich wieder. Ich stand auf, zog die Handschuhe aus und steckte sie zurück in die Jacke.

Ich ging die Treppe hinunter, vorbei an den Bildern mit den fröhlichen, unbeschwerten Menschen. Das rote Licht am Telefon blinkte und es war still. Die Glasscherben der zerbrochenen Scheibe der Hintertür knirschten unter meinen Sohlen, als ich das Haus verließ. Ich setzte mich in meinen Wagen, den ich schräg gegenüber vom Haus geparkt hatte und von dem aus ich Marie beobachtet hatte. Wie sie spät von der Arbeit nach Hause gekommen war, wie sie zum Abschalten ein Glas Wein getrunken hatte. Und wie sie ins Bett gegangen war. Ich startete den Wagen, steckte mir eine Zigarette an und fuhr los. Ich fühlte mich gut. Ich hatte mich danach immer gut gefühlt, erleichtert. Als könnte ich jedes Mal etwas bei ihnen lassen.

Ich bog in die Auffahrt ein und stellte den Wagen ab. Ich schaute auf die Uhr. Es war halb zwölf. Als ich die Haustür aufschloss, stand Lisa bereits im Flur. Wo ich gewesen sei, wollte sie wissen. Ob es zu viel verlangt sei, dass ich anrufe, wenn ich nach der Arbeit noch unterwegs bin. Sie sagte, sie habe es satt. Sie hatte Tränen in den Augen. Ich küsste sie auf die Wange, sagte, es täte mir leid. Sie drehte sich um und verschwand ins Schlafzimmer, knallte die Tür hinter sich zu. Ich betrat die Küche und schaltete das Licht an. Am Kühlschrank hingen keine Magneten und keine Fotos. Ich schaute mich um. Die Küche war unaufgeräumt, dreckig. Ich setzte mich an meinen Laptop. Das Profil von Marie war noch geöffnet. Bilder von ihrem Urlaub in Barrosa, von ihrer Großmutter und ihrer Schwester, von Familie und Freunden. Und ihr letzter Eintrag:
„Auf der Arbeit war heute die Hölle los! Gleich geht’s in den verdienten Feierabend und dann ab ins Bett. Bis morgen!“

 
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Hola DerFred,

sei willkommen im Klub!

So, also Horror, Krimi, Spannung – dann kann’s ja losgehen. Ja, das fängt gut an, liest sich glatt und geschmeidig, ich bemerke Deine Routine. Und null Fehler!

An dieser Stelle jedoch

Marie mit ihrer lächelnden Großmutter im Arm, ...
würde ich ... ihre lächelnde Großmutter umarmend ... oder ähnlich schreiben, denn ‚im Arm’ hält man ein Baby.

Dreimal ...

... aß und trank. Es war totenstill im Haus und während ich aß und trank, ...
Er saß da, aß und trank.
... ist viel, doch Du benutzt es als Stilmittel. Aber vielleicht würde man einen schon berühmten Autor dafür genial nennen.

Auch hier die zweifache Ausgabe:

Einzelne Strähnen ihrer langen, blonden Haare hingen ihr im Gesicht. Ich strich sie ihr zurück hinters Ohr.
Einzelne Strähnen ihrer langen, blonden Haare hingen ihr im Gesicht. Ich strich sie ihr zurück hinters Ohr.
Das ist zwar ungewöhnlich, aber der Autor bist Du.

Marie mit Freundinnen am Strand von Barossa im letzten Sommer.
Das Profil von Marie war noch geöffnet. Bilder von ihrem Urlaub in Barrosa, ...
Dito. Originelle Idee auf jeden Fall.

Ich hatte mich danach immer gut gefühlt, erleichtert. Als könnte ich jedes Mal etwas bei ihnen lassen.
Da hat er ja schon einiges auf dem Kerbholz! Trotzdem finde ich, dass die Tags nicht gut eingelöst sind.
Horror kann ich nicht erkennen. Ein Kerl tötet, um Machtphantasien auszuleben. Steht in jeder Tageszeitung so ähnlich.
Krimi? Ähm – die Scheibe ist kaputt.
Spannung. Ja, das wäre die Rettung! DerFred, nimm’s nicht krumm, aber ich kann keine Spannung empfinden. Dein perfekter Text liest sich nicht sehr aufregend; gewiss, der Typ ist Buchhalter – und buchhalterisch präzise wird auch alles beschrieben. Aber es läuft doch sehr geordnet und wohltemperiert ab. Vielleicht könnte etwas Psycho die Sache aufpeppen?

Aber schreiben kannst Du wie eine Eins!
José

 

Hallo josefelipe,
vielen Dank für Dein Feedback! Ich habe gestern Abend immer mal wieder nachgeschaut, ob jemand meinen Text - den ersten, den ich in der Art veröffentliche - bereits kommentiert hat... das waren quälende Stunden voller Selbstzweifel... :D Aber da Du scheinbar ein wenig Talent in mir siehst, hat mich Dein Kommentar auf jeden Fall gefreut!

Deine Anmerkung

denn ‚im Arm’ hält man ein Baby
habe ich sofort übernommen.

Die Arbeit mit den Wiederholungen und dem Aufgreifen von einzelnen Sätzen fand ich für mich sehr interessant, da es die Langeweile des Prot. und die vermeintliche Normalität der Situation verdeutlichen sollte - im Nachhinein bin ich mir aber nun nicht mehr so sicher, ob der Leser davon genau so überzeugt ist wie ich...

Zum Thema Spannung: Du liegst mit Sicherheit richtig! Meine Idee war es, diesen Mann zu zeigen, wie er in einem Haus, welches seins zu sein scheint, ganz normale Dinge tut. Dann sollte dieses Aha-Erlebnis folgen, wenn der Leser merkt, "hier stimmt was nicht, das ist nicht sein Haus". Für einen anständigen Spannungsbogen reicht das vermutlich nicht aus.

Ich werden mich wieder an die Geschichte ransetzen und den Plot zwischen Mord und Heimkehr erweitern. Sie ist ja ohnehin recht kurz gehalten ;-)

Also, nochmals vielen Dank!

Der Fred

 
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Hallo DerFred

Zum Thema der diversen Wiederholungen möchte ich sagen, dass mir das als stilistisches Mittel sofort positiv auffiel und das zumindest bei mir genau die Wirkung erzielt hat die du beschrieben hattest. Natürlich dachte auch ich zuerst, dass sich der Protagonist in seinem eigenen Haus befindet, wie sollte man auch etwas anderes denken, schließlich isst und trinkt er ja, kennt offensichtlich auch den Bauplan des Hauses. Ich war geringfügig überrascht als er sich die Handschuhe anzog um "seine" langweilige Frau zu erwürgen, zugegebenermaßen auch etwas enttäuscht weil das einfach langweilig wäre. Das Ende der Geschichte fand ich dementsprechend nicht nur gut, sondern auch erleichternd. Mir hat deine Geschichte gut gefallen, Danke!

Bone

Edit: Ich weiß nicht ob das daran liegt, dass ich mich vor dem Lesen deiner Geschichte einem Simpsons Marathon ausgeliefert habe, aber ich hatte bei der Beschreibung des Hauses immer das Gefühl er durchschreitet gerade das Haus der Simpsons :D Ich vermute mal das ist reiner Zufall.

 

Hallo BoneBeats,

auch Dir vielen, vielen Dank! Das positive Feedback freut mich wirklich.

Das Haus der Simpsons hatte ich allerdings nicht im Kopf... Deine Assoziation liegt wohl tatsächlich in Deinem Simpsons-Marathon begründet. Solange Du Dir die Charaktere nicht gelb vorgestellt hast, ist das aber in Ordnung, denke ich ;-)

Mit bestem Dank,
Der Fred

 

Nach der äußerlichen Beschreibung des Protagonisten hatte ich tatsächlich die, nicht gelbe und durchaus menschliche, Gestalt von Waylon Smithers vor Augen :D

 
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Hey Fred

BoneBeats wurde an The Simpsons erinnert und ich ein wenig an Dexter Morgan :D

Ich finde, du kannst schreiben. Sehr nüchtern geschrieben, wie ich finde, ja fast schon emotionslos, und wenn Emotionen, dann zwischen den Zeilen - transportiert. Ich finde, dass dadurch schon Spannung aufkommt und es passt auch zum Protagonisten. Man schaut dem Kerl, die ganze Zeit, gefühlt über die Schultern und du erzählst so von der Sache. Gerade bei solchen Geschichten, hätte ich es aber lieber aus der Sache erzählt zu bekommen - also mehr auch in die Gefühlswelt des Prot. zu dringen und so auch mehr Informationen darüber zu bekommen, wieso er das macht.

So, bin ich auch selbst - ganz emotionslos bei der Sache. Mich juckt es gar nicht, dass die Marie stirbt - was auch wiederum erschreckend ist. Vielleicht sogar deine Intention. Marie ist für mich nicht wirklich greifbar, ich kenne sie nur von Bildern.
Aber gerade, als dann die Erklärung kam, es ginge um Macht, ja das hab ich dann halt einfach zur Kenntnis genommen und abgenickt - ohne dann weiter darüber nachdenken zu müssen. Da hätte ich mir gewünscht, nochmal präziser zu werden, vielleicht auch, indem du den Bogen zu seinem langweiligen Alltag spannst.
Und da ist für mich mein Problem an deiner kleinen Geschichte hier, mir ist der Prot. zu unnahbar und dadurch bin ich auch, während dem Lesen, nur teilnahmslos dabei und nicht mittendrin - mit aufgerissenen Augen und einem Saugen an der Unterlippe.

Aber versteh mich nicht falsch, ich habe es gern gelesen, da es gut geschrieben ist und mir die Idee auch gefällt, doch so richtig hast du mich nicht gepackt und ich glaube, da könnte man noch mehr rausholen.

Ich hatte Hunger.
Braucht es den Satz überhaupt?

Wünsche dir noch einen schönen Abend und Willkommen hier! :)
Lieben Gruß
Simba

 

Hallo Simba!
Vielen Dank für Dein Feedback.
Die Kritik kann ich auf jeden Fall nachvollziehen. Den Prot. für den Leser zu Beginn greifbarer zu machen intensiviert dann vielleicht auch das "Aha"-Erlebnis, wenn der Leser merkt, dass er doch nicht so der durchschnitts-Typ ist.
Ich freue mich aufs Wochenende - dann werde ich mich nochmal ran setzten und schauen, was ich an Euren Ideen eingebaut bekomme.
Und dann würde es mich freuen, wenn der ein oder andere von Euch nochmal liest ;)

Es bedankt sich bei Simba,

der Fred

 

Hi, das ist bisher meine Lieblingsgeschichte auf dieser Seite, ich bin zwar nicht lange dabei aber trotzdem.
Die Aß und Trank Wiederholung find ich nicht störend, aber wenn du meinen Senf hören willst, "angsterfüllte Augen", würde ich nicht zweimal verwenden, irgendwie hat mich das gestört. Vielleicht weil die Wirkung bei der zweiten Wiederholung ausbleibt?

Grüße

 

Hey Matthew!
Wow - vielen Dank für das tolle Kompliment!
Deine Anregung nehme ich dankend an.

Froh über die tollen Reaktionen verbleibt,

der Fred

 

Hallo Maria,

lieben Dank für Dein Feedback! Freut mich, dass Du die Geschichte für stilistisch ordentlich hälst, auch wenn ich Dich mit dem Inhalt nicht überzeugen konnte. Vielleich schaffe ich es bei der nächsten Geschichte, den "Orgasmus"-Moment so hinauszuzögern, dass auch Du in Ekstase kommst ;) Mir scheint, Du bist eine harte Kritikerin, also sollte ich mir das vielleicht als Ziel setzen.

Aber auf jeden Fall vielen Dank, dass Du gelesen und kommentiert hast!
Der Fred

 
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„§ 16. Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer
sozialen Beziehung den eignen Willen auch gegen
Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese
Chance beruht.
Herrschaft …
[…]
1. Der Begriff »Macht« ist soziologisch amorph. Alle
denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle
denkbaren Konstellationen können jemand in die
Lage versetzen, einen Willen in einer gegebenen
Situation durchzusetzen. Der soziologische Begriff
der »Herrschaft« muß daher ein präziserer sein und
kann nur die Chance bedeuten: für einen Befehl Fügsamkeit zu finden.“
Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft​
Sie war eine schöne Frau, zweifellos. Aber das war nicht wichtig. Es war nichts Sexuelles. Es ging um Macht. Das Gefühl der Macht, wenn das Leben eines Menschen in den eigenen Händen liegt. Es war ein befreiendes Gefühl.

Hallo und herzlich willkommen hierselbst,

DemFred!

Warum fahr ich schweres Geschütz auf von dem, der als erster Politik als Bohren von dicken Brettern bezeichnete?

Weil Deine kleine Studie, ohne in Gefühlsduseleien zu verfallen, buchstäblich Macht darstellt, denn die höchste Ausprägung der Macht erreicht der hERr über Leben und Tod, dass wir Macht gar nicht erst – wie weiland Max Weber – über ihre Institutionalisierung in der hERrschaft nachdenken müssten. Der hERr ist zugleich der „Sense!“-Mann. Das ist praktisch und spart – in neoliberaler Zeit selbst staatlicherseits ja auch gewollt – Kosten (ob Stunden- oder Akkordlohn). Das bisschen Leben da im Bett … (hör ich jemand rufen, fauler Sack? ... und die meisten sterben bekanntlich darin. Darum gehört in eine betriebswirtschaftliche Betrachtung Gefühlswelt ausgeschlossen

Es war nichts Sexuelles

Naja, wen der Herzschlag im Bett erwischt, dem kommen schon mal heiße Gefühle bis zum Schweißausbruch, aber auch zugleich i. d. R- die Erlösung.

Am Anfang fallen natürlich die Wiederholungen (vor allem „ich“) auf - hastu Angst vor Ellipsen? Die brächten freilich so was wie Aggressivität hinein. Beispiel? Lieferstu selbst mit den „Fotos“ am Kühlschrank. Das Spiel könnt der Ich-Erzähler mit sich selbst treiben. Was verlöre der Text bei einem solchen Anfang

Ich betrat die Küche und schaltete das Licht ein. […B]etrachtete die Fotos, die …

Ließe sich bequem der Egoismus maskieren. Und, zugegeben, was wissen wir übers Opfer, außer dass es hübsch wäre? Vielleicht ist es ja ein Akt der Befreiung. Für den Erzähler. Für das soziale Umfeld. Für … weiß der Deibel was … Denn wer schläft in modern times wenns klingelt? Man muss doch zeitnah, so das moderne Wort für das schlichte sofort, antworten, erst recht, wenn’s das lieb Mütterlein ist … oder für immer schweigen.

Trivialeres

… und führte eine Beziehung mit einer Frau, die ihn langweilte.
Was vordergründig für eine Ersatzhandlung spricht.

Ist „führen“ (= Herrschaft) das richtige Wort? Die meisten Beziehungen enden in der Kiste - daher auch die Wortzusammenfügung – und wir wissen ja, wo das teutsche Führertum endete (die Briten nehmen das “ship“, sind halt Insulaner und schippern durch Relationen … naja, zugegeben, Seenot ist auch nicht schön), Herrschaft wird vererbt. Wär ich ohne Piketty nie, ehrlich!, drauf gekommen ...

Vllt. – ich merk, dass ich jetzt Ironie überschreite, aber Literatur lebt von der Übertreibung.

…, lächelten oder machten Grimassen.
Warum das dumme „machen“? Warum nicht „ziehen“?

Ich strich sie ihr zurück hinters Ohr.
Warum drei Pronomen? Übers an sich entbehrliche ich haben wir schon gesprochen. Bleiben noch zwo!

Nun gut, ich trau dem einen oder andern Dussel zu, dass er nicht mitbekommen hat, wessen Haar gemeint sei. Aber – da bin ich von überzeugt – Du schreibst nicht für Forrest Gump & Co. Oder?

Während sie erfolglos versuchte, sich von meinem Griff zu befreien, …
Ähnlich hier, von wessen Griff sonst? Es reichte ein „vom“ …

Hier missrät Dir für zwo Wimpernschläge der Konjunktiv I

Wo ich gewesen sei, wollte sie wissen. Ob es zu viel verlangt sei, dass ich anrufe, wenn ich nach der Arbeit noch unterwegs [sei/ besser: wäre, der Hausdrachen (s. o.) bezweifelt m. E. (so genau kenn ich ihn nicht) alles, was er – hätte er’s denn getan – am Telefon erzählt hätte]. Sie sagte, sie habe es satt.

Schön, dass wir etwas artigeren Menschen mit der Vorsilbe bös uns kennengelernt haben!

Gruß

Friedel,
der den Namen ja nur zur Tarnung verwendet, in Wirklichkeit ist er ja hierorts unter Kriegern assimiliert …

 

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