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Der-Miese-Tage-Katalysator

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18.06.2013
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Der-Miese-Tage-Katalysator

Bester Freund 2.0

Tim Morgan wickelte sich seinen Schal um den Hals und trat auf die Veranda, um auf den Schulbus zu warten. Der Wind trieb den Regen so unbarmherzig vor sich her, dass Tim die ersten eisigen Tropfen bereits auf seinem Gesicht spürte, während er sich noch unter dem schützenden Dach der Veranda befand. Wie passend. Miese Tage, mieses Wetter. Aber selbst strahlender Sonnenschein hätte diesem Tag nicht weiter geholfen. Zwei Turnstunden mit dem Coach waren genug, um jeden Tag zu verderben. Tim atmete tief durch und machte sich bereit, dem Vormittag ins Auge zu blicken. Als er die Lichter des Schulbusses am anderen Ende der regenverhangenen Straße erkannte lief er los, um rechtzeitig vor der Gartentüre zu stehen. Schon beim ersten Schritt stieß er allerdings mit dem Schienbein schmerzhaft gegen ein Hindernis, mit dem er mitten auf seiner Veranda nicht gerechnet hatte. Tim blickte auf den Boden und vergass den Regen, den Schulbus und sogar die drohende Turnstunde. Das Hindernis war ein Paket, ein ziemlich großes sogar, und auf der Vorderseite stand sein Name. Tim hatte keine Ahnung, wer ihm so etwas Großes geschickt haben könnte und er hätte zu gern einen Blick hinein geworfen. Dummer Weise hatte seine Mutter eine sehr deutliche Meinung über das Öffnen von Post. Er würde wohl bis sie heimkam damit warten müssen. Bis dahin wollte er sein Paket zumindest in Sicherheit bringen, was sich allerdings schwieriger gestaltete als gedacht. Die Regentropfen prasselten unbarmherzig auf den Karton und er war so schwer, dass Tim keine Chance hatte, ihn ins Haus zu schieben. Ihm lief die Zeit davon, der Schulbus bog bereits um die Ecke. Hastig zog er seine Jacke aus und breitete sie über das Paket, dann rannte er nur im T-Shirt durch den strömenden Regen bis zum Bus.

Das Wetter besserte sich auch bis zur Mittagspause nicht und Tim war der einzige, der die große Pause im Schulhof verbrachte. Das war das Gute an schlechtem Wetter. Außer ihm würde sich keiner nach draussen verirren und so konnte auch niemand einen Blick in die Pausenbox werfen. Und das war wichtig. Verdammt wichtig sogar. "Sei doch einfach einer von den Jungs" hatte seine Mutter heute Morgen beim Schmieren der Brote gesagt. Aber so etwas war schwer. Und die kleine Brotautos mit Fenstern aus Gurken und Tomaten in seiner Pausenbox waren dabei einfach ... nicht hilfreich.

Bis zum Beginn des Turnunterrichts waren es noch fünf Minuten und Tim ging langsam durch den Regen in Richtung Turnsaal. Es gab keinen Grund, mehr Zeit als notwendig in der Nähe von Coach Bitburg zu verbringen. Erst als er den schrillen Pfiff hörte, der den Beginn der Stunde signalisierte, betrat er leise den Turnsaal und suchte sich einen Platz am Ende der Reihe, die sich vor dem Coach gebildet hatte. Mr. Bitburg hatte diesmal zwei Hindernisse mit Stangen aufgebaut und erzählte gerade etwas von Griechen und gesunden Körpern. Tim hatte nur Augen für die Stangen. Er hatte es noch nie auch nur bis zur untersten Markierung geschafft und er hatte so seine Zweifel, dass sich in den nächsten Minuten daran etwas ändern würde.

Der Coach blies in die Trillerpfeife, die selbst außerhalb der Turnstunden immer um seinen Hals hing, und bezog Position auf seinem Lieblingsplatz in der obersten Reihe der kleinen Tribüne des Turnsaals. Er mochte es, hier oben die Turnstunde mit einem zweiten Frühstück zu verbringen, während seine Schüler mit dem Parcours beschäftigt waren. Genüßlich bereitete er den Sportteil der Milton News auf seinen Knien aus während seine Schüler begannen, sich mit mehr oder weniger großem Einsatz über den Parcours zu bewegen.

Als Tim sich der ersten Stange im Parcours näherte begann ihn paar Jungs lautstark anfeuern. Sie konnten es offensichtlich kaum abwarten, dass Tim seinen Versuch an der Stange machen würde.

"Komm schon, Tim!"
"Zeig uns, was du drauf hast!"

Natürlich sie achteten darauf, dass ihre Rufe wie nette kleine Anfeuerungen klangen. Keiner der Jungs wagte es in Gegenwart von Coach Bitburg unsaubere Worte zu benutzen. Tim wusste trotzdem genau, was sie ihm damit sagen wollten. Ein kurzer Versuch würde ihnen nicht reichen.

"Gib alles, Kleiner!"

Tim hielt sein Gesicht tief über den kleinen Kübel mit Talk gebeugt, damit niemand seinen Kummer sehen konnte und rieb er seine Hände sorgfältig mit dem feinen Puder ein. Zur Sicherheit auch noch ein zweites Mal. Dann trat er dicht an das graue Monster heran und umfasste das glatte Metall so fest wie möglich. Mit einem Sprung gewann er ein wenig Höhe und schaffte es, sich ein Stück hinauf zu ziehen. Er klammerte sich an die Stange und bemühte sich, keinen der wertvollen Zentimeter zu verlieren während er seine Kräfte sammelte für den Aufstieg. Alles, alles nur nicht rutschen. Aber er fühlte sich schwer. So verdammt schwer. Die glatte Stange ließ seine Hände unbarmherzig und mit einem leisen Quietschen nach unten gleiten. Seine Hände brannten, das harte Metall schlug ihm schmerzhaft gegen den Knöchel und er landete hart auf seinem Hintern. Das Lachen der anderen Jungs hallte laut von den Wänden des Turnsaals wieder und Tim war sich sicher, dass er soeben sein letztes bisschen Würde verloren hatte. Er hielt den Kopf einen Augenblick gesenkt und hoffte, dass er auf magische Weise endlich die Fähigkeit entwickeln würde, unsichtbar zu werden. Wenn das Universum ihm Superkräfte geben wollte, dann wäre jetzt ein verdammt guter Zeitpunkt dafür. Das Universum schien allerdings anderweitig beschäftigt zu sein.

Als die Schulglocke drei Stunden später das Ende der letzten Stunde verkündete war Tim der Erste, der das Schulgebäude verließ. Er verzichtete darauf, den Schulbus zu nehmen, der erst in einer halben Stunde abfahren würde, und lief zu Fuß die Allee entlang. Er war entschlossen, sein Paket keine Sekunde länger als notwendig unbewacht auf der Veranda stehen zu lassen.

Als er schließlich davor stand kam es ihm noch geheimnisvoller vor, als er es in Erinnerung gehabt hatte. Er betrachtete es von allen Seiten. Es war keine Spur von einem Absender zu sehen und so groß wie es war konnte alles Mögliche drinnen sein. Er musst einfach einen Blick hinein werfen, schließlich war es das erste Paket, dass er jemals geschickt bekommen hatte. Nur ein Blick. Dann würde er es wieder verschliessen und auf seine Mutter warten.

Er hatte das Gefühl, die ganze Welt würde gespannt den Atmen anhalten, als er vorsichtig begann das Papier aufzureissen. Nach drei Schichten Packpapier und ziemlich vielen Luftpolstern entdeckte er schließlich ein silbernes Glitzern. Wenige Augenblicke später hielt er einen Roboter im Arm, der sich überraschend schwer anfühlte für ein Spielzeug. Tim erkannte ihn sofort.

Er hatte den Robo300X letztes Jahr zu Weihnachten im Katalog von Toys and More entdeckt und das Bild wochenlang unter seinem Kopfkissen aufbewahrt, um es vor dem Einschlafen bewundern zu können. Tim wusste, dass dieser Roboter sein allerbester Freund sein würde. Genau das hatte schließlich im Katalog gestanden.

Die Sonne ließ das Metall des Robo300x funkeln und Tim drückte so sanft auf den Einschaltknopf, als würde er einen zarten Schmetterling berühren und nicht einen halben Meter massives, glänzendes Metall. Der Roboter schwenkte die silbernen Augenlieder nach oben und richtete seinen Blick auf Tim. Er schien tief in ihn hinein zu sehen. Tim hatte nicht damit gerechnet, dass der Roboter so lebendig aussehen würde und machte erschrocken einen Schritt zurück. Dabei verfing sich sein Fuss in den Papierresten und er landete hart auf seinem Hintern. Verdammt. Genau wie im Turnsaal. Würdeloser ging es nun wirklich nicht. Wenn er so weiter machte würde er sogar von einem Roboter ausgelacht werden.

Doch statt zu lachen riss der Robo300x mit einem leisen Quietschen seine Arme in die Höhe, wankte einen Moment lang schwerfällig und schien dann den Kampf um sein Gleichgewicht zu verlieren. Er landetet mit einem dumpfen Plumps auf dem Boden. Tim blieb fast das Herz stehen, denn das sah ganz nach einer Fehlfunktion aus. Zu Tims Überraschung setzte sich der kleine Roboter allerdings sofort wieder auf und ließ ein fröhliches Pfeifen hören, so als fände er den kleinen Unfall ziemlich lustig. Tim musste lächeln, als der Roboter erneut dramatisch die Arme in die Luft hob und sich fallen ließ. Tim tat es ihm gleich. Er hatte das Gefühl, dass sie gerade einen ganz besondern Witz mit einander teilten.

Tim beschloss herauszufinden, was der Roboter sonst noch für Tricks auf Lager hatte. Irgendwo in diesem Karton würde es bestimmt eine Bedienungsanleitung geben. Er begann sich durch den Berg aus Verpackungspapier und Schutzfolie zu wühlen und nach wenigen Minuten war die Terasse bedeckt mit Styroporbällchen und Packpapier. Von der Bedienungsanleitung war allerdings noch immer nichts zu sehen. Tim war ein wenig ratlos und ließ sich vor der Kiste auf den Boden sinken. Der Roboter glitt lautlos an seine Seite und ließ eine Folge kleiner, melodischer Pfiffe hören. Tim vermutete, dass er ihn mit dem kleinen Lied aufheitern wollte und drehte sich zu ihm um.

Ping.

Eine kleine Papierkugel traf Tim präzise zwischen die Augen. Noch bevor Tim ganz verstanden hatte, was passiert war, begann der Roboter blitzschnell ein weiteres Stück Papier zu einer Kugel zu formen. Dann holte er aus und traf Tim damit an der Schulter. Und das, so fand Tim, war eindeutig eine bessere Aufheiterung als eine kleine Gesangseinlage. Er startet den Gegenangriff und wenige Minuten später hatte sich das Gefecht von der Terrasse über den Garten bis zu den Rosenbüschen ausgedehnt. Tim schaffte es, den Roboter in das Eck zwischen den Rosenbüschen zurückzutreiben und wollte gerade seinen Sieg erklären, als er hinter sich eine Stimme hörte. Es waren nur zwei Worte und sie wurden sehr leise gesprochen. Gefährlich leise.

„Timothy Morgan“ sagte die Stimme. Es war nie ein gutes Zeichen, wenn seine Mutter seinen vollen Namen benutzte.

„Was ist nur in dich gefahren? Hast du eines meiner Pakete geöffnet? Und was in aller Welt hast du dann damit getan? Hier sieht es aus als wäre eine ganze Papierfabrik explodiert!“

Tim blickte hoch in das Gesicht seiner Mutter. Ihre Unterlippe bebte und einen Augenblick lang befürchtete er, dass sie anfangen würde zu weinen. So etwas konnte leicht geschehen. Er gab sich alle Mühe, seine Stimme ganz sanft klingen zu lassen.

“Das Paket, das war für mich. Mein Name stand oben, ist das nicht wunderbar?"

Im Gesicht seiner Mutter war nichts davon zu erkennen, dass sie die Sache auch nur Ansatzweise wunderbar fand. Tim beeilte sich etwas zu sagen, dass ihr hoffentlich gefallen würde.

"Das Papier, das mache ich gleich weg.“

Er zeigte ihr sein bestes Lächeln, um zu betonen wie wunderbar und vollkommen harmlos das alles sei, während er gleichzeitig fieberhaft überlegte, wie er ihr von dem Roboter erzählen sollte. Zum Glück war sein kleiner Freund zwischen den Rosenbüschen ein wenig verdeckt und seine Mutter hatte ihn noch nicht entdeckt. Wenn sie schon das bisschen Papier so aufregte war jetzt vermutlich nicht der beste Zeitpunk, ihr davon zu erzählen. Technikkram stieß grundsätzlich nicht auf besonders viel Liebe bei ihr.

Cynthia Morgan bemerkte nichts von den Gedanken ihres Sohnes. Für einen Moment hatte das Chaos ihr Angst gemacht und sie hatte befürchtet, dass Tim eine wilde, rebellische Seite in sich entdeckt hätte. Und nun war sie einfach nur erleichtert, dass seine Stimme so höflich klang.

Sie ging in die Knie und half Tim, die im Wind tanzenden Papierstückchen zu fangen und lächelte ihren Sohn an. Es war ein schöner Tag. Vielleicht würden sie den Tee heute auf der Veranda trinken. Zuerst musste nur noch dieses Papier beseitigt werden. Aber woher kam das ganze Zeug eigentlich? Tim hatte etwas von einem Paket erzählt. Einem Paket für ihn. Sie ging zu dem grossen Karton, den sie bis jetzt gar nicht richtig beachtete hatte und betrachtete ihn mißtrauisch.

„Tim, was war in der Schachtel drinnen? Nur Papier?“

Einen Moment lang überlegte Tim, ob er sie das einfach glauben lassen sollte. Es wäre sicherer. Kein Mensch wurde wegen Papier traurig. Doch dann nahm ihm der Roboter die Entscheidung ab.

Tim hört ein Rascheln hinter sich und sah zu seinem Entsetzen, wie der Robo300X die Stufen der Veranda hochstieg. Seine beiden Arme waren beladen mit Papierfetzen und er steuerte damit direkt auf Mrs. Morgan zu, die ihm den Rücken zugewandt hatte und immer noch das leere Paket inspizierte. Verdammt. Tim gab dem Roboter verzweifelte Handzeichen, wieder zurück in den Garten zu gehen. Er musste dringend einen Weg finden, seiner Mutter von dem Robo300X zu erzählen. Wenn der Roboter sie nun mit Papierkügelchen bewarf standen die Chancen allerdings eher schlecht, dass er ihn behalten durfte.

Die Augen des Roboters richteten sich auf Tim und einen Augenblick lang hoffte er, dass sein kleiner Freund ihn verstanden hatte und sich im Garten verstecken würde. Doch dann ließ der Roboter einen kleine, metallische Melodie hören und seine Mutter schreckte hoch. Sie drehte sich auf der Suche nach dem unerwarteten Geräusch um und blickte wie versteinert auf den Roboter. Für ein paar Augenblicke bewegte sich niemand im Garten der Morgans.

„WAS in aller Welt ist DAS?“, die Stimme seiner Mutter klang nicht leise wie sonst, wenn ihr etwas missfiel. Sie war laut und schrill und da war auch eine Spur Hysterie. Tim musste einen Weg finden, sie zu beruhigen.

„Mom, er war in dem Paket. Das ist genau der Roboter, den ich mir schon so lange gewünscht habe."

Tim bekam kaum Luft bei dem Gedanken, den Roboter vielleicht genau so schnell wieder zu verlieren, wie er aufgetaucht war. Er blickte in das Gesicht seiner Mutter, und hoffte auf ein Wunder.

"Von wem, Tim? Wer in aller Welt schickt dir so ETWAS?"

Beim letzten Wort hatte ihre Stimme sich sogar ein wenig überschlagen. Verdammt. Das sah gar nicht nach einem Wunder aus. Zumindest schien der Robo300X etwas Selbsterhaltungstrieb zu haben und bewarf seine Mutter nicht mit Papierkügelchen. Statt dessen begann der kleine Roboter mit großer Sorgfalt die letzten Papierschnipsel vom Boden aufzusammeln und Tim hoffte, dass er damit auf die Altpapiertonne zusteuern wollte. Das war der einzige Ort, an dem seine Mutter die Papierschnipsel nicht weiter aufregen würden. Zu seiner großen Erleichterung tat der Robo300x genau das.

„Meine Güte, ich wusste ja gar nicht, dass Roboter so etwas können. Hast du ihm das beigebracht?“

Vielleicht war das doch ein Tag für Wunder. Es gab nur eine Antwort.

„Ja, klar hab ich das, Mom."

Und dann ging er noch einen Schritt weiter, um die Rettung des Roboters sicher zu stellen.

"Wir haben hier nur deshalb Papier verstreute, damit er üben kann. Du wirst ihn mögen. Ich glaube, ich kann ihm noch jede Menge andere nützliche Tricks beibringen."

Das war natürlich ein wenig gelogen. Vielleicht sogar mehr als nur ein wenig. Aber Tim ging davon aus, dass so etwas in Ordnung war, um einen Freund zu retten.

Mrs. Morgan hätte nie damit gerechnet, dass Tim mit einem Roboter so etwas grundvernünftiges wie Aufräumen vor haben würde. Wie konnte man das einem Jungen verbieten? Aber wenn sie dieses eine Mal nachgab, würde er trotzdem wissen, wie wichtig Regeln waren?

Tim konnte es vor Anspannung kaum mehr aushalten. Mrs. Morgan bemerkte den hoffnungsvollen Blick ihres Sohnes und entschied sich für ein Lächeln.

„Also ich muss schon sagen, das ist eine sehr vernünftige Sache, die du ihm da beigebracht hast. Solange er nichts anstellt kann er bei uns bleiben.“

Als sie schließlich ins Haus ging, um ihren Mantel abzulegen und alles für den Nachmittagstee vorzubereiten lächelte sie immer noch. Einen Augenblick lang hatte sie befürchtet Tim würde einer dieser Jungen sein, die sich plötzlich mit Gewalt von ihrer Mutter abnabeln und - nur um das zu unterstreichen - schreckliche Dinge anstellten. Aber er war ein guter Junge. Sie legte einen zusätzlichen Keks auf seinen Teller und trug das Teeservice auf die Veranda. Tim beeilte sich, ihr das Tablett abzunehmen und übernahm das Aufgießen des Tees. Dann benutzte er die silberne Zuckerzange, um damit vorsichtig in jede Tasse ein Stück Zucker zu balancieren. Damit ging es zwar um einiges schwerer als mit den Fingern, aber seine Mutter sah das nicht gern.

Während des Tees bemühte er sich um Begeisterung, als sie ihm von der neuen Schneekugel erzählte, die sie am Vormittag beim Antiquitätenhändler entdeckt hatte. Er wollte die Sache mit der Lüge wieder gut machen und als sie das Paket mit ihrer neuen Schneekugel aus ihrer Tasche holte und es sanft auf den Tisch stellte beugte er sich pflichtbewusst über die Kugel. Tim musste zugeben, dass die Szene wirklich sehr realistisch aussah. Inmitten des Schneegestöbers erhob sich der Eiffelturm und ein paar winzigen Menschen, die bewundernd davor standen, versuchten sich mit ihren Schirmen gegen den Schnee zu schützen.

Ihm war der Gedanke unheimlich, in einer Kugel im ewigen Schnee gefangen zu sein, aber er wusste, wie viel seiner Mutter ihre Schneekugelsammlung bedeutete. Sie besass Hunderte davon und sie glaubte fest daran, dass es gut für das Herz sei, die Kugeln zu schütteln und sich die fernen Orte vorzustellen, die sie zeigten. Fast immer half Tim ihr beim Schütteln. Er mochte zwar die Schneekugeln nicht besonders, aber er liebte ihre Geschichten von den Abenteuern, die sie eines Tages an all diesen Orten erleben würden. Tief drinnen zweifelte er allerdings daran, dass diese Reisen jemals statt finden würden.

Tim hatte sich bis jetzt gezwungen, keinen einzigen Blick in die Ecke zu werfen, in die sich Roboter nach seiner kleinen Vorführung gesetzt hatte, aber die Begeisterung seiner Mutter für die Schneekugel fand kein Ende. Je länger diese Teestunde dauerte, umso unerträglicher wurde das Ganze für Tim. Er musste einen Blick riskieren. So kurz, dass sie es nicht bemerken würde. Als er unauffällig zu der Stelle neben dem Blumenbeet schielte, an der er den Roboter zuletzt gesehen hatte, erkannte er, dass anscheinend selbst der Roboter Schneekugeln für unsagbar langweilig hielten. Sein kleiner Freund war verschwunden. Tim’s entsetztes Gesicht blieb auch seiner Mutter nicht verborgen.

„Alles in Ordnung, Schätzchen? Du bist so unruhig. Hast du dir einen Schiefer eingezogen? Diese alten Holzstühle müssen wirklich dringend ausgetauscht werden.“

Tim sah in das besorgte Gesicht seiner Mutter und konnte nicht anders, als die zweite Lüge seines Lebens auszusprechen. Auf keinen Fall durfte seine Mutter den Eindruck bekommen, dass der Robot300x zu eigenen Ideen neigte und sich einfach aus dem Staub gemacht hatte. Das würde ihr nicht gefallen.

„Alles in Ordnung, Mom. Nur ein bisschen Kopfweh, ich sollte mich wohl ein wenig hinlegen.“

„Natürlich Schätzchen, tu das. Kann ich dir einen Tee machen? Kamille vielleicht?“

„Ja, das wäre wunderbar. Grüntee wäre aber noch besser.“

Der dauerte am längsten, weil seine Mutter es mit dem Abkühlen des Wassers und einem zweiten Aufguss sehr genau nahm. Das sollte ihm ein wenig Zeit geben, um nach seinem Freund suchen zu können.

Tim ging ins Haus und stieg die Treppe ins obere Stockwerk ein paar Stufen hoch, um aus dem Blickfeld seiner Mutter zu verschwinden. Dann wartete er so still wie möglich. Als er hörte, dass sie in der Küche mit dem Tee beschäftigt war, schlich er leise wieder hinunter in den Garten. Tim hatte so etwas noch nie getan und war ziemlich überrascht, wie gut es funktionierte. Er war sich allerdings nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte. Noch weniger freute ihn, dass von dem Roboter im Garten keine Spur zu finden war. Er war der Verzweiflung nahe, als er schließlich keine andere Wahl hatte, als ins Haus zurück zu kehren. Selbst ein sorgfältig zubereitete Grüntee war irgendwann fertig.

Tim schaffte es gerade noch seine Zimmertüre hinter sich zu schließen, bevor er die Schritte seiner Mutter auf der Treppe hörte. Er war noch ganz ausser Atmen von dem Sprint über die Stiegen und das machte es nicht einfacher, als ihm nun vor Schreck die Luft weg bliebt. Der kleine Roboter saß seelenruhig auf seinem Bett und beobachtete ihn mit fröhlich wackelnden Antennen, wie er nach Luft rang. Tim hatte keine Ahnung, wie sein Freund es geschafft hatte sein Zimmer zu finden, aber er war verdammt glücklich ihn wieder zu haben. Als er sich an diesem Abend beim Einschlafen an das kühle Metall kuschelte war Tim überzeugt davon, das sich nun sein ganzes Leben ändern würde. Ein Freund änderte alles.

Am nächsten Morgen hatte sich tatsächlich jede Menge verändert. Der Roboter, zum Beispiel, war erneut verschwunden. Tim verfluchte sich dafür, dass er über Nacht seine Zimmertüre offen gelassen hatte. Damit hatte er es dem kleinen Kerl richtig einfach gemacht. Hoffentlich hatte der Roboter zumindest nicht das Haus verlassen. Voller Sorge begann Tim nach seinem kleinen silbernen Freund zu suchen.

"Roboter? Kleiner Freund?"

Verdammt. Er wünschte, er hätte ihm einen Namen gegeben. Der einzige Lichtblick war, dass er seiner Mutter nichts erklären musste - sie war um diese Uhrzeit längst im Büro.

Tim wollte sich gar nicht vorstellen, wie wenig es ihr gefallen hätte, dass er noch im Pyjama hinter die Rosenbüsche im Garten geklettert war. Ausser ein paar Schrammen brachte ihm aber auch das nichts. Von seinem kleinen Freund fehlte jede Spur. Gerade als er frierend wieder ins Haus zurück wollte hielt der Schulbus wie jeden Morgen vor seiner Gartentüre. Das war nun wirklich übel. Tim wollte auf keinen Fall im Pyjama gesehen werden und ging hinter den Rosen in Deckung. Mist. Er würde zu Fuss gehen müssen. Und natürlich gewaltig zu spät kommen. Tim war sich sicher, dass ihm heute der furchtbarste Schultag aller Zeiten bevor stehen würde. Der Fußmarsch in die Schule war vermutlich nur der Anfang.

Womit er allerdings nicht gerechnet hatte war dieses Lächeln, als er eine halbe Stunde später die Türe zu seiner Klasse öffnete. Es war ein großartiges Lächeln. Strahlend und ganz eindeutig nur für ihn bestimmt. Natürlich stammte dieses Lächeln nicht von Mrs. Meyer, die warf ihm nur einen bösen Blick zu für sein Zuspätkommen und fuhr fort damit, ihre Gleichungen an die Tafel zu malen. Nein, es war Sarah Bergstrom die ihn angelächelt hatte. Sie saß in der ersten Reihe und Tim hatte schon endlos viele Mathematikstunden damit verbracht, sie heimlich zu bewundern. Niemals hätte er sie, so wie ein paar der Jungs, Bohnenstange genannt. Für Tim war sie eine Elfe. Sie war groß, richtig groß, und sehr schlank. Genau wie eine Elfe war sie auch ein bisschen still und sehr geheimnisvoll. Zumindest hoffte Tim, dass sie geheimnisvoll war. Bisher hatte er es nicht gewagt, mehr als nur ein paar Hallos mit ihr zu wechseln. Aber dieses Lächeln, das änderte alles. Gleich nach der Mathestunde würde er mit ihr sprechen. Er musste einfach heraus finden, was dieses Wunder bewirkt hatte. Dummer Weise musste er damit bis zur nächsten Pause warten, denn Sarah sass am anderen Ende der Klasse und Mrs. Meyer warf ihm bereits einen weiteren ihrer bösen Blicke zu, weil er sich so langsam zu seinem Platz bewegte.

Als die Glocke endlich das Ende der Stunde verkündete hatte Tim allerdings der Mut verlassen. Und das war, so fand er, vermutlich ohnehin besser. Vielleicht hatte Sarah ja etwas ganz anders zum Lächeln gebracht und abgesehen davon hatte er sich heute Morgen nicht einmal ordentlich frisiert. Er hatte sich schon fast entschieden, das Ganze doch besser bleiben zu lassen, als er bemerkte, dass er nicht der Einzige war, der die Klasse nicht gleich nach dem Läuten verlassen hatte. Sarah Bergstrom lehnte sich an den Türstock und es sah so aus, als hätte sie ihn schon eine ganze Weile lang beobachtet. Kein Zweifel möglich. Das war einer dieser Momente, in denen das Schicksal mit einem fiesen Grinsen den Scheinwerfer auf einen richtete und man eine Wahl treffen musste. Tim holte tief Luft und fühlte sich wie ein Klippenspringer vor seinem schwierigsten Sprung. Dann stand er auf und ging langsam durch die leeren Bankreihen auf Sarah zu. Was tat man in so einem Moment mit seinen Händen? Einstecken wäre unhöflich. Sie einfach hängen zu lassen sah vermutlich auch ziemlich uncool aus. Verdammt. Zumindest schien Sarah nichts von seinem Dilemma zu bemerken. Sie kam ihm ein paar Schritte entgegen und blieb ganz dicht vor ihm stehen. Dann gab sie ihm blitzschnell einen Kuss auf die Wange und in diesem Augenblick waren seine Hände dann das Letzte, an das Tim dachte. Bevor er noch reagieren konnte hatte Sarah sich bereits umgedreht und war mit wehendem Pferdeschwanz aus der Klasse gelaufen. Tim blieb mit klopfendem Herzen zurück. Unglaublich. Und was noch unglaublicher war - sie hatte etwas gesagt. Zu ihm. Es dauerte einen Moment, bis Tim begriff, was es gewesen war.

"Danke"

Wofür in aller Welt hatte sie sich bei ihm so bedankt? Bevor Tim den Gedanken weiter verfolgen konnte wurde er angerempelt. Nicht besonders grob, einfach nur wie jemand der einer Menge Leuten im Weg stand. Um ihn herum begann sich das Klassenzimmer langsam wieder mit Schülern zu füllen. Verdammt, wie lange hatte er hier wie ein Idiot herumgestanden? Hatte es schon geläutet? Er durfte auf keinen Fall zwei mal am selben Tag zu spät kommen. Das wäre ein Freifahrtschein ins Büro des Direktors. Eilig packte er seine Tasche und lief in Richtung Chemiesaal. Er wählte wie immer einen Platz ganz hinten am Fenster, legte seine Tasche auf den Sessel neben sich und lies sich erleichtert in die Anonymität der letzen Reihe sinken. Seine Gedanken überschlugen sich und dieses eine Mal war er froh, dass ihm niemand in den Pausen viel Beachtung schenkte. Bis auf die Stimme, die ihn wenige Sekunden später aus seinen Gedanken riss.

"Ist neben dir noch frei?"

Tim konnte nur stumm nicken. Auf die Frage war er nicht vorbereitet gewesen. Und noch viel weniger auf Sarah Bergstrom, die vor ihm stand und ganz offensichtlich vor hatte, neben ihm zu sitzen. Eine ganze Stunde lang. So großartig das war konnte Tim nicht anders, als sich zu fragen warum. Nach all den Jahren. Warum jetzt?

Tim riss sich zu einem Nicken und einem Lächeln zusammen. Mehr war nicht drinnen. Er vertraute seinen Stimmbändern noch nicht so recht in ihrer Nähe. Sarah stellte seine Tasche vorsichtig auf den Boden und glitt neben ihn in den Sessel. Elfengleich, kein Zweifel. Dann beugte sie sich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr.

"War das mit dem Kuss in Ordnung?"

Wie konnte so etwas nicht in Ordnung sein? Aber alles ,was er tatsächlich erwidern konnte, war ein stummes Nicken. Er hatte das Gefühl, sein Herzschlag war so laut, dass sie ihn bestimmt hören konnte.

"Ich hab noch nie Blumen bekommen. Sie duften so herrlich. Sogar meine Bücher riechen noch ein bisschen danach. Das war wirklich die beste Geburtstagsüberraschung!"

Tim hatte das Gefühl, dass ein stummes Nicken langsam nicht mehr reichen würde, um dieses Gespräch in den Griff zu bekommen. Blumen. Welche Blumen, um alles in der Welt? Und was hatten ihre Bücher damit zu tun? Natürlich wusste er, dass heute Sarah's Geburtstag war. Er war schließlich ein guter Zuhörer und ihren Geburtstag kannte er seit dem Kindergarten. Wovon er allerdings nichts wusste, das waren Blumen.

"Welche Blumen meinst du denn?"

Zu Tim's großer Erleichterung klang seine Stimme ziemlich normal. Sie hatte sich kein bisschen überschlagen.

"Na, die von dir natürlich. Diesen richtig tollen Rosenstrauß"

Sie dachte, er hätte er Blumen geschenkt? Das wäre eine fabelhafte Idee gewesen, wenn er sich so etwas jemals getraut hätte. Sollte er ihr sagen, dass sie nicht von ihm waren? Und würde Sarah dann noch neben ihm sitzen wollen? Tim überlegte fieberhaft, wie er unauffällig mehr über diese Blumen heraus finden könnte.

"Woher weisst du denn, dass sie von mir waren?"

"Dein Name steht auf der Karte, schon vergessen?"

Eine Karte. Das half so überhaupt nicht weiter. Entweder musste er nun lügen oder sie enttäuschen und damit riskieren, dass er wieder nur seine Tasche als Gesellschaft neben sich hatte. Mist. Er atmete tief durch.

"Nein, nein. Weiss ich doch. Ich hab mich nur gefragt, ob du gleich vermutet hast, dass sie von mir waren?"

Sarah schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Tim genoss jede Sekunde, auch wenn er langsam immer mehr in der Klemme steckte.

"Ich war sowas von überrascht, als ich die Rosen in meinem Spind fand. Aber die Blumen sind so wunderschön, dass ich dir nicht übel nehme, dass du mein Schloss geknackt hast. Ist schon ok, schau nicht so besorgt."

Tim gab sich alle Mühe, weniger besorgt drein zu sehen, was nicht einfach war bei all den Fragen, die ihm durch den Kopf schossen. Jemand hatte den Spind von Sarah Bergstrom aufgebrochen und dort Blumen und eine Karte mit seinen Namen hinterlassen. Warum in aller Welt? Wer tat so etwas? Das ganze roch nach Ärger. Und nach üblem Streich. Doch wer auch immer auf diese Idee gekommen war hatte ihm damit auch eine Stunde neben Sarah Bergstrom verschafft. Und das war seiner Meinung nach ziemlich viel Ärger wert.

Chemie war etwas, mit dem Tim sich in der nächsten Stunde ziemlich wenig beschäftigte. Er hatte sich oft ausgemalt wie es wäre, mit Sarah zu sprechen doch nun tatsächlich neben ihr zu sitzen war noch viel besser als er es sich vorgestellt hatte. Sie war klug, witzig und wusste sogar, wer Spider Man war. Als sie ihn am Ende der Stunde fragte, ob er in der Mittagspause an ihrem Tisch im Speisesaal sitzen würde, war Tim überzeugt, dass das der glücklichste Moment seines ganzen Lebens war.

Da man wundervolle Elfen nicht warten ließ beeilte sich Tim, seine Bücher so schnell wie möglich zum Spind zu bringen. Er konnte es gar nicht abwarten die beste Mittagspause aller Zeiten zu beginnen. In seiner Eile hastete er um die Ecke des langen Ganges und rannte mit voller Wucht direkt in einen der Footballjungs. Es war ein bisschen so, als hätte ein Fahrrad die dumme Idee gehabt, sich einem Güterzug in den Weg zu stellen und Tim landetet hart auf dem Boden. Er sah hinauf in das Gesicht von Jack Toot, Quaterback und definitiv breitschultrigster der Footballjungs, und machte sich bereit für jede Menge Ärger.

Das letzte, womit Tim nun gerechnet hatte, war dass Jack ihm mit einem breiten Grinsen die Hand entgegen halten würden und ihm auf die Beine half. Was war das für ein Tag, an dem ihn jeder anlächelte? Jack schien sich über den Zusammenstoß überhaupt nicht aufzuregen. Verrückt. Und nun legte er ihm auch noch die Hand auf die Schulter und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

"Gut gemacht, Kleiner."

In welcher Welt wurde man gelobt, wenn man jemanden angerempelt hatte? Tim machte ein so offensichtlich verständnisloses Gesicht, dass Jack noch etwas hinzufügte.

"Die Sache mit den Blumensträuchern im Schulhof. Wurde wirklich Zeit, dass jemand dafür sorgt, dass wir wieder ordentlich Ball spielen können."

Blumen. Schon wieder Blumen. Und mit einem Mal ergab das ganze Sinn. Tim murmelte ein schnelles Danke und lief los in Richtung Schulhof. Es war reines Glück, dass er dabei nicht noch mehr Leute über den Haufen rannte, denn er hatte es nun wirklich verflucht eilig.

Als Tim den Schulhof betrat, wurden seine schlimmsten Befürchtungen wahr. Die Rosen rund um den Pausenhof waren der ganze Stolz des Direktors, der mit ihnen schon einige Preise gewonnen hatte. Er war damit sogar in ein paar Artikeln in Blumenzeitschriften erwähnt worden. Der Direktor stellte zu Beginn jedes Schuljahres unmissverständlich klar, was passieren würde, falls jemand seinen Ball versehentlich in den Rosenstöcken landen ließ und keiner der Schüler wagte es nach dieser kleinen Ansprache die Basketballkörbe im Hof zu benutzen.

An diesem Morgen hatte allerdings etwas viel schlimmeres als ein Ball die Rosen erwischt. Es war nicht mehr viel von ihnen übrig. Jeder einzelne der Sträucher war knapp über der Wurzel abgeschnitten worden und sämtliche Rosenblüten waren verschwunden. Tim hatte eine verdammt starke Ahnung, was mit ihnen passiert war. Und wem man die ganze Sache anhängen wollte.

Seine Gedanken überschlugen sich. Auf jeden Fall war es keine gute Idee, hier noch länger auffällig herum zu stehen. Er zwang sich dazu, langsam in Richtung Speisesaal zu gehen, auch wenn er am liebsten gelaufen wäre und das vorzugsweise bis ans Ende der Welt. Aber vermutlich wäre er nicht einmal dort sicher vor dem Zorn des Direktors. Er konnte nur hoffen, dass er nichts von der Karte mit seinem Namen erfuhr. Das blöde Ding war so ein eindeutiges Beweisstück, dass Tim einfach keine Idee hatte, wie man sich da heraus reden könnte.

Als er den Speisesaal erreichte winkte Sarah ihm zu. Er erwiderte das Winken, aber es fiel ihm schwer, diesen Moment angemessen großartig zu finden. Er setze sich auf den Platz, den sie für ihn am Tisch mit ihren Freunden freigehalten hatte und vor lauter Sorgen vergass er sogar, dass seine Pausenbox randvoll war mit dem üblichen kleinen Fuhrpark. Erst als Sarah auf das Auto in seiner Hand starrte erkannte er seinen Fehler. Verdammt, er war sich sicher dass jeder am Tisch in diesem Moment auf seine Pausenbox starrte. Aber verglichen mit den Problemen, die er heute wohl noch bekommen würde, kamen ihm die fröhlichen kleinen Autos gar nicht mehr so schlimm vor.

Er biss in sein Brot und setzte alles auf eine Karte. Langsam schob er seine Pausenbox ein Stück weit in Sarah's Richtung und er hoffte, dass sie ihn mit der Sache nicht allein lassen würde. Sie zögerte einen Moment bevor sie sich ein kleines Cabrio mit Tomaten-Schinken-Füllung aussuchte und vorsichtig probierte. Dann lächelte sie ihr Elfenlächeln und Tim liebte sie dafür.

"Wow, meine Mom gibt mir immer nur Apfel und Erdnussbutterbrote mit. Ziemlich lecker."

"Stimmt, Brötchen machen kann meine Mutter richtig gut. Ich bringe es nur einfach nicht über's Herz, ihr zu sagen, dass sie mit dieser Auto-Sache aufhören soll. Sie gibt sich solche Mühe damit. Letzten Monat hatte ich kleine Weihnachtsschlitten in der Box."

Sarah lachte und nahm einen weiteren Bissen von ihrem Cabrio.

"Du solltest ihr es wirklich mal sagen. Aber ich finde es auch ziemlich nett von dir, dass du sie nicht enttäuschen willst."

Peta Wilkson, eines der Mädchen die oft mit Sarah unterwegs waren, nickte verständnisvoll.

"Meine Mom packt mir jeden Tag einen Schal in den Rucksack. Da besteht sie drauf. Bis Ostern muss er dabei sein. Wer trägt denn im April noch Schals? Ich wünscht, sie würde statt dessen so leckere Brote machen. Darf ich eines?"

Erleichtert schob Tim die Pausenbox in ihre Richtung und zum ersten Mal war er froh, dass seien Mutter ihm immer schrecklich viele Brote mitgab.

Das alles änderte allerdings nichts an seinem Problem mit den Rosen. Wie sollte er Sarah erklären, dass sie niemandem erzählen durfte, dass die Blumen von ihm wären? Wenn er das nicht richtig anstellte, dann würde das hier seine Henkersmahlzeit werden.

Und als hätte dieser letzte Gedanke die Tore zur Hölle geöffnet schob in diesem Moment ein wutschnaubender Direktor Higgins die Flügeltüren auseinander und betrat den Speisesaal mit einem Gesichtsausdruck, der an das jüngste Gericht denken ließ. Die Schüler wichen zurück, keiner wollte dem Direktor im Weg stehen. Mit wachsendem Entsetzen erkannte Tim, dass Direktor Higgins direkt auf ihn zusteuerte. Keine Chance, der Sache noch zu entkommen.

Der Direktor baute sich direkt vor Tim auf und die viel zu hohe Stimme des dicken Mannes klang in diesem Moment gar nicht so lächerlich wie sonst. Nicht, dass Tim es gewagt hätte zu lachen, wenn es anders gewesen wäre. Tim war sich nicht mal sicher, ob er sich trauen sollte, weiter zu atmen.

"Tim Morgan. Mitkommen."

Tim beeilte sich aufzustehen. Er wollte den Direktor nicht noch weiter verärgern - falls das überhaupt möglich war. Es war ein schlechtes Zeichen, dass er persönlich die Stiegen von seinem Büro bis zum Speisesaal hinunter gestiegen war. Normaler Weise vermied er unnötige Anstrengung und benutze den Lautsprecher für seine Durchsagen. Aber das hier schien er wohl wirklich persönlich zu nehmen. Mit gesenktem Kopf folgte Tim dem Direktor.

Im Büro angekommen ließ der Direktor sich erschöpft von den zwei Stockwerken keuchend in seinen Sessel fallen. Tim blieb stehen, unentschlossen ob der Direktor von ihm genau das erwartete, oder ob er sich besser setzen sollte. Aber vermutlich war es egal. Er war so oder verloren.

Der Direktor tupfte sich den Schweiss von der Stirn und richtete seine kleinen, blauen Augen auf ihn.

"Ich bin wirklich enttäuscht von dir, Tim. Du hast wohl nicht damit gerechnet, dass wir die Spinde durchsuchen, was?"

Um ehrlich zu sein hatte Tim nie damit gerecht, sich über so etwas Gedanken jemals machen zu müssen. Aber dieser Tag entwickelte ein Eigenleben, das ihm langsam wirklich Sorgen machte.

"Sir, ich hab mit der ganzen Sache nichts zu tun, ich schwöre."

"Hach, Papperlapapp. Wir haben die Gartenschere in deinem Spindfach gefunden, leugnen ist also zwecklos."

Gartenschere? In seinem Spind? Wer auch immer ihm die Sache andichten wollte arbeitete wirklich gründlich. Sehr gründlich. Und das, hoffte Tim, war seine Chance.

"Sir, würde ich denn eine Gartenschere in meinem eigenen Spind verstecken, wenn ich die Rosen abgeschnitten hätte? Das wäre doch idiotisch. Jemand will mir die Sache in die Schuhe schieben."

Das war Logik. Allerdings schien der Direktor seine ganz eigene Logik zu haben. Er lächelte Tim an. Es war ein triumphales Lächeln.

"Ha! Und woher weisst du, dass jemand die Rosen zerstört hat, wenn du es nicht warst?"

Ja, das war eine verdammt gute Frage. Jetzt konnte ihn eigentlich nur mehr die Karte retten, fand Tim. Auch wenn sie im ersten Moment wie der ultimative Beweis aussehen würde, darauf war bestimmt nicht seine Handschrift. Niemand war derart gut. Aber noch wusste der Direktor anscheinend nichts von dem Blumenstrauss, den man aus seinen Lieblingen gemacht hatte. Tim entschied sich, den Blick gesenkt zu halten und nichts über die Sache mit der Karte zu verraten. Er wollte unbedingt, dass Sarah die Blumen behalten konnte, über die sie sich so gefreut hatte.

Die Strafpredigt des Direktors dauerte ziemlich lange. Anstand. Ehre. Und natürlich Vandalismus. Der Direktor hatte eine Menge zu sagen und machte nur hin und wieder eine kleine Pause, um nach Luft zu schnappen oder sich die Stirn abzutupfen. Tim entschuldigte sich. Wieder und wieder. Aber erst die Pausenglocke der letzten Stunde beendete die ganze Sache und Tim konnte das Büro des Direktors verlassen. In seiner Tasche hatte er nun allerdings einen Brief an seine Mutter, und der fühlte sich so schwer und drohend an, dass er sich nur langsam dem Schultor näherte. Nur der Gedanke an Sarah munterte ihn ein wenig auf. Er hatte die ganze Sache auf sich genommen und dafür gesorgt hatte, dass sie ihren Blumenstrauss behalten konnte. Superman hätte nichts anderes getan.

Ohne sich groß umzusehen stapfte Tim mit gesenktem Kopf Richtung nach Hause. Er war so in Gedanken darüber versunken, wie er seiner Mutter den Brief erklären sollte, dass er die schnellen Schritte hinter sich nicht bemerkte. Normaler Weise achtete er auf so etwas genau, die Allee war ein guter Ort für schlechte Scherze. Aber diesmal fielen Tim die Schritte erst auf, als es schon zu spät war, um etwas dagegen zu unternehmen. Eine schwere Hand senkte sich auf seine Schulter und er hatte das Gefühl, das sein Herz in diesem Moment aufhörte zu schlagen. Mist. Mist. Mist. Was für ein beschissener Tag.

Als Tim sich umdrehte sah er aus wie eine kämpferischer Löwe. Ein sehr kleiner Löwe, aber immerhin. Es reichte, dass Jack Toot seine Hand erschreckt zurück zog.

"Hey, hey, Kleiner. Ich wollte dich nicht erschrecken. Wollte nur wissen, wie's beim Direx war. Alles ok mit dir?"

Jack sah ehrlich besorgt aus und Tim glaubte ihm das. Ohne seinen Hinweis auf das Ballspielen wäre er gänzlich unvorbereitet in die Falle getappt. Wer auch immer hinter der ganzen Sache steckte hätte ihm nicht diesen Gefallen getan.


"Entschuldige. Dachte, du wärst jemand anders."

Jack lachte und stellte die Schultasche auf den Boden.

"Wer denn? Ein Zombie? Oder der Geist vom Direktor? Hey, keine Sorge, Kleiner. Der wird sich schon wieder beruhigen. Ich würde mir nur nicht gleich wieder was zu Schulden kommen zu lassen."

"Oh, das habe ich nicht vor."

"Die Sache reicht ja auch, um in die Legenden der Schule einzugehen. Wenn wir Glück haben lässt der Direktor das mit den Rosen jetzt bleiben und wir können in den Pausen wieder Ball spielen."

Jack zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

"Was meinst du, wie sollen wir dich nennen, wenn wir deiner heldenhaften Tat gedenken? Rosenkrieger? Unkrautvernichter? Oder Tim mit den Scherenhänden?"

Tim musste lachen und er hatte gar nichts dagegen, den Rest des Weges nicht alleine zu gehen. Es fühlte sich sogar ziemlich gut an. Erst als er schon seine Haustüre erreicht hatte erinnerte er sich wieder an den Roboter. Vielleicht hielt seine Glücksträne ja an und der Robo300x war wieder in sein Zimmer zurück gekehrt? Er winkte Jack zum Abschied und lief so schnell er konnte die Treppe hinauf.

Tim wurde nicht enttäuscht. Der kleine Roboter sass auf seinem Bett und begrüßte ihn mit einem fröhlichen Pfeifen. Tim hätte sich unglaublich erleichtert gefühlt, hätte er nicht in diesem Moment die Stimme seiner Mutter hinter sich gehört. Sie rief seinen Namen auf die leise, bedrohliche Art. Verdammt. Er hatte seine Schultasche unten stehen lassen und so wie es klang hatte sie soeben den Brief entdeckt.

Er warf einen letzten Blick auf den Roboter.

"Bleib hier, ich bin gleich zurück."

Tim hoffte, dass der Roboter das verstanden hatte. Er musste wirklich rausfinden, wohin sein kleiner Freund immer wieder verschwand, aber zuerst musste er die Sache mit dem Brief hinter sich bringen.

Er fand seine Mutter in der Küche, sie hatte den Umschlag bereits geöffnet und schien tief versunken zu sein in die Zeilen des Direktors. Tim beobachtet mit klopfendem Herzen, wie seine Mutter sie wieder und wieder zu lesen schien. Die Stille war einfach unerträglich. Er hatte zwar immer noch keinen guten Plan, wie er sich aus der Sache rausreden könnte, aber irgendetwas musste er nun einfach sagen.

"Mom, nicht aufregen. Ich hatte mit der ganzen Sache gar nichts zu tun. Jemand wollte mich reinlegen."

Seine Mutter ließ den Brief sinken und sah ihm sehr ernst in die Augen:

"Tim Morgan, ich bin mir sicher, dass Direktor Higgins sehr gründlich nachgeforscht hat, bevor er jemanden beschuldigt. Und ich bin mir sicher, dass du weisst, wie wichtig es ist zu seinen Fehlern zu stehen.

"Mom, ich war es wirklich nicht ..."

Seine Mutter unterbrach ihn, was sonst gar nicht ihre Art war. Egal wie wütend sie war.

"Was ist nur los mir dir, Tim? Diese Sache in der Schule. Und dann dein Kleiderschrank. Was ist nur in dich gefahren?"

Kleiderschrank? Einmal im Monat musst er daraus alles ausräumen, den Schrank auswischen und jedes seiner T-Shirts erneut sauber falten, damit sie keine Druckstellen bekommen konnten. Und genau das hatte er getan, erst gestern.

"Was stimmt denn nicht mit meinem Schrank?."

Tim überlegte einen Augenblick und dann musste er es einfach fragen. Irgendwie erinnerte ihn die ganze Sache einfach zu sehr an seinen Spind in der Schule und er traute diesem verrückten Tag langsam alles zu.

"Waren da irgendwelche Blumen in meinem Schrank?"

"Mach dich nicht lustig über mich. Du weisst genau, was in deinem Schrank ist."

Tim schwieg. Ein falsch gefaltetes Shirt war jetzt seine geringste Sorge. Seine Mutter klang, als wäre sie tief erschüttert. Verdammt.

"Nun Tim, Blödsinn hat nun mal Konsequenzen. Ich werde den Direktor bitten, beim Nachsitzen nicht zu wenige Stunden für dich einzuplanen. Du kannst jetzt in den Zimmer gehen."

Tim wurde es ganz kalt. Irgendwie hatte er gehofft, dass seine Mutter den Direktor von seiner Unschuld überzeugen würde. Mit gesenktem Kopf murmelte er eine Entschuldigung, doch das änderte nichts an dem traurigen Gesichtsausdruck seiner Mutter. Sie sah so enttäuscht aus und das traf Tim viel mehr als die Standpauke des Direktors. Er konnte unmöglich einfach in sein Zimmer gehen.

Vorsichtig setzte er sich neben sie auf die Couch und für ein paar Minuten schwiegen beide. Was sollte er ihr auch sagen? Er hatte noch immer keinen Verdacht, wer ihn mit den Rosen reinlegen wollte. Es gab natürlich Jungs, die ihm einen Streich spielen würden, aber die Sache mit den Rosen, die war ein richtig großes Ding gewesen. Und dann noch der Spind. Einen von denen zu knacken hatte schon einige probiert - aber geschafft hatte es, so viel Tim wusste, noch keiner. Verdammt. Er selbst würde die ganze Sache nicht glauben, wenn sie ihm nicht passiert wäre. Was also sollte er seiner Mutter sagen?

Tim holte tief Luft und entschied sich dann, ihr den Teil der Wahrheit zu erzählen, den sie ihm glauben konnte.

"Weisst du Mom, als ich vor dem Direktor stand musste ich an Sarah denken. Und wie sehr sie sich über die Rosen gefreut hat."

Seine Mutter sah ihn überrascht an.

"Sarah? Du hast die Rosen einem Mädchen geschenkt?"

"Oh ja! Und dann hat sie mich zum ersten Mal wirklich bemerkt. Sie hat mich angelächelt."

"Aber Tim, der ganze Ärger den du verursacht hast. Du kannst doch nicht einfach Blumen stehlen."

"Natürlich nicht. Es tut es mir leid, und ich mache so etwas auch nie wieder. Es ist einfach irgendwie ... passiert. Und dann haben sie sich Dinge furchtbar überschlagen und ... und ... ich konnte es nicht mehr aufhalten."

Das war zumindest wirklich nahe dran an der Wahrheit. Seine Mutter musste das gespürt haben, denn sie nahm ihn in den Arm und streichelte ihm durchs Haar.

"Hach Tim. Warum ladest du sie nicht einfach zu deiner Geburtstagsparty nächste Woche ein?"

Seine Party. Nächste Woche schon. Tim hatte versucht, nicht daran zu denken. Jedes Jahr wollte seine Mutter eine Party für ihn machen und jedes Jahr versuchte er der Sache auszuweichen. Geburtstagsparties waren ziemlich peinlich, wenn niemand kam.

"Ich denk darüber nach, Mom. Und ich verspreche, ich stehle keine Blumen mehr. Oder sonst etwas."

Tim musste seiner Mutter an diesem Nachmittag noch jede Menge neugierige Fragen über Sarah beantworten, aber das machte ihm nichts aus. Es schien ihr zu gefallen, dass er sich für ein Mädchen interessierte. Noch besser wäre nur, wenn er ihr die ganze Wahrheit hätte erzählen können. Aber dazu musste er sie erst mal selbst herausfinden.

Als er schließlich in sein Zimmer hoch ging stellte er zufrieden fest, das sich der Robo300x nicht vom Fleck gerührt hatte. Tim ließ sich neben ihm aufs Bett fallen und erzählte ihm von seinem Tag. Von Sarah. Den geköpften Blumen. Dem Direktor. Und von Jack, der sich fast ein bisschen wie ein Freund angefühlt hatte. Der Robo300x schien im aufmerksam zuzuhören und gab an den guten Stellen, wie zum Beispiel Sarahs Einladung an ihrem Tisch zu sitzen, ein begeistertes Piepsen von sich. Erst als es draussen schon fast dunkel war fiel Tim ein, dass seine Mutter sich über den Kleiderschrank beschwert hatte. Darum musste er sich noch kümmern, egal wie müde er war.

Bei dem Gedanken, dass er doch tatsächlich für einen Moment geglaubt hatte, jemand hätte ihm ein paar Rosen hinein, gelegt musste Tim laut los lachen. Das hätte verrückt geklungen, wenn der klein Roboter nicht sofort mit enthusiastischem Piepen eingestimmt hätte. Immer solidarisch, der kleine Kerl. Tim begann ihn wirklich zu mögen.
Er hob ihn sanft vom Bett hinunter und gemeinsam gingen zu seinem Schrank. Als Tim ihn öffnete war er mit einem Schlag hellwach.

Der Schrank war leer. Absolut und vollkommen leer. Sogar die Kleiderhaken waren verschwunden. Tim konnte fühlen, wie sich jedes einzelne seiner Nackenhaare aufstellte. Irgend jemand war im Haus gewesen. In seinem Zimmer. Und hatte sich dann nur auf seinen Kleiderschrank konzentriert. Tim war sich ziemlich sicher, dass sonst im Haus nichts fehlte. Seine Mutter hatte ein Auge für so etwas.

Einen Moment lang war er versucht, zu ihr hinunter zu gehen. Aber würde sie an einen Einbrecher glauben? Nicht nach dem Brief des Direktors. Kein Wunder, dass sie so enttäuscht gewesen war. Sie musste denken, er hätte seine ganze Kleidung versteckt, um ihr einen Streich zu spielen. Und dann würde wieder dieser traurige Blick kommen.

Nein, er konnte erst mit ihr darüber sprechen, wenn er mehr wusste. Eigentlich gab es dafür ja nur eine Erklärung: irgend jemand hatte es wirklich auf ihn abgesehen. Und dieser jemand begnügte sich offensichtlich nicht damit, ihm in der Schule Ärger zu machen.

Ratlos blickte Tim in den leeren Schrank. Ein paar feine schwarze Striche auf dem weissen Regalboden schienen neu zu sein. Vorsichtig fuhr er mit dem Finger über einen der Striche, der sich leicht wegwischen ließ. Seine Fingerspitze war nun schwarz und roch leicht nach Gummi. Tim hatte einen Verdacht, woher die Strichte stammten. Erleichtert drehte Tim sich zu seinem Roboter um, der mit aufmerksamen Blick hinter ihm stand.

Er hob den ihn hoch, was mit einem freudigen Piepsen quittiert wurde. Sein kleiner Freund schien sich in seinen Armen wohl zu fühlen und kuschelte sich an ihn mit der geballten Niedlichkeit eines Welpen. Tim hatte nun freie Sicht auf die Unterseite der Füße des Robo300x. Schwarzer Gummi. Er war sich ziemlich sicher, dass diese Füße feine Strichen hinterlassen würden, wenn sie auf etwas hinauf sprangen. Tim fühlte sich so erleichtert, dass er den Roboter am liebsten geküsst hätte. Einbrecher. Was für ein Blödsinn. Das Ganze war nur ein harmloses Spiel. Verstecken war schließlich ein Klassiker. Die Programmierer hatten sich bei dem kleinen Kerl wirklich eine Menge einfallen lassen.

Er stellte den Roboter vor sich auf den Boden und versuchte seinen strengsten Blick.

"Robo, hast du meine Kleidung versteckt? Wo ist sie?"

Der Roboter stand stumm vor ihm, nur seine Antennen tanzten wie immer mit sanften Bewegungen auf seinem Kopf.

"Kleiner, ich brauche meine Sachen. Und ich bin wirklich zu müde, um mit dir zu spielen."

Keine Reaktion. Verdammt.

"Gibst du mir wenigstens einen Hinweis, wo ich suchen soll?"

Der Roboter stand regungslos vor Tim und nichts an ihm verriet, wohin er die Sachen gebracht hatte. An jedem anderen Tag hätte Tim so ein Spiel ziemlich lustig gefunden, aber heute hatte war er für seinen Geschmack schon vor genug Rätsel gestellte worden.

"Weisst du was? Sie werden bestimmt auftauchen, oder?"

Er lächelte dem kleinen Roboter zu, legte die Hose und das T-Shirt sorgfältig über die Lehne seines Sessels und schlüpfte in sein Bett. Dabei bemerkte er, dass sein Pyjama noch immer unter seinem Kopfkissen lag. Mit dem Gefühl, ein bisschen gewonnen zu haben, zog er ihn an. Den hast du wohl übersehen, kleiner Mann. Wenige Augenblicke später war Tim eingeschlafen.

Am nächsten Morgen stellte Tim fest, das der Roboter über Nacht erneut verschwunden war. Das war allerdings nicht alles, das verschwunden war. Zu seinem Entsetzten entdeckte er, dass seine Kleidung von Gestern vom Stuhl ebenfalls fehlte. Dieses Spiel ging langsam zu weit, fand Tim. Mit klopfendem Herzen öffnete er den Kleiderschrank. Genau so leer wie gestern Abend. Alles was er nun anziehen konnte war der Pyjama, den er gerade trug. Der Gedanke, damit in die Schule gehen zu müssen, fühlte sich an wie der Klassiker aller schlimmen Alpträume und der Appetit auf das Frühstück, dass seine Mutter für ihn hingestellt hatte, war ihm gründlich vergangen. Verzweifelt lief er durch das Haus und suchte nach irgend etwas, das er anziehen könnte. Alles was er fand waren die Sachen seiner Mutter, was auch keine wirkliche Alternative war. Erst in der Garderobe fand er etwas, das ihm weiter half. Seine Jacke. Wenn er den Reissverschluss zu ließ würde man nur ein bisschen von der Pyjamahose sehen. Kritisch betrachtete er sich im Spiegel. Ja, das müsste gehen. Er würde die Jacke einfach den ganzen Tag über anbehalten.

Tim schaffte es gerade noch, den Bus nicht zu verpassen, als der vor seinem Haus hielt. Als sich seine schweren Türen zischend öffneten hielt er den Blick gesenkt und setzte sich direkt hinter den Fahrer, ohne die anderen Kinder anzusehen. Der Bus war verdammt gut geheizt und Tim war froh, dass er der Letzte auf der Route war und so nur ein paar Minuten im Bus ertragen musste, ohne die Jacke zu öffnen. Er konnte nur hoffen, dass die Klassenzimmer nicht ganz so warm waren.

Mit gesenktem Kopf überquerte er den Vorhof so schnell wie möglich und beeilte sich ins Schulgebäude zu kommen. Das waren jetzt die kritischsten Momente. Sobald er auf seinem Sessel saß würde die verdammte Pyjamahose nicht mehr so sehr auffallen.

Das Klassenzimmer war noch leer, als Tim sich einen Platz ganz hinten aussuchte. Jetzt musste man schon ganz genau hinsehen, um etwas Peinliches zu erkennen und Tim begann sich langsam etwas besser zu fühlen. Was nicht hieß, dass er den kleinen Roboter nicht ordentlich was erzählen würde, sobald er wieder auftauchte.

Als Sarah das Klassenzimmer betrat, hielt Tim den Kopf gesenkt und tat so, als hätte er sie nicht bemerkt. Vielleicht, so hoffte er, würde einer ihrer Freundinnen sie ja ablenken. Doch als sie ihm ein fröhliches "Hey, Tim" zurief konnte er nicht anders, als den Kopf zu heben. Genauso wenig konnte er verhindern, das seine Hände ein bisschen feucht wurden und sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht legte. Zu Tims wachsendem Entsetzten kam sie direkt auf ihn zu. Gleich würde sie diese verdammte Hose mit den kleinen Snoopys sehen. Tim sah nur einen Ausweg. Flucht nach vorne.

Er stellte sich auf seinen Sessel, öffnete die Jacke und breitete die Arme so aus, dass jeder den Pyjama sehen konnte. Er würde es diesem miesen Tag nicht erlauben, ihm die Sache mit Sarah zu verderben. Er holte tief Luft.

"Pyjamaparty, Leute! Ihr seid alle eingeladen! Freitag in drei Wochen bei mir."

Es wurde leise in der Klasse und so ziemlich alle starrten ihn mit großen Augen an. Aber das war nun egal. Er fühlte sich als wäre er jemand anders. So wie Superman, wenn er sein Cape angelegt hatte. Er war nun Tim, der Rosenvernichter. Tim, der eine Standpauke vom Direktor überlebt hatte. Und Tim, der aus einem ziemlich peinlichen Outfit eine Party machen würde. Und dann sah er das Lächeln von Sarah und seine Stimme klang so laut und fest wie noch nie.

"Bringt euren peinlichsten Pyjama! Ich biete Snoopy, wer kann das schlagen?"

Er war Tim Morgen. Zum ersten Mal war er wirklich Tim Morgan, ohne sich von seinen Ängsten zurückhalten zu lassen. Es war, als hätte er den schlimmsten Drachen besiegt. Seine Jacke trug er den Rest der Vormittags nicht mehr. Er warf sie in der Pause mit Schwung in seinen Spind, und fühlte sich als hätte er damit alle seine Sorgen weg geworfen.

Es war ein großartiger Vormittag für ihn. Die Sache mit dem "Peinlichen Pyjama Wettbewerb" sprach sich rasend schnell herum und in den Pausen war Tim's Tisch umringt von freundlichen Gesichtern, die eine Einladung von ihm wollten. Das würde die beste Party aller Zeiten werden. Großartig war nicht das richtige Wort dafür. Man müsst ein neues, noch viel besseres Wort erfinden für diese Party. Und die Autobrote seiner Mutter würde perfekt dazu passen.

Als er nach dem letzten Läuten seine Jacke aus dem Schließfach holte freute er sich zum ersten mal richtig auf den Heimweg. Jack hatte versprochen, vor der Schule auf ihn zu warten. Er hatte die Tür des Spinds schon fast wieder geschlossen, als ihm am Boden des kleinen Kästchens etwas auffiel. Ein feiner, schwarzer Strich. Tims Gedanken überschlugen sich. Das war doch verdammt noch mal nicht möglich. Wie konnte der kleine Kerl es alleine bis zur Schule schaffen? Und seit wann konnte ein Spielzeug ein Kombinationsschloss knacken?

Als er am Nachmittag das Haus betrat ging er als erstes in sein Zimmer. Der Robo300x saß genau wie gestern auf dem Bett und wackelte zur Begrüßung fröhlich mit den Antennen. Niedlich. Aber das änderte nichts daran, dass es nun Zeit war für ein paar Antworten. Tim schloss die Tür sehr sorgfältig ab und ging dann zum Fenster, um es ebenfalls zu schließen. Diesmal würde es keine Schlupflöcher geben.

"Du warst in der Schule. In meiner Schule. Was hattest du in meinem Spind zu suchen?"

Der Roboter wackelte unverändert niedlich mit seinen Antennen und machte keinen Versuch, die Frage zu beantworten. Ach verdammt, womit hatte er denn gerechnet. Enttäuscht setzte Tim sich an seinen Computer und begann das Internet nach einer Bedienungsanleitung zu durchforsten.

Es dauerte eine Weile, bis sie auf der Seite des Herstellers fand und Tim konnte nicht anders, als immer wieder einen beunruhigten Blick auf den Roboter zu werfen. Er hatte sich die ganze Zeit über nicht vom Fleck bewegt, aber Tim traute ihm langsam eine Menge zu. Killerroboter waren natürlich nur etwas aus Comics, aber zur Sicherheit entschied Tim sich, dass er zuerst nachlesen würde, wie man das Ding ausschalten konnte.


Ausschalten

Dein Robo300X schaltet sich nach 5 Minuten aus, wenn du ihm keinen neuen Befehl gibst.

Vorsichtig warf Tim einen Blick über seine Schulter. Der Roboter hatte eine ganze Weile unbeachtet auf seinem Bett gesessen, bestimmt länger als 5 Minuten. Aber er war alles andere als ausgeschalten und schien ihn sehr genau zu beobachten. Der Kleine verhielt sich definitiv nicht so, wie er laut Handbuch sollte. Tim las weiter, warf dabei allerdings immer öfter einen kurzen Blick auf den Roboter. Irgendwie fühlte sich der kleine Kerl nicht mehr ganz so harmlos und freundlich an und Tim hatte langsam ein schlechtes Gefühl dabei, ihm den Rücken zu zu drehen.

Um den Robo300X auszuschalten musst du den roten Knopf auf seiner Vorderseite 10 Sekunden lang gedrückt halten.

Das klang einfach aber dafür musste er dem Robo300x auch ziemlich nahe kommen. Tim war sich nicht sicher, ob er sich das so einfach gefallen lassen würde. Aber er war auch eine Maschine. Wenn er ihm den richtigen Input gab, dann sollte er schaffen nahe genug an ihn ran zu kommen. Tim setzte ein Lächeln auf und ging auf den Roboter zu.

"Na, Kleiner? Lust zu spielen? Komm her!"

Mit einem freudigen Piepen hüpfte der Roboter vom Bett. Tim ging er in die Knie und bereitete die Arme aus. Dabei zitterte er nur ein kleines Bisschen. Der Roboter kam mit schnellen Schritten auf ihn zu und Tim umarmte ihn, dabei hielt er den Ausschaltknopf fest gedrückt. In Gedanken zählte er bis zehn.

10

11

Zur Sicherheit noch 12.

Nichts geschah. Der Robo300x schlenkerte fröhlich mit den Antennen und schien Tim's Versuch gar nicht zu beachten. Nicht gut. Wirklich nicht gut.

"Ich ... ich spiele gleich etwas mit dir. Ich muss nur noch schnell etwas nachsehen."

Konnten Roboter lesen? Wusste der Robo300X, dass sein Handbauch auf dem Bildschirm stand? Tim versuchte sich für alle Fälle so zu setzen, dass er dem Roboter den Blick versperrte und suchte nach der Aku-Laufzeit in der Anleitung. Irgendwann musste dem kleinen Kerl doch der Saft ausgehen.

Die Aku-Laufzeit berägt eine Stunde. Danach musst du deinen Robo300x mit dem beiliegenden Ladekabel wieder aufladen.

Ladekabel? Davon hatte Tim im Paket nichts entdeckt. Soweit er wusste war der Kleine seit drei Tage ohne Pause eingeschaltet gewesen. Vielleicht hatte er sich als er verschwunden war ein paar mal selbstständig aufgeladen, aber auch der Gedanke gefiel Tim nicht. Tim warf dem Roboter einen langen Blick zu. Er hatte keine Wahl.

"Wollen wir in den Garten spielen gehen? Eine Runde Verstecken?"

Ein Teil von ihm rechnete damit, dass der kleine Kerl versuchen würde, ihn die Stiegen hinunter zu stürzen und er war froh, als der Roboter fröhlich pfeifend voran ging ins Erdgeschoss.

Es war genau die gleiche Melodie, die er bei ihrer ersten Begegnung auf der Terrasse gepfiffen hatte und Tim musste mit den Tränen kämpfen. Wenn der kleine Kerl nur sprechen könnte. Tim war sich ziemlich sicher, dass er hinter der Sache mit den Rosen steckte, aber er konnte sich nicht vorstellen warum. Nun, im Garten würde er den Roboter hoffentlich dazu bringen, ihm ein paar Antworten zu geben.

"Ich verstecke mich zuerst, ok?"

So schnell er konnte lief Tim hinter das Haus und rüstete sich aus. Mit klopfendem Herzen und dem Wasserschlauch in der Hand ging er dann hinter einem Busch in Deckung. Er konnte sehen, wie wenige Augenblicke später der Roboter zielstrebig auf ihn zu steuerte. Der kleine Kerl war wirklich gut in diesem Spiel. Aber damit hatte Tim gerechnet. Als der Robo300x in der Ecke zwischen Gartenmauer und Haus angekommen war sprang Tim aus seinem Versteck. Er ließ das Wasser fliessen, achtete aber darauf den Roboter nur weiter in die Ecke zurück zu drängen und ihn nicht zu treffen.

"Was bist du? Wer hat dich geschickt?"

Der Roboter blieb so stumm wie immer. Das hatte Tim befürchtet. Er verfluchte sich dafür, dass er im Handbuch nicht nachgeschlagen hatte, ob der kleine Kerl über eine Sprachausgabe verfügte. Aber dafür war es jetzt zu spät. Er konnte den Roboter schlecht bitten hier zu warten, während er noch mal kurz in seiner Zimmer hoch ging. So funktionierte ein Show Down nicht.

"Ach verdammt noch mal. Warum? Warum bringst du mein Leben durcheinander? Wer hat dich programmiert?"

Der Roboter hob langsam einen Arm und richtete ihn auf Tim. Mist. War er bewaffnet? So langsam traute Tim ihm alles zu und er hatte keine Lust abzuwarten, was der Roboter mit der auf ihn gerichteten Hand vor hatte. Er drehte den Wasserschlauch mit einer schnellen Bewegung voll auf und richtete ihn auf der Roboter. Der Roboter wurde von dem Strahl getroffen und erstarrte mitten in der Bewegung. Ein paar elektrischen Funken begangen zu tanzen und es begann übel nach verbrannten Kabeln zu riechen. Mit Tränen in den Augen hielt Tim den Wasserstrahl noch einige Minuten auf seinen Roboter gerichtet und ließ sich dann neben den leblosen Metallhaufen ins feuchte Gras sinken. Er hatte befürchtete, dass er das würde tun müssen aber er hatte nicht dacht, dass es so weh tun würde. Tim hatte den kleinen Kerl nur ein paar Tage gekannt, aber er hatte ihn vom ersten Moment an nicht als Spielzeug gesehen. Er wusste nicht, ob er nun hoffen sollte, dass sein Freund doch unschuldig gewesen war oder ob er wirklich glauben sollte, dass dieser Roboter wirklich nur Ärger in sein Leben hatte bringen wollen.

Einige Jahre später verstand er, was diese letzte Handbewegung des Roboters bedeutet hatte. Die Erkenntnis war ihm mitten während seines Auftritts als Stand Up Comedian gekommen und nur mit Mühe konnte er seinen Sketch über Zeitreisen zu Ende bringen. Nach einer schlaflosen Nacht erklärte er seiner Frau Sarah, warum er an der Uni ein Robotonikstudium beginnen musste. Das war er ihr und den Kindern schuldig. Und vielleicht auch dem Fortbestand des Raum-Zeit-Kontinuums.

 

Hallo velvet,

Dabei überlegte, ob Superman
da scheint mir ein "er" zu fehlen.

Leider habe ich eben erst bemerkt, dass Deine Geschichte extrem lang ist. Ich muss jetzt erst einmal meine Pause beenden.

 

Mein erster Leser! Danke schon mal für's reinlesen und für das "er" - bin gespannt, wie es dir gefällt.

 

Danke für den Input, JoGey ... bin gespannt, wie dir der Rest gefällt!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Velvet,
ich hab nun deine Geschichte ganz gelesen, auch mir sind ein paar Kommata abgegangen und an einigen Stellen ist ein Buchstabe zu viel oder zu wenig. Da der Text wirklich lang ist, werde ich heute keine Stellen mehr raussuchen und muss dich leider auch vertrösten.
Ich fasse deine Geschichte kurz zusammen:
Die Handlung spielt wohl in den Vereinigten Staaten (Highshool; Football-Team), es geht um einen Jungen, der ein totaler Außenseiter (Looser, würde man wohl sagen) ist. Sein Vater ist bei einem Unfall ums Leben gekommen (wird angedeutet, aber doch sehr spät, wie ich finde) und er lebt mit seiner (etwas seltsamen) strengen Mutter alleine. Dann taucht aus (bis ganz, ganz kurz vor Schluss)ungeklärter Herkunft ein Roboter auf, der ein paar Dinge tut, die das Leben des Jungen umkrempeln und ihn dazu bringen, aus seiner Außenseiterrolle auszubrechen, mit dem Mädchen anzubandeln, in das er sich verguckt hat, und am Ende ist er ein ziemlich angesehener Typ.
Im Grunde eine typische High-School-Thematik, könnte man bemäkeln.
Ich fand sie aber, abgesehen von der Länge, wirklich schön gemacht. Mir hat das tatsächlich gut gefallen, auch diese Spleens der Mutter, vor allem die Schneekugeln. Du hast wirklich viele tolle Szenen eingebaut und man merkt, dass da viel Liebe drinsteckt. Leider kann ich sie nicht alle aufzählen, denn, wie du wahrscheinlich schon ahnst, es war mir viel zu viel für eine Kurzgeschichte. Ich hätte sie auch nicht gelesen, wenn du sie nicht in unter anderem Titel in die Romane eingestellt hättest. Da hab ich dann gedacht Da liegt ihm viel an dem Text, bestimmt ein saublödes Gefühl, wenn dann so gar kein Kommentar dazu kommt, und ehrlich gesagt war das dann der einzige Grund, warum ich ihn dann gelesen habe.
Eigentlich möchte ich dir den Gedanken mitgeben, den Text viel, viel kürzer zu machen. Aber da steckt viel Liebe zum Detail drin, und einiges hat mich wirklich berührt. Vielleicht überlegst du wirklich mal, welche Stellen weg könnten, tut weh, aber es wäre echt schade wenn niemand den Text lesen würde, weil er so lang ist. Ich fand ihn nämlich wirklich schön, vor allem das Ende (wenn er den Roboter zerstört) hat mich dann emotional gepackt.
Genug von mir. Schöne, leider sehr lange, Geschichte, die viel Zeit fordert. Diese hab ich dann geopfert und bereue es nicht, danke dafür.
Liebe Grüße,
Konfusius

 

Schön! Ich hab das sehr gern gelesen von dem Buben, dem die Mutter Brotautos zum Frühstück schnitzt. Das ist echt hart in der Schule, wenn man so eine Mutter hat und überhaupt mit ihrer Zwangshändlerei z. B. wenn sie ihn zwingt, seine Tshirts umzufalten, damit sie keine Knicke kriegen. Die arme Sau von Tim. Es ist eine hübsche Geshcichte von einem Jungen, der mit Hilfe eines Roboters Selbstbewusstsein entwickelt, den Roboter aber am Ende zerstört.
Es ist eigentlich kein Science fiction, es ist so eine halbe fantasystory, wie sie an Weihnachten im Fernsehen übertragen wird. Und warum auch nicht. Das sind in der Regel sehr harmonische FriedeFreudeEierkuchenGeschichten. Die ich persönlich auch liebe. Und das erst mal richtig und unterhaltsam und mit dem Blick auf die Details hinzukriegen, das gelingt längst nicht jedem.
Du hast in deiner Geschichte einen Moment drin, der ein bisschen drüber hinausgeht, der deine Geschichte auch zu mehr macht als eben nur zu einem fröhlihen Sonntagsnachmittagskaffeefilmchen. Der die Geschichte erst so richtig interessant macht. Und das ist der Moment, als der Bub entdeckt (oder entdecken will) dass der kleine Robo ein Feind sein könnte und er ihn deswegen zerstört. Ich würde auf diesem Moment ein bisschen beharren, ihn auskosten literarisch. Die Gefühle des Buben deutlicher werden lassen, wenn er jemanden zerstört, der ihm ja vorher so geholfen hat. Es auskosten, dass er das doch gar nicht 100% weiß, ob das richtig ist, was er tut. Bei dir ist es ratzfatz klar, dass der Robo jetzt ein Feind ist und genauso ratzfatz entscheidet soch Tim. Wenn du stärker rausarbeitst, dass er zögert, gar nicht weiß, was richtig ist, den Roboter leiden lässt, dann machst du wirklich noch viel viel mehr aus der Geschichte außer der bloßen Unterhaltung. Vielleicht auch vorher schon (kann man überlegen, obwohl du das schon ansatzweise drin hast) stärker auf beginnende Zweifel setzen, wenn der Robo ja auch vorher schon Sachen macht, die den Tim in die Bredouille bringen.
Also dieser letzte Teil der Geschichte ist echt zu knapp. Dafür hast du alles andere bis zum Exzess ausgedehnt. :D
Aber dazu später mehr.

Ich persönlich mag das nicht so sehr, wenn die Geschichten immer in USA spielen, warum nicht einfach mal hier. Das kann man meistens viel besser und authentischer beschreiben. Aber das ist vielleicht auch Geschmackssache.
Was mir sehr gefiel, das sind die vielen niedlichen Details, die Brote zum Beispiel oder die Schneekugeln der Mutter etc.

Du bist auch mal in die Perspektive der Mutter gerutscht, aber auch das gelang dir sehr glatt udn gefällig, also das find ich alles schön.

Worauf du auch nochmal gucken könntest, die Personen in der Geschichte reagieren oft sehr schnell so, wie Tim sich das erhofft. Auch bei denen gibts keinen Zweifel, nie ein kleines Zögern. Manchmal finde ich ist das ein bisschen zu schnell und zu viel. Dadurch wirkt es ein bisschen unglaubwürdig, selbst für eine Sonntagsnachmittagsgeschichte. Bei dem Mädchen mags noch angehen. Aber als Beispiel: Diue Begegnung mit dem Jungen, der ihm zu der Rosenrasur gratuliert.

Aber und vor allem: Lern mal kürzen. Das klingt jetzt sehr diktatorisch von mir. Ich weiß. Es ist auch genau so gemeint. :D Für mich ganz deutlich keine Geschmacksfrage mehr, weil du an zahlreichen Stellen durch die auführliche und sich inhaltlich wiederholende Beschreibung Tempo rausnimmst, nacherklärst, dieses alles so sehr, dass du dadurch ev. Leserschaft ermüdest. Ein Beispiel dafür ist die Rückblende. Vom Gefühl her könntest du die auf die Hälfte zusammenstreichen. Aber es gibt viel viel viel mehr. Ich würd mich echt mal dransetzen und mi bei jeder Szene, jedem Erlebnis fragen, ob es das wirklich benötigt für deinen Erzählzweck. Und selbst wenn du dich so entscheidest, dass alle Szenen bleiben müssen. Die in sich kann man auch total kürzen. Du neigst momentan dazu, sehr auszuwalzen.
Du schreibst ja flüssig und angenehm und hast wirklich süße (sorry, falls du ein Kerl bist, die hören das manchmal nicht so gern) Einfälle, aber die Ausführlichkeit und immer noch mal eine Erklärung, die machen einen schlapp beim Lesen. Mir passiert das auch oft, vielleicht reite ich deswegen so darauf rum.
Aber ich finde es unglaublich wichtig. Und deswegen reite ich auch so darauf rum. Im Moment klingt deine Geschichte noch wie ungefähr drei Schritte vor der endgültigen Fertigstellung. Und da denk ich überhaupt nicht an die vielen fehlenden Kommas, sondern an die Gewichtung der einzelnen Geschichtsblöcke und an das Ausmustern redundater Erzählteile.

Beim Lesen aufgeschnappt:

Tim gab sich alle Mühe, sich weiter heldenhaft zu fühlen KOMMA während er sich auf den Weg zum Turnsaal machte.

Der Robo300X ein paar triumphale Pfiffe hören und begann, weitere Kugeln zu formen.
Hier fehlt ein Wort.

Dann hast du wirklich jede Menge Kommafehler drin. Vielleicht reicht meine Zeit noch für ein paar. Verwunderlich fand ich, dass du es mal richtig machst, mal falsch. Beispielsweise bei den mit "um zu" erweiterten Infinitiven. Das kannst dir ja einfach mal merken, "ohne zu "um zu" "anstatt zu" etc trennt man durch Komma ab.

Und nochwas, was mir aufgefallen ist, was du aber sehr schnell abstellen kannst: es heißt nicht: er lies das Geld fallen, sondern er ließ ... oder er liess, wenn du Schweizer/in bist.
dieses liess/ließ kommt von lassen. Du schreibst die ganze Zeit, wenn lassen gemeint ist, lies. Merk dir einfach als Grundregel, dass so gut wie alle gebeugten Verbformen (Ausnahme sind nur manche unregelmäßigen Vergangenheitsformen, wenn sich die Vokallänge nämlich ändert) sich so verhalten wie die Grundform. kommen - er kommt / fressen - sie frisst / können - sie kann etc. Sonst machst du das ja richtig, aber ausgerechnet lassen, ein Wort, das so häufig vorkommt, das kannst du dir ja einfach mal merken.

So und zu den Kommas reichts jetzt einfach nicht mehr. Sitz schon viel zu lange an dem Kommentar. Und wenn du dich fragst, warum ich so einen langen Komm schreibe, dann deswegen, weil ich es schön finde, deinen Namen auch unter einigen Fremdgeschichten als Kommentar zu lesen.
Ja, schön gemacht.
Viel Spaß bei uns und das herzliche Willkommen, das ist eh selbstverständlich. Schön, dass du da bist.
Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo velvet,
ich habe soeben deine Geschichte gelesen. Wie schon mehrfach erwähnt, ist sie wirklich sehr sehr lang. Es wäre wichtig und schön, wenn du sie nochmal Korrektur lesen würdest, es sind ziemlich viele RS-Fehler drin.
Zu deiner Geschichte an sich: sie ist wirklich sehr schön und geht echt ans Herz. Irgendwie wirkt alles ziemlich amerikanisch. Nicht nur, weil es offensichtlich dort spielt. Auch die etwas oberflächliche Charakterisierung der Figuren und der Storyverlauf (er kriegt das hübsche Mädchen, der Schrank von Footballspieler ist plötzlich sein Kumpel, er ist plötzlich beliebt ohne zu hinterfragen, warum und weshalb er es vorher nicht wahr und was das über die anderen aussagt). Aber ich habe mich mit Tim gefreut und die leise mahnenden Stimmen ignoriert.
Auch sehr gefallen hat mir deine Sprache. Manchmal ein bisschen zuviel Tell, aber ich habe Tim und seine Ängste gut kennen gelernt und er ist ein sympathischer kleiner Kerl. Nicht klar geworden ist mir, wie alt er sein soll. Manchmal, va wenn er vom Spielen redet oder dass er noch keine Armbanduhr hat, kommt er mir vor wie zehn. Aber mit Sarah und auf der Highschool? Keine Ahnung.
Ein paar Änderungsvorschläge: Die Länge! Du hattest mich erst sicher am Haken, als Sarah von den Blumen anfing. (Das ist viel zu spät!) Davor hab ich ne Nacht geschlafen und reines Mitleid hat mich bewogen weiter zu lesen. Das soll nicht heißen, dass deine Geschichte nicht gut ist. Sie ist es! Keine Frage. Der Anfang müsste allerdings, fürchte ich, ordentlich gekürzt werden. Sachen wie die Schneekugel (nettes Detail, aber evtl entbehrlich?) und die Autobrote (großartige Idee!) kann man evtl. ein bisschen weiter nach hinten verschieben. Oder man bringt da mehr Spannung rein. Aber dann fragst du zurück, wie. Und dann müsste ich passen. Die Auflösung handelst du mir übrigens wiederum zu kurz ab. Das steht in so krassem Gegensatz zu deinem restlichen Text in Sprache, Wortwahl, Kürze, dass es wie ein plötzlicher Wechsel vom Original-American Pie- zum dunkelsten QOTSA-Song wirkt.
Noch ein paar Kleinigkeiten: Manche Textstellen sind plötzlich im Präsens. Du hast häufig unschöne Wortwiederholungen in kurzen Abständen drin. Grüner Tee statt Grüntee? Was ist eine Jausenbox? Erst dachte ich, es müsste Pausenbox heissen, aber das kommt mindestens sechs mal. So oft kann man sich doch gar nicht vertippen UND es beim Korrekturlesen übersehen, oder? Die 'Ärmel der Weste' überdecken die Armbanduhr der Mutter. Ich musste lachen und dann dachte ich mir, dass es irgendwie so absurd ist, dass es unmöglich unbeabsichtigt sein kann. Jedenfalls ist der Punkt, dass das Hauptmerkmal des Kleidungsstückes Weste, welches es von Jacke, Pullover, Rolli etc. unterscheidet, seine Ärmellosigkeit ist! So, jetzt weißt du's.
Nochmal zusammen gefasst: (Ich hab es heute echt mit Doppelpunkten ...) Eine sehr schöne Geschichte, die hoffentlich noch mehr Leser finden wird.

Liebe Grüße
Zantje

 

Hi velvet!

Ich verweise einfach mal auf meinen Kommentar in deinem Parallel-Post. Kopf hoch und lass dich nicht unterkriegen, auch wenn das Kürzen schwer fällt!;) Fühl dich gedrückt und moralisch unterstützt!!:thumbsup:
Ich kenne das Wort "Jause" übrigens auch - kommt das nicht aus dem Berlinerischen? Ist aber auch egal, denn ehrlich gesagt mag ich das Wort überhaupt nicht - erinnert mich so an "Jauche"!;)

Es drückt dich der Eisenmann an seine stählerne Brust

 

Ich kann nicht sagen, ob Jause auch Berlinerisch ist ... aber wir Österreicher sind ein ganzes Land, also bezeichnen ich es jetzt mal als unser Wort *zwinker* für die Mahlzeit zwischen den Mahlzeiten.

 

Zantje;654799 Die 'Ärmel der Weste' überdecken die Armbanduhr der Mutter. Ich musste lachen und dann dachte ich mir schrieb:
Vielen Dank für's Lesen, Zantje. Ich bin Österreicherin und schwöre (allein schon, weil ich die für meine Kinder täglich herrichte), dass es bei uns Jausenbox heisst. Da ist ja auch die Jause drinnen und nicht die Pause. Aber das scheint wohl eine sehr österreichische Sache zu sein und ich danke dir für den Hinweis.

Was die Weste angeht: das ist bei uns Österreicher auch eine dünne Jacke mit Ärmeln. Wikipedia definiert es so:

"Süddeutsche und österreichische Definition von Weste

In einigen süddeutschen Regionen, hauptsächlich im Saarland, im Hunsrück (Gemünden), in der Oberpfalz, in Niederbayern, in Baden, Teilen von Schwaben und in Österreich, bezeichnet man langärmlige Sweatshirts, die einen durchgehenden Reißverschluss aufweisen und aus einem für Sweatshirts untypischen dickeren Material gefertigt werden, als Weste."

Ich werde der Mutter wohl heute Abend wenn ich korrigiere eine Jacke anziehen ... dass sollte international verständlich sein.

Zum Glück hab ich zumindest niemanden ein Sackerl durch die Gegend schleppen lassen oder eine Leberkässemmel bestellen ... ;-)

Und ich werde wohl kürzen müssen ... so *snief* weh das tut.

 

Kopf hoch und lass dich nicht unterkriegen, auch wenn das Kürzen schwer fällt!;) Fühl dich gedrückt und moralisch unterstützt!!:thumbsup:

Bisschen kürzen hab schon geschafft *zähnezusammenbeiß* - wie lange meinst du darf eine KG hier denn so maximal sein?

 

Hallo velvet,

ich habe es noch immer nicht geschafft, deine Geschichte zu Ende zu lesen, möchte dir aber schon mal meine ersten Eindruck geben.


Jausenbox
Deine Geschichte beinhaltet „Coach“, „High School“ usw. und soll in den USA spielen und enthält dann einen regionalen Begriff wie „Jausenbox“? No Go!


keiner der Jungs wagte es in Gegenwart von Coach Bitburg unsaubere Worte zu benutzen.

"Komm schon, Tim. Zeig uns, was du drauf hast!"
"Gib alles, Kleiner!"

Tim wusste genau,

Das nur ein Beispiel unter vielen. Warum machst du hier und an vielen anderen Stellen immer neue Absätze? Sie sind hier nicht notwendig und blähen den Text nur auf.

Zu Tim's Überraschung
Das kommt an vielen/allen Stellen vor. Im Deutschen verwendet man nicht die englische Schreibweise, sondern man schriebt „Tims“.

Cynthia Morgan bemerkte nichts
Mrs. Morgan ging in die Knie
Ich würde ich für eine Schreibweise entscheiden.

Es dauerte einen Moment, bis Tim begriff, was es gewesen war.

"Danke"

Wofür in aller Welt hatte sie sich bei ihm so bedankt?

„Danke.“ (Und wieder unnütze Leerzeilen …)

und zum ersten Mal war er froh, dass seien Mutter ihm immer schrecklich viele Brote mitgab.
dass seine Mutter

"Wow, meine Mam gibt mir immer nur
Mom

So, das als erstes. Von den Kommaproblemen will ich jetzt gar nicht sprechen … :Pfeif:

Vielleicht schaue ich später, nach einer Überarbeitung, nochmals rein. ;)

Liebe Grüße,
GoMusic

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo velvet

ich schreib auch mal ein bisschen was zu deiner Geschichte. Mir geht's ähnlich wie GoMusic: die Geschichte habe ich in Stücken angefangen zu lesen, bin aber noch nicht fertig geworden.

Überfordert mich von der Länge her, einzelne Passagen zu kommentieren, ist einfach zu aufwändig. Wäe vielleicht besser sie auf das Maß einer Kurzgeschichte zu bringen oder im Gegenteil auszuweiten und in der Rubrik "Romane" in einzelnen Kapiteln zu posten. So wirst du nicht gerade viele Kommentare bekommen, die etwas detaillierter sind.

Was mir besonders gut gefällt, ist, wie du deinen Prot entwickelst. Schon nach wenigen Sätzen, kann ich so was wie Sympathie entwickeln und mich auf ihn einlassen. Das ist echt gut.

Bisschen unklar bleibt sein Alter für mich. Anfangs denke ich mir: Grundschule. (spielt mit Robotern und so) Irgendwann findet er Mädchen cool und dann glaube ich, dass er mindestens 14/15 Jahre alt ist.

Zur Jausenbox ist ja schon alles gesagt. Jetzt weiß ich, dass man das in Österreich sagt. Braucht es aber nicht, den Ausdruck.

Dann noch das Wort lassen, das mir auffiel. Du schreibst ein paar Mal: "lies" und meinst "ließ". Solltest du verbessern. ;)

So viel oder so wenig
viele Grüße
Isegrims

 
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Hej velvet,

nachdem ich mich völlig auf die Geschichte eingelassen habe, ist mir nicht bewusst geworden, wie lang sie ist. (Habe ja aber schon längere Kurzgeschichten gelesen;))
Deine unprätentiöse Schreibweise, die ruhige Art, deine Figuren zu zeichnen, die leise, humorvolle Art der Interaktion, all das war schon ein Vergnügen. Auch in der (nicht unbekannten Story) habe ich mich wohl gefühlt. Der persönliche Verlauf des Tim war mir, wie auch der Ort der Handlung, zu "amerikanisch". Passte sicher zueinander, doch mir persönlich hätte die Geschichte mehr gegeben, wenn sie in "meine" Welt transportiert worden wäre.

"Immer solidarisch - auch wenn er keine Ahnung hat, worum es geht."

Dieser Satz traf mich etwas überraschend. Wieso denn mit einem Mal so kritisch? Du gehst auch nicht weiter darauf ein und ich erleide einen Bruch ;) Mache mir Gedanken, ob ich mich zu sehr trieben ließ, eine wichtige Botschaft nicht kapiert habe.

Den Titel finde ich nicht so gut gewählt. Einen "geschmeidigeren" empfände ich passender.

Letztendlich hat mir deine Erzählsprache gut gefallen, auch der ausgewogene Mix von direkter Rede und Erzählung. Ich hatte schöne Bilder im Kopf, auch wenn alles kam, wie es kommen musste.

Liebe Grüße, Kanji

 
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Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Letztendlich hat mir deine Erzählsprache gut gefallen, auch der ausgewogene Mix von direkter Rede und Erzählung. Ich hatte schöne Bilder im Kopf, auch wenn alles kam, wie es kommen musste.

Danke dir, für dein Lob und deine Anregungen. Über den "immer solidarisch .." Satz denke ich nach. Aber vor allem Denke ich über die Sache mit dem Ort der Handlung nach. Das haben jetzt schon ein paar gesagt ... als Erklärung: ich ging in der USA zu High School (und kenne zB die Schließfächer, den Klassenwechsel und die relativ unbeobachteten Pausen). Aber das scheint euch wirklich zu stören ... vielleicht lasse ich ihn ja umziehen. Dann könnte ich zumindest bei "Jausenbox" bleiben - das Wort wird übrigens in ganz Österreich verwendet, ich also nicht ganz sooo regional. Aber diese Mischung aus Österreichisch / USA, die mir so selbstverständlich vorkam, ist wohl doch ein bisschen ungewöhnlich.

Wirklich dumm, dass ich mich an die USA-Highschool-Zeit besser erinnere als an den Schulzeit hier.


Zur Jausenbox ist ja schon alles gesagt. Jetzt weiß ich, dass man das in Österreich sagt. Braucht es aber nicht, den Ausdruck.

danke, für die netten Worte. Hach ja, die Jausenbox. Ich bin unentschlossen ... muss eine Geschichte in deutschen Deutsch geschrieben sein? Ist das österreichische Hochdeutsch tatsächlich ein Dialekt, kann also die Sprache eines ganzen Landes ein Dialekt sein? Zugegeben, wir sind ein kleines Land ... Ach, schwer.

Das mit dem "lies" wundert mich jetzt total. Hast du dir die Geschichte ausgedruckt? In der derzeitigen Fassung hab ich das doch schon ausgebessert ... dachte ich? Ist da echt immer noch ein böses "lies", das sich vor mir verstecken konnte?

liebe Grüße aus Österreich,
velvet


Da der Text wirklich lang ist

Lieber Konfusius, über die richtige Länge für die Geschichte hab ich in den letzten Tagen viel nachgedacht. Der Text ist jetzt um 1/3 kürzer, aber damit ist er vermutlich immer noch zu lange. Jetzt stehe ich ein bisschen in einer Sackgasse - ich bin mir unsicher, was ich noch wegnehmen kann ohne die Atmosphäre zu zerstören.

Was meinst du, wie lang darf denn eine Geschichte hier maximal sein um nicht abzuschrecken? In der anderen Schublade, dem Roman, sehe ich sie mittlerweile noch weniger ... ich sehe dann nicht so viel mehr mögliche Handlung.

Schwer, schwer ... aber vielen Dank für's lesen und sorry für die lange Wartezeit auf meine Antwort.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi velvet,
ich ziehe meinen Hut, dass du so viel gekürzt hast. Tatsächlich hab ich in den letzten Tagen ein paarmal an deine Geschichte gedacht, die trotz ihrer Länge ja an keiner Stelle (für mich) langweilig war, und das ist schon mal was. Als ich dann an die Passagen, Details und liebevoll gestalteten Prots dachte, die der Kürzung zum Opfer fallen könnten (müssten), wurde ich richtiggehend traurig und war froh, nicht mit dir tauschen zu müssen.

Uih, wie lang darf eine Geschichte hier sein ... das ist eine gute Frage, ich schieß mal ins Blaue und sage: Word, Times New Roman Schriftgröße 12, 8 Seiten? Also das ist echt schwer zu sagen und hängt von Thematik und Satzbau und und und ab.

Aber warum eigentlich keinen Roman daraus machen? Ein Jugendroman mit 300-400 Seiten wäre da doch schon drin, dachte ich mir.
Du könntest die Geschichte in einer ursprünglicheren Fassung als erstes Kapitel stehen lassen (beim Exposé werden dir die Leute sicher gerne helfen), denke ich, selbst der letzte Teil mit dem Tod des Roboters. Den könntest du dann vom Schrottplatz auferstehen lassen, ihn Tim begleiten lassen bei vielen Stationen (erster Kuss, vielleicht Eintritt in einen Club etc,), da ist noch immer viel Spielraum für witzige Szenen.
Und dann kommt ja die Pyjama-Party, die Frage mit den fehlenden Klamotten etc.
Auch ein Kapitel über die Mutter mit ihren, ebenfalls witzig anmutenden, Zwangshandlungen wäre schön zu lesen, vielleicht bandelt sie mit einem Lehrer an oder so.
Mit den Schneekugeln hast du den Weg für eine Mutter-Sohn-Reise nach Paris geebnet, vielleicht auf den Spuren des verstorbenen Vaters, das ist auch eine Jugendroman-Thematik, die ankommen könnte.
Er könnte sich auch in ein anderes Mädel verknallen, und der Roboter versucht verzweifelt, ihn von ihr fernzuhalten, während er verzweifelt dagegen arbeitet.
Uiuiui, ich muss aufhören bevor ich mich zuviel einmische.
Also ich lese zwar keine Jugendbücher (mehr), aber das würde ich mit Freude lesen.

Du könntest natürlich auch brutaler kürzen, dich auf das aller wesentlichste beschränken und dann eine Serie daraus machen. Ganz im Ernst, ich würde wirklich gern mehr von Tim lesen.

Ich hoffe, ich hab mich nicht zu sehr reingedrängt mit Ideen, aber ich hab die letzten Tage, immer wenn sie mir wieder in den Kopf ging, gemerkt dass mir deine Geschichte als Jugendroman am besten gefallen würde. :sealed:

Und dass ich so viel daran gedacht habe ist so oder so ein gutes Zeichen und ein Plädoyer für deine Geschichte. :D

Einen Roman zu schreiben bedeutet natürlich auch viel Zeitaufwand, aber ich habe den Eindruck, das tut das Kürzen der Geschichte so wie so.
Wegen der langen Wartezeit bin ich dir nicht böse, aber ich bin sehr gespannt, wie es mit dir und deiner Geschichte weitergeht.
Herzliche Grüße,
Konfusius

 

Hi velvet,
i
Und dass ich so viel daran gedacht habe ist so oder so ein gutes Zeichen und ein Plädoyer für deine Geschichte. :D

Einen Roman zu schreiben bedeutet natürlich auch viel Zeitaufwand, aber ich habe den Eindruck, das tut das Kürzen der Geschichte so wie so.


Danke, dass du so an Tim glaubst *g*. Aber ich und Jugendroman ... das kann ich mir schwer vorstellen. Ich hab selber nie Jugendroman gelesen sondern bin von den Erstlesebüchern direkt zum Herr der Ringe übergegangen und hab mich dann durch das Bücherregal meines Vaters gearbeitet. Vermutlich war ich einer der jüngsten Fans von Edgar Wallace.

Also ich glaube, Jugendroman wird so gar nicht mein Genre. Ich hab mich bei Tim auch total zusammen gerissen, mal nicht zu böse, düster und gemein zu werden ... ein ganzes Buch lang könnte ich das wohl nicht *g*.

Aber vielleicht ändert sich das mit den Jugendromanen noch ... mein Sohn probiert gerade durch, was ihm so gefällt und schwankt noch zwischen Jugendromanen und meinem Bücherregal. Asimov gefällt ihm, Stephen King hab ich ihm dringend abgeraten (er ist erst 10).

lg,
velvet

 

Hej velvet,

hier "muss" ich mich noch mal einklinken.
Ich bin da ganz Konfusius' Meinung und fänd es auch richtig schön, wenn man Tim und seine Mutter noch begleiten könnte, über die Schneekugeln, die Reisen und was man halt so einbauen könnte, wenn dein Sohn deine Geschichte lesen, daran wachsen könnte..... Was für eine hübsche Vorstellung: eine seiner ersten Geschichte wäre die seiner Mutter. :herz:

Verträumte Grüß, Kanji

 

Hallo velvet!

Ich hatte deinen Text angelesen, war aber aus Zeitmangel nicht weit gekommen. Ich fand den "Sound", den dein jugendlicher/kindlicher Erzähler draufhat, sehr interessant. Das klang nach einem Noir-Text, mit einem Protagonisten wie Mike Hammer oder so, einer, der schon alles gesehen hat, der weiß, dass die Welt verdammt schlecht ist usw. Und das eben nicht in einem Krimi, sondern in einem Schul-Setting!
"Miese Tage, mieses Wetter. Es war verdammt kalt hier draussen"
"Das war wichtig. Verdammt wichtig sogar. Kleine Brotautos mit Fenstern aus Gurken und Tomaten waren einfach ... nicht hilfreich."
=> In diesen Sound könnte ich mich verlieben.
=> Und daher finde ich es sehr, sehr schade, dass dieser "Sound" nur kurz aufblitzt. Eine ganze Geschichte in diesem Sound hätte ich gerne gelesen.

So, verdammt konstruktiv ist dieser Kommentar sicher nicht, aber ich wollte eben gesagt haben, was ich denke.

Grüße,
Chris

 

Das klang nach einem Noir-Text, mit einem Protagonisten wie Mike Hammer oder so, einer, der schon alles gesehen hat, der weiß, dass die Welt verdammt schlecht ist usw. Und das eben nicht in einem Krimi, sondern in einem Schul-Setting!

Liebe Chris, das ist sogar ganz unglaublich konstruktiv. Ich sitze hier bei meinem Kamillentee und lächle. Böse.

Die paar Stellen kamen wohl als Echo von meinem ersten Roman-Versuch hier rein ... aber davon werde ich definitiv noch mehr einarbeiten. Jim hat sich in einer der ersten Versionen der Geschichte ja nie selbst leid getan sondern sich einfach als Experte im Überleben von Schlechten Tagen gesehen. Ein bisschen zynisch ist er definitiv ... und das wird er in der nächsten Version auch mehr sein dürfen.

 

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