Was ist neu

Der Markt am Ende des Baumes

Mitglied
Beitritt
14.10.2002
Beiträge
28
Zuletzt bearbeitet:

Der Markt am Ende des Baumes

Der einsame Baum setzte sich langsam in Bewegung und trottete in die Stadt hinein.
Als er eine kleine Farm am Waldrand erreicht hatte, traf er als erstes einen Bauern.
"Was willst Du denn hier?" fragte der Bauer den Baum. "Gehörst du nicht in den Wald?"
"Doch, schon," antwortete der Baum mit tiefer, knorriger Stimme. "Aber ich bin auf der Suche nach ein wenig Zerstreuung und möchte mir gerne die Stadt ansehen."
"Das ist keine gute Idee, fürchte ich," gab der Bauer zu bedenken, lässig auf seine Heugabel gelehnt. "Denn heute ist Markttag und man würde einen Kerl wie Dich glatt auf einen Karren packen, in der Mitte durchsägen und als Bretter verkaufen."
"Wirklich?" Der Baum war überrascht. Von derartigen Dingen hatte er seine Vorfahren munkeln hören, doch er hätte nicht gedacht, dass die Menschen nach all den Jahrhunderten noch immer so grausam waren.
Der Baum bedankte sich beim Bauern für die Ratschläge und beschloss, trotzdem in die Stadt zu gehen.
Als er so im Sonnenschein die Hauptstraße entlang schritt, kam ihm unvermittelt ein Hutständer entgegen.
"Was machst Du denn hier in der Stadt?" fragte der Hutständer. "Ich dachte immer, ihr Bäume macht euch nichts aus Reisen."
"Ich will mir nur ein bisschen die Wurzeln vertreten," antwortete der Baum. "Ich will einmal schauen, wie es in der Stadt so aussieht."
"Das schlag dir mal aus dem Kopf. Weisst Du denn nicht dass Bäume in der Stadt geächtet und verschrien sind?"
"Nein, das wusste ich nicht," antwortete der Baum wahrheitsgemäß.
Der Hutständer zog seinen Hut und ging weiter, und auch der Baum setzte seinen Weg fort.
Als er schließlich den Markplatz erreicht hatte, schien ihm die Stadt zunächst gar nicht so groß und aufregend, wie er sie sich immer vorgestellt hatte.
Doch dann packte man ihn, zerrte ihn auf einen Karren, zersägte ihn und verkaufte ihn als Bretter.
Die Stadt war offenbar noch nicht bereit für einen Baum wie ihn.

 

Wlää, ist das gemein!! Der arme Baum... war doch so lieb.:sad:
Soll diese Geschichte einen ganz besonderen Anstoß zum Denken geben, ist dir das wirklich gelungen. Sprachlich schön ausgestaltet! Danke für diese Geschichte. Viele Grüße
Dryad

 

Oh ja, mit dieser Geschichte wird harte Kritik geäussert. Mir gefällt sehr gut, dass Du diesen Gedanken des Naturschutzes (bzw.Grün in der Stadt) in eine solch niedliche Geschichte gepackt hast!
Kompliment!
Gruß,
annablume

 

Hallo Dryad, hallo Annablume.

vielen Dank für Eure netten Worte.
Freut mich dass Euch die Geschichte gefällt.

Gruß,
Björn

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom