Der Mann am Fenster
Er steht am Fenster mit den hellen Gardinen, die hier schon seit Jahrzehnten hängen. Verbleicht und trocken sind sie, ähnlich wie die vergilbten Fotos in der Schublade unter dem Bett.
Eigentlich weiß er nicht, wozu er sie aufbewahrt hat; fast wie einen Schatz.
Vielleicht um die Gewissheit zu haben, dass sie noch bei ihm ist, dabei ist sie es nicht und wird es nicht mehr sein.
Wenn er aus dem Fenster sieht, kann er ins gegenüberliegende Haus schauen.
Unter der Woche von acht bis zehn kommt die Putzfrau, er nimmt an, dass sie es ist und hängt Wäsche auf. Um elf riecht es nach Waschpulver und die Laken heben sich als Farbtupfer vom grauen Putz ab. Erst am Wochenende lebt das Zimmer, wenn die jungen Leute kommen und tanzen.
Er denkt, ich war an der Front.
Doch sie sehen nicht glücklich aus. Sonntagmittag fahren sie ab, ohne große Worte.
Wir schreiben.
Er denkt, dass sie auch geschrieben haben, wenn auch mit Papier und großen Gefühlen. Aber vielleicht täuscht er sich ja auch nur, denn er ist fast taub.
Auf der Straße spielen die Kinder mit buntem Herbstlaub. Ihr Lachen wird leiser, je älter sie werden und manche scheinen einander zu vergessen. Andere Dinge, deren Namen er nicht aussprechen kann, sind nun wichtiger.
Er sitzt am Fenster und fragt sich, was sie wohl sehen würde.