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Der Müller und die Wasserfeen

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04.02.2003
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Der Müller und die Wasserfeen

Der Müller und die Wasserfeen

Es war einmal vor langer Zeit, da lebte an einem kleinen Fluß ein armer Müller mit seiner Frau und seinen drei Töchtern. Der Müller war sehr unglücklich, denn er wollte gerne einen Sohn haben, der ihm bei der Arbeit helfen und später die Mühle übernehmen sollte. All seine Gebete waren bisher nicht erhört worden und so machte sich der Müller auf den Weg zu einer weisen Frau, die im nahegelegenen Wald wohnte, um sie um Hilfe zu bitten. Doch die alte Frau sagte, daß sie ihm nicht helfen könnte, nur die Wasserfeen hätten diese Macht. Jeden Tag zur Zeit der Morgen- und Abenddämmerung könnte man sie an der Biegung des Flusses über dem Wasser tanzen sehen. Wenn man sich ihnen mit Ehrfurcht näherte, gewährten sie einem einen Wunsch. Der Müller bedankte sich und ging. Doch kaum war er zur Tür heraus, rief ihn die Alte zurück: „Müller, vergeßt nur eines nie. Die Feen verlangen für alles einen Preis. Betrügt man sie, kann man ihrer Strafe nicht entgehen.“
Als der Müller aus dem Wald trat, fing es gerade an zu dämmern. Da dachte er sich, daß er die Feen noch an diesem Abend um einen Sohn bitten wollte. Der Weg den Fluß entlang bis zur Biegung war beschwerlich, doch den Müller trieb die Hoffnung auf einen Sohn immer weiter. Und dann sah er sie. Feine Nebelschwaden tanzten auf dem Wasser und liebliche Melodien erklangen. Etwas Wundervolleres hatte er nie gesehen. Ehrfurchtsvoll trat er an das Ufer des Flusses und rief: „Holde Feen, würdet ihr einem armen Müller einen Wunsch gewähren?“
Die Nebel schwebten auf den Müller zu und aus ihnen bildeten sich drei wunderschöne Frauen in weiten wehenden Gewändern. Die größte der drei Feen strich mit ihrer Hand leicht über seine Stirn und sagte: „Nun, du scheinst reinen Herzens zu sein. Innerhalb eines Jahres wird Dir Deine Gemahlin einen prächtigen Sohn gebären. Er wird ein fleißiger und kluger Bursche sein, doch Du mußt ihn Respekt vor dem Fluß und uns lehren. Wenn er 15 Jahre alt ist, sollst Du ihn auf eine Wanderung stromabwärts zu Mündung des Flusses schicken. Ein Jahr lang soll er mit dem Fluß leben. Brichst Du dieses Versprechen, wird Dich unser Zorn hart treffen. Nun geh!“
Da der Müller sich nichts so sehr wie einen Sohn wünschte und er die Bedingungen für nicht sehr schwer hielt, willigte er ein und machte sich glücklich auf den Weg nach Hause.

Die Jahre vergingen. Wie die Wasserfeen prophezeit hatten, hatte ihm seine Frau im Frühjahr des folgenden Jahres einen Sohn geschenkt. Er war der ganze Stolz des Müllers, ein hübscher und kluger Junge. Schon mit jungen Jahren packte er in der Mühle mit an. Immer wieder hatte er neue Ideen, wie man die Arbeit schneller und besser erledigen konnte. Dank der Mithilfe seines Sohnes mahlte er das Korn so fein wie kein anderer Müller weit und breit. Und so war über die Jahre aus dem armen Müller ein reicher Müller geworden.
In den ersten Jahren war der Müller regelmäßig mit dem Jungen zum Fluß gegangen und hatte ihm von den Wasserfeen erzählt, hatte gemeinsam mit ihm den Feen gedankt. Doch als es immer mehr Arbeit gab, wurden die Besuche zuerst immer seltener und hörten irgendwann ganz auf.

Zu seinem 14. Geburtstag hatte der Müllerssohn einen besonderen Wunsch geäußert. Er wollte, daß der Vater mit dem Landesfürsten sprach. Er sollte ihn um die Erlaubnis bitten, den Fluß etwas aufzustauen, so daß die Mühle auch bei niedrigem Wasser immer genug Zufluß haben würde. Ja, der Sohn des Müllers war ein kluger Bursche und da der Landesfürst das erkannte, gab er die Erlaubnis zum Bau des Staudammes. Außerdem erhoffte er sich selber Vorteile von dem Staudamm, denn je mehr der Müller verdiente, umso mehr Abgaben konnte der Fürst einfordern.
Doch der Müller hatte Bedenken, so griff man den Fluß doch an und was würden die Wasserfeen dazu sagen. Böse Alpträume quälten ihn jede Nacht. Er mußte mit seinem Sohn sprechen und ihn an die Feen erinnern. Doch der Müllerssohn lachte seinen Vater aus und schalt ihn einen alten Narren, denn Wasserfeen würde es nicht geben. Weil kurze Zeit später die bösen Träume aufhörten, beruhigte sich der Müller wieder und half schließlich sogar beim Bauen des Staudammes.

Kurz nachdem der Staudamm fertig gestellt war, wurde der Sohn des Müllers 15 Jahre alt. Es gab ein großes Fest, denn an diesem Tag fand auch die Verlobung des Müllerssohnes mit der Tochter des bedeutendsten Bauern der Gegend statt.
Am nächsten Tag erwachte der Müller schon vor der Morgendämmerung. Da es noch nichts weiter zu tun gab, ging er hinaus, um am Staudamm nach dem Rechten zu sehen. Plötzlich umfingen ihn Nebel, sein Kopf fing an zu schmerzen und er hörte eine donnernde Stimme: „Müller, Du hast Dein Versprechen gebrochen! Nicht nur, daß Du Deinen Sohn nicht auf Wanderschaft schickst, nein, der Bursche hat keinen Respekt vor uns und dem Fluß.“
So schnell die Nebel da waren, so schnell waren sie auch wieder verschwunden und der Müller war sich nicht sicher, ob alles nur Einbildung gewesen war. Um ganz sicher zu gehen wollte er die weise Frau im Wald noch einmal aufsuchen. Stundenlang irrte er im Wald umher ohne die Hütte der Alten zu finden. Als es anfing zu regnen, zu blitzen und zu donnern, machte er sich auf den Heimweg. Immer stärker wurde das Gewitter. Helle Blitze zuckten und schlugen neben ihm in Bäume ein und im prasselnden Regen glaubte er immer wieder das Wort „Bestrafung“ zu hören. Der Müller rannte und rannte. Kurz bevor er den Wald verließ, hörte das Gewitter auf und erste Sonnenstrahlen brachen durch die dicken dunklen Wolken. Nur in der Ferne hörte er noch ein seltsames Grollen.

Das Grollen wurde immer lauter je näher er seinem Zuhause kam. Das, was er dann sah, hatte er noch nie zuvor gesehen. Der kleine Fluß war zu einem reißenden Strom geworden, der alles mit sich nahm – ohne Ausnahme. Der Müller kam gerade noch rechtzeitig am Fluß an, um mitzuerleben, wie der Strom sein Haus mit in die Fluten zog.
An einem ins Wasser hängenden Ast erregte etwas die Aufmerksamkeit des Müllers – jemand hielt sich am Ast fest, um nicht fortgerissen zu werden. Beim Näherkommen erkannte der Müller seinen Sohn. Er wollte ihm gerade einen Stock reichen, um ihn aus den Fluten zu helfen, als sich Nebel um seinen Sohn schlangen. Vor dem Müller schwebte eine Fee und sagte mit trauriger Stimme zu ihm: „So nehmen wir Dir jetzt, was wir Dir einst gaben. Das soll Deine Strafe sein, denn Du hast Dein Versprechen nicht gehalten und hast zugelassen, daß Dein Sohn uns verletzt. Lerne daraus, Müller!“
Die Fee verschwand und der Müller sah den leblosen Körper seines Sohnes stromabwärts treiben. So würde er nun doch die Reise zur Mündung des Flusses machen, wie die Feen es gefordert hatten.

Und die Moral von der Geschicht: Es gibt Mächte, die verzeihen nicht!

 

Moin Magd,

schönes klassisches Märchen. Hat mir sehr gut gefallen.

Was mich aber gestört hat war:
Zur Zeit der Landesfürsten wurden intelligente Müller nie gefördert. Vielleicht sollte man das besser raus lassen, dass der Müller für den Staudamm eine Genehmigung braucht.

Auch dass das Gewitter so gehässig war hat mich ein Wenig irritiert. Schließlich tat es doch den Feen leid, dass sie den Müller bestrafen mussten, oder?

Das Dritte und Letzte: Der Müller hatte ja gar keine Wahl, ob er bei diesen Bedingungen seinen Wunsch erfüllt haben wollte. Bzw. hat er nie versprochen die Bedingungen einzuhalten.

Ansonsten hast du alles recht stimmungsvoll in eine "altertümliche" Welt verpackt.

Grüße
Jack

 

Hallo Magd,

das ist ein nettes Märchen über die Kräfte der Natur, die Rache üben, wenn man ihnen nicht respektvoll begegnet. Hat mir gefallen.
Doch die Weisheit am Ende stört selbiges ganz immens, meine ich. Besser wäre es, wenn Du diesen Spruch wegließest!


Gruß,
tristhor

 

Hallo Ihr Beiden,

danke ersteinmal für die Kommentare. Ich habe auch schon einige Änderungen vorgenommen. Der Donner, der wie ein böses Lachen klingt, ist in der Tat ein Widerspruch und wurde meinerseits sofort eliminiert... :-)
Die Sache mit der Erlaubnis des Landesfürsten. Nun ja, ich bin da geschichtlich nicht sooo bewandert, aber ist es nicht so, daß alles dem Landesfürsten gehörte und alles, was mit und auf seinem Land geschah seine Zustimmung benötigte? Schließlich durfte ja zum Beispiel auch nciht jeder einfach so jagen usw. Darum hab ich das erstmal so gelassen. Und warum der Junge gefördert wird (auch wenn es nicht üblich gewesen sein sollte - naja, ist ja trotzdem ein Märchen, da müssen nicht alle Fakten geschichtlich 100%ig stimmen, oder?), habe ich mit einem weiteren Satz versucht zu erläutern.
Daß ich den letzte Satz geschrieben habe..."Die Moral von der Geschicht...". Ich gebe zu, ich wollte so einen Satz schon immer mal schreiben... :-) Es ist bei Märchen durchaus üblich, daß die Moral mitgeliefert wird, nicht immer, aber manchmal. Zumindest war das früher so... :-)

Gehabt Euch wohl...
B.

 

Hallo B.!

Dein Märchen gefällt mir recht gut. Ein derartiges Ende war zwar absehbar, aber die Geschichte war für mich trotzdem nett zu lesen, recht unterhaltsam, und außerdem hast du sie schön märchenhaft geschrieben. Im Vergleich zu „Verlassen“ hat mir diese hier jedenfalls besser gefallen. Den letzten Satz würde ich allerdings auch weglassen. Er passt m. E. von der Art her nicht richtig zum Rest der Geschichte.

Eine Sache noch:

Der Weg den Fluß entlang bis zu Biegung war beschwerlich, doch den Müller trieb die Hoffnung auf einen Sohn immer weiter. Und dann sah er sie. Feine Nebelschwaden tanzten auf dem Wasser und liebliche Melodien erklangen. Etwas Wundervolleres hatte er nie gesehen. Ehrfurchtsvoll trat er an das Ufer des Flusses und rief: „Holde Feen würdet ihr einem armen Müller einen Wunsch gewähren?“
Die Nebel schwebten auf den Müller zu und aus ihnen bildeten sich drei wunderschöne Frauen in weiten wehenden Gewändern. Die größte der drei Feen strich mit ihrer Hand leicht über seine Stirn und sagte: „Nun, du scheinst reinen Herzens zu sein.
1. bis zur Biegung
2. Holde Feen,
3. Nun, Du scheinst …

Viele Grüße,

Michael :)

 

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