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Der lustige Streit
Auf einem kleinen Bauernhof lebt das Hausschwein Hannes. Da er ganz alleine hier lebt, war ihm oft sehr langweilig. Es gab zwar viel zu fressen und eigentlich ging es ihm immer gut; trotzdem plagte ihn immer öfter diese Langeweile.
Am Wohnhaus des Bauern grenzte ein Hinterhof an, in dem Hannes wohnte. Hier rannte er herum und schlug Haken, das war seine Lieblingsbeschäftigung; auch mal ein Huhn ärgern, das gackernd davonlief, eine Biene aufscheuchen, die dann wütend brummend davonflog, oft ging er auch seiner Lieblingsbeschäftigung nach, nämlich im Schlamm ganz ausgiebig zu suhlen - da konnte man sich so richtig vergessen und Langeweile gab's nie - aber in letzter Zeit ... wenn er nur einen Freund hätte?
Da fiel ihm auf einmal ein - er hatte ja einen Freund! Ja, hinter der Waldlichtung oben wohnte doch sein Cousin, der Jochen, ein Wildschwein, das auch oft alleine war, ja, den werde er besuchen, das ist eine gute Idee! - Ausgedacht und schon ging's los.
Er überlegte noch, welcher der kürzeste Weg war, um so schnell wie möglich bei ihm zu sein.
Die Sonne schien und schon nach ein paar kleinen Schritten begann er gewaltig zu schwitzen, weil es doch ganz schön bergauf ging. Da er ein Schwein war, mochte er nicht ständig laufen und machte kleine Pausen, um sich ein wenig auszuruhen, aber nur einen Moment, denn schon machte Hannes wieder ein langes Gesicht und beschloß sofort seine kleine Wanderung fortzusetzen, um endlich spielen zu können,
Bei der Lichtung völlig außer Atem angekommen, sah er seinen Cousin Jochen schon wühlen. Nahe einem Baum in der Fichtenschonung hatte er sich eine Grube ausgesucht und wühlte und matschte mit voller Leidenschaft darin herum, so daß er fast nicht mehr zu sehen war, da ihn der Schlamm völlig zudeckte, und man meinte, ein Ungeheuer wühlte hier herum, aber er wußte ja, es konnte nur Jochen sein.
Die anderen Wildschweine waren gottseidank nicht in der Nähe, sonst hätte es einen ganz schönen Ärger gegeben, denn vor denen hatte er einen gewaltigen Respekt.
Jetzt sah Jochen von seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Schlammwühlen, kurz hoch, weil er etwas hörte, stutzte kurz, sah jetzt seinen Verwandten, der ihm in vollem Galopp entgegenraste.
"Du Dumpfbacke, du dicke, du Breitschwein, du ewiges Matschschwein, los beweg Dich, wir wollen spielen!", brüllte Hannes mit seiner grunzigen, aber voller Kraft strotzenden Stimme.
Nun war es aber wirklich nicht mehr langweilig! Endlich ging's los! - Natürlich wußte Hannes, daß das alles nur Spaß war und keinen winzigen Augenblick dachte er daran, daß es Ernst sein könnte, weil es ja noch nie richtigen Ärger mit ihnen gegeben hatte, und um es ihm gehörig zu zeigen, setzte er erneut hinzu: "Au, ja, das wird lustig, jetzt gibt's Zoff!" (lustigen Streit natürlich) und los gings.
Beide rannten aufeinander zu, während sie sich weiter spaßige Ausdrücke an den Kopf warfen, wie - und jetzt wurde es immer bunter - "Du dicke Nudel, altes Miesschwein, fetter Schinken!", so ging's eine Weile hin und her, aber sie hatten vergessen, ihr Tempo etwas zu drosseln und so passierte es, daß sie genau aufeinander zurasten und mit voller Wucht aufeinander prallten. - Das war natürlich nicht beabsichtigt.
Alle beide blieben erst mal regungslos liegen und sahen viele kleine bunte Sternchen, die vor ihren runden Schweinsaugen lustige Kreise drehten. Immer mehr Sterne gab es plötzlich zu bewundern, auch am Himmel standen plötzlich Sterne, obwohl es doch erst Mittag war und die Sonne schien.
Doch so langsam kam wieder etwas Leben in sie und jeder versuchte aufzustehen, schaffte es aber nicht sofort, denn die Sterne vor ihren Augen ließen sich nur sehr schwer verscheuchen. Langsam erhoben sie sich aber doch und verwundert sahen sie sich gegenseitig an.
Auf einmal mußten sie fürchterlich lachen und an Langeweile war schon gar nicht mehr zu denken.
"Du, Jochen", meinte Hannes, "ich konnte vor lauter Freude darüber, daß ich Dich gesehen hab, und mir vorstellte, wie schön es sein könnte, keine Langeweile mehr zu haben, einfach nicht mehr bremsen - und Du anscheinend auch nicht, wie ich wohl merkte", und dabei lachte er schallend, wie es ihm als Schwein gerade noch möglich war.
"Nein", grunzte Jochen, und bog sich auch vor lauter Lachen, "ich konnte auch nicht bremsen, aber wir versteh'n uns schon, war ja keine Absicht das ganze!" -"Weiß ich doch!", meinte Hannes, und jetzt spielten sie fröhlich und ausgelassen miteinander, indem sie weiter im Spaß mit Ausdrücken um sich warfen, sich beide im Schlamm balgten und lachten.
Die Sonne schien herrlich. Die beiden Schweine spielten ausgiebig bis der Nachmittag zu Ende war und Hannes wieder nach Hause mußte. Keinen Augenblick mehr dachte Hannes an seine Langeweile, die er noch vor kurzem hatte und es wurde noch ein sehr schöner Tag daraus.