Der letzte Tag
Michael sah gerade aus dem vergittertem Fenster und beobachtete den Himmel, als die Zellentür geöffnet wurde. Er lächelte als sich der Wachmann lautstark räusperte. Er hörte sich dabei wie ein quakender Frosch an. "Bist du fertig?", fragte der Wachmann. Michael seufzte und sagte:"Jep. Fix und fertig. Bringen wir es hinter uns." Langsam drehte er sich um und versuchte seine Angst zu verbergen. Michael nickte dem Uniformiertem zu und ging mit einem mulmigem Gefühl zur Tür hinaus und wurde von zwei jüngeren Männern in Uniform empfangen. Schweigend gingen sie den Gang entlang.
Dreizehneinhalb Jahre und neun Tage hatte er gewartet. Und das nur wegen eines Missgeschickes.
Er hatte damals einen Supermarkt überfallen, mit einer, wie er damals glaubte, nicht geladenen Pistole. Der Kassierer wollte ihm damals das Geld nicht geben. Daraufhin war Michael in Panik geraten, hatte seine Waffe auf den Kassierer gerichtet und drohte ihn zu erschießen. Als der Kassierer sich immer noch weigerte drückte Michael ab. Der Mann war tot bevor er auf dem Boden aufkam. Michael hatte wirklich nicht gemerkt das seine Waffe geladen war. Er war zwar weggelaufen, doch er wurde einen Tag später festgenommen. Das Urteil des Gerichts war hart und erschien ihm damals ungerecht. Doch später war ihm alles egal gewesen. Seine Familie hatte sich schon lange von ihm losgesagt und er hatte auch seit langem keinen Kontakt mehr mit ihnen. Wie hatte sein Onkel immer gesagt? Schlechten Tag erwischt. Die Schicksalhafte Bedeutung dieses Satzes wurde ihm erst in den letzten Jahren klar.
Michael registrierte erst wieder seine Umwelt, als das quietschen der großen rotlackierten Stahltür in sein Gedanken eindrang. Er war angekommen. Das warten hatte ein Ende. Vor ihm stand sein Henker, der elektrische Stuhl.
Er setzte sich. Michael begann zu zittern, als er festgezurrt wurde.
Als ihm die Augenklappen übergestreift wurden, begann er zu weinen. Er spürte die Tränen, als sie ihm an den Wangen runterliefen.
Als dann im Raum Stille herrschte, begann er mit bebender Stimme leise zu beten.
Das letzte was Michael Steiner hörte, war das metallische Klicken des Schalters, als er umgelegt wurde.
[Beitrag editiert von: azrael am 11.02.2002 um 21:09]