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Der Lemming - Serienthread
Der Lemming ist kein Held.
Ein Held würde nicht durch die Jahrhunderte wandern und ohne Fragen zu stellen gegen Geld Menschen umbringen. Er würde nicht versuchen, sich selbst umzubringen. Er würde nicht jede einzelne gottverdammte Sekunde damit verbringen, seine eigene Existenz und die Welt zu verfluchen.
Keine Ideale, keine Träume, kein Gewissen. Der Lemming lebt, um... der Lemming lebt. Es gibt nichts, was er dagegen tun könnte.
Voodoo am Strand
(wird veröffentlicht in der KG-Anthologie "Das Sterben ist ästhetisch bunt")
"In meinem Leben hatte ich mehr Sonnenaufgänge gesehen, als ich hätte zählen können. Selbst wenn ich gewollt hätte. Ich habe sie gesehen, in allen Variationen. Den ersten vor... ich weiß es nicht mehr, aber ein paar hundert Jahre war es bestimmt her. Unsterblichkeit führt irgendwann unweigerlich zu Langeweile."
Eine alte Frau in einer Hütte am Strand.
Sie soll sterben, der Grund spielt keine Rolle. Der Lemming und sein Begleiter Paul machen sich auf den Weg, ihre Mission zu erfüllen: Eine Kugel im Kopf der Wahrsagerin. Vielleicht geht es hier um weitaus mehr, als nur ein paar verrottete Voodoopuppen und einen Topf mit unaussprechlicher Suppe. Für den Lemming spielt das keine Rolle. Für ihn bedeutet die Frau nur einen weiteren Schritt auf seinem Weg durch die Ewigkeit.
"Ja, der Kerl sollte einfach tot sein. Keine Ahnung, ob er sein Leben damit verbracht hat, mit Mädchen zu handeln, Drogen zu dealen und armen Straßenkötern nur zum Spaß die Kehle durchzuschneiden. So etwas geht mich nichts an. Bin ja kein Racheengel oder so. Ich mache nur meinen Job. Und wenn der Boss sagt, der Kerl verdient den Tod, dann verdient der Kerl den Tod. So einfach ist das."
Ein Penner irgendwo am Abgrund der Gesellschaft.
Ein ganz einfacher Job sollte es sein. Reingehen, den Kerl umlegen und wieder rauskommen. Routine für den Lemming. Es klingt sogar derart einfach, dass er seinen Schüler Jake mit auf die Mission nimmt. Aber nichts ist so einfach wie es im ersten Moment scheint und ein alter Mann, der in seinem eigenen Erbrochenen schläft, kann manchmal mehr bedeuten, als die Welt selbst.
"In diesem Moment, in dem der Lauf meiner Waffe auf diesen imaginären Punkt zwischen seinen Augen gerichtet war, wusste er, dass es am Ende keine Rolle spielen würde, wie reich oder mächtig er geworden war. Am Ende sind wir alle gleich. Nackt und schutzlos den Launen unseres Glaubens ausgeliefert. Himmel oder Hölle, Wiedergeburt oder Nichts, was auch immer."
Irgendjemand.
Kein schwerer Auftrag, die Erfüllung reine Nebensache. Nicht der Rede wert. Normalerweise nichts, was der Lemming nicht nach fünf Minuten wieder vergessen hätte. Doch eine Sache ist anders. Auf der Endabrechnung des Lebens ist dieser Strich genau einer zuviel. Wenn man zu lange dem Tod dient, muss man damit rechnen, dafür irgendwann bezahlen zu müssen.
Ich atmete ein letztes Mal tief durch und genoss diesen Moment der Stille. Diese Ruhe vor dem Sturm. Wenn du jeden Muskel in deinem Körper spürst, jeden Gedanken aus deinem Kopf vertreibst und dich darauf konzentrierst, jeden gottverdammten Bastard aus dem Weg zu räumen, der sich dir in den Weg stellen wird. Mit einer schnellen Bewegung prüfte ich das Magazin meiner Waffe und lauschte meinem ruhigen Herzschlag, spürte das Blut in meinem Körper pochen. Dann erst trat ich die Tür aus den Angeln.
Der letzte Klient.
Diesmal wird es kompliziert. Der Lemming wird erwartet und muss sich seinen Weg zu seinem Klienten freischießen. Und wenn dann schließlich die letzte Kugel ihr Ziel gefunden, die letzte Tür sich geöffnet und der Lemming sein Ziel gefunden hat, stellt er fest, dass dadurch alles noch komplizierter wird.