Was ist neu

Der Läufer

Mitglied
Beitritt
07.06.2002
Beiträge
11

Der Läufer

Ich bin noch ziemlich jung, werde genau genommen in etwas weniger als einem Monat acht.
Ich wohne in der Kasernenstraße 226, was vielleicht nicht viel bedeuten mag, doch gibt es unmittelbar vor unserem Haus in der Kasernenstraße 226 einen Park.
Und den kann ich von meinem Zimmerfenster aus direkt beobachten.
Ich sehe natürlich nur einen kleinen Teil des Parks.
Ich habe für mich beschlossen, dass es ein kleiner Teil ist, denn ich kenne den Park nicht.
Ich habe ihn noch nie betreten.
Nein, ihr dürft jetzt nicht denken, dass ich nie rausgehe, denn dann liegt ihr total falsch.
Am Ende der Kasernenstraße befindet sich ein Supermarkt. Er hat einen riesengroßen, beinahe gigantischen Fahrstuhl und den fahre ich mit den anderen Menschen fast täglich auf und ab und kaufe für Mutter ein.
Ich bleibe da immer sehr lange, im Supermarkt, und Mutter meinte schon, sie möchte nicht mehr, dass ich für sie einkaufe. Ich verstehe sie nicht.
Ich gehe also doch raus.

Ich soll meine Übungen machen. Ich will eigentlich gar nicht, denn ich habe gerade jemanden im Park entdeckt.
Er läuft.
Jetzt ist er weg, aber er kommt gleich wieder.
Der Park ist nämlich rund, habe ich beschlossen, und der Läufer muss jetzt nur noch die Kurve außerhalb meines Fensters drehen und dann ist er wieder da.
Ich hatte recht.
Ich kann ihn beobachten.
Als einziger sehe ich, wie er rasch mit seinen Füßen spielt und dabei geschickt die Büsche und kleinen Sträucher passiert und dann und wann wieder gezielt einen kleinen Stein wegkickt - bis er außerhalb meines Blickfeldes ist.
Mutter betritt mein Zimmer.
Ich schaffe es nicht mehr mich vorzubeugen, um die Vorhänge zuzuziehen.
Ich muss ihn doch schützen, meinen Läufer, sonst passiert ihm noch was.
"Sascha, träumst du wieder? Komm jetzt endlich und guck nicht die ganze Zeit aus dem Fenster. Das monotone Bild macht dich noch krank."
Sie schaut, während sie mit mir spricht,
kein einziges mal raus, aber sie hätte meinen Läufer sowieso nicht sehen können,
denn er befindet sich zu seinem Glück gerade in der Kurve.

Ich soll meine Übungen machen, damit meine Gelenke nicht kaputt gehen vom ewigen Sitzen. Ich frage mich, was er wohl anstellen wird, wenn ich ihn nicht mehr kontrolliere.
Ich sitze seitdem ich denken kann im Rollstuhl. Ich bin froh, dass mein Läufer es nie erfahren wird.

 

Hi!

Die Geschichte ist eigentlich ganz ok. Ich glaube allerdings nicht, daß ein 8-Jähriger so spricht. Aber es ist immer schwer, aus der Sicht eines Achtjährigen zu schreiben - niemand weiß so genau, wie sie reden und denken...
Die Idee mit dem Rollstuhl am Schluß fand ich ganz gut. Auch, daß der Kleine immer für seine Mutter einkaufen geht, hat mir gefallen. Aber eine wirkliche Pointe ist das nicht gerade. Vielleicht hätte es besser gewirkt, wenn Du den Läufer von vornherein erwähnt hättest - daß Sascha auf ihn wartet, z.B. und deshalb immer um eine bestimmte Uhrzeit am Fenster auf ihn "lauert", um ihn zu beobachten. Allerdings: der Läufer macht in dieser Geschichte mehr einen flüchtigen Eindruck (deshalb wirkt der Schlußsatz vielleicht auch nicht)...

Trotzdem; eine ziemlich gute Geschichte. Und ein guter Einstieg hier auf kg.de! ;)

Gruß,
stephy

[ 08.06.2002, 12:12: Beitrag editiert von: stephy ]

 

Hm, naja. Also spätestens hier:

Und den kann ich von meinem Zimmerfenster aus direkt beobachten.
Ich sehe natürlich nur einen kleinen Teil des Parks.
war klar, daß der Junge im Rollstuhl sitzt. Auch ich kann die Art und Weise, wie dieses Kind sich audrückt, ncht mit einem 8-jährigen assoziieren. Aber manche Schicksale lassen einen wohl schneller altern. Eines noch: diese Aussage
Das monotone Bild macht dich noch krank
hat mir so ganz und gar nicht gefallen wollen. Ich meine, schon mal jemanden gesehen, der in so einer Situation so einen Satz sagt? Klingt irgendwie unecht und gekünstelt.

Ansonsten kurze und solide Geschichte.

 

Hallo!

@stephy, danke für Deine Kritik; dass mit den 8 Jahren ist wirklich zu überdenken..leider weiß ich aber kein passendes Alter, vielleicht sollte ich es einfach weglassen..
Den Läufer schon am Anfang zu erwähnen, ist auch eine Idee.
Davon abgehalten hatten mich die ziemlich kranken Geschichten von Kafka (nicht falsch verstehen, ich bin ein "Fan" von seinen Geschichten), die immer darauf schließen, dass die Hauptfigur ein tiefliegenderes Prob hat, wenn er sich auf eine Einbindung dieser Art einlässt und das wollte ich nicht.
Sascha sollte ein völlig normales Kind sein, dass eben (nur) durch seine Krankheit zu leiden hat.
Dass der Läufer einen eher flüchtigen Eindruck macht, war mir bewusst, dass das Ende dadurch nicht wirklich wirkt nicht :-((
Bin aber froh über die Kritik, werd die Story jetzt nochmal mit anderen Augen lesen und vielleicht etwas umändern. Danke!

 

@ grOOvekill@

Über Deine Kritk hab ich mich besonders gefreut, weil sie von mir kommen könnte:-)
Von meinen Freunden wurde mir oft gesagt, dass meine Geschichten schwer zu verstehen sind und ich Sachen oft einfach zu leicht anschneide.
Deine Kritik macht mich mutiger.
Dass man seine Behinderung schon nach dem von Dir zitierten Satz weiß, glaube ich nicht unbedingt, einige schlaue Köpfe vielleicht, aber von der Masse ausgegangen, denke ich, man erfährt es im Bildzug "Supermarkt".
Zu Deiner zweiten Kritik kann ich sagen, dass man den Satz eigentlich anders verstehen sollte.
Er sollte eine Art Bild darstellen, ich weiß jetzt den genauen Ausdruck dafür nicht, jedenfalls sollte es so zu verstehen sein, dass das monotone Bild ihreres Sohnes SIE noch krank macht.
Über eine Antwort von dir würde ich mich freuen.
*Jala*

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom