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Der Koch
Der Koch (überarbeitet)
Es gibt gute und es gibt schlechte Tage. Heute war ein schlechter Tag für George. Er war wie immer um halb sieben aufgestanden, nur wurde er weder von seiner Freundin noch von seinem Wecker geweckt. Ersteres existiert gar nicht uns letzteres war ausgefallen. Die heutige Pünktlichkeit verdanke er lediglich seinem Nachbarn, der mit erheblicher Wucht seine Wohnungstür schloss um für den Tag endgültig seine Nachtschicht beenden zu können.
Er war wie immer mit dem Bus zur Arbeit gefahren, grüßte wie üblich den Portier und trat bald darauf in sein Gemach, die Küche. Wie man sich vielleicht schon denken kann arbeitet George in einen Hotel und war erneut für jeden Tag dankbar, der genau nach Plan verlief aber heute schien nichts auch nur irgendeiner Ordnung zu folgen. Erst verbrannte George das Essen ehrenwerter Stammgäste, folgend schnitt er sich zwei Mal in die Finger, später versengte er sich an seiner Spezialität - den caramelisierten SinWang-Bananen. Alles und absolut Alles lief für ihn schief. Als dann im Nachhinein einige Stunden nichts passierte, wusste George, dass es so etwas wie Pech nicht gibt, doch in diesem Moment betrat der Chefkellner den Raum und zog mit seinem majestätischen Amt alle in der Küche bediensteten in seinen Bann. Sie schauten in seine Richtung und warteten auf Anweisungen. Irgendetwas musste passiert sein, doch was? Sofort bereitete sich der Oberkellner auf eine niederschmetternde Rede vor. Gelangweilt schaute George in seine Richtung, doch heute war ihm seltsamerweise nicht egal was der Oberkellner zu sagen hatte.
Er forderte beste Qualität aller Köche, aller Tellerwäscher und Helfern, denn Gaston Mullión saß bereits wartend an einem der Tische des Hotellokals um auch diese kulinarische Meisterwerkstatt mit einer haarsträubenden Kritik zu versehen. Mullión war mittlerweile aufgestiegen zu einer stadtbekannten Größe und trotz seiner eigentlichen Aufgabe alles andere als anonym.
Kleine Schweißperlen machten sich auf Georges Stirn breit, denn dies alles bedeutete nur mehr, mehr, viel mehr Arbeit für ihn und es war wirklich nicht sein Tag. Er tat sein Bestes und garnierte die Desserts für den Herrn mit größter Mühe und als endlich nach 2 ½ Stunden der Oberkellner wieder die Küche betrat wusste George eines, er war gefeuert. der Oberkellner hatte sich mit Sicherheit bei Georges Vorgesetzten über seine andauernde Inkompetenz beschwert, er konnte George nie leiden. Heute wollte nichts so richtig funktionieren und George begriff er würde heute kein Glück haben. Es war einfach nicht sein Tag. So schmiss er seine Schürze nieder, schmetterte sie mitsamt seines Haarnetzes zu Boden und rannte laut fluchend aus der Küche. Zum ersten Mal verließ er das Hotel ohne sich beim Portier zu verabschieden. „Verdammter Portier!“, dachte er. „Ich bin arbeitslos, habe mein Leben verwirkt!“, rief er sich wieder und wieder ins Gedächtnis als er niedergeschlagen nach Hause schlenderte.
Zur gleichen Zeit bedeuteten etliche Kopfschüttelnde Angestellte des Hotels nur, dass sie nicht im Stande waren zu erklären was passierte. Nicht ein Fluch, nicht eine verfluchte Predigt des Oberkellners war zu vernehmen. Er sprach allen verdutzt seine Anerkennung für die gute Bewirtung des Restaurantkritikers aus und hielt vergeblich Ausschau nach seinem Chefkoch, warum war er bloß gegangen?