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Der Klippensturz
Der Klippensturz
Vor einiger Zeit war ich an der Steilküste in Nordfrankreich unterwegs, um die Natur zu erkunden. Es war ein wundervoller Tag. Blauer Himmel, Sonnenschein und eine leichte Brise, eingebettet in diese bezaubernd schöne Landschaft, verbreiteten ein wohliges Gefühl in mir.
Der Wanderpfad schlängelte sich idyllisch am Rande der senkrecht abfallenden Felsen entlang. Da unten rauschte das Meer, und die Wellen brachen sich tosend an den vielen Gesteinsbrocken, die aus dem Wasser ragten. Traute man sich ganz nah an den Rand, hatte man einen atemberaubenden Blick.
So unterwegs sah ich ihn plötzlich am Rande des Abgrundes, in die Tiefe schauend, ganz vorn auf einem weit überstehenden Felsvorsprung. Er blickte wohl schon eine ganze Weile da hinunter, scheinbar ganz in Gedanken auf eine bevorstehende Handlung versunken. Nur ein, zwei Schritte weiter und er wäre verschwunden. Nervös drehte er seinen Kopf immer wieder nach rechts und links und dann wieder hinunter in die Tiefe, so als hätte er Angst, von jemanden gestört zu werden.
Ich blieb stehen, um ihn nicht zu erschrecken, traute mich kaum zu atmen, denn ich wusste nicht, was geschehen würde, wenn ich ihm jetzt noch ein wenig näher käme und er mich bemerken würde. Möglicherweise könnte er in Panik geraten, und wer weiß, was dann geschehen würde.
Da der Wind vom Meer her wehte, konnte er mich nicht hören. Trotzdem kniete ich hinter einem Busch, um jedes Risiko auszuschließen.
Hoffentlich kommt jetzt niemand vorbei. Es wäre nicht auszudenken.
Nun streckte er den Kopf noch weiter über die Klippe. Gleich würde es geschehen. Ich konnte es nicht verhindern. Das was sich hier abspielte, war der Lauf von Dingen, die niemand ändern kann.
Wieder schaute er, scheinbar nervöser als vor einigen Sekunden, nach rechts und links, und dann zum ersten Mal nach hinten in meine Richtung. Ich erschrak, hatte er mich gesehen?
Plötzlich machte er zwei kleine Schritte in Richtung Abgrund. Seine nackten Fußspitzen krallten sich jetzt ganz vorn am Rand an dem Felsen fest.
Dann geschah das, was geschehen musste: Er drückte sich ab und ließ sich kopfüber nach vorne fallen.
Wie besessen sprang ich aus meinem Versteck und rannte an die Stelle, an der er vor einigen Sekunden noch stand.
Ich warf mich bäuchlings auf den Boden um seinen Flug zu verfolgen.
Rasant stürzte er da hinunter. Mit hoher Geschwindigkeit zog er kurz vor dem Aufprall auf der Wasseroberfläche einen leichten Bogen. Gischt spritze hoch, und als ich ihn wieder sehen konnte, stieg er auf mit seiner Beute, einem dicken Fisch, den er todsicher erspäht hatte und nun an einem sicheren Ort verspeisen würde.