Der kleine Zug und die kleine Gitarre
Es war einmal ein kleiner Zug, der fuhr immer im Kreis. Er lebte in einem Brummkreisel unter einer Plastikkuppel. Dort fuhr er immer herum, wenn ein kleiner Junge den Kreisel drehte. Mit ihm in dem Kreisel lebten kleine Häuser und ein kleiner Fluss und eine grüne Wiese. Der kleine Zug bestand aus einer kleinen schwarzen Lokomotive und ein paar Anhängern. Er war das liebste Spielzeug des kleinen Jungen. Er hatte sonst keine Freunde, weil er sehr ängstlich war. Er weinte oft und wusste nicht warum. Und er hatte oft den Wunsch so zu sein wie die Leute in den Fernsehsendungen, die so viele Freunde hatten und deren Leben nie langweilig war. Aber das war alles nur gespielt, und das konnte der kleine Junge nicht wissen, weil er noch so klein und unwissend war. Er glaubte alles, was er dort sah und verglich es mit dem Leben, das er mit seinem Vater und seiner Mutter führte. Das war ein langweiliges Leben. Aber Vater und Mutter liebsten ihn sehr, denn er war ihr einziges Kind. Sie schenkten ihm viel Spielzeug, aber am liebsten hatte er den kleinen Zug in dem Kreisel, weil es so schön war, dem Zug dabei zuzusehen, wie er sich im Kreise drehte. Einmal, zum Geburtstag, schenkten die Eltern ihm eine kleine Gitarre. In Wirklichkeit war es eine Ukulele, aber das wussten die Eltern nicht, weil sie einfache Leute waren und sich nie mit Musik beschäftigt hatten. Sie dachten, es sei eine Gitarre für Kinder. Man konnte auch richtig darauf spielen und es entstanden schöne Töne. Aber für den kleinen Jungen und seine Eltern war es nur ein Spielzeug, er lernte nie, richtig darauf zu spielen und niemand sagte ihm, dass es Leute gab, die es einem beibringen konnten. Eines Tages brach der Hals der Gitarre ab. Sie war tot und machte keine Musik mehr. Nie mehr würde sie Musik machen. Damals machte es dem kleinen Jungen nichts aus, aber viele Jahre später, sehr viele Jahre später, als er schon ein erwachsener Mann war, weinte er sehr darüber, dass die Gitarre gestorben war, ohne ihren Zweck erfüllt zu haben. Es hätte sich so vieles in seinem Leben geändert, wenn er damals gelernt hätte, auf ihr und nicht mit ihr zu spielen. Er hätte gelernt, dass auch er eine Bedeutung hat und etwas kann, das andere vielleicht nicht können, so wie andere etwas können, das er nicht kann. So jedoch war er sein ganzes Leben lang einer wie alle geblieben, ein grauer Schatten unter anderen grauen Schatten, die die bunten Blätter bewundern, die bunten Blätter, die die kleinen Gitarren rechtzeitig zu spielen gelernt hatten. Es blieb ihm der kleine Zug in dem Kreisel, bis auch der eines Tages kaputt ging. Was mag aus meinen beiden Freunden geworden sein, fragte er sich oft. Auf einer Müllkippe liegen ihre Reste und sind im Laufe der Jahrzehnte aufgelöst worden unter dem großen Haufen Müll. Viele andere kleine Züge und kleine Gitarren liegen dort und es kommen jeden Tag neue hinzu. Aber der kleine Zug und die kleine Gitarre des kleinen Jungen sind nicht mehr da, sie haben sich in Gas verwandelt und sind in die Luft aufgestiegen. Manchmal dachte der kleine Junge, als er schon ein erwachsener Mann war, er könnte die Müllkippe kaufen und nach den Überresten des kleinen Zuges und der kleinen Gitarre suchen lassen. Aber dann wurde ihm klar, dass sie längst in den Himmel aufgestiegen sind und er mit der Luft, die er täglich atmete, auch einen Teil des kleinen Zuges und der kleinen Gitarre eingeatmet hatte. Da wusste er, dass sie für immer in ihm sein werden, solange er lebt. Und die anderen kleinen Züge und kleinen Gitarren werden für immer in den Menschen sein, denen sie als Kinder so viel bedeutet haben.