Hallo GequantelteFillet,
der süße Titel hat mich in deinen Text gelockt. Ich habe Haie schon immer geliebt, sie sind nicht nur wunderschön, sondern perfekte Lebewesen mit einzigartigen Sinnesorganen und Hautstrukturen, und wir wissen quasi so gut wie gar nichts über sie.
Wenn du einen Hai zum Symbol in einer Parabel nimmst, sollte der symbolische Hai aber auch irgendwas realistisch haiiges an sich haben, damit das irgendeinen Sinn ergibt. Hat er aber nicht. Das könnte eine Kuh im Stall oder ein Hund an der Kette sein. Hrumpf.
Ich kann hier weder Philosophie (das ist schliesslich ein theoretisches Ideengebäude, kein kleiner Gedankenfetzen zu einem Alltagsthema) noch Romantik entdecken – hier wird nur von Abhängigkeit, Grausamkeit und Todesahnung gesprochen, und das dürfte ja so ziemlich das Gegenteil davon sein.
Er stolziert durch sein Revier. Es dauert zwei Sekunden, bis er es alles besichtigt hat. Wie ein Löwe in einem Käfig, schwimmt er von Seite zu Seite. Er schwimmt, als müsse er seinen Teich verteidigen – als könnte es in seiner lächerlichen Pfütze noch Platz für einen zweiten, größeren geben.
Dass das eine Parabel sein soll, wird schon im ersten Satz klar, weil stolzieren ein falscher Begriff ist (wie Ane schon sagte), und nicht einmal im übertragenen Sinne funktioniert.
Wie sinnvoll ist es, ein Tiersymbol (Hai) über ein anderes Tiersymbol (Löwe) zu beschreiben, wenn es mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten zwischen denen gibt?
Der Hai schwimmt im Aquarium im Kreis so wie der Löwe im Käfig hin und her läuft - das ist bei beiden Gefangenheitspsychose und hat mit Revier nix zu tun. Also, irgendwie ist der Absatz Murks.
Der Tag ist lang, die Ebbe nicht kurz.
-> Niedrigwasser ist zweimal in ca. 24 Stunden, so ziemlich überall, wo es Gezeiten gibt (Ausnahmen gibt es, dann sind da aber Zwischengezeiten, also kürzere Phasen). Die lange Ebbe hier ist also sehr relativ. Gibt es außerdem einen Grund, warum da einmal eine Aussage und dann eine Verneinung steht, wenn du das gleiche ausdrücken willst?
Stilistisch ist auch nicht viel zu holen – simple Wortwahl, simple Syntax. Für mich hast du nicht nur bei deinem „Prot“ daneben gegriffen, sondern auch bei dem Setting.
Die Natur bestraft ihn mit der Verdunstung.
– häh, WTF? Was ist das denn für ein Naturkonzept?
Du sagst, du willst Leser zum Nachdenken bringen. Eine Parabel ist dafür völlig ungeeignet, denn sie denkt vor, der Leser denkt nur nach im Sinne von hinterher. Das ist totlangweilig und bringt einem nichts. Parabeln sind schrecklich veraltete Vehikel, die meist als Indoktrination verwendet wurden (also nicht, dass du das hier willst).
Du siehst, du hast mich nicht zum Nachdenken über einen Inhalt / Aussage gebracht, sondern nur über all die Stolpersteine im Text. Diese Sache da mit der „Gestalt“ entzieht sich meiner Interpretation, vielleicht auch – zugegebenermaßen – weil ich dieses diffus-sadistische Abhängigkeitsding enorm abstoßend fand.
Grundsätzlich würde ich zu einem Blog raten, wenn du deine Gedanken & Analysen über die Welt mitteilen willst, und zu Kurzgeschichten, wenn du vom Vorkauen absehen kannst und stattdessen einen Plot, einen ausgearbeiteten / stimmigen Charakter und eine stilistisch individuelle Sprache ausarbeiten möchtest. Versuch doch mal, eine echte Geschichte zu erzählen, ohne deine Ansichten in arbiträre Bilder bzw. reim-dich-oder-ich-schlag-dich Symbolik zu quetschen.
P.S. Aus deiner Antwort an Ane:
Ich wollte eine Parabel schreiben, dessen Deutung dem Leser überlassen bleibt. Eine Geschichte mit Menschen über ihre Gefühle führt meist nur zu Deutungen von Menschen und ihren Gefühlen. Ich hoffe, dass man die Parabel auf viel mehr übertragen kann. Die merkwürdige Bildebene der Parabel sollte (und hat es wohl auch =D) den Leser zum Denken anregen und ihn schließen lassen, dass es hier offensichtlich nicht nur um einen Hai in einer Pfütze geht.
Ich meine, diese Strategie könne nicht aufgehen. Eine Parabel kann nur funktionieren, wenn die Symbolik in klar erkennbarer Verbindung zur intendierten Aussage steht. Dann kann der Leser über den Inhalt nachdenken. Das ist doch wie eine Ebene drunter bei den Worten selbst: Sprache wird definiert als eine arbiträre, aber an Konvention gebundene Verbindung zwischen
Bezeichnendem und
Bezeichnetem (de Saussure). Der Übergang zwischen
arbiträr und
Konvention ist sicher fließend und lässt Raum für Kreativität, aber das ist nicht ewig auszudehnen. Wenn du einer Sache eine völlig von Konvention gelöste Benennung gibst, kannst du nicht mehr erfolgreich mit anderen kommunizieren. Wenn für dich das Wort „Tisch“ besser für das passt, was der Rest der Sprechergemeinschaft „Stuhl“ nennt, wirst du falsche Bilder wecken, wenn du sagst, du säßest auf einem Tisch. Mit asymmetrisch hat das nix zu tun, das ist Chaos.
Wenn du also hier in einer Parabel etwas ansprechen willst, solltest du kenntlich machen, für was deine Symbole (Hai, Pfütze, Gestalt) stehen und was ihre Interaktion bedeutet. Wenn du – um den Lesern Freiheit zu geben – eine Symbolik wählst, die absichtlich gar nicht zu deiner Aussage passt, hast du eben das Stuhl-Tisch Problem.
Nachdenken ist ja nicht irgendeine Hirntätigkeit, sondern das Nachvollziehen und Analysieren eines Konzeptes. Das mühsame Aufdröseln, was in einer Geschichte gemeint sein könnte, ist keine sinnvolle Denktätigkeit – sie aktiviert vielleicht ein paar Synapsenverbindungen, aber ist nicht im intellektuellen Sinne Erkenntnis bildend. Auf die Sprache bezogen arbiträre packe das, als meine wäre Syntax ob ich in Aussagen und frage: „Hat dich das jetzt nicht toll zum Nachdenken angeregt?“ Wahrscheinlich nein, sondern du fandest es anstrengend, meinen Halbsatz auseinanderzufusseln, um überhaupt zu erkennen, was da steht.
"Ich hoffe, dass man die Parabel auf viel mehr übertragen kann."
Zum Beispiel? Die Emotionen von Tieren? Astrophysik? Gartenbau? Weil du ausschließlich menschliche Leser hast, läuft doch letztlich jede Kurzgeschichte auf Menschen und ihre Gefühle hinaus, egal, wo sie spielt und wer die Prots sind. Oder an was hattest du gedacht?
Leuten Freiraum zum Denken geben, heißt, eine klare, nachvollziehbare Prämisse aufzustellen ohne zu werten. Dann kann der Leser überlegen, wie er dazu steht, und dann wären seine Schlüsse nicht vom Autor gelenkt.
Sorry, wenn das keine begeisterte Rückmeldung war, aber ich hoffe trotzdem, der Eindruck hilft dir weiter.
Viele Grüße, Katla