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Der kleine Freund
DER KLEINE FREUND
Einmal, da traf ich meinen kleinen Freund, mitten in der Stadt. Was er denn in der Stadt mache, fragte ich ihn, und er antwortete mir "Ich gehe spazieren." Das fand ich nun wieder völlig logisch. Warum sollte er auch nicht mal spazieren gehen. Und so ging ich ein Stück mit ihm. Nach einer Weile fragte er mich, was ich denn jetzt machen wolle, und ich sagte, wenn er was dagegen habe das ich ihn begleitete, solle er mir dass doch bitte sagen. Und prompt erhielt ich auch die Antwort " Ich möchte alleine weitergehen...."
Beleidigt, dass er mich nicht dabei haben wollte, drehte ich mich um und ging. An diesem Tag machte mir das Einkaufen keinen Spaß mehr. Ich schlenderte noch ein bisschen durch die Straßen, schaute mir die Auslagen in den Fenster an, aber irgendwie wollte mir nichts mehr gefallen....
Am nächsten Tag rief mich mein kleiner Freund an. Es täte ihm leid, was er gestern gemacht hatte und er wolle es wieder gutmachen. Er lud mich zum Eisessen ein, und wollte mir erklären, was denn gestern so wichtig war, um mich alleine stehen zu lassen. Aber als ich um 15 Uhr an der Eisdiele wartete, war er noch nicht da. Um 16 Uhr ging ich wieder nach Hause, total frustriert das mir ein Eis mit meinem kleinen Freund versagt gewesen ist.
In den nächsten Tagen meldete sich mein kleiner Freund nicht mehr bei mir und ich begann mir Sorgen zu machen. Was war los, warum meldete er sich nicht? Bis jetzt war er immer da, wenn ich ihn brauchte, irgendetwas hatte sich geändert...
Nach zwei Wochen ohne meinen kleinen Freund, traute ich mich das erste mal wieder raus. Ich hatte gehofft, er würde mich anrufen, und wenn ich draußen gewesen wäre hätte ich seinen Anruf verpasst.
Ich ging also in die Stadt, kaufte mir ein paar neue Klamotten, und als ich mir dann noch die Hose kaufte, die ich letzte Mal wegen Geldmangel nicht kaufen konnte und die heute nur die Hälfte kostete, war ich happy. Mit einem Eis in der Hand ging ich weiter. Plötzlich kam jemand auf mich zu gerannt, rempelte mich an, murmelte eine Entschuldigung und war auch schon wieder weg. Aber was war das denn gewesen? So was von unhöfflich, da erst fiel mir auf, dass mein Eis jetzt mein Kleid verzierte... Und wieder war meine gute Laune weg.
Doch da sah ich meinen kleinen Freund. Er kam auf mich zu, schaute mich an, und fing tatsächlich an zu lachen..... Ich fuhr ihn an, was ihm denn bitteschön einfiele mich auszulachen, aber er lachte nur immer weiter und wollte anscheinend gar nicht mehr aufhören. Als er sich einigermaßen wieder eingekriegt hatte, war ich schon wieder weg.
Enttäuscht vom ganzen Leben, das es auf einmal so böse mit mir meinte. Doch mein kleiner Freund holte mich ein, entschuldigte sich bei mir und lud mich zum Pizza-Essen ein. Nächste Woche Mittwoch, ob mir das passen würde?
Natürlich sagte ich ja. Erfreut, das mein kleiner Freund wohl endlich wieder der alte war.
Am Mittwoch wartete ich in der Pizzeria auf meinen kleinen Freund, als ein Typ reingestürmt kam, mich umrempelte, und weiter rannte. Fassungslos saß ich da, unfähig mich zu rühren. Aber da kam der Kerl auch schon zurück, diesmal langsam, sah mich da sitzen und half mir vorsichtig hoch. Warum ich denn bitteschön da unten auf dem Boden hocken würde, es gäbe doch genug Stühle, und zog mir einen heran. Ich brachte keinen Ton heraus, erst mal weil dieser Typ total unverschämt war, und dann hatte er auch noch die strahlensten blauen Augen die ich jemals gesehen hatte.
Jetzt schaute er mich an und fragte ob ich letzte Woche in der Stadt mal ein Eis auf meinem Kleid gehabt hätte, und als ich nur Stumm nicken konnte verschwand er mit einem "Ups, Moment bitte...“ auf den Lippen. Nur um nach zwei Minuten wiederzukommen, einen Eisbecher vor mich hinzustellen, und mich fragend anzuschauen. Mit Schokobuchstaben hatte er "Sorry" darauf geschrieben. Ich schaute ihn an, und wie er da saß, wie ein Häufchen Elend, musste ich einfach grinsen. Er sah zu süß aus.
Als ich nach drei wunderbaren Stunden wieder zu hause war, fiel mir ein dass mein kleiner Freund gar nicht gekommen war. Doch diesmal war ich gar nicht sauer.
Und nach einer weiteren Woche mit Mario, dem blauäugigen Typen, hatte ich meinen kleinen Freund schon fast vergessen. Nach zwei Wochen wusste ich, dass da wohl einer war, der mir einmal sehr wichtig war, aber genau erinnern konnte ich mich nicht mehr. Und als ich nach drei Wochen einen Brief von meinem kleinen Freund bekam, wusste ich zuerst gar nicht, wer er war. Doch der Brief öffnete mir dann die Augen... Ich hatte mein Glück, meinen Mario gefunden, aber nur mit Hilfe meines kleinen Freundes, von dem ich mich lösen musste.
"Liebe Miriam,
wenn Du diesen Brief liest, weiß Du wahrscheinlich gar nicht mehr wer ich bin. Und das ist auch gut so.
Ich kam aus Deiner Phantasie, Du hast mich lebendig gemacht, gemeinsam verstießen wir gegen die Regeln der Erwachsenen. Und wie oft verstanden sie uns nicht. Aber in der letzten Zeit bemerktest Du die Blicke der Jungen nicht mehr, die Dir immer öfter bewundernd hinterher schauten. Du warst immer zu sehr auf mich fixiert. Aber Du wolltest nicht mehr wahr haben das ich NICHT REAL bin. Und so musste ich mich aus Deiner Phantasie lösen, um Dir Deinen Weg zu zeigen. Als Du mich in Stadt getroffen hast, war es, weil ich es so wollte und nicht Du. Ich habe dich beim Eisessen versetzt, weil ich es wollte, und nicht Du. Und ich meldete mich nicht bei Dir, denn es war besser so. In der Stadt musste ich Dich einfach auslachen, Du solltest sauer auf mich sein. Und beim Italiener schließlich, konnte ich nicht auftauchen, sonst hättest Du Mario nicht bemerkt.
Hätte ich mich nicht von Dir gelöst, wärst Du heute nicht glücklich. Ich habe es geschafft und helfe nun einem anderen sein Glück zu finden.
Dein kleiner Freund"
Als ich das las, liefen mir Tränen über die Wangen... Ob der Freude oder nicht, bleibt mein Geheimnis....
Annie