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Der kleine Elefant
»Halt Mami, pass doch auf wo du hintrittst!« Ängstlich und auch etwas genervt sah der kleine erst drei Wochen alte Elefant zu seiner Mutter hoch!
Diese antwortete mit ihrer zärtlichen, ruhigen Stimme: »Natürlich passe ich auf meinen kleinen Liebling auf, du kannst mir vertrauen!« Liebevoll küsste sie den kleinen Elefanten mit ihrem Rüssel.
Nach einer Weile wurde es dem kleinen Elefanten einfach zu langweilig. Da die ganze Elefantenherde immerzu weiterlief, aber er doch lieber spielen wollte fragte er: »Mama, kannst du jetzt mit mir spielen?«
Seine Mutter brummelte vor sich hin, entgegnete dann aber mit ihrer sanften Stimme: »Du musst dich bitte noch etwas gedulden. In Kürze sind wir an einem grossen Wasserloch, bei dem du dann spielen kannst!«
Missmutig und gelangweilt, trottete der kleine Elefant weiterhin neben seiner Mutter her. Genervt beobachtete er, wie die Elefantenherde weiterzog und dabei einige, den Sand vom Boden mit Hilfe des Rüssels auf den Rücken bliesen, um Verbrennungen der Sonne zu vermeiden. Seine Mutter hatte ihm dies alles immer wieder vor dem Einschlafen als Gutenachtgeschichte erzählt.
Da es ihm weiterhin langweilig war, versuchte er dies nun bei sich aus, doch ohne wirklich befriedigenden Erfolg. Sein Rüssel war wohl noch zu kurz, so dass er mit dem Staub alles vollblies; nur seinen Rücken nicht! Dabei wurde er immer missmutiger und verlangsamte sein Gehen. Seine Mutter forderte ihn mehrere Male liebevoll auf, indem sie ihn mit ihrem Rüssel eine Weile vor sich herschob, bei ihr zu bleiben und sich nicht zu weit zu entfernen - da es für den kleinen Elefanten zu gefährlich wäre!
Doch der kleine Elefant hatte einfach keine Lust darauf, seiner Mutter zu gehorchen, da er viel lieber etwas erleben wollte. Für ihn war es das Grösste, diese Welt zu entdecken!
Auf einmal bemerkte er, dass er nicht mehr bei seiner Mutter, sondern bei einem noch grösseren Elefanten der Herde gelandet war. Da er fürchtete, dass dieser ihn zertrampeln könnte, entfernte er sich immer weiter von ihm und der Herde.
Hu, jetzt war er tatsächlich weg! Die Elefanten waren schon fast nicht mehr zu sehen. Eigentlich müsste der kleine Elefant nun Angst bekommen, doch das was er sah, gefiel ihm so gut, dass er ganz vergass, wie gefährlich es ohne seine Mutter in dieser Wildnis für ihn werden könnte!
Aua, was schmerzte ihn auf einmal so entsetzlich auf seinem Rücken? Die Sonne! Sie stach ohne Erbarmen auf ihn herunter. Normalerweise lief er ja immer unter oder neben seiner Mutter her, die ihn, durch ihre Grösse, vor den starken Sonnenstrahlen beschützte. Da er ja nun aber alleine war, schaute er sich um, marschierte zum nächsten Baum und stellte sich darunter!
Nun endlich hatte er Zeit, sich umzusehen. Wow, war diese Welt schön! Viel zu schön um dauernd zwischen den Elefanten herlaufen zu müssen! Er vergass für kurze Zeit alles um sich herum und bemerkte die Schlange erst, als diese schon vor ihm war! Jetzt aber erschrak der kleine Elefant so sehr, dass sein Rüssel vor lauter Angst in die Höhe schoss!
Seine Gedanken vollführten Purzelbäume! Was war dass denn für ein komisches Tier; dass mit einer dünnen gespaltenen Zunge so eigenartige, zischende Laute von sich gab? Seit er auf der Welt war, hatte er ausser den Elefanten noch keine anderen Tiere kennengelernt oder zu Gesicht bekommen. Denn sobald Gefahr bestand, die Herdentiere ganz dicht aneinander rückten und er ausser den vielen Beinen, nichts zu sehen bekam.
Die Schlange bäumte sich nun majestätisch vor ihm auf und zischte mit einer gefährlicher klingender Stimme: »So mein Kleiner, du wirst heute mein leckeres Mittagessen werden!«
Der kleine Elefant machte grosse Augen, konnte sich vor lauter Angst kaum rühren und meinte mit einer weinerlicher Stimme: »Wer bist du und warum soll ich dein Mittagessen werden? Ich bin doch viel zu gross für dich! Isst du denn keine Blätter oder Früchte?«
Die Schlange lachte zischend und sprach: »Ich bin eine Schlange und verspeise alles, was ich aufspüre! Und ich denke, da ich schon lange nichts mehr zu essen hatte, dass du lecker sein wirst! Oder willst du mir etwa erzählen, dass du nicht schmeckst?«
Bei dieser Frage sah der kleine Elefant die Schlange ungläubig an und flehte: »Das weiss ich doch nicht! Aber ich bitte dich, es nicht zu tun! Ich bin doch erst drei Wochen alt und konnte von der Welt noch nichts sehen! Und ich glaube, wie mir meine Mutter erzählte, dass ich eine sehr dicke Haut habe und du mich nicht verspeisen könntest!«
Die Schlange zischte nun ganz böse und beleidigt: »Was bist du denn für ein Tier?«
»Warum fragst du, ich stehe doch vor dir! Dann siehst du doch, dass ich ein kleiner Elefant bin! Oder sehen deine Augen nicht mehr so gut, weil du schon alt bist? Meine Grossmutter sieht doch auch nicht mehr so gut, da sie uralt ist!« Dabei flatterten seine zu grossen Ohren wild vor und zurück!
Die Schlange war bei dem Wort Elefant zurückgewichen, zischte nun sehr enttäuscht: »Ja, wenn das so ist, dann wünsche ich dir noch einen guten Tag! Nur noch etwas zu deiner Information; wir Schlangen sehen nichts, sondern spüren nur. Wenn ich nicht schon so lange nichts zu fressen gehabt hätte, wäre es mir sofort aufgefallen, dass du zu gross für mich bist!« Wütend über sich selber zischte sie, schlängelte sich neben dem kleinen Elefanten vorbei und war so schnell im Busch verschwunden, wie sie gekommen war!
Trotzdem sich der kleine Elefant, doch so sehr vor diesem Tier gefürchtet hatte, tat es ihm nun doch leid! Nichts sehen zu können, dieser Gedanke war für ihn ganz schrecklich. Daran zu denken, nie diese wunderschöne Welt sehen zu können, machte ihn ganz traurig!
Doch bald schon, hatte er diese Begegnung fast wieder vergessen und wollte nun endlich sehen, was es hier alles zu entdecken gab! Dabei bekam er riesigen Hunger! Und erst dieser Durst! Was sollte er nur tun? Seit er auf der Welt war, hatte er so etwas noch nie erlebt, da er ja immer gleich bei seiner Mutter saugen konnte! Doch nun war seine Mutter weit und breit nicht zu sehen! Erst jetzt wurde dem kleinen Elefanten bewusst, dass er ohne seine Mutter verloren war und er besser auf sie gehört hätte! Doch diese Einsicht kam etwas spät! Die Freude, die er noch vor kurzer Zeit darüber empfand, dass er nicht mehr weiter hatte mitlaufen müssen, sondern hätte spielen können, war verflogen und eine Träne nach der anderen rann ihm über seine Backen und tropfte zu Boden. Oh, wenn er doch nur auf seine Mutter gehört hätte! Er fühlte sich so alleine gelassen und war so traurig, dass er gar nicht bemerkte, wie sich ihm jemand von hinten näherte. Auf einmal spürte er, dass er nicht alleine war und schoss mit seinem Kopf so schnell nach hinten, dass es ihm kurzzeitig schwindelig wurde!
Das was er aber dann sah, machte ihn so glücklich, dass die letzte Träne versiegte. Wer wohl stand vor ihm? Natürlich, seine Mutter! Die unglaubliche Freude sie zu sehen, lies das Geschehene vergessen. Als ihn dann noch der Rüssel seiner Mutter liebkoste und er kurzum ihre Brust fand, war beim Saugen; der leckeren Milch sein einziger Gedanke, nie mehr alleine von der Herde wegzugehen!