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Der Kleiderschrank meiner Schwester

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06.07.2005
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Der Kleiderschrank meiner Schwester

"Öffne niemals meinen Kleiderschrank!" Hätte Phillip nur auf die Worte seiner großen Schwester gehört. Nicht genug, dass er sich nun zurecht vor ihrem Zorn fürchtete, nein, er musste zudem einen Weg finden, wie er nach Hause zurückkehren konnte.

Er wusste selbst nicht so genau, was er erwartet hatte in dem massiven Holzschrank vorzufinden, der genügend Stauraum für die Wäsche einer kompletten Fussballmanschaft bot. Vielleicht ein paar rosafarbene Oberteile, einen großen Stapel Jeanshosen und ein Dutzend Schuhkartons. Eines hatte er jedenfalls ganz und gar nicht erwartet und zwar ein Portal in eine andere Welt. War das der Grund, warum seine Schwester nach dem Aufstehen immer so zerzauste Haare hatte? Wie auch immer, es fiel ihm schwer, sich über solche Nebensächlichkeiten den Kopf zu zerbrechen, während er sich zur selben Zeit verzweifelt an dem Ast eines ungemein hohen Baumes festklammerte und ängstlich in die Tiefe starrte. Sie waren noch immer da!
Nachdem er neugierig die Holztüren des Schrankes seiner Schwester aufgerissen hatte, was rückblickend der größte Fehler seines Lebens gewesen war, waren ihm bereits die ersten Zweifel gekommen. Im Inneren des Schrankes hatte sich nichts anderes befunden,als ein Strudel. So einer, wie in der Badewanne, wenn man den Stöpsel herauszieht, davon abgesehen, dass er wesentlich größer war und blau schimmerte. Was hatte Phillip sich nur dabei gedacht, nicht sofort schreiend davonzulaufen, sondern darüber zu spekulieren, was das bloß für ein seltsamer Strudel sein mochte und warum zum Geier seine Schwester so etwas in ihrem Schrank aufbewahrte. Der Strudel jedenfalls, schätzte es offenbar nicht, wenn man ihm zuviel Aufmerksamkeit entgegenbrachte. Er hatte ihn kurzerhand hinab in eine andere Dimension gezerrt.

Phillip konnte seine Schwester nicht besonders gut leiden. ständig ärgerte sie ihn und wenn sie ihre widerwärtigen Freundinnen eingeladen hatte, behandelte sie ihn wie Luft. Trotzdem hätte er in diesem Augenblick alles dafür getan, sie in seiner Nähe zu haben. Seine Schwester hätte sich nicht von diesen Fellmonstern auf einen Baum jagen lassen. Stattdesssen hätte sie einen ihrer gefürchteten Tobsuchtsanfälle bekommen und die stinkenden Kolosse hätten darauhin eilig das Weite gesucht. Seine Schwester hätten ihre nadelspitzen Zähne und messerscharfen Klauen nicht im Geringsten beeindruckt. Ihr jagte nichts Angst ein, außer Mathe.
Aber seine Schwester war nicht da und er musste einen anderen Weg finden die Bedrohung abzuwehren. Er versuchte nachzudenken, obwohl seine augenblickliche Lage es ihm nicht gerade leicht machte, einen klaren Gedanken zu fassen. Hatte er jemals ein Buch darüber gelesen, wie man ein Rudel blutrünstiger Scheusale in die Flucht schlägt? Er konnte sich nicht entsinnen. Phillip stand kurz davor laut loszuheulen, denn wie es aussah, hatten die Fellmonster damit begonnen, am Fuße des Baumes ihr Lager aufzuschlagen. Er musste wohl einen ganz besonderen Leckerbissen abgeben, um diese Mühe zu rechtfertigen.
"Ihr dämmlichen Viecher", brüllte er ihnen zu.
"Ich schmecke doch gar nicht. Im Gegenteil, ich bin so zäh wie eine Schuhsohle."
Eines der Ungetüme hob den Kopf und fasste spontan den Entschluss, am Stamm emporzuklettern. Phillip biss sich auf die Unterlippe. Hätte er doch nur die Klappe gehalten.
Möglicherweise waren die Fellmonster mit Affen verwandt, jedenfalls bereitete es dem Ungetüm nicht die geringste Mühe, sich mit seinen Krallen in der Rinde zu verhaken und sich so immer weiter in die Höhe zu schrauben. In wenigen Sekunden würde es Phillip erreicht haben, seinen gewaltigen Schlund aufreißen und ihn mit Haut und Haaren verschlingen.
Es war so weit: Das Ungetüm griff nach dem Ast, auf dem er sich zusammengekauert hatte. Phillip schloß die Augen.
Lieber Gott, es tut mir leid, dass ich den Goldfisch meiner Schwester die Toilette heruntergespüllt habe. Bitte lass mich jetzt nicht im Stich.
Schon spürte er den ekelerregenden Atem des Fellmonsters in seinem Gesicht und er wartete nur noch darauf, dass sich die spitzen Zähne in seinen Nacken graben würden.

Plötzlich schien sich der Ast, auf dem er gesessen hatte, aufzulösen. Doch anstatt zu fallen, spürte er sofort wieder festen Boden unter den Füßen. Phillip öffnete die Augen und stellte ungläubig fest, dass er sich wieder im Zimmer seiner Schwester befand. Er wäre vermutlich erleichtert darüber gewesen, dass er soeben dem Tod durch Aufgefressen werden um Haaresbreite entkommen war, wenn sich nur nicht noch eine weitere Person in dem Raum befunden hätte. Phillips Schwester starrte ihren kleinen Bruder hasserfüllt an. Der Umstand, dass er soeben aus dem Nichts heraus vor ihren Augen erschienen war, störte sie nicht weiter. Sie deutete nur auf die offenen Türen ihres Kleiderschrankes. Es befand sich nur Wäsche darin, aber das sollte in diesem Moment nicht Phillips größte Sorge sein.

 

Hallo Kaipi,

ein wenig unschlüssig bin ich nach dem Lesen.

Insgesamt gefällt mir deine Geschichte, sie ist flüssig geschrieben. Der Schrank als Portal in eine andere Welt hat mich zuerst an die Chroniken von Narnia erinnert (wobei die mir nun nicht gefallen), aber mit dem blauen Strudel ist "dein" Kleiderschrank zu einer ganz eigenen Sache geworden.

Was mich ein wenig stört, ist, dass mir Philipps Angst trotz seiner Gedanken etwas fern bleibt. Da würde ein wenig mehr Fokus auf die Fellmonster vielleicht gut tun (wie sehen die aus? wie fühlt sich Philipp, wie hat er das Auf-den-Baum-klettern hinter sich gebracht, ist er außer Atem, hat er sich etwas aufgeschürft?). Ich mag seine Gedankengänge zwar, aber die sind für die Situation doch ein klein wenig zu abgeklärt und distanziert. Da wäre es schön, noch mehr in die Geschichte hinein zu gehen.

Philipps Schwester hätte für mein Gefühl auch einen Namen bekommen können.

Das Ende hat mir gefallen, dennoch könntest du auch hier nachlegen: Erscheint Philipp im Kleiderschrank sitzend, oder plumpst er auf den Boden? Oder klammert er sich vielleicht an irgendeinem Tischbein im Zimmer seiner Schwester fest, als sei es noch immer der Ast?

Insgesamt aber eine niedliche Idee und schön zu lesen.

Liebe Grüße,
ciao
Malinche

 

Hallo, Kaipi!
Wer soll die Geschichte lesen?Für Kinder scheint mir die Sprache zu konstruiert, mit zum Teil ironischen Untertönen, die aber nicht darüber hinweg täuschen können, dass hier ein bekanntes Thema ziemlich fantasielos erzählt wird. Ich lese es wie einen Bericht, bin nicht gefesselt, da ändern auch die kurzen,kraftlosen Monsterauftritte nix dran. Hattest Du keine Lust, Dir richtig viel Mühe zu geben?

 

Hallo Kaipi,
die Idee des Kleiderschrankes als Portal ist ja nicht neu, denke da auch an Narnia, oder den herrlichen "35. Mai" von Kaestner. Dennoch kann man die Idee ruhig immer wieder verwenden, denn Kinder lieben den Einstieg in eine "fremde" Welt aus der "eigenen" Welt heraus. Es kommt aber natuerlich darauf an, was man daraus macht. Und da wird man in deiner Geschichte doch etwas enttauescht, denn man erfaehrt so gut wie nichts ueber diese "fremde" Welt. Da verschenkst du gehoerig Potential. Da koennte man doch Seiten fuellen, sich regelrecht austoben! Alles was wir erfahren, ist dass es da ein stinkendes, feindseliges Fellmonster gibt - und das war's. Im Augenblik groesster Spannung geht's auch magisch wieder in den Schrank zurueck, ohne die geringste Erklaerung.
Das reicht einfach nicht, damit begeistert du keine Kinder.
Denk dochn noch mal nach, was es alles in der Welt geben koennte!
gruss, sammamish

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

vielen Dank für Eure Kommentare.

@Malinche:

Freut mich, dass dir die Geschichte gefallen hat. :)

Deine Anregungen nehme ich mir zu Herzen und greife darauf zurück, falls ich die Geschichte noch einmal überarbeite.

@JuttaOuwens

Wer soll die Geschichte lesen? Für Kinder scheint mir die Sprache zu konstruiert, mit zum Teil ironischen Untertönen, die aber nicht darüber hinweg täuschen können, dass hier ein bekanntes Thema ziemlich fantasielos erzählt wird.

Imho kann man Kindern etwas mehr, als nur aneinandergereihte Hauptsätze zumuten, zumindest zum Vorlesen.

Kinder stehen auf Ironie! ( ab ca 8 Jahre? )
Hast du schon mal Spongebob gesehen? ;)

Daher glaube ich tatsächlich, dass Kinder einer Geschichte wie dieser möglicherweise mehr abgewinnen könnten. ( als du )

@Sammamish

Ich gebe dir darin Recht, dass ich Potential verschenkt habe. Vielleicht überarbeite ich die Geschichte noch einmal und baue die "fremde Welt" aus.

LG Kaipi

 

Hallo Kapi,

ich muss meinen Vorrednern recht geben.
Aber ich könnte mir schon einen Grund denken, weshalb die Geschichte nicht so recht rüberkommen will. Das Thema, in eine fremde Welt einzutauchen, das ist meiner Meinung nach viel zu umfangreich, um daraus eine Kurzgeschichte zu machen. Schon alleine die neue Welt zu beschreiben, das kann Seiten füllen.
Vielleicht überlegst du dir,das Thema in eine Serie zu packen, in der du immer kürzere abgeschlossene Geschichten aneinander setzen kannst, die natürlich in sich abgeschlossen sein müssen.
Mit deinem Text reisst du wirklich nur kurz das Thema an, in dem du in die Welt eintauchst, die aber für den Leser vollkommen im Dunkeln bleibt. Und auch die Fellmoster kommen nicht so richtig zur Geltung. Außer, dass sie gruselig sind und gut klettern können, erfährt man kaum etwas. Als es dann am Ende spannend wurde, ist dein Prot wieder in unsere Welt zurückgekehrt. Es macht ein bisschen den Eindruck, als hättest du nicht mehr gewusst, was du schreiben solltest.

Ich könnte mir schon vorstellen, dass aus der Idee ein wirklich guter Jugendroman oder eben eine Serie werden könnte. Übrigens, dein Schreibstil hat mir gefallen.

Viele Grüße
bambu

 

Hallo Bambu,

danke, dass du dich mit meiner Geschichte auseinandergesetzt hast.

Grundsätzlich könnte ich mir schon vorstellen eine Serie zu schreiben. Es erscheint mir nur etwas schwierig, den Anforderungen dieses Forums gerecht zu werden und jeweils in sich abgeschlossene Geschichten zu verfassen ohne eine fortlaufende Handlung. Vielleicht könnte man eine seperate Rubrik im Forum einführen, in der Fortsetzungsgeschichten erlaubt sind, dann könnte jeder für sich entscheiden, ob er sich beteiligt, mitliest oder gänzlich fernbleibt. Aber das ist nur eine kleine Anregung und sicherlich haben die Betreiber dieses Forums auch ihre Gründe dafür, es derzeit anders zu handhaben.

Danke für dein Lob. :)

LG kaipi

 

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