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Der Keller

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09.06.2003
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Der Keller

"Komm' aus dem Keller", schallte der Ruf der Mutter von oben, "Du wirst krank!" Tim wusste das. Er weiß es, wenn er die kalten, feuchten Stufen in den Keller hinunter steigt. Er weiß es, wenn er in der Dunkelheit den Lichtschalter sucht. Er weiß es, wenn er in den tiefsten Raum des Kellers geht und sich dort auf den nassen Betonboden kauert. Er will nicht sterben, wie die anderen. Tim findet oft tote Spinnen, die er genüßlich zerpflücken kann, oder Tausendfüßler, oder Ohrenkneifer, am liebsten aber lebendige Kellerasseln, mit denen er als Kugel Stunden lang spielen kann. Das Warten ist unangenehm. Als die anderen noch lebten, war alles viel bunter, aufregender und wärmer. Mit lebendigen Kellerasseln ließ sich das Warten aber ertragen, irgendwann mussten sie ja endlich kommen. Schließlich hatte die Mutter gesagt, dass sie kommen und die Mutter hatte immer recht. Sie hat vorher gewusst, dass die Zwillinge krank werden, wenn sie ihren Schal nicht anziehen. Und als sie schon lange krank waren, hat sie gewusst, dass sie sterben würden. Das hat sie Tim selbst gesagt. "Wo sind sie denn jetzt?", hatte er die Mutter danach gefragt. "Unter der Erde!", hatte die geantwortet. Tim kannte den Keller nur vom Versteckspielen. Wenn man gewinnen mochte. Dann versteckte man sich im Keller, denn da sucht einen niemand. Der Keller macht Angst und der Keller ist kalt. Wenn man die Treppen als Sieger empor kam, gab es Poklatschen von der Mutter. Nur für die Zwillinge nicht, die hielten bei so etwas immer zusammen. "Du wirst krank, willst du so enden, wie dein Vater?", schimpfte die Mutter bei den Poklatschen. Aber die Poklatschen taten gar nicht weh, denn sie waren die Poklatschen des Siegers.
"Du wirst krank!", sagte die Mutter auch oft, wenn er später nach den Zwillingen im Garten grub, oder im Keller nach ihnen Ausschau hielt . Einmal, als er wieder aus dem Keller kam, nahm sie ihn und klatschte Tim wie früher auf den Po, nur viel stärker und sie weinte dabei. "Du darfst nicht mehr in den Keller gehen, hörst du, nie mehr! Da unten sind die Zwillinge und der Vater und die machen dich krank und wollen dich zu sich holen!" Diese Poklatschen taten sehr weh, denn sie waren so stark und nicht für den Sieger und die Mutter weinte. Auch, wenn die Zwillinge immer zusammen hielten, würden sie so etwas niemals tun. Tim wusste das. Er weiß es, wenn er die kalten, feuchten Stufen in den Keller hinunter steigt. Er weiß es, wenn er in der Dunkelheit den Lichtschalter sucht. Er weiß es, wenn er in den tiefsten Raum des Kellers geht und sich dort im tiefsten Raum auf den nassen Betonboden kauert.

 

Hallo popla,

deine Geschiche lässt viel Platz für düstere Fantasien. Warum wusste die Mutter so gut, dass sie alle krank werden und sterben würden? Hat sie da nachgeholfen?
Ist Tim den Symptomen der psychischen Erkrankung seiner Mutter hilflos ausgeliefert?
Ist es der Keller der krank macht, oder die Mutter?

Du beschreibst Tims Gedanken sehr eindringlich, auch wenn ich ein bisschen denke, du hättest ein paar mehr Erklärungen gern hinzufügen dürfen. In sichist es psycholgisch stimmig, dass Tim die Gewalt, die er erlebt, an die Tiere weitergibt.

Auch wenn ich begreife, dass du die Widerholung in dieser Geschichte als Stilmittel verwendest, bei dem doppelten "tiefsten Raum" am Anfang und am Ende der Geschichte hat es mich beim Lesen gestört.

Ich werde wohl noch ein wenig über deine Geschichte grübeln müssen.

Lieben Gruß, sim

 

Hehe, danke fürs Lesen und für die Kritik, sim!
Das ging so schnell, dass ich es noch gar nicht erwartet habe... Das mit dem Raum war ungewollt, dass ist mir grade schon aufgefallen...
Ich wollte mal eine kurze und dichte Geschichte schreiben, da ich für längere Sachen momentan keine Zeit hab, da hat es sich gut getroffen, dass ich von der Schule übermüdet im Keller eingeschlafen bin (hier steht ein Bett), daraus hab ich dann die Geschichte gemacht.
Ich weiß, sie ist vielleicht nicht besonders gut ausgearbeitet und so, aber es ist für mich nach dem "Straßenmusikant" erstmal wichtig überhaupt wieder Geschichten zu schreiben... An den komme ich momentan schon zeitlich nicht heran...
Vielen Dank für die Kritik!

 

Hallo popla!

ich komm nicht so besonders weit mit interpretieren, acuh mir fehl hierzu einfach die Information. Kurz und dicht, sehr schwer einen Ansatz zu finden.
Er wartet drauf, dass "sie" kommen, die Mutter, der Keller.... eigentlich eine banale Beschreibung, aber ich denke, dass Du hier eine zweite Ebene versucht hast, aufzubauen, wo alles eine Bedeutugn erhält. Dafür lieferst Du aber leider zu wenige Hinweise, als dass sie der Leser entschlüsseln könnte.... Was mir gut gefällt, die die Art der Beschreibung, was Tim im Keller macht, die zusammengerollten Asseln, die diffusen Gefühle....


schöne Grüße
Anne

 
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"Komm' aus dem Keller", schallte der Ruf der Mutter von oben, "Du wirst krank!" Tim wusste das. Er weiß es, wenn er die kalten, feuchten Stufen in den Keller hinunter steigt. Er weiß es, wenn er in der Dunkelheit den Lichtschalter sucht. Er weiß es, wenn er in den tiefsten Raum des Kellers geht und sich dort auf den nassen Betonboden kauert. Er will nicht sterben, wie die anderen. Tim findet oft tote Spinnen, die er genüßlich zerpflücken kann, oder Tausendfüßler, oder Ohrenkneifer, am liebsten aber lebendige Kellerasseln, die sich zusammenrollen. Mit denen kann er dann als Kugel Stunden lang spielen. Das Warten ist unangenehm. Als die anderen noch lebten, war alles viel bunter, aufregender und wärmer. Doch wenn die Zwillinge wieder da wären, würde bestimmt alles so werden wie früher. Die Mutter hatte gesagt, dass sie wiederkommen und die Mutter hatte immer recht. Tim musste nur warten. Die Zähne zusammenkneifen, wenn sie klapperten. Die Hände beschäftigen, wenn sie das wollten. An die schöne Zeit mit den Zwillingen denken, wenn der Kopf wieder nach oben wollte. Die Mutter hat schließlich auch vorher gewusst, dass die Zwillinge krank werden, wenn sie ihren Schal nicht anziehen. Und als sie schon lange krank waren, hat sie gewusst, dass sie sterben würden. Das hat sie Tim selbst gesagt. "Wo sind sie denn jetzt?", hatte er die Mutter danach gefragt. "Unter der Erde!", hatte die geantwortet. Tim kannte den Keller nur vom Versteckspielen. Wenn man gewinnen mochte. Dann versteckte man sich im Keller, denn da sucht einen niemand. Der Keller macht Angst und der Keller ist kalt. Wenn man die Treppen als Sieger empor kam, wurde der Hintern zur Strafe von der Mutter versohlt. Nur bei den Zwillinge nicht, die hielten bei so etwas immer zusammen. "Du wirst krank, willst du so enden, wie dein Vater?", schimpfte die Mutter während sie ihm den Hintern versohlte. Aber das Versohlen tat gar nicht weh, denn es war die Strafe des Siegers.

"Du wirst krank!", sagte die Mutter auch oft, wenn er später nach den Zwillingen im Garten grub, oder im Keller nach ihnen Ausschau hielt. Leider wusste er nicht, wo sie unter der Erde lagen. Einmal, als er wieder aus dem Keller kam, legte ihn die Mutter genauso übers Knie, wie sie es gemacht hatte, als die Zwillinge noch lebten. Doch sie schlug viel stärker, und weinte dabei. "Du darfst nicht mehr in den Keller gehen, hörst du, nie mehr! Da unten sind die Zwillinge und der Vater und die machen dich krank und wollen dich zu sich holen!" Dieses Mal tat es sehr weh, denn die Mutter schlug so stark und sie weinte, dass Tim schlecht wurde und die Strafe war auch nicht für den Sieger. Auch, wenn die Zwillinge immer zusammen hielten, würden sie so etwas niemals tun. Sie verpetzten einen zwar, aber sie machten einen nicht krank. Tim wusste das. Er weiß es, wenn er die kalten, feuchten Stufen in den Keller hinunter steigt. Er weiß es, wenn er in der Dunkelheit den Lichtschalter sucht. Er weiß es, wenn er in den tiefsten Raum des Kellers geht und sich dort im tiefsten Raum auf den nassen Betonboden kauert.

 

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