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Der Kühlschrank, dein Freund und Helfer

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25.02.2010
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Der Kühlschrank, dein Freund und Helfer

Als Peter bemerkte, dass er den Kühlschrank offen gelassen hatte, war es bereits zu spät. Linda steuerte schon darauf zu. Einen Moment lang hatte er noch gehofft, dass sie die Tür schlösse, ohne hineinzusehen, doch Linda war nun einmal eine Frau.

Dieser Abend sollte eine Wiedergutmachung für ein verpatztes Date werden. Das Abendessen, letzten Freitag, verlief etwas unglücklich, weswegen die beiden es heute mit Ausgehen versuchen wollten. Noch vor zehn Minuten schritt Peter geduscht, deodoriert und gestylt langsam durch seine Wohnung und versuchte sich diese, mit den Augen Lindas vorzustellen. Liebevoll rückte er dies und das noch ein wenig zurecht, sammelte einige Staubmäuse auf und versteckte das ein oder andere hinter Kissen und Türen. Wohnzimmer, Flur, Schlafzimmer (man weiß ja nie), Badezimmer.

Als er durch die Küche lief, fiel sein Blick auf das dreckige Geschirr der letzten beiden Wochen. „Mist!”, schimpfte er, „Abspülen vergessen.” Es klingelte ein zweites Mal. „Moment!”, schrie er in Richtung Wohnungstüre, und: „Ich komme!” Er riss die Backofentüre auf, schnappte sich einen Stapel Teller und ließ sie darin verschwinden; die Lücken zu beiden Seiten füllte er mit Gläsern auf. Das Besteck warf er einfach zurück in die Schublade. Eine Pfanne, drei Müslischalen und … Igitt, was war das denn gewesen? Kurzerhand öffnete er den Kühlschrank, schob ein paar Dinge beiseite und zögerte. Socken? Ach, ja, die hatte er nach dem letzten Wohnungsschnellputz darin vergessen. Als es ein drittes Mal klingelte, sprintete er zur Türe, holte tief Luft und öffnete mit seinem charmantesten Lächeln.

„Ich dachte schon, du hast dich eingesperrt und den Schlüssel irgendwo vergessen.” Linda lächelte nicht.
„Vergessen, hähä, ja.” Er hatte den Seitenhieb verstanden.
Bei ihrem ersten Date hatte er Linda zu einem der beliebtesten Italiener der Stadt eingeladen. „Für dich kommt nur das Beste in Frage”, hatte er großspurig zu ihr gesagt, als sie die Trattoria betraten und auch gleich eine Flasche des teuren Rotweines bestellt. Dummerweise bemerkte er erst viel zu spät, dass er seinen Geldbeutel vergessen hatte und musste Linda bitten, zu bezahlen. Das war die unangenehmste Sache eines ohnehin missglückten Abends, barg aber einen Vorteil: Er hatte nicht nur einen Vorwand, sondern sogar die Verpflichtung, Linda um eine zweite Verabredung zu bitten, um das erste Desaster wieder gutzumachen. Nun stand Linda hier, vor seinem Kühlschrank, und starrte ungläubig hinein.

„Ähm, das ist ein alter Trick meiner Großmutter”, improvisierte er, „Der Schmutz geht besser raus, und die Bakterien werden garantiert abgetötet.” Er schloss die Kühlschranktüre und gab sich alle Mühe, sämtliche Zweifel auszuräumen: „Meine Oma wurde über hundert Jahre alt - wahrscheinlich deswegen. Sie hatte eine riesige Kühlkammer bei sich im Haus, für die Wäsche und so.” Linda zog die Augenbrauen zusammen. Hatte er übertrieben?
„Was möchtest Du trinken?”, wechselte er das Thema, um den erfreulichen Teil des Abends beginnen zu lassen.
„Nichts aus dem Kühlschrank”, sagte Linda, setzte jedoch versöhnlicher hinzu: „Vielleicht erst einmal ein Glas Rotwein.”
Die nächste halbe Stunde lockerte sich die Stimmung ein wenig, die Flasche Wein leerte sich zusehends, und Peter begann Pläne für den bevorstehenden Abend zu schmieden.

„Ich muss mal zur Toilette”, sagte Linda und blickte Peter fragend an. Au scheiße, dachte Peter. Das Klo. Ich hab vorhin vergessen das Fenster zu öffnen. Er sprang auf und brabbelte: „Kühlschrank auf, Fenster zu, das ist doch …” Mutlos sank er auf seinen Stuhl zurück und fügte sich in sein Schicksal. „Gleich die Tür da vorne rechts. Die mit dem … ”, er stockte, „mit dem hässlichen Comic drauf.” Ob Gebete den Schweregrad der Luftverunreinigung mindern könnten?

Ein weiterer beunruhigender Gedanke kam ihm, als Linda die Türe hinter sich schloss: Er hatte gespült, ohne danach in die Schüssel zu sehen. Hätte er eine Bürste benutzen sollen? Die paar Minuten, die Linda lautlos hinter der Türe verbrachte, auf der eine schlechte Karikatur mit den Worten „Nicht stören! Hier arbeitet ein Klugscheißer” zu sehen war, kamen Peter vor wie eine Ewigkeit, in der er sich Lindas verstörende Reise durch sein Badezimmer vorstellte.

War sie, nachdem sie wieder zurückkam, tatsächlich etwas blass um die Nase, oder bildete er sich das nur ein?
Er kicherte verstört, füllte ihr noch fast volles Glas Wein auf und versuchte es mit einem Kompliment: „Wenn du lächelst, bist du hübscher. Äh! Also ein wenig. Nein, viel! Also, nicht, dass du jetzt nicht auch hübsch wärst …”, er seufzte. Da fiel ihm etwas ein, und er sprang auf. „Ich habe ein kleines Geschenk für dich. Als Entschuldigung für unser verpatztes Date”, sprudelte er heraus und setzte dann schnell nach: „Also für … dafür, dass ich mein Geld vergessen hatte.” Schnell holte er das kleine Päckchen aus seinem Versteck und überreichte es ihr. Sie nahm es unsicher an sich, doch schließlich lächelte sie und bedankte sich, wenn auch nicht überschwänglich.

Linda förderte ein kleines Sparschwein aus Porzellan zu Tage, auf dessen dickem Bauch „Abendessen” stand. Als sie nicht gleich zu verstehen schien, kam er ihr mit „Falls ich mal wieder meinen Geldbeutel vergesse. In Zukunft.” zu Hilfe. Die Art und Weise, wie Linda daraufhin die Worte „in Zukunft” wiederholte verunsicherten ihn, doch gleich darauf stand sie auf, strahlte ihn an und sagte: „Komm, lass uns rüber ins Clubz gehen, da geht heute was. Falkbrönner legt auf. Das Geschenk lasse ich so lange hier, okay? Das nehme ich dann morgen mit.”
Morgen? Peter strahlte. Das konnte nur bedeuten, dass bei dieser Verabredung das Frühstück inklusive war.

Im Club war die Stimmung wieder entspannter. Sein Mädchen tanzte, Peter sah zu und grinste, in Erwartung auf das Frühstück, jeden siegessicher an. Irgendwann kamen zufällig ein paar Freundinnen von Linda, und bald darauf war sie plötzlich gegangen. Peter frühstückte am nächsten Morgen mit dem Sparschwein.


Ein paar Wochen später:

Peter durchstreifte die Wohnung und versuchte sie, mit den Augen Julias zu sehen. Hier und da rückte er ein paar Kleinigkeiten zurecht, das ein oder andere versteckte er sorgfältig. Das Poster an der Toilettentüre hatte er entfernt, das Geschirr war abgespült. Als er durch die Küche lief, klingelte es. Bevor er ging, um Julia hereinzubitten, öffnete er die Kühlschranktüre. Ein paar der Blumen rutschte er ein Stück nach vorn, die Flache Weißwein klemmte er in die Türe, damit sie nicht zufiel, dann rief er „Ich komme!” und machte sich auf den Weg.

 

Hallo Elisabeth!

Immer auf die Junggesellen. Ja, Ja. :D
Aber nach meinem Erfahrungsstand mit einigen neuen „Tricks“ garniert. Vielen Dank dafür. ;)

Wo ich ins Schleudern gekommen bin:
Linda war das erste Mal bei ihm …
Sie ist aber noch nicht da. Er kontrolliert ja noch seine Wohnung, geht aufs Klo usw.

Immerhin, am Ende hat er dazu gelernt. Eine kleines Friedensangebot an alle Junggesellen.

Netter Schmutz... äh, Schmunzelhappen.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hi Elisabeth,


Der Text hat mich jetzt ehrlich gesagt nicht wirklich zum Lachen gebracht, aber war trotzdem ganz unterhaltsam.
Den Anfang, als Peter seinen halben Hausstand hinter Kissen und im Kühlschrank versteckt, fand ich niedlich und auch die ganze Figur von Peter hat mir gut gefallen. Da konnte man sich gut reinversetzen.

Nicht so gut fand ich die Stellen mit dem Klo. Klar, Kackewitze gehen immer (hihi), aber ehrlich gesagt war das nicht so originell, sondern hat den Text recht unnötig in die Länge gezogen und vom Wesentlichen (dem Kühlschrank) abgelenkt.
Und am Anfang wird nicht so wirklich klar, daß der zweite Absatz quasi eine Rückblende ist. Sie steht vor dem Kühlschrank und nächsten Moment trifft Peter erst die Vorbereitungen für den Abend. Da könntest du vielleicht noch ein kleines "ein paar Minuten zuvor" oder so einbauen.

 
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Hallo Asterix,

es liegt mir selbstverständlich fern, alle Junggesellen über einen Kamm zu scheren. Es gibt sicher auch ganz tolle ypen .... irgendwo da draußen.

Freut mich, dass Dir der Text gefallen hat, Deinen Hinweis habe ich natürlich gleich umgesetzt. Das wäre im Absatz zu vor noch gegangen, aber an der Stelle dann nicht mehr - hatte ich übersehen. Danke Dir!


Hallo Jynx,

die Blumen im Kühlschrank? Ach komm, muss ich das wirklich mehr erklären im Text?
Peter hat aus seinem vorherigen Fehler nicht nur gelernt, sondern einen Vorteil daraus gezogen. Da er davon ausgehen konnte, dass die Frau zuallererst zum Kühlschrank steuern würde, wenn die Türe offen steht, hat er den Verführer herausgekehrt und darin jede Menge Blumen und eine Flasche Wein versteckt, die Julia natürlich vor lauter Romantik umgehauen hätten und sie direkt in seine Arme hätten sinken lassen. So viel Einfallsreichtum und Verführungsrafinesse hauen schließlich jede Frau um.

Naja, ohne Peters Vergesslichkeit, wäre der Prot der Geschichte ein muskulöser, galanter Held gewesen, der durch den offenen Kühlschrank von Welt zu Welt geflogen wäre, um Jungfrauen in Gefahr zu retten. Ist doch klar.


Hallo gnoebel,

freut mich, dass Dir die Geschichte, trotz fehlender Schenkelklopfer, auch gefallen hat.
Deine Hinweise (Zeitsprung ab zweiten Absatz und Kack-Absatz) habe ich eingearbeitet. Weglassen wollte ich das Thema nicht, da der Kühlschrank alleine seine Chancen wahrscheinlich nicht ganz zunichte gemacht hätten, aber ich denke die beiden Hinweise im sechsten Absatz genügen zu dem Thema auch.


Ich danke Euch für Eure Rückmeldungen!

Liebe Grüße

elisabeth

 

Hallo elisabeth,

…, dass sie die Tür schlösse, ohne hineinzusehen, …
gibt mir ein schönes Gefühl, dass nicht jede® der umgangssprachlichen würde-Konstruktion folgt!,

wie überhaupt Deine herzallerliebste kleine Studie zur Polarität von Männlein & Weiblein mit der klaren Hierarchisierung der Sinne beachtenswert erscheint. Freilich, den wirklich wahren Freunden des Authentischen kann sie nur die Ausnahme bilden, ist doch durch das Forschungsinstitut der Tiutschiu Wirtschaft in Verbindung mit der Gesellsch. führ Konsum Forschung zu N… empirisch nachgewiesen worden, dass der tiutschiu Junggeselle a) dem Singledasein frönt und b) – um nur einiges aufzuführen aus der statistischen Fülle der Ergebnisse, eine Tasse, einen Teller und eine Unterhose, aber doch zwei Socken sein eigen nennt und jeweils einen Ersatz sich genossenschaftlich mit seinem besten Freund, der idealerweise ein Junggeselle in a) einem andern Singelhaushalt und b) mit einer Tasse etc. bestückt ist. Da kann gar kein Geschirr anfallen – das zieht erst in den Singlehaushalt mit dem Weibchen (das inzwischen auch anerkanntermaßen ein Männchen sein kann) ein und zerstört diese schöne, schützenswerte Lebensform, die gleichwohl lange nicht im Roten Buch der bedrohten Bierarten aufleuchtet. Spülen braucht’s da nicht: man leckt den Teller nach getanem Werke ab und desinfiziert die Tasse ggfs. mit Hoch%igem, was gleichzeitig aktive Gesundheitspolitik bedeutet, wird doch der Blutspiegel ausgeglichen gehalten und das Desinfektions- / Spülmittel zum Genussmittel. Der nun in * eingegrenzte Satz ist für empfindliche Seelen nicht geeignet und zu überlesen: *Sonderlich viel Klopapier braucht’s in einem solchen Haushalt auch nicht, schließlich hat jedes Blatt zwei Seiten und lässt sich diverse Male falten.*

Aber Spaß beiseite, Ernst komfort: ich hatte die Geschichte vorige Tage schon einmal angeschaut, war aber dem Tag angemessen voll des heil'gen Geistes und der Zungen. Hatte mir zum „sozusagen“ zu Beginn des zwoten Absatzes schon einen kleinen Vortrag vor-formuliert, was mich nun veranlasst, die alte und die neue Fassung anzuschaun – und es gibt – wie wahrscheinlich immer bei größeren Änderungen – neben Verbesserungen auch Schnitzer. Das sei an zwei Beispielen dargestellt:

Nehmen wir den schon angeschnittenen ersten Satz des zwoten Abschnitts. Hieß es vorher

Linda war das erste Mal bei ihm als Wiedergutmachung für ein verpatztes Date sozusagen,
so lautet der jetzt merklich verbessert und eleganter
Dieser Abend sollte eine Wiedergutmachung für ein verpatztes Date werden –
und darum auch den Beifall des Publikums finden wird - freilich um den Weh(r)mutstropfen, dass man der alten Fassung als ironischer Zeitgenosse nachtrauert, weil der Satz ironisch aufgefasst werden müsste: denn die Autorin wird nicht ernstlich geglaubt haben, es werde je etwas anders gesagt, als es sich dann ausgesprochen, bzw. in unserm Falle niedergeschrieben findet. So rutscht den meisten ohne alle Ironie und humorlos das vergleichbare Sogenannte in den einen wie den andern Satz, als werde ein Ding an sich gerade anders genannt, als es gerade benannt wird.

Schon im nächsten Satz wird das schlichte Adverb „darum“ durch ein unnötiges „weswegen“ ersetzt, einer Zusammenfügung aus Interrogativpronomen und dem Dativ Plural des Weges (was schon komplizierter klingt als ein schlichtes Adverb), dass die m. E. weitere Verschlimmeerung und Ersetzung des Personalpronomens (sie) gegen das aufwendigere „die beiden“ alt:

…, darum wollten sie es heute mit Ausgehen versuchen
neu:
…, weswegen die beiden es heute mit Ausgehen versuchen wollten,
obwohl es auch eine eher ungewollte, weil wahrscheinlich unwissentliche Kuriosität aufweist: „beide“ entwickelte sich aus der Zusammenführung des Adverbs / der Präposition „bei“ mit dem Artikel „diu“ (der heute unbetonte Artikel „die“), was unsere Vorfahren zunächst zusammenführten zum „beidiu“, das im Laufe der Zeit zum unbetonten „beide“ abgeschliffen wurde. Darum ist die Formulierung „die beiden“ im Grunde eine unnötige Verdoppelung „die / diu beidiu“, dem durch Weglassen des entbehrlichen Artikels beizukommen wäre:
„…, [darum] wollten… beide es heute mit Ausgehen versuchen,
wäre ein schöner Kompromiss zwischen alt & neu.

So, bevor ich weiter langweile, gern gelesen (beide Varianten!) vom

Friedel

 

Das mit dem Sparschwein ist gemein! :P

Socken im Kühlschrank. Find ich gut! Mal was anderes *lol*

Gelungenge Geschichte. Gerne gelesen :)

Gruß,
Ab C

 

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