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Der König von Martensburg

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06.05.2003
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Der König von Martensburg

Der König von Martensburg


Der König von Martensburg kniete auf dem Boden, den er einst regierte. Sich auf sein Schwert stützend betrachtete er ein letztes mal die wundervolle Landschaft, die so viele schöne Erinnerungen in ihm hervorrief. Er sah die Stadtmauer, die er vor zwei Jahrzehnten hatte errichten lassen. Er sah die riesigen Bäume, die das Land schmückten und von denen jeder einzelne über längst vergangene Taten zu berichten hatte. Er sah die unzähligen Häuser, in denen sein Volk lebte und starb. Er sah den alten Glockenturm, der jeden Sonntag die Menschen zu sich rief. Und er sah den Friedhof, auf dem den Gefallenen die letzte Ehre erwiesen wurde. Obwohl der König von Martensburg wusste, dass seine Zeit gekommen war, erfüllte ihn der Anblick mit tiefsten Stolz, denn er war sich sicher, dass er und sein Volk niemals in Vergessenheit geraten würden. Überall auf der Welt würde man sich von dem großen Herrscher erzählen, der so lange gegen eine solche Übermacht Widerstand geleistet hatte und für sein Volk den Heldentod gestorben war. Absolut frei von Furcht und Zweifel wendete er sich schließlich seinem Widersacher zu, der sich nur durch sein triumphierendes Lachen aus dem scheinbar endlosen Teppich von in schwarze Rüstungen gehüllten Reitern hervorhob. Ihm war der Anblick der sich vor ihm stapelnden Leichen und der Geruch von Tod und Zerstörung sichtlich ein Genuss. Und der König sprach:

Der letzter Mann ist gefallen.
der letzte Pfeil ist verschossen.
die letzte Klinge ist stumpf geschlagen.
der letzte Winkel meines Landes ist in Blut getränkt.
Nichts wird sich Euch noch in den Weg stellen.
Nichts kann Euch noch Einhalt gewähren.
Nun kommt und beendet es.
Holt Euch das, wofür ihr habt so tapfer gekämpft.
Ich gratuliere Euch, mein alter Freund,
ein wahrhaft grandioser Sieg!

Und sein Widersacher atmete noch einmal tief ein. Wollte den Duft des Sieges ein weiteres mal spüren. War für einen Wimpernschlag der Ekstase nahe. Es gab seiner Existenz nur für diesen Moment einen Sinn. Und er sprach:

Folgt mir Männer, wir kehren Heim!

Und sie kehrten Heim.

 

Hallo Hardy,

die Geschichte gefällt mir wirklich sehr gut. Das Ende ist eben so unerwartet wie logisch: Siegen um zu gewinnen lautet das Motto, nicht siegen um zu regieren.

Das versöhnliche Ende mit den guten Siegern beißt sich herrlich mit den tausenden Opfern die in der Schlacht gefallen sind. Man hat zum einen Respekt vor den Truppen, die Martensburg besetzten. Das verwirrt die Psyche des Lesers, denn bis eben hat man noch auf der "Seite der Guten" gestanden, dem gefallenen König also. Ein ganz natürlicher Gefühlsausdruck wird durch einen anderen natürlichen ersetzt, allerdings sind die beiden Grundverschiedenen. Ja, der letzte Satz drückt es wohl am Besten aus warum mir deine Geschichte so gut gefallen hat.

MfG Sebastian

PS: "Martensburg" ist ein schlechter Name und passt meiner Meinung nach nicht in die Geschichte. Allerdings habe ich bei der Namensgebung auch immer die größen Schwierigkeiten.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo hoEyo,

freut mich, dass Dir die Geschichte gefallen hat. Ich hatte zuerst das Gefühl, dass ich die feindlichen Truppen bzw. die Gefallenen nicht genau genug beschrieben hätte und dass die Geschichte deshalb zu flach wirkt, auch wenn das für die Aussage der Geschichte natürlich keine Relevanz hat. Zu Martensburg: mir ist echt nix blöderes eingefallen :)) aber der Name ist eh nur nebensächlich.

 

Hallo,

keine Frage, der Name ist nebensächlich. War auch mehr oder weniger bloß erleichtert, dass es nicht nur mir so geht.

Was den flachen Plot angeht: Da dafst du mich nicht fragen, denn ich finde häufig das Beschreibungen von Umständen, Gefühlen und Handlungen störend sind. Allerdings sehen das viele auch anders... Naja, mal sehen was andere dazu sagen werden.

MfG

 

Ja, interessiert mich auch, was andere dazu sagen. ich schreibe gerade an einer neuen KG, hatte soeben eine geile Idee :p

 

Hallo Hardy,

Deine Geschichte ist nett erzählt, eine klassische Kurzgeschichte mit einer unerwarteten Wendung. Sie hat mich an den Satz `des einen Terrorist ist des anderen Freiheitskämpfer` erinnert.
Der Pathos des Besiegten ist treffend dargestellt.
„atmete noch einmal tief ein“ - hört sich ein wenig so an, als ob er nie wieder tief atmen würde.
„Es gab seiner Existenz“ - „Es“ - was?
„Duft des Sieges“ - Triumph oder Euphorie finde ich passender.


Tschüß... Woltochinon

 

Hallo Hardy,

In der Tat, deine Geschichte ist klassisch.

An sich habe ich nichts einzuwenden, aber sie hat mir trotzdem nicht gefallen.

Das erste was mir spontan einfiel, was macht das für einen Sinn über Leichen zu gehen, was ist das für ein fragwürdiges Hochgefühl, das auf Kosten Anderer erreicht wird.

Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Goldene Dame, Du hast die Aussage der KG falsch verstanden. Du gehst davon aus, dass der Autor auf der Seite der Angreifeer steht. Dabei habe ich versucht es neutral darzustellen und ich denke das ist mir auch gelungen.

 

Hallo Hardy,
ich gehe nicht davon aus, das der Autor auf der Seite der Angreifer steht. Ich stelle mir nur die Frage, warum müssen Menschen einen sinnlosen Tod sterben, damit einer stolz als Held in die Geschichte eingeht und der andere ein Hochgefühl aus der Ehrerbietung des Verlieres zieht.
Was für eine Philosophie steckt dahinter?
Siegen um zu gewinnen? Um jeden Preis?

LG
Goldene Dame

 

Geschrieben von Goldene Dame
...Ich stelle mir nur die Frage, warum müssen Menschen einen sinnlosen Tod sterben, damit einer stolz als Held in die Geschichte eingeht...

LG
Goldene Dame


Also, der König geht ja eben nicht als Held in die Geschichte ein, weil ihm von seinem Gegner nicht einmal ein ehrenhafter Heldentod gegönnt wird. Der König glaubt, dass es sich um einen Eroberungsfeldzug handelt, dabei sind die feindlichen Truppen nur da, um ihn zu quälen, entehren....


Geschrieben von Goldene Dame
...und der andere ein Hochgefühl aus der Ehrerbietung des Verlieres zieht...

LG
Goldene Dame


Ja genau diese Frage soll die Geschichte dem Leser stellen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hardy,
es reicht doch schon, das der König dachte, er würde als Held sterben. Auch wenn er es nicht die Ehre hatte, als Held zu sterben, er hat es in Kauf genommen Menschen für seinen Irrsinn zu Opfern. Für mich zählte er von Anfang an nicht zu den Guten, obwohl er ja nur sein Land verteidigen wollte. Ihn trieb nicht der Freiheitsgedanke des Volkes dazu an. Er missbraucht sein Volk für seine Machterhaltung gegen den übermächtigen Widersacher.
Auch der übermächtige Widersacher, ist es für ihn wirklich nur ein Spiel gewesen, Menschen zu morden?
Hatten wir das nicht gerade?
Bush gegen Saddam?

Vielleicht ist es die Parallele, die mir deine Geschichte so unangenem macht:D
Liebe Grüße
Goldene Dame

 

Geschrieben von Goldene Dame
Hardy,
es reicht doch schon, das der König dachte, er würde als Held sterben. Auch wenn er es nicht die Ehre hatte, als Held zu sterben, er hat es in Kauf genommen Menschen für seinen Irrsinn zu Opfern. Für mich zählte er von Anfang an nicht zu den Guten, obwohl er ja nur sein Land verteidigen wollte...
Goldene Dame

Ja, er dachte, dass er als Held sterben würde, aber es ging ihm erst um die Erhaltung seiner Ehre, als sein Volk bereits besiegt war. Der König hat es nicht für 'seinen Irrsinn' sondern zur Verteidigung der Heimat in die Schlacht geschickt. Außerdem geht es hier nicht um den Kampf zwischen dem absoult Guten und dem absolut Bösen.

Geschrieben von Goldene Dame
...Ihn trieb nicht der Freiheitsgedanke des Volkes dazu an. Er missbraucht sein Volk für seine Machterhaltung gegen den übermächtigen Widersacher...
Goldene Dame

Ihm ging es um die Heimat seines Volkes, also auch um das Volk selbst, denn ohne Heimat kann das Volk auch nicht weiter existieren. Und noch einmal: Es ging ihm nicht um seine Machterhaltung.

Geschrieben von Goldene Dame

...Auch der übermächtige Widersacher, ist es für ihn wirklich nur ein Spiel gewesen,...
Goldene Dame


Ja.

Geschrieben von Goldene Dame

...Menschen zu morden?
Hatten wir das nicht gerade?
Bush gegen Saddam?
Vielleicht ist es die Parallele, die mir deine Geschichte so unangenem macht:D...
Goldene Dame


Wie Du jetzt auf Bush und Saddam kommst verstehe ich nicht so ganz. Wollte Saddam, als er besiegt war, als Held sterben? Nein, er ist abgehauen... Hat Bush angegriffen, weil es für ihn ein Spiel ist Menschen zu morden? Wenn Du das so siehst, gut das ist Deine Meinung, aber das war ganz bestimmt nicht mein Hintergedanke.

Grüße

Hardy

 

Hallo Hardy,
Deine Geschichte ist einfach bei mir anders angekommen. Deswegen ist sie nicht schlecht.
Goldene Dame

 

Ja, deshalb habe ich ja versucht zu erklären, was ich mit dieser KG aussagen wollte. Ist nicht leicht zu erkennen, aber so sollte es auch sein.

 

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