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Der Junge mit den schwarzen Haaren

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08.08.2015
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Der Junge mit den schwarzen Haaren

Es war Winter. Der kalte Wind schnitt sich durch alles und jeden durch ohne auf Alter oder Stand zu achten. Ihm war es schlichtweg egal. Man spricht von dem größten Schneefall seit Jahren – soweit er weiß. Der kleine Junge mit der roten Mütze machte sich auf den Weg in die Schule. Finn. Schon jetzt spürte er seine Hände kaum noch, doch das kümmerte ihn recht wenig. Die Welt glich dem Puderzucker auf dem Kuchen, den Mama immer für ihn bäckt. Es war faszinierend.
Jeden Morgen lief er los mit dem Wissen es am nächsten Tag zu wiederholen. Er kam an dem hohen Maschendrahtzaun vorbei, hinter dem sich seit einem halben Jahr die Renovierung eines alten Hotels abspielte. Er hatte gehört wie Opa sagte, dass diese Terroristen wieder verschwinden sollen. Finn fragte sich immer noch was „Terroristen“ bedeuten soll. Auch die Proteste vor dem Hotel, gaben ihm zu verstehen, dass dies hier kein guter Ort sein kann.
Doch heute war etwas anders: die Bauarbeiter waren verschwunden, dennoch befanden sich Menschen auf dem Gelände. Sie sahen komisch aus. Ihre Haut war dunkler, die Frauen trugen Kopftücher, viele hatten keine Schuhe. Er hatte Mitleid mit ihnen. Aber er erinnerte sich an die Worte seines Großvaters. Sie sind böse Menschen und bringen Gewalt und Gefahr hier her. Schnell ging er weiter.
Am nächsten Tag ging er wieder an dem Hotel vorbei. Er bemerkte einen kleinen Jungen. Er war ungefähr neun, genau wie er selbst. Trug keine Schuhe, obwohl überall Schnee lag. Hatte dünne, zerfetzte Kleider an. Seine Haare waren schwarz und sein Augen noch viel dunkler. Sie sahen traurig aus und schienen ins Leere zu starren. Als er jedoch Finn sah, machte sich ein Grinsen auf seinen Lippen breit. Die Traurigkeit in seinen Augen war wie weggeblasen. Der Junge mit der roten Mütze ging schnell weiter – die Situation hatte ihm Angst gemacht. Opa hatte Recht. Sie sind seltsame Gestalten und – anders.
Es vergingen Tage, Wochen. Jeden Morgen ging Finn an dem Zaun vorbei und jedes Mal stand der Junge mit den schwarzen Haaren dort und grinste ihn an. Irgendwann besuchte er Opa, erzählte ihm von dem Zaun, dem Heim und schließlich von dem Jungen. Opa diskutierte lange mit Mama in der Küche. Am Tag darauf und auf dem darauf fuhr ihn seine Mutter in die Schule. Tag für Tag und der Junge an dem Zaun war vergessen.
Eines Tages jedoch wurde seine Mutter krank und er musste wieder zur Schule laufen. Der Junge stand nicht mehr am Zaun. Er war zu gleich erleichtert und enttäuscht. Es war als würde ein Freund verschwinden ohne Lebewohl zu sagen. Ein Freund, der eigentlich ein Fremder ist. Geknickt ging er in die Schule.
Als er seine Jacke vor dem Klassenzimmer aufgehängt hat und sich gerade zu seinem Platz am Fenster in der dritten Reihe begeben wollte, sah er ihn. Der kleine Junge mit den schwarzen Haaren saß auf dem Platz neben ihm. Er hatte jetzt ein paar Schuhe und einen dicken grünen Pullover an. Was sollte er tun? Er befand sich im Zwiespalt. Sollte er auf Opa hören und ihn wie einen unangenehmen Gast behandeln oder sollte er einfach seinem Instinkt folgen und aus dem Fremden einen Freund zu machen? Er stand wie angewurzelt in der Tür und überlegte panisch, was er tun sollte. Es klingelte. 8:00 Uhr. Seine Lehrerin tauchte hinter ihm auf und schob ihn zu seinem Platz. Bevor er sich entscheiden konnte, was er tun soll, drehte sich der Junge zu ihm und sagte: „Hallo ich bin Nadim.“

 

Hallo missblackpoet
Ich habe mich gerade verliebt in den Jungen, mit der roten Mütze und dem Jungen, mit dem grünen Pullover.... wunderschöne Geschichte.... Danke.

Griessli Simone

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo missblackpoet,
ein herzliches Willkommen für dich bei den Wortkriegern.
Anders als Simone bin ich nicht ganz so begeistert, aber mal der Reihe nach.
Was ich echt gut finde, das ist, dass du ein aktuelles, und dann noch ein Flüchtlingsthema wählst. Ich mag das einfach, wenn Themen, die die Menschen gerade umtreiben, in Geschichten einfleßen.
Auch, das Thema aus der Sicht zweier Kinder zu zeigen, finde ich schön. Und was ich auch gut fand, das ist, dass du das Kindliche dieser Sicht versuchst herauszuarbeiten.
Aber ich meine, dass handwerklich noch eine Menge rauszuholen wäre bei deiner Geschichte.
Da gibt es zum einen noch eine Menge Zeitfehler, Perspektivrutscher und manche zu berichtenden Passagen. Da hätte ich mir eher gewünscht, du schreibst nicht über die lange Zeit, die da vergeht in so einem nacherzählenden Stil.
Manchmal kann man es ja auch einfach wagen, einen Absatz zu machen und dafür sich mehr Zeit für die Darstellung des Kindes zu zeigen. Da fehlt mir nämlich noch so ein bisschen, was ihn denn an dem Nadim so interessiert.

Nur ein paar Beispiele:

Es war Winter. Der kalte Wind schnitt sich durch alles und jeden durch KOMMA ohne auf Alter oder Stand zu achten. Ihm war es schlichtweg egal. Man spricht von dem größten Schneefall seit Jahren – soweit er weiß.
- ohne auf Stand und Alter zu achten, das würde kein kleiner Junge so denken.
- Man spricht von dem größten Schneefall seit Jahren - soweit er weiß: Die Gegenwart finde ich hier nicht gut. Du hast im Präteritum begonnen und rutschst dann grundlos aus der Erzählzeit raus, das lässt beim Lesen holpern. Außerdem passt auch die allgemeine Aussage nicht zu einem Kind, wenn das Mama oder die Oma gesagt hätten, okay, das kann ich mir vorstellen. Aber weder so allgemein noch im Präsens.

Der kleine Junge mit der roten Mütze machte sich auf den Weg in die Schule. Finn. Schon jetzt spürte er seine Hände kaum noch, doch das kümmerte ihn recht wenig. Die Welt glich dem Puderzucker auf dem Kuchen, den Mama immer für ihn bäckt. Es war faszinierend.
Hier merkt man so einen Perspektivrutscher ganz deutlich. Hier guckst du von oben außen auf den Jungen. Kurz danach erzählst du von einem Gedanken, den so nur ein Kind hat. Sehr hübsch übrigens, den Schnee mit dem Kuchenpuderzucker zu vergleichen. Ist zwar schon häufig geschrieben worden, aber ich finde, hier passt es, weil es ja der Junge ist, der das so sieht.
Ich würde gleich den Namen verwenden. Und die rote Mütze später (im Satz danach) einbauen. Dann bist du gleich in Finns Perspektive, das finde ich hier einfach passender, weil du ja doch mit Emotionen arbeitest, um die Fremdenfeindlichkeit seiner Eltern aus der kindlichen Sicht darzustellen und so absurd zu machen. Da scheint mir persönlich es einfach besser, von vorneherin auf Identifikation zu bauen.
bäckt: Zeitfehler, es muss backte heißen oder buk.

Jeden Morgen lief er los mit dem Wissen KOMMA es am nächsten Tag zu wiederholen. Er kam an dem hohen Maschendrahtzaun vorbei, hinter dem sich seit einem halben Jahr die Renovierung eines alten Hotels abspielte. Er hatte gehört KOMMA wie Opa sagte, dass diese Terroristen wieder verschwinden sollen. Finn fragte sich immer noch KOMMA was „Terroristen“ bedeuten soll. Auch die Proteste vor dem Hotel KEIN KOMMA gaben ihm zu verstehen, dass dies hier kein guter Ort sein kann.
kann ist wieder Zeitfehler.
Eigentlich auch. sollten, statt sollen. Und solle statt soll. Das müssteman so schreiben wegen der indirekten Rede. Aber gut, ich mach das auch oft nicht so. Und schon gleich, wenn ich ein Kind am Wickel hab. Wollts nur mal anmerken.
Viel wichtiger fände ich, dass du hier bzw. später noch viel stärker als du das schon tust, in die kindliche Gedankenwelt reingehst, gerade deine Idee mit den Terroristen, da muss so ein Junge doch ein bisschen ins Schwanken geraten, wenn der mit seiner (hoffentlich) noch unschuldigen Sicht sich überlegt, was denn ein Terrorist ist. Und was das mit den Frauen und Männern, dier er später sieht, zu tun haben soll.

Ach, jetzt fehlt mir die Zeit, wenn du Fragen hast, meld dich einfach, ansonsten hast Spaß gemacht, sich mit deiner Geschichte ausienanderzusetzen. Wie gesagt, schöne Idee.
Viele Grüße von Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo missblackpoet,

deine Geschichte hat mich irgendwie ein bisschen an den Jungen im gestreiften Pyjama erinnert, zumindest am Anfang. ;) Mir gefällt deine Idee und ich finde auch, dass du die Perspektive eines Kindes schön darstellst durch deinen Erzählstil - zum Beispiel in diesem Absatz:

Doch heute war etwas anders: die Bauarbeiter waren verschwunden, dennoch befanden sich Menschen auf dem Gelände. Sie sahen komisch aus. Ihre Haut war dunkler, die Frauen trugen Kopftücher, viele hatten keine Schuhe. Er hatte Mitleid mit ihnen. Aber er erinnerte sich an die Worte seines Großvaters. Sie sind böse Menschen und bringen Gewalt und Gefahr hier her. Schnell ging er weiter.
(abgesehen von dem Zeitfehler am Ende)

Gestört hat mich auch, dass immer wieder Sätze im Präsens auftauchen. Das lässt sich aber leicht korrigieren.
Und diese Stelle

Am Tag darauf und auf dem darauf fuhr ihn seine Mutter in die Schule.
gefällt mir nicht so gut, genauer gesagt, das zweite "auf dem darauf". Vielleicht kann man das ja ganz weglassen oder daraus zwei Sätze machen. (z.B. "Am Tag darauf fuhr ihn seine Mutter in die Schule. Und auch an dem darauf(folgenden)." Bin grad auch bisschen unschlüssig.

und der Satz

Er befand sich im Zwiespalt.
passt für mich nicht mehr so ganz zu der Erzählweise eines Kindes. Ist aber vielleicht auch nur nach meinem Empfinden so. ;)

Ich wünsch dir noch ein schönes sonniges Wochenende,

Tintenfisch

 
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Erstmal danke für die Rückmeldungen.

Ich weiß, dass ich oft diese Sprünge habe in der Zeit und Perspektive, versuche daran zu arbeiten. Aber es ist schwer, weil dieses Sprünge entstehen schon in meinem Kopf und es ist immer ein kleines Chaos.

Vielen Dank, dass ihr euch so viel Mühe gemacht habt, hat mich wirklich gefreut(:

 

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