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Der Jahrmarkt

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13.10.2016
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Der Jahrmarkt

Das Riesenrad hat angehalten. Malusch und sein Sohn Kortor haben Glück: Sie befinden sich in einer der oberen Gondel, von wo aus sie den gesamten Jahrmarkt überblicken können. Auf den Straßen unter ihnen füllen bunte Lichter, Stimmengewirr und heitere Musik die Nacht mit Leben.
Lächelnd betrachtet Malusch seinen Sohn, der aus dem Staunen nicht mehr rauskommt. Er besucht den Jahrmarkt zum ersten Mal, für ihn ist alles aufregend und neu.
„Papa, die Leute sehen von hier oben echt klein aus.“
„Ja, Kortor, das tun sie.“
„Können wir nachher noch Zuckerwatte kaufen?“
Malusch blickt ihn streng an. „Du hattest schon einen Paradisapfel. Zu viel Zucker ist nicht gut für dich.“
„Och, bitte, Papa.“ Er sieht ihn mit diesem Ausdruck an, bei dem er nicht nein sagen kann. Er erinnert ihn immer an einen Hundewelpen.
„Na schön, aber erzähl´s nicht deiner Mutter.“
Ein Ruck geht durch die Gondel und das Riesenrad setzt sich in Bewegung. Als es unten ankommt, bleibt es einen Moment stehen, um den Fahrgästen das Verlassen der Gondeln zu ermöglichen.
Malusch und Kortor steigen aus, um ihre Runde über den Jahrmarkt fortzusetzen. In einiger Entfernung sehen sie in roten Buchstaben das Wort „Knusperhaus“ auf einem kleinen Häuschen. Wahrscheinlich gibt es dort wie gewohnt alle erdenklichen Arten köstlicher Süßigkeiten: von gebrannten Mandeln über Paradiesäpfel und mit Schokolade überzogenen Weintrauben bis hin zu Zuckerwatte in vielen verschiedenen Farben.
Malusch hat den Jahrmarkt schon immer gemocht. Wehmütig denkt er an seinen ersten Besuch zurück. Sein Vater hatte ihn im Alter von 12 Jahren zum ersten Mal mitgenommen. Wie alle Kinder war er sofort Feuer und Flamme gewesen. Seit diesem Tag hat er den Jahrmarkt jedes Jahr besucht.

„Papa, guck mal da.“
Kortor deutet energisch auf eine gewaltige Achterbahn mit vielen Loopings und Kurven. Die Schienen bestehen aus weißen Knochen, an denen noch einige Fleischreste zu hängen scheinen. Donnernd und knatternd fahren die mit kreischenden Fahrgästen besetzten Wagen über die Schienen. Von einer roten Neontafel leuchtet ihnen in blauen Buchstaben „Knochenbahn“ entgegen. Unter dem Schriftzug grinst sie ein kindlich wirkender Totenschädel an.
Malusch sieht zu seinem Sohn. „Die ist jedes Jahr hier. Möchtest du gerne fahren?“
„Ja, Papa!“ Kortors Augen leuchten begeistert auf.
Die Schlange vorm Kassenhäuschen ist überschaubar, weshalb die beiden schon nach kurzer Zeit an die Reihe kommen und in einen der Wagen steigen können. Sie sehen vom Erscheinungsbild aus, als wären sie ursprünglich einmal in einer Mine verwendet worden.
Den Servicemitarbeiter, der dem kleinen Kortor lächelnd in den Wagen hilft, kennt Malusch schon viele Jahre. Genau wie mit den meisten anderen Mitarbeitern des Jahrmarktes ist er mit ihm zusammen aufgewachsen.
„Gute Fahrt, Malusch.“ Er schließt die Sicherheitsgurte und zwinkert ihm zu. „Wehe, du kotzt mir die Sitze voll.“
Malusch verdreht gespielt die Augen. Klackend setzt sich der Wagen in Bewegung und die Fahrt beginnt. Langsam geht es bergauf.
Malusch blickt nach unten zu den Knochen. Er ist immer wieder aufs Neue fasziniert davon, wie so eine Konstruktion halten kann.
Oben angekommen donnert der Wagen mit atemberaubender Geschwindigkeit nach unten. Malusch spürt, wie sich sein Magen zusammen zieht. Es ist ein angenehmes Gefühl.
Neben ihm schreit Kortor kurz überrascht auf. Der Beschleunigung folgt eine scharfe Rechtskurve, gefolgt von einer weiteren steilen Abfahrt, die in einen Looping übergeht. Kortor jubelt begeistert.
Etwa auf halber Strecke fährt der Wagen in den Schlund eines überdimensionalen Totenschädels ein, an dessen Ende sich die Geschwindigkeit verringert. Hier geht es wieder steil nach oben, bevor die Fahrt ein letztes Mal rasant abfällt. Einige weitere Kurven und Loopings später gelangen Kortor und Malusch zurück an den Anfang der Achterbahn.
Der Servicemitarbeiter nimmt sie winkend in Empfang und beugt sich zum Kortor hinunter.
„Und mein Junge, hat es dir gefallen?“
„Das war total cool. Papa, fahren wir noch eine Runde?“
„ Vielleicht später, Kortor. Lass uns erstmal den Rest des Jahrmarktes ansehen. Es gibt noch viel zu entdecken.“
„Na gut, aber nachher fahren wir nochmal, ja?“
„Na klar.“
Malusch verabschiedet sich und setzt mit seinem Sohn die Runde über den Jahrmarkt fort. Er nickt einigen der vorbeigehenden Besucher zu, die er gut kennt. Wie jedes Jahr sieht er fast nur bekannte Gesichter.
Nach einigen Metern haben sie das Knusperhäuschen erreicht. Malusch will darauf zusteuern, doch Kortor zieht ihn auf eine Schießbude zu, die sich direkt daneben befindet. Ein weißes Plakat mit schwarzer Schrift informiert darüber, dass sowohl mit Luftpistole als auch mit Luftgewehr auf die Ziele geschossen werden kann. Von der Decke hängen viele Preise, mit denen eine gute Trefferquote belohnt wird. In erster Linie sieht Malusch Stofftiere und Kinderspielzeug. Allerdings findet er auch andere Dinge wie z.B. Sektflaschen, Rosen und Tüten gefüllt mit Tee unter den Gewinnen.
„Kannst du gut schießen, Papa?“
„Also, früher schon.“ Er deutet auf die Preise an der Decke. „Soll ich mal versuchen, den braunen Teddy für dich zu gewinnen?“
Kortor strahlt über das ganze Gesicht. „Ja, bitte, Papa.“
Malusch entscheidet sich für ein Luftgewehr. Er bezahlt für insgesamt 10 Schuss. Um den braunen Teddy zu gewinnen muss er mindestens acht Treffer erzielen.
Er legt das überraschend schwere Luftgewehr auf einer mit der Theke verschraubten Stütze an und lädt die Waffe, indem er an einem langen Metallhebel am oberen Teil des Gewehrs zieht. Klack, klack.
„Los, Papa, das schaffst du.“
Malusch visiert die Ziele an. In der Wand befinden sich mehrere kreisförmige Öffnungen, durch die menschliche Köpfe gezwängt und mit einem Metallkragen befestigt wurden. Die Augenlider der Gefangenen sind an oben festgetackert, um sie am Blinzeln zu hindern. Einige der Ziele verharren vermutlich schon einige Zeit in dieser Position; ihre Augen sind bereits entzündet und eitern.
Malusch versucht, ruhig zu atmen. Mit einem leisen Klicken löst sich der Schuss. Knapp verfehlt er das Ziel. „Die Waffe verzieht nach links,“ kommentiert Malusch.
„Hätte ich jetzt auch gesagt.“
Wieder visiert Malusch an. Langsam krümmt sein Finger den Abzug.
Klack. Der zweite Schuss trifft. Der Augapfel einer jungen Frau platzt mit einem leisen Plopp, gefolgt von einem gequälten Aufschrei.
„Getroffen, Papa.“
Auch die weiteren acht Schüsse gehen nicht vorbei. Mit jedem Treffer platzt ein Ziel. Eine gallertartige Flüssigkeit läuft aus den frischen Einschusslöchern und tropft in eine silberne Schale unterhalb der Köpfe. Auf diese Weise ist der Aufwand der Reinigung später deutlich reduziert.
„Das war eine Spitzenleistung.“
Der Besitzer der Schießbude lächelt Malusch an. „Da haben Sie sich den Bären für ihren Jungen aber verdient.“
Dankend nimmt Malusch das Stofftier entgegen und reicht es dem strahlenden Kortor.
„Wie siehts aus, wollen wir uns jetzt eine Zuckerwatte gönnen?“
„Ja, bitte, Papa.“
Gemütlich schlendern die beiden zum Knusperhäuschen. Auch den Verkäufer dieses Standes kennt Malusch schon sehr lange.
„Hallo Rotok.“
„Hey, Malusch. Schön, dass du vorbeischaust. Was kann ich gegen dich tun?“
Malusch lacht. Immer noch der alte Scherzkeks.
„Mach mal bitte zweimal Zuckerwatte für mich und meinen Jungen.“
„Ach, den Kortor habe ich gar nicht erkannt. Der hat ja einen Satz gemacht. Ist wirklich groß geworden. Welche Farbe wollt ihr?“
„Rot, bitte.“
Rotok beginnt, die Zuckerwatte auf einen dünnen Holzstiel zu wickeln.
„Wart ihr schon in der Geisterbahn?“
Malusch schüttelt den Kopf. „Nein, bis jetzt nicht. Wir sind noch nicht weit gekommen.“
„Also, dieses Jahr lohnt sie sich wirklich.“
Neben Malusch tauchen weitere Kunden auf, die bedient werden wollen.
„Entschuldigt, ihr zwei.“ Er reicht Malusch die Zuckerwatte. „Ich muss weiter machen. Gegen zehn hab ich hier Schluss. Vielleicht können wir dann kurz ein Bier zusammen trinken?“
„Gerne, Rotok. Ich komme später vorbei, dann quatschen wir nochmal.“
Malusch bezahlt und gibt Kortor die Zuckerwatte.
„Danke, Papa.“
Sie setzen ihren Weg fort und kommen an einer Reihe weiterer Buden vorbei. Das Angebot an Leckereien kann sich sehen lassen: Bratwurst, Pizza, Süßigkeiten ... Es gibt nichts, was es nicht gibt.
„Willst du das mal machen?“
Malusch deutet auf einen blauen Stand, auf dem in bunten Leuchtbuchstaben „Fäden Ziehen“ geschrieben steht.
„Fäden ziehen? Was ist das?“
„Du ziehst an einer Schnur, und je nachdem, was am anderen Ende ist, kannst du einen Preis gewinnen.“
„Hört sich lustig an.“

An dem Stand hängen mehrere rote Fäden von der Decke. Das Spiel ist einfach: Der Jahrmarktbesucher kauft, je nach Wunsch, eine bestimmte Anzahl Fäden, um anschließend daran zu ziehen.
Das andere Ende führt hinunter bis zu einem der zehn auf Tragen aufgebarrten Menschen. Ihre Bauchdecken wurden entfernt, sodass ihre Eingeweide freiliegen und gut sichtbar sind. Die Schnur ist entweder mit einem der Organe verbunden, die demjenigen dann aus dem Körper gezogen werden, oder mit einem kleinen, weißen Zettel mit der Aufschrift „Niete“.
Auf grünen Tabellen, die links und rechts am Stand angebracht sind, ist aufgelistet, welche Preise es für welches Organ zu gewinnen gibt. Für den Darm, z.B. erhält man einen süßen blauen Plüschelefanten.
„Fünf Fäden, bitte.“
Malusch bezahlt und kriegt die roten Schnüre in die Hand gedrückt.
Er sieht Kortor an. „Möchtest du oder soll ich?“
„Lass mich bitte, Papa!“
Er nimmt die Fäden und beginnt zu ziehen.
Bei den ersten vier Versuchen hat Kortor Pech. Es kommt jedes Mal lediglich ein weißer Zettel mit der Aufschrift „Niete“ zum Vorschein.
Enttäuscht sieht er zu seinem Vater herüber.
„Nur weiter, Junge. Das wird schon.“
Beim fünften Anlauf hat er endlich Erfolg. Bereits nach dem ersten Zug beginnt einer der Menschen, ein grauhaariger Mann etwa im Alter von 70, zu kreischen.
Malusch klopft seinem Sohn auf die Schulter. „Ich glaube, du hast den Magen erwischt.“
Mit jedem Zug löst sich das Organ etwas mehr von dem schreienden Körper. An einer Stelle hakt es kurz, doch mit einem kräftigen Ruck gelingt es Kortor, den Magen herauszuziehen. Tropfend hängt er am anderen Ende der Schnur wie ein nasser Waschlappen.
Der Alte ist mittlerweile still und starrt an die Decke. Sein Mund bewegt sich auf und ab, als würde er einen stummen Dialog führen.
„Super, Kortor. Jetzt wollen wir mal schauen, was du dafür kriegst.“
Er blickt auf die Tabelle.
„Nur einen Luftballon?“ Kortor sieht enttäuscht aus. Malusch legt ihm tröstend die Hand auf seine Schulter.
„Ach, mach dir nix draus. Vielleicht gewinnst du später bei der Losbude was.“

Das traurige Gesicht von Kortor hellt sich schon nach wenigen Augenblicken wieder auf.
„Papa, was ist das?“
Er zeigt auf eine ganz besondere Attraktion in Form eines großen, gelben Zeltes mit einem roten Dach. Am Eingang befindet sich ein Plakat, auf dem zwei Boxer abgebildet sind.
„Das ist ein Boxzelt, Kortor. Dort boxen zwei Männer gegeneinander.“ Er sieht auf die Uhr. Die Anfangszeit der Kämpfe hat sich in den ganzen Jahren nicht geändert.
„Die nächste Vorstellung beginnt in 10 Minuten. Möchtest du gern rein?“
„Au ja!“
Beim Betreten empfängt sie in dem großen Zelt lautes Stimmengewirr. Die Luft ist stickig, es ist fast unerträglich heiß. Der Geruch von Schweiß und dem Stroh, das über den Boden der weitläufigen Manege verteilt ist, liegt in der Luft.
Obwohl die Tribüne sich bereits gut gefüllt hat, gelingt es Malusch und Kortor, gute Plätze zu ergattern, von denen sie einen perfekten Blick auf das Geschehen haben.
„Und was passiert jetzt, Papa?“
Malusch will gerade antworten, als im selben Moment Applaus ertönt. Eine geschminkte Gestalt mit Anzug und Zylinder betritt die Manege.
Nach einigen Augenblicken verstummt das Klatschen.
„Ladys und Gentlemen.“ Gebannt starrt Kortor auf die Szene.
„Heute Abend haben wir leider nicht wie üblich drei, sondern nur einen Kampf für sie.“
Ein enttäuschtes Raunen erfüllt den Raum.
„Ich bitte Sie, das zu entschuldigen. Vier unserer Kämpfer sind bedauerlicherweise kurzfristig ausgefallen. Erlauben Sie mir, Ihnen als kleine Entschädigung etwas zu Trinken anzubieten. Selbstverständlich auf Kosten des Hauses.“
Zwei weibliche, ebenfalls geschminkte Gestalten beginnen damit, Limonade und Bier unter den Gästen zu verteilen.

Eine Tür öffnet sich. Zwei athletische junge Männer, etwa Mitte zwanzig, betreten die Arena. Sie sind mit einer Boxshorts und Turnschuhen bekleidet, der Oberkörper ist frei. Auf ihren bandagierten Händen kann man, wenn das Licht richtig fällt, kleine, glitzernde Glassplitter erkennen, die mithilfe von Klebstoff an den Bandagen befestigt wurden.
„Natürlich hoffe ich trotzdem, dass sie das Schauspiel genießen werden. Verpassen sie nach dem Kampf auch auf keinen Fall unsere Tiershow.“
Malusch hört nicht mehr hin. Ihn interessiert die Tiershow überhaupt nicht. Er will den Kampf sehen.
In den Gesichtern der jungen Männer spiegelt sich Angst. Ihre Blicken huschen unruhig über das Publikum.
Zwei weitere Mitarbeiter betreten die Arena. Jeder von ihnen hplt eine Peitsche in den Händen, in die spitze Dornen eingeflochten sind.
„Mögen die Kämpfer bitte die Ausgangsposition einnehmen.“
Wortlos weichen die Athleten vor den Männern mit den Peitschen zurück. Ihre Hände zittern.
„Die Regeln sind einfach,“ fährt der Ansager fort. „Es gibt keine Rundenzahl und keine Zeitbegrenzung. Derjenige, der überlebt, ist der Sieger.“
Ein Jubeln geht durch die Menge.
„Ich denke, ich habe jetzt auch genug geredet. Ich bin manchmal halt eine richtige Labertasche. Nun denn: Lasst den Kampf beginnen.“
Tosender Applaus macht sich in dem stickigen Zelt breit. Ein Gong ertönt. Das Startsignal für den Kampf.
Unsicher sehen sich die Kontrahenten an.
Der Athlet in der roten Hose wendet sich zum Publikum.
„Ihr blöden Fachwichser könnt mir mal das Arschloch sauber lecken! Einen Scheiß werd ich kämpfen! Fickt euch!“
Der andere steht einfach nur da und starrt auf den Boden. Auf seinem Gesicht zeichnet sich keine Regung ab.
Malusch muss grinsen. So fängt es immer an. Und trotzdem: Am Ende kämpfen sie alle.

Mit einem Knall landet die Peitsche auf dem Rücken des roten Kämpfers. Die Dornen reißen tiefe Wunden, die bis auf das Fleisch reichen. Er schreit auf und sinkt kurz in die Knie. Das Publikum jubelt.
„Da braucht wohl jemand etwas Motivation.“ Die Stimme des Ansagers geht fast gänzlich in dem Jubel des Publikums unter, als ein weiterer Knall ertönt und auch der Athlet in der blauen Hose von einer Peitsche getroffen wird. Noch immer machen beide keinerlei Anstalten, gegeneinander zu kämpfen.
Im hinteren Teil der Manege geht mit einem Klicken, begleitet von einem Summenden Geräusch, ein Flutlicht an. Zwei große Holzpfähle erscheinen in der Dunkelheit, an die jeweils eine Frau gefesselt ist. Sie sind von einem Ring aus Feuer umgeben, der die Kämpfer davon abhalten soll, zu ihnen zu gelangen.
„Darf ich vorstellen, Ladys und Gentlemen? Begrüßen sie bitte die reizenden Ehefrauen der jungen Herrschaften.“
Erneut macht sich Applaus breit.
Die Kämpfer versuchen verzweifelt, zu ihren Frauen zu gelangen, aber selbst wenn das Feuer nicht wäre: Die Mitarbeiter mit den Peitschen schlagen mit erbarmungsloser Härte auf sie ein und drängen sie zurück.
„Also, verehrtes Publikum. Wollen wir hoffen, dass diese beiden Damen genug Motivation für unsere Boxer sind. Wie immer darf die Ehefrau des Gewinners zur Belohnung weiterleben, während die andere als besonderes Highlight während des großen Feuerwerks am Ende des Jahrmarktes geschlachtet und gegessen wird.“
Erneut Applaus. Die beiden Männer starren den Moderator entsetzt an.
„Natürlich, wenn sie nicht kämpfen wollen, schlachten wir halt beide.“
Die Gestalten, die bis jetzt reglos bei den Frauen gestanden haben, ziehen fast zeitgleich ein Fleischerbeil hinter ihrem Rücken hervor.
„Also, was darf es sein?“
Die Blicke der Athleten wandern rastlos zwischen dem Moderator und ihren Frauen hin und her.
„Na schön, wie ihr wollt. Schlachtet sie!“
„Nein!“ Der Boxer in der blauen Hose, der bisher erstaunlich ruhig gewesen ist, stürzt nach vorne und beginnt, auf seinen Gegner einzuschlagen.
Der Angriff völlig unvorbereitet. Alle Schläge finden ihr Ziel.
Vermutlich wird es ein kurzer Kampf werden. Malusch sieht zu Kortor. Sein Blick ist starr auf die Manege gerichtet. Die Augen glühen in dem halbdunklen Zelt in einem intensiven Rot.
Er scheint zu spüren, dass er beobachtet wird, und dreht den Kopf zu ihm.
„Papa, können wir morgen wieder herfahren?“
Malusch lächelt ihn an. Er kann ihn gut verstehen. Nach seinem ersten Besuch konnte er es auch kaum erwarten, wiederzukommen.
„Ich denke mal schon. Vielleicht kriegt Mama morgen frei und kommt auch mit.“
„Das wäre echt klasse.“
Kortor wendet sich wieder dem Kampf zu. Der Boxer in der roten Hose ist mittlerweile auf dem Boden zusammen gesunken.
Malusch kann nur die linke Gesichtshälfte erkennen, aus der eine leere Augenhöhle in Richtung Publikum starrt. Teile der Lippe, mehrere Zähne und ein Auge liegen daneben. Unbarhmerzig schlägt sein Gegner auf ihn ein. Immer wieder fressen sich Glasscherben in das Fleisch und reißen Stücke heraus.
Kortors Augen strahlen jetzt stärker. Sie sehen ein bisschen aus wie funkelnde Rubine.

Ein wenig später

Ein Mann stirbt und kommt zur Himmelspforte, wo Petrus ihn empfängt.
„Also, mein Lieber, du warst während deines Lebens weder ein besonders guter noch ein besonders schlechter Mensch. Du hast die Wahl: Möchtest du in den Himmel oder in die Hölle?“
Der Mann überlegt kurz und antwortet: „Ehrlich gesagt habe ich mir darüber nie Gedanken gemacht. Darf ich mir beides anschauen, bevor ich mich entscheide?“
„Natürlich. Als Erstes zeige ich dir den Himmel.“
Gemeinsam treten sie durch das Himmelstor. Der Mann schaut sich um.
Es ist friedlich und ruhig. Der Weg, auf dem sie gehen, besteht komplett aus Wolken. Alles ist von einem warmen, hellen Licht erfüllt. Aus der Ferne hört man leise einen Chor von Engelsstimmen. Die Menschen sehen selig aus, sie singen zusammen oder sitzen beieinander und unterhalten sich.
„Das sieht wirklich sehr schön aus.“
„Also, möchtest du hierbleiben?“
Ich weiß noch nicht. Dürfte ich trotzdem bitte kurz die Hölle sehen?“
Petrus sieht in vielsagend an. „Bist du sicher, dass das nötig ist?“
„Ich möchte es zumindest gesehen haben, bevor ich mich entscheide.“
Petrus hält sein Wort und führt den Mann in die Hölle. Als sie angekommen sind, sieht er sich überrascht um. Es ist alles ganz anders, als er es sich vorgestellt hat.
Im Prinzip besteht die Hölle aus einem großen Jahrmarkt. Menschen stehen an Bierzelten und betrinken sich ausgelassen. In der Luft hängt der leckere Geruch von Bratwurst und Schaschlik.
Weiter entfernt am anderen Ende kann der Mann Buden mit Süßigkeiten, Schießstände und verschieden Karussells entdecken. In der Mitte befindet sich ein gewaltiges Riesenrad. Der Mann ist begeistert.
Nach einem kleinen Rundgang führt Petrus ihn zurück zum Himmelstor. Der Aufstieg dauert, genau wie der Abstieg, insgesamt einen Tag.
Oben angekommen sagt Petrus: „Nun, mein Lieber, hast du dich entschieden?“
Der Mann nickt eifrig. „Ja, ich möchte in die Hölle.“
Petrus sieht ihn ernst an. „Und du bist dir da absolut gewiss?“
„Ja, ich bin mir sicher.“
Er führt den Mann wieder zurück. An der Höllenpforte übergibt er ihm dem Teufel, der ihn hineinführt.
„Herzlich willkommen.“
Das Bild, das sich dem Mann präsentiert, erfüllt ihn mit entsetzen. Er sieht, wie Menschen auf schlimmste Art und Weise gefoltert werden. Die Gliedmaßen werden ihnen ausgerissen und sie werden über dem offenen Feuer gekocht. Schreie erfüllen den Raum. Es riecht nach verbranntem Fleisch, Angst und Exkrementen.
Unsicher sieht er den Teufel an. „Aber ich verstehe das nicht. Gestern war hier doch noch ein Jahrmarkt.“
Der Teufel lacht. „Ja, das ist richtig. Gestern war der letzte Tag unserer Werbewoche.“

 

Hallo GustavGans,

und willkommen bei den Wortkriegern.

Es wäre schön, wenn du noch Stichworte zu dieser Geschichte auswählst. Dann können Leser, die z.B. Fantasy oder Horror suchen, deinen Text später auch finden. Wenn du nach ganz unten scrollst, findest du "Stichworte bearbeiten".

Apropos Scrollen: Du hast da jede Menge Leerzeilen im Text und dann eine weitere Überschrift, bevor es im Text weitergeht.
Was hältst du davon, die Leerzeilen zu entfernen und als Kapitelüberschrift z.B. "Zu einer anderen Zeit" oder "An einem anderen Ort" o.ä. zu verwenden?

Bearbeiten kannst du deinen Text über den "bearbeiten"-Button.

Soviel erstmal zum Formellen.

Viel Spaß hier und beste Grüße,
GoMusic

P.S.: Übrigens gefällt mir die Idee des Textes gut.

 

Hallo GoMusic,


vielen Dank für die Begrüßung und die kleine "formelle Starthilfe". ;)

 

Hallo GustavGans,

willkommen bei den Wortkriegern!

Die Idee deiner Geschichte gefällt mir gut. Ein Jahrmarkt der Grausamkeiten, den man erst nach gewisser Zeit als solchen erkennt. Alles erschreckend normal, bis auf die Tatsache, dass das Amüsement hier von der etwas anderen Art ist. So habe ich etwa die Achterbahn zuerst nicht aus tatsächlichen Knochen bestehend aufgefasst, sondern als normales Gerüst, das bloß in Knochenform gestaltet ist; im weiteren Verlauf überdenkt man das natürlich noch mal. Das ist klasse gemacht, deshalb finde ich den Einstieg auch am stärksten an deiner Geschichte.

Drei Dinge sind mir aufgefallen, die ich nicht optimal finde:

1. Du nutzt das Horrorszenario nicht konsequent aus. Z.B. könnte ja die rote Zuckerwatte mit Blut gefärbt sein, die Bratwurst aus Menschenfleisch bestehen usw. Damit könntest du die Perversion auf die Spitze treiben.

2. Gerade unter Berücksichtigung von Punkt 1 finde ich die Beschreibung des Jahrmarkts ein bisschen länglich. Das könnte etwas knackiger, pointierter sein. Es ist z.B. gar nicht nötig, den Boxkampf in ganzer Länge zu beschreiben, denn der Horror besteht ja eigentlich in der Idee und weniger in der Ausführung. Deshalb könntest du im Grunde dort "abblenden", wo mit dem Tod der Ehefrauen gedroht wird und der erste Boxer zum Schlag ausholt. Den Rest ergänzt der Leser ohnehin im Kopf, und dort wirkt es m.E. sogar noch stärker. Für die anderen "Attraktionen" gilt das im Grunde entsprechend.

3. Den Schluss finde ich offen gesagt richtig verpatzt. Der wirkt angeklebt und hat eigentlich gar nichts mit der Geschichte zu tun. (Im Grunde ist das ein eigener Text, und zwar nichts anderes als ein Witz: "Kommt ein Mann ans Himmelstor ...") Du gibst uns keinen Grund anzunehmen, dass es sich um denselben Jahrmarkt handelt - denn warum sollte z.B. der Jahrmarkt aus dem ersten Teil der Geschichte nach einer Woche vorbei sein? Die Besucher dort benehmen sich überhaupt nicht so, als ob sie ein paar Tage später wieder über dem Feuer geröstet werden sollten.
Viel schlüssiger wäre es m.E. gewesen, wenn der Verstorbene sehr wohl auf dem Jahrmarkt landen würde, nur eben auf der "falschen Seite", nämlich als eines der Opfer beim Fädenziehen, in der Schießbude o.dgl. (noch besser: in einer weiteren Attraktion, die wir im ersten Teil noch nicht gesehen haben).

Dann noch zwei Fehler, die mir ins Auge gesprungen sind:

Sie befinden sich in einer der oberen Gondel, ...
Gondeln

„Du hattest schon einen Paradisapfel.
Paradiesapfel

Grüße vom Holg ...

 

Hallo GustavGans

Gleich zu Beginn: Ich finde die Geschichte wirklich großartig. Man merkt, dass du schon etwas Übung im Schreiben hast. Die Kombination aus Jahrmarkt und Horror ist mMn sehr passend. Ähnlich wie Circus und Horror. Sobald ich anfange, so eine Geschichte zu lesen denke ich immer an eine burtoneske Umgebung und wenn nicht genau genannt, dann stelle ich mir vor, dass das alles irgendwann in den 50ern oder so spielt. Ich weiß auch nicht wirklich wieso. Das passiert einfach. Und bei deiner Geschichte hat meiner Vorstellung nichts widersprochen, weswegen sie mir wahrscheinlich noch besser gefallen hat.

Hier ein kleiner Fehler:

Jeder von ihnen hplt eine Peitsche in den Händen, in die spitze Dornen eingeflochten sind.

Ich finde, dass dir Einstieg - als man noch dachte, es handle sich um einen normalen Jahrmarkt - zwar gut gelungen ist, aber mir gefällt er nicht sooo gut. Ich hätte es besser gefunden, wenn direkt von Anfang an gezeigt worden wäre, um was für einen seltsamen Jahrmarkt es sich handelt. Diese kurze Irreführung ist mMn unnötig und diesen Überraschungsmoment braucht die Geschichte auch nicht zwangsweise. Aber das ist wohl eher recht subjektiv ...

Die Idee mit dem Boxkampf finde ich zwar gut, aber irgendwie passts mMn nicht ganz. Die Boxer wissen ja - im Gegensatz zu den Lesern - dass sie sich in der Hölle befinden. Wie kann dann die Drohung, dass ihre Frauen getötet werden, als Motivation dienen? Würden die dann noch mal sterben? Wäre das schlimm? Da, finde ich, hat sich ein kleines Plothole eingeschlichen.

Das Ende gefällt mir eigentlich auch ganz gut, aber ich muss mich Holg anschließen

Viel schlüssiger wäre es m.E. gewesen, wenn der Verstorbene sehr wohl auf dem Jahrmarkt landen würde, nur eben auf der "falschen Seite", nämlich als eines der Opfer beim Fädenziehen, in der Schießbude o.dgl.
Das hätte mir auch besser gefallen. Dein Ende hat mich zwar auch durchaus unterhalten, aber es ergibt wenig Sinn (wenn man das bei einer derartigen Geschichte so sagen kann), bezogen auf das Verhalten der Leute auf dem Jahrmarkt. Du hast zwar gezeigt, dass der Junge und sein Vater durchaus Spaß haben, aber es wirkt jetzt nicht ausgelassen genug dafür, dass sie gerade die einzige Woche im Jahr frei haben, während der sie keine Höllenqualen erleiden.
Kann es sein, dass dir die Idee für den Schluss erst während des Schreibens gekommen ist?

Ansonsten, glaube ich, habe ich nichts weiter zu sagen. Hat mir gefallen, weiter so, hoffe noch mehr Geschichten von dir zu lesen, die in diese Richtung gehen.

lg,
zash

 

Du hast zwar gezeigt, dass der Junge und sein Vater durchaus Spaß haben, aber es wirkt jetzt nicht ausgelassen genug dafür, dass sie gerade die einzige Woche im Jahr frei haben, während der sie keine Höllenqualen erleiden.

Witzig, dass du das so siehst. Ich meinte es genau umgekehrt: Wie kann man fröhlich und unbeschwert über einen Jahrmarkt bummeln, wenn man weiß, dass man ein paar Tage später wieder am Spieß brutzelt? Gar nicht zu reden von der Frage, wie man sich an all dem Leid weiden soll, wenn man aus eigener Erfahrung weiß, wie es sich anfühlt.

Also, aus meiner Sicht hatten die beiden eher zu viel Spaß, als dass ich sie ebenfalls als arme Seelen ansehen könnte, die in der Hölle normalerweise als Opfer unterwegs sind. Deshalb habe ich sie eher als Unterteufel, Dämonen o.dgl. eingeordnet, die halt selber keine in die Hölle gekommenen Menschen sind, sondern gewissermaßen auf der anderen Seite stehen und (dauerhaft und genussvoll) Täter statt Opfer sind. Dazu passen auch die roten Augen.

Grüße vom Holg ...

 
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Wie kann man fröhlich und unbeschwert über einen Jahrmarkt bummeln, wenn man weiß, dass man ein paar Tage später wieder am Spieß brutzelt?
Wenn man es realistisch betrachtet, hast du wohl recht.
Ich habe auch gerade gemerkt, dass es da einen Denkfehler von meiner Seite aus gab. Ich hatte mir das so vorgestellt, dass die beiden schon seit einer Ewigkeit in der Hölle schmoren, sich daran gewöhnt haben und deswegen umso ausgelassener drauf sind, wenn es gerade eben mal nicht um Qualen und Schmerzen geht. Dann ist mir wieder eingefallen, dass der Junge ja zum ersten Mal von seinem Vater mitgenommen wird und der Vater damals mit zwölf zum ersten Mal von seinem Vater mitgenommen wurde, dh das Prinzip des Alterns scheint dort auch zu herrschen, weswegen meine Ewigkeitsvorstellung nicht so ganz gepasst hat.
eshalb habe ich sie eher als Unterteufel, Dämonen o.dgl. eingeordnet, die halt selber keine in die Hölle gekommenen Menschen sind, sondern gewissermaßen auf der anderen Seite stehen und (dauerhaft und genussvoll) Täter statt Opfer sind.
Das ergibt Sinn. An die Möglichkeit habe ich gar nicht gedacht.

ABER ... Auch wenn die beiden eher in Richtung Dämonen odgl gehen, würde ich mir trotzdem mehr Spaß wünschen, wobei ich glaube, dass das mit meinem individuellen Bild der Hölle zutun hat. Ich stelle mir gerne vor, dass die Quäler (ob "menschlich" oder dämonisch) riesigen Spaß an ihrer Arbeit haben und sich quasi daran laben, die armen Opfer auf brutalste Weise zu quälen, auch wenn sie das schon zum zigtausendsten Mal gemacht haben.

lg

 
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Hallo Holg,

vielen Dank für deine ausführliche Kritik. Insbesondere deine Idee mit dem Blut auf der Zuckerwatte hat mir in diesem Zusammenhang richtig gut gefallen, ich denke das werde ich noch einbauen.

Mit dem Schluss war ich mir von Anfang an unsicher. Jetzt so im nachhinein denke ich auch, dass er eher unpassend ist und werde mir da nochmal Gedanken machen.


Hallo Zash,
auch dir vielen Dank für deine Kritik

Also, bei Vater und Sohn soll es sich tatsächlich um Dämonen handeln...
Ich fand in dem Zusammenhang die Vorstellung ganz witzig, Dämonen mal nicht als das absolut Böse zu sehen, sondern mal ein wenig anders... Ich hab mir da wirklich den Dämon vorgestellt, der morgens völlig übermüdet zur Frühschicht aufsteht, sich morgens noch mit seiner Frau streitet, auf dem Weg zur Arbeit im Stau steht, und dann von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr als Schichtarbeiter das macht, was Dämonen halt so Machen... Menschen quälten, neues Holz fürs Feuer holen, den Ofen reparieren, wenn der mal wieder kaputt ist, und so weiter...
Und dann ein Jahrmarktbesuch als kleine Abwechselung

 

Wenn man es realistisch betrachtet, hast du wohl recht.
Auch witzig - so eine Geschichte "realistisch" zu betrachten. :D Aber ich weiß natürlich, was du meinst.

ABER ... Auch wenn die beiden eher in Richtung Dämonen odgl gehen, würde ich mir trotzdem mehr Spaß wünschen, wobei ich glaube, dass das mit meinem individuellen Bild der Hölle zutun hat.
In dem Fall würde ich dir auch Recht geben, als Dämonen können sie sich da natürlich wie Bolle amüsieren. ;)


Also, bei Vater und Sohn soll es sich tatsächlich um Dämonen handeln...
Ich fand in dem Zusammenhang die Vorstellung ganz witzig, Dämonen mal nicht als das absolut Böse zu sehen, sondern mal ein wenig anders... Ich hab mir da wirklich den Dämon vorgestellt, der morgens völlig übermüdet zur Frühschicht aufsteht, sich morgens noch mit seiner Frau streitet, auf dem Weg zur Arbeit im Stau steht, und dann von 06:00 Uhr bis 14:00 Uhr als Schichtarbeiter das macht, was Dämonen halt so Machen... Menschen quälten, neues Holz fürs Feuer holen, den Ofen reparieren, wenn der mal wieder kaputt ist, und so weiter...
Und dann ein Jahrmarktbesuch als kleine Abwechselung
Finde ich eine Superidee. Mein Vorschlag: Mehr davon in den Text bringen! Das muss (sollte) nicht beliebig ausführlich sein, aber so ein Einsprengsel hier und da, damit könntest du die Absurdität des Szenarios prima auf die Spitze treiben.


Grüße vom Holg ...

 

Hallo GustavGans,

Für einen Wortkrieger-Neuling ist diese Geschichte schon mal gut lesbar – und weiß mich zu unterhalten, obwohl Horror jetzt nicht gerade zu meinen Lieblingsgenres zählt. Das ist schon mal nicht selbstverständlich. Fehler im Sinne von echten Stolpersteinen im Lesefluss sind mir keine aufgefallen, was nichts heißen muss. Schon das erste Lesen ging über weite Strecken reibungslos. Vielleicht habe ich erst zu unaufmerksam gelesen. Ursprünglich kam bei mir an, dass Kortor, nicht der Vater, >12 Jahre ist. Was Kontor sagt, wie ergeben und kritiklos, ja willfährig er sich dem Vater gegenüber verhält, lässt auf ein weit jüngeres Alter schließen, vielleicht so fünf, sechs. Der Zeitwechsel ins Plusquamperfekt ist mir erst irgendwie voll durch die Lappen gegangen.

„Och, bitte, Papa.“ Er sieht ihn mit diesem Ausdruck an, bei dem er nicht nein sagen kann. Er erinnert ihn immer an einen Hundewelpen.
„Na schön, aber erzähl´s nicht deiner Mutter.“
  • Ja, der berühmte Hundeblick ist ein Alltagsmotiv, das nicht lohnt, so wortreich ausgewalzt zu werden >> "Och, bitte, Papa!", sagt Kortor mit Hundeblick. – aber eigentlich kannst du die ganze Inquitformal weglassen, die wörtliche Rede genügt, der Hundeblick wird vom "Och, bitte" ja schon quasi frei Haus zwischen die Zeilen geliefert.
  • "deine Mutter" hört sich in Kinderohren immer recht despektierlich an, gegenüber dem Kind. So nach Marke Stiefvater, und die Parallelen zu dem Erkennungszeichen heutiger Proletenjugend ("Ey, 'sch f... deine Mudda, Alda!") ist nicht von der Hand zu weisen. Muss das sein? Passt hier rein bzw. ist das wichtig, dass Papa und Mama sich vermutlich nicht verstehen, zumal Kortor ja noch im Grundschulalter ist? >> [der] Mama.

Von der Geisterbahn hätte ich mir mehr Details gewünscht. Dass die Wagen aus echten Knochen bestehen, nun ja. Das dürfte auch schon real (bald) möglich sein, im industriellen 3-D-Druck. Das allein lockt bei mir nicht den Kater Grusel hinterm Ofen hervor.

Schießstand: Kortor könnte bei der Gelegenheit mal tun, was Kinder seines Alters gut können: nörgeln und quengeln. Warum will er nicht selbst schießen? Papa könnte, wenn er bürokratisch angehaucht ist, auf irgendwelche Bestimmungen hinweisen. Oder ... "Du bist dafür doch noch zu klein." – "Du kannst mich doch auf den Tisch heben!" – "Das Gewehr ist doch zu schwer für dich!" – "Wenigstens will ich den Abzug drücken!" – und so weiter. Die Dialoge könnten ganz allgemein lebendiger sein.

Die Augenlider der Gefangenen sind an oben festgetackert, um sie am Blinzeln zu hindern.
  • Wort zu viel >> sind oben festgetackert.

"Fäden ziehen": Ich bin ganz Kortors Meinung, das muss spektakulärer sein. Im Sinne des Lesers, denn auch auch ich bin enttäuscht. Wie wäre es mit einer Schwelkohlenschleuder, so zum Quälenüben oder so? ;)

„Die nächste Vorstellung beginnt in 10 Minuten. Möchtest du gern rein?“
  • Wieso redet der Vater so verkrampft und steif mit seinem Sohn? >> "Wollen wir da rein?"

Boxzelt: Die Szene ist dir sehr gut gelungen. Vielleicht hätte ich noch eins drauf gesetzt ...

„Ihr blöden Fachwichser könnt mir mal das Arschloch sauber lecken! Einen Scheiß werd ich kämpfen! Fickt euch!“
  • ... d.h. das Spiel noch perfider gestaltet >> "{Name} war mir ein Leben lang einsehr guter Freund!"
  • Schussel hat dich übermannt >> Flachwichser.

„Darf ich vorstellen, Ladys und Gentlemen? Begrüßen sie bitte die reizenden Ehefrauen der jungen Herrschaften.“
  • Warum ist die Hölle amerikanisch? Dass umgekehrt die USA die Hölle sein werden, davon bekommt die restliche Welt in Zukunft noch genug mit. >> meine Damen und Herren.

Zum zweiten Teil.

Der erinnert mich sehr an einen Witz, der wahrscheinlich für mehrere Personen des öffentlichen Lebens angepasst wurde. Unter anderem für Bill Gates, das ist die Version, die ich kenne. Der Witz endet für ihn mit der Pointe: "Das war die Demoversion."

Ich würde ihn inhaltlich weitgehend in den ersten Teil hineinschmelzen.

Vermisst habe ich sodenn die Neulinge in der Hölle, die, die angeworben wurden. Wenn sich auf dem Jahrmarkt nur die Dämonen amüsieren, wird das Werbepotential beileibe nicht ausgeschöpft. Lass Vater und Sohn doch auf Angeworbene treffen, und lass es eine beschwingte Unterhaltung geben darüber, wie anders, wie viel schlimmer sie sich das alles vorgestellt hätten. Lass Malusch doch theatralisch davon jammern, wie dauernd himmlische Schmähkampagnen diesem schönen grenzenlosen Land zusetzen. Dann könntest du dieselben Angeworbenen vor Petrus antreten lassen, sie tief überzeugt rufen lassen, dass sie mit wehender Standarte in die Hölle ziehen, auf der stehen könnte "God bless Hell" :D (Unter uns, so ganz nebenbei und nicht wichtig: Du kannst auch diese Anspielung auf die USA natürlich gerne sein lassen, die sind nur spontan meinem Kopf entsprungen. Diese Anspielungen wären allerdings nicht aus der Luft gegriffen, wenn man mal Drohnenpiloten mit Dämonen vergleicht. Aus meiner Feder hätte die Geschichte sie enthalten und darob noch ein drittes Tag "Politik" verdient.) Jedenfalls, wie dieses zweite Kapitel zur Zeit ist, will es sich nicht gut in die Geschichte einfügen, wirkt wie ein Fremdkörper.


Viele Grüße
-- floritiv

 

Hallo Floritiv,

vielen Dank auch für deine umfangreiche Kritik, die ich sehr gerne annehme.

An der Geisterbahn bin ich grad dran, ich war nur wirklich sehr gespannt, was ich für Rückläufer zu der Geschichte bekomme, und wollte nicht länger warten.
Bin auch schon wirklich sehr gespannt, wie die überarbeitete Version dann aufgenommen wird.

LG Gustav

 

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