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Der Jäger

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28.07.2017
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Der Jäger

Glänzend tauchten die Ruder ins Wasser und erhoben sich kurz darauf wieder. Das Boot des Jägers glitt über den ruhigen See. Die Geräusche des Waldes drangen an das geschulte Ohr des wettergegerbten Mannes. Mit einem Knirschen landete das Boot an der Insel und der Jäger erhob sich. Seine hohen, schwarzen Lederstiefel sanken in den morastigen Boden.
Nun betrat er seine Jagdgefilde und wie immer, wenn eine Jagd bevorstand, begann sein Herz schneller zu schlagen. Der Jäger fürchtete sich. Furcht war eine Emotion, ohne die der Jäger unvorsichtig gewesen wäre und vorsichtig musste er sein. Mit den Kreaturen, die er jagte, war nicht zu spaßen. Viele Trophäen schmückten die Hallen des Jägers und doch würde er es sich niemals erlauben können, eine Jagd zur Routine werden zu lassen.
Der Schlamm machte schmatzende Geräusche, als der Jäger das Ufer verließ. Langsam wurde der Boden fester und der Wald schluckte die finstere Gestalt des Jägers. Der Mann holte einen Bolzen aus seinem Köcher und spannte seine Armbrust. Im schummrigen Licht des Blätterdachs glänzte das Geschoss silbern und grünlich.
Der Jäger hatte schon viele Kreaturen mit ebensolchen Bolzen erlegt und eine war gefährlicher gewesen als die andere. Doch die meisten waren nichts im Vergleich zu dem, was im heute bevorstand. Um die Kreatur, die er jagte, zur Strecke zu bringen, brauchte es nicht nur eine geschickte Schusshand sondern auch Raffinesse. Der Jäger besaß diese Raffinesse, das hatte er schon unter Beweis gestellt, doch ihm durfte nicht der kleinste Fehler unterlaufen, sonst wüssten nur die Götter, was aus ihm werden würde.
Der Schrei eines Vogels ließ den Jäger herumfahren. Seine Augen verengten sich und er musterte seine Umgebung, doch im Dickicht fiel ihm nichts ungewöhnliches auf. Er schlug sich weiter durch das Unterholz. Seine Nerven waren zum zerreißen gespannt und seine Sinne waren aufs Äußerste geschärft.
Ein Ast knackte nur wenige Meter entfernt. Der Jäger sprang lautlos und mit erhobener Armbrust um einen Baum. Nun sah er auch, was das Geräusch verursacht hatte. Auf dem bemoosten Waldboden stand ein kleines Mädchen in einem schmutzigen blauen Kleidchen. Die Augen des Kindes waren von Tränen aufgequollen und leises Schluchzen drang aus seiner Kehle. Der Jäger zögerte einen Moment, dann ließ er seine Armbrust sinken. Er trat auf das Mädchen zu und es blickte auf.
„Was machst du so tief im Wald und noch dazu auf einer solchen Insel?“, fragte der Jäger mit rauer, tiefer Stimme.
„I- Ich habe mich verlaufen, werter Herr“, antwortete die Kleine.
Der Jäger grinste:
„So? Verlaufen? Wo sind denn deine Mama und dein Papa?“
„Ich habe keine Eltern“, sagte das Kind und senkte traurig den Blick. „Aber sagt, guter Herr, wer seid ihr?“
Der Jäger lachte und antwortete:
„Du bist gut erzogen für ein so kleines Mädchen, das auch noch alleine im Wald umherirrt und keine Eltern hat. Man nennt mich den Jäger. Ich jage die schrecklichsten Kreaturen, die du dir nicht einmal in deinen Alpträumen ausmalen kannst.“
„W- was jagt ihr denn?“, stotterte das Mädchen verängstigt.
Sie deutete auf den Silberbolzen in seiner Armbrust und fragte zitternd:
„Werwölfe? Vampire?“
„Oh, nein!“, erwiderte der Jäger. „Weitaus gefährlicher, aber auch nicht so groß und stark.“
„Welche Kreaturen könntet ihr mit einem silbernen Bolzen jagen, wenn nicht Werwölfe oder Vampire?“
„Mein Kind, dies ist kein gewöhnlicher Silberbolzen. Er ist mit einem starken Zauber belegt, der selbst die gefährlichsten aller Kreaturen tötet.“
„Wenn ihr solch mächtige Waffen habt, so sagt, wie grausig kann diese Kreatur sein, die ihr jagt?“
„Du törichtes kleines Scheusal“, rief der Jäger und riss seine Armbrust hoch. „Ich jage dich!“
Der Bolzen traf das Herz des Mädchens, noch bevor es reagieren konnte. Schwarzes Blut sprenkelte den Waldboden und tränkte das kleine, blaue Kleidchen. Der winzige Körper schlug auf dem Boden auf und das Gesicht verzerrte sich, verlor alle Farbe, wurde grau. Das kleine Mädchen verwandelte sich in eine abstoßende Kreatur, übersät mit Falten. Die Augen der Moorhexe – denn das war sie, eine Moorhexe – waren weiß und Hohl und aus dem vor Schreck geöffneten Maul ragten spitze Zähne, die faulig und schwarz vor sich hin gammelten.
Der Jäger zerrte das Wesen zu seinem Boot. Seine Auftraggeber brauchten einen Beweis für die erledigte Arbeit. Er legte ab und freute sich schon auf seine Belohnung. Ein Sack voll Gold wartete auf ihn.
Ein ganz gewöhnlicher Tag im Leben des Jägers war überstanden.

 

Hierbei handelt es sich wieder um eine ältere Geschichte von mir und zudem um die kürzeste die ich bisher geschrieben habe. Ich wünsche viel Spaß damit!
Andre Aquileo

 

Hallo @Aquieo,

Da wolltest du den Schockmoment aber mit der Brechstange oder? Du beginnst erzählerisch gut, nicht zu lange Sätze etc. Dann plötzlich stutze ich das erste Mal als der Jäger als furchtsam beschrieben wird. Warum denn das? Ein Jäger ist an sich aufs töten augelegt und ich könnte ja noch verstehen wenn er eine lang gemachte Erfahrung wieder erlebt und darum Angst zeigt. Wie auch immer.
Nach den erzählerischen Einstand wechselst du auch komplett die Sprache und plötzlich wird alles in einen märchenhaften Ton getaucht, das verwirrt und eh man es sich versieht ist die Geschichte zu Ende, das kleine Mädchen tot...man erfährt kurzs das ein Sack Gold als Obulus wartete und dann ist der gewöhnliche Tag im Leben eines Jägers zu Ende....damit lässt du den Leser stehen, der gar nicht weiß ja wie denn nun, warum, wer wollte das Mädchen tot sehen und so weiter.

Nimm es mir nicht übel aber das ist mehr als seltsam unrund.

Herzlichst,
Marta Ben

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Marta Ben,
ich danke dir für deine Kritik.
Ich weiß nicht, ob du das überlesen hast, aber bei dem Mädchen handelte es sich um eine getarnte Hexe. Der Jäger ist ein Monstertöter und sollte eben diese Hexe ausschalten.
Die Furcht des Jägers hilft ihm gegen die Routine, die tödlich enden könnte.
Ich hoffe ich konnte deine Fragen zumindest ein Stück weit klären, ansonsten Frag einfach nochmal.

MfG
Andre Aquileo

Edit: Was die Auftraggeber betrifft, dachte ich nicht, dass die so wichtig sind. Logisch wäre eben einfach ein Reicher Fürst, der nicht möchte, dass ein Hexe auf seinem Grund ihr Unwesen treibt.

 

Hallo @Auquileo,

ok, die Hexe, war mir wohl tatsächlich entgangen. Vermutlich war ich noch verwirrt von der plötzlichen Wende.
Die Idee an sich ist Fantasy und das ist auch ok so, wenngleich auch nicht unbedingt meins.
Das alles ließe sich sicher sprachlich noch besser einweben in eine Handlung, die am Ende exakt darin kulminiert. Du fängst gut an, bildlich, auch vom Umfang ausreichende, man kommt mit. Nach hinten ist dir das leider ein wenig anhanden gekommen.

Ein Leseeindruck.
Ich finde da hättest du noch mehr Spannung rein bringen können,

 

Hallo Marta Ben,

vielen Dank das hilft mir durchaus weiter. Auch wenn ich nicht sicher bin, ob ich solche Fehler immernoch mache. Bei der Überarbeitung ist es mir jedenfalls nicht aufgefallen. Jetzt da du es sagst kann ich es aber nachvollziehen.

 

Hallo Aquileo,
das könnte ja ein ganz schöne Gruselgeschichte sein. Ein Jäger, der ein Kind abschießt, das sich als verwandelte Hexe rausstellt, ja, warum nicht. Gibt es ja genug Vorbilder in der Mythologie. Zwei Dinge geben meiner Ansicht nach den Ausschlag, dass es hier mit dem Grusel nicht klappen mag. Bei einer passend knapp gehaltenen Syntax gibt es für mich zu viele Adjektive, die unbedingt die Atmosphäre plastisch schildern wollen und dabei übers Ziel hinausschießen.
Hier zum Beispiel:

das geschulte Ohr des wettergegerbten Mannes
Seine hohen, schwarzen Lederstiefel sanken in den morastigen Boden.
Das ist eine Erklärung, die gleich am Anfang den Wind aus den Segeln nimmt. Der technische Begriff Emotion in einer sagenartig angelegten Erzählung passt für mich nicht zusammen.
Der Jäger fürchtete sich. Furcht war eine Emotion, ohne die der Jäger unvorsichtig gewesen wäre und vorsichtig musste er sein.
Auch eine recht umständliche Ausführung, die den Fluss hemmt:
Viele Trophäen schmückten die Hallen des Jägers und doch würde er es sich niemals erlauben können, eine Jagd zur Routine werden zu lassen.
Das ist wohl übertrieben. Er agiert ja weiter im Wald. Das klingt so final.
Wald schluckte die finstere Gestalt des Jägers.
Zerreißen groß:
Seine Nerven waren zum zerreißen
Das Zweite sind also Ungereimtheiten, die in der Erzähllogik nicht ganz passen.
Der Dialog ist, auch wenn man die Irrealität berücksichtigt, nicht schlüssig für mich. Der Übergang zum Abschuss ist nicht nachvollziehbar. Und dann verflüchtigt sich auch der Bluteffekt am Ende, weil vorher keine Atmosphäre entstand, die dunkel genug wäre, um einen wirklichen Waldgrusel zu erzeugen.
Herzlich
rieger

 

Hallo rieger,

vielen Dank für die Rückmeldung.
Ich kann dir hier wirklich nur zustimmen.

Liebe Grüße,
Andre Aquileo

 

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