Mitglied
- Beitritt
- 04.10.2006
- Beiträge
- 210
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 7
Der Hut vom kleinen Herrn
Da war einmal ein kleiner Herr, der schaute aus dem kleinen Fenster in seinem kleinen Haus und fand, dass das Wetter so ein richtiges Spazierengehwetter für kleine Herrn war. Also zog er seinen Mantel an, setzte sich seinen schwarzen Melonenhut auf den Kopf und ging er aus dem Haus. Kaum aber daß er vor die Tür getreten war, blies ihm der Wind seinen Melonenhut vom Kopf.
"So ein Ärger!", rief der kleine Herr und lief er hinter seinem Hut her. Der Wind pustete den Hut vom kleinen Herrn einen Hügel hinauf. Als der kleine Herr endlich auch pustend und prustend auf dem Hügel angekommen war, da warf der Wind den Melonenhut durch ein riesiges Fenster, das in dem Riesenhaus war, das auf dem Hügel stand.
Der kleine Herr stellte sich vor das Fenster und hüpfte auf und ab, um auch durch das Fenster zu springen. Aber bald sah er ein, daß ein Riesenfenster viel zu hoch für ihn war. Darum ging er lieber zur Riesenhausriesenhaustür, um den Hausbesitzer zu bitten, ihm seinen Hut wiederzugeben. Als der kleine Herr aber vor der Türe stand und an der Türglocke läuten wollte, sah er, dass die Kette zu hoch hing. So hoch, dass er sich zehnmal auf sich hätte stellen müssen, um daran ziehen zu können. Weil er aber nicht noch zehn andere kleine Herren bei sich hatte, auf die er sich stellen konnte, nahm er Steine vom Weg und warf sie vor die Riesenhausriesenhaustür. Als er fast alle Steine vom Weg gegen die Tür geworfen hatte und schon gehen wollte, um neue Steine zu holen, machte der Riese, der in dem Riesenhaus wohnte, die Türe auf und schimpfte: "Wer macht denn hier so einen Riesenlärm!?"
"Ich bin das", sagte der kleine Herr und griff an seinen Kopf, weil er zum Gruß den Hut ziehen wollte, aber da war keiner und da fiel ihm auch wieder ein, was er an dem Riesenhaus suchte. "Der Wind hat meinen Melonenhut in ihr Haus geweht, und da wollte ich fragen, ob ich ihn wiederbekommen kann, Herr Riese."
"Hut? Ja, Augenblick," brummelte der Herr Riese und ging wieder hinein in sein Riesenhaus. Dann kam er zurück mit einer Kiste, in der tausend kleine Herren nebeneinander stehen konnten. Er griff hinein und holte einen Zylinderhut heraus. "Ist es dieser?"
"Nein, der ist es nicht", sagte der kleine Herr, denn er suchte ja einen Melonenhut.
Dann zog der Riese einen Cowboyhut aus seiner Kiste und fragte wieder: "Ist es dieser?"
"Nein, der ist es nicht", sagte der kleine Herr wieder. "Meiner ist ein schwarzer Melonenhut."
"Ach so!" sagte der Riese und wühlte in seiner Kiste herum. Und dann holte er nacheinander viele hundert Melonenhüte hervor, die alle schwarz waren und die alle aussahen, wie der Hut vom kleinen Herrn. Und er setzte sie alle auf seinen Kopf und fand dann immer, dass sie zu klein waren oder zu groß, zu schwarz oder zu grau, dass sie nicht wie sein alter Melonenhut rochen, dass das Hutband zu schmal war oder zu breit, und immer sagte der kleine Herr: "Das tut mir leid, aber der ist es nicht."
"Oh!" sagte der Riese dann jedesmal und kramte dann weiter in seiner Kiste.
Und dann reichte er dem kleinen Herrn einen Melonenhut, der war nicht zu klein oder zu groß, nicht zu schwarz oder zu grau, das Hutband nicht zu schmal und nicht zu breit und er roch genau wie der Hut vom kleinen Herrn gerochen hatte. "Das ist er!" rief der kleine Herr glücklich. "Das ist meiner!"
"Oh!" sagte der Riese. "Das tut mir leid. Das ist meiner." Und nahm dem kleinen Herrn seinen Hut wieder weg.
"Nein! Das ist meiner!" schimpfte der und sprang auf und ab.
"Nein. Das ist mein Hut", sagte der Riese und grinste sehr breit.
"Der passt ihnen ja gar nicht!" schrie der kleine Herr wütend, der sich jetzt wie ein kleiner Irrwisch benahm. "Der ist ihnen ja viel zu klein!"
"Er ist mein Fingerhut!" sagte der Riese und wackelte mit den kleinen Fingern, die so groß wie ein kleiner Herr waren.
"Das ist mein Hut!" kreischte der kleine Herr, der seinen Melonenhut gerne wiederhaben wollte. "Meiner! Meiner! Meiner!"
"Nein, das ist mein Hut", sagte der Riese und machte seine Riesenhausriesenhaustür zu.
"Oh", puffte der kleine Herr. "Oh, oh, oh!" und dann ging er sehr zügig den Berg, auf dem das Riesenhaus stand, hinunter und ging durch den Wald, bis er in eine keine Stadt mit lauter kleinen Damen und Herren kam. Dort ging er zum Polizeiwachtmeister für kleine Herren und erzählte, wie ihm der Riese seinen schwarzen Melonenhut weggenommen hatte.
"Hmhm!" sagte der Polizeiwachtmeister für kleine Herren. "Was Sie da vorbringen, sind schwere Anschuldigungen. Können sie die denn beweisen?"
"Natürlich kann ich das!" rief der kleine Herr empört. "Der Riese hat viele tausend Hüte, die er gar nicht gebrauchen kann, weil sie alle für kleine Herrn gemacht sind. Das ist mein Beweis!"
"Soso", sagte dann wieder der Polizeiwachtmeister für kleine Herren. "Dann wollen wir doch mal hingehen und uns anhören, was der Herr Riese dazu zu sagen hat."
Und dann gingen der kleine Herr und der Polizeiwachtmeister für kleine Herren wieder aus der kleinen Stadt heraus, durch den Wald, auf den Hügel, zu der Riesenhausriesenhaustür. Als sie dort waren, holte der Polizeiwachtmeister sein Megaphon heraus und rief hinein: "Kommen Sie heraus, Herr Riese. Ihr Haus ist umstellt. Hier spricht der Polizeiwachtmeister für kleine Herrn!"
Die Riesenhausriesenhaustür öffnete sich und der Riese trat heraus. "Was gibt es denn, Herr Wachtmeister?" wollte der Riese wissen.
"Sie haben meinen schwarzen Melonenhut", sagte der kleine Herr und zeigte auf seinen kleinen Kopf, auf dem kein schwarzer Melonenhut saß.
"Nein, habe ich nicht", sagte der Riese, beugte sich hinunter und zog dem Polizeiwachtmeister für kleine Herren die Polizeiwachtmeisterfürkleineherrenkappe vom Kopf. "Das ist aber ein netter Hut!" rief er fröhlich. "So einen netten kleinen Hut habe ich ja noch nie gesehen. Der ist wirklich schön." Und dann ging der Riese wieder in seine Riesenhaus.
"GEBEN SIE MIR S O F O R T MEINE POLIZEIWACHTMEISTERFÜRKLEINEHERRENKAPPE ZURÜCK!!" rief der Polizeiwachtmeister für kleine Herren in sein Megaphon. "SIE SIND VERHAFTET, HERR RIESE!!"
Der Riese steckte seinen Kopf aus seiner Riesenhausriesenhaustüre und schaute auf den Polizeiwachtmeister hinunter. "Nein", sagte er und blinzelte. "Tu ich nicht. Und bin ich nicht."
Der Polizeiwachtmeister für kleine Herren schaute den Riesen an und dann den kleinen Herrn. Er schaute den Riesen an und der war so groß wie dreißig kleine Herren. Er schaute den kleinen Herrn an und der war so groß wie ein kleiner Herr.
Und dann verhaftete er den kleinen Herrn und steckte ihn ins Gefängnis.
Denn Strafe muss sein.
[EDIT]28/10/06 Ich habe ein paar kleine Herren rausgenommen. Und ein paar kleine Männer zu kleinen Herrn gemacht oder rausgenommen. Und ein paar keine Herrn zu kleinen Herrn gemacht oder rausgenommen. Und ein "sagte" in ein "puffte" verwandelt.
[EDIT]07/11/06 Ich habe den Anfang etwas gekürzt.