Der Grabesengel
Lange Zeit stand ich vor dir und blickte zu dir hinauf. Wie schön war dein makelloses Gesicht und deine mächtigen Schwingen. Ich kann es nicht anders sagen: Du hast mich verzaubert! Langsam stieg ich die Stufen des Podestes hinauf und näherte mich dir. Als ich meine kleine Hand zitternd zu dir ausstreckte, bliebst du unbeweglich. Wie schön war es, deine steinerne Wange zu streicheln und dann mit meinem Finger deinen Hals hinunter zu fahren. Allein durch deine Schönheit hattest du mich schon entwaffnet. Du warst das Elixir, dass meine Einsamkeit beenden würde.
Ich merkte kaum, wie ich mich vorbeugte, bis ich deine kühlen steinernen Lippen auf den meinen fühlte. Mit einem Mal schlugst du die Augen auf und sahst mich an. Ich spürte, wie sich deine Lippen plötzlich weich und lebendig auf die meinen pressten. Mit einem Kuss verschlossest du meinen hungrigen Mund. Dann fühlte ich, wie du mich sanft mit deinen Flügeln umschlangst und meine Augenlieder schlossest.
So bettest du mich zur ewigen Ruh.