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Der goldene Schuss (überarbeitete Version)
Alles begann am 15.03.1999 und endete schon ein paar Monate später.
Du warst gerade mal fünfzehn, als ich dich zum ersten Mal traf. Du sahst mich mit deinen wunderschönen braun-grünen Augen an. Man ich war geradezu begeistert von dir. Wir sahen uns daraufhin immer häufiger in der Disco "Futurama", die dir so gefiel. Eines Abends kam dann deine Freundin zu mir und fragte, ob ich mit dir tanzen würde. "Na klar!", sagte ich.Es war das erste Mal, dass wir uns so nah kamen. Mir fiel der Geruch deiner langen, gelockten Haare auf, ich glaube es war Pfirsich. Es war ein wunderschöner Abend, der viel zu früh endete. In den nächsten Tagen sahen wir uns oft im "Futurama". Dann eines Abends fragtest du mich, ob es vielleicht eine Möglichkeit gäbe, mit mir auszugehen. Ich war überglücklich über diese Frage und bejahte sie. Wir traffen uns jetzt auch tagsüber und ich holte dich zum Teil auch aus der Schule ab. Wir waren ein richtiges Paar. Wir gingen sogar gemeinsam für zwei Wochen in die Ferien. Sie waren wunderschön. Ich hatte das Gefühl im siebten Himmel zu sein. Dein Lachen und deine Art waren so einzigartig, so elegant. Die anderen Menschen mussten das Gefühl haben, dass zwischen uns alles perfekt wäre. Wir waren oft in der Natur und machten lange Spaziergänge. Doch nach zwei Monaten lerntest du ihn kennen. Er war für dich dein wahrer Traummann und du ließt mich sitzen, obwohl wir solch wunderschöne, fast schon perfekte Ferien verbracht haben und ich dich liebte, wirklich liebte. Er jedoch war nur wegen des Geldes deiner Eltern mit dir zusammen. Es wäre alles ja nicht so schlimm, wenn da keine Drogen im Spiel gewesen wären. Er war nicht gerade unbekannt in der Drogenszene. Doch das war dir egal, denn du wolltest es nicht sehen.
Das ging so bis zu dem Tag, als er dir das erste Mal eine Ectasy-Pille anbot. Es gefiel dir und wolltest immer mehr und mehr. Also beschuf er dir auch harte Drogen. Ich versuchte dich immer wieder auf den richtigen Weg zubringen und bot dir auch an, bei mir zu wohnen. Ich hatte dir auch verschiedene Kliniken empfohlen, doch das nützte nichts mehr, denn du warst schon abhängig, leider nicht nur von den Drogen, sondern auch von ihm. Ich hatte dich jedoch noch nicht aufgegeben. Nein, ich sagte zu mir: "Ich muss um sie kämpfen, sonst verliere sie dich ganz."
Der Versuch mit deiner Freundin zu reden scheiterte, denn sie sagte, du wärst schon verloren. Ich hatte keine Wahl, ich musste deine Eltern informieren. Als ich ihnen
erzählte, dass du drogensüchtig wärst, wurdest du sofort in eine Klinik eingewiesen und er wurde wegen Drogenbesitzes verhaftet. Ich besuchte dich jeden Tag. Du wurdest schon nach vier Monaten entlassen. Der Arzt sagte du, wärst vollkommen geheilt. Da ich nicht wollte, dass du wieder abhängig wirst, kam ich jeden Tag zu dir, um mit dir zu reden, dir einfach nur zu helfen, denn es war für mich unerträglich, mit anzusehen, wie du dich fast vernichtet hättest. Es schien sich alles wieder zu bessern und ich glaubte sogar, dass du vollkommen geheilt wärst. Von den letzten Wochen war ich total erschöpft und fuhr für zwei Tage aufs Land.
Doch ich wusste nicht, dass du längst wieder mit einem aus der Drogenszene zusammen warst. Als ich es erfuhr, war ich wütend auf dich, auf mich und einfach auf alle. Diesmal wollte ich nicht um dich kämpfen, wollte dich aufgeben,denn ich hatte eine neue "Freundin", aber es fiel mir nicht leicht. Ich fühlte mich fast immer schuldig und schlecht. Nachts lag ich lange wach und konnte nicht schlafen. Dies ging eine ganze Woche so, dann hielt ich es nicht mehr aus, weil es für mich immer nur dich gab. Schon wollte ich dich wieder besuchen kommen, als ich hörte du, wärst untergetaucht. Erneut unternahm ich nichts und sagte zu mir: "Ich kann sowieso nichts mehr machen."
Das war nur eine der Ausreden, die ich benutzte. Alles fing wieder von vorne an, die Alpträume, die Schuldfragen ... Manchmal hatte ich sogar Sehnsucht nach deinen Haaren und dem herrlichen Pfirsichgeruch. An einem Abend dann, als ich im "Futurama" war, und auf die Toilette gehen wollte, hörte ich aus der Frauentoilette ein Schrei. Also ging ich ohne Nachzudenken rein und sah dich am Boden liegen. Du lagst in deinem eigenen Erbrochenen auf dem Bauch, mit dem Gesicht zur Wand. Du warst tot, hattest dir den goldenen Schuss gesetzt.Ich war traurig, ja geradezu wütend auf mich. Ich hasste mich für das, was ich getan hatte. Mir wurde richtig übel bei dem Gedanken, dass ich dich im Stich gelassen hatte. Das Bild von deinem toten Körper brannte sich mit dem Gedanken, dass ich dich im Stich ließ, in mein Gehirn. Es setzte sich geradezu fest und ließ mich nicht mehr los.Ich musste mir Antidepressiva verschreiben lassen. Es half, hatte seine Wirkung nicht verfehlt und nach zwei oder drei Wochen war ich bereit, mich mit deiner Beerdigung zu beschäftigen und half deinen Eltern, wo es nur ging.
Nach einem halben Jahr etwa gründete ich eine Hilfegruppe für Drogensüchtige Frauen und Mädchen. Dort traf ich auch Leonie, meine jetzige Frau und deine damalige beste Freundin. Wir haben zwei Töchter und ein Sohn.
In Gedenken an diejenigen die durch Drogen starben und ein Loch im Herzen anderer Menschen hinterliessen.
[Beitrag editiert von: Systemtechniker am 24.03.2002 um 15:37]