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Der Gewissensbiss

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31.05.2004
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Der Gewissensbiss

Der Gewissensbiss

Bisher hatte er nur wenige Emotionen gekannt, in erster Linie Hass und Gier. Doch hier stand er nun, vor einem hübschen, jungen Mädchen - und zögerte. Er hatte in seinem langen Leben, das eigentlich kein richtiges mehr war, schon einige Duzend solcher Mädchen für diesen schändlichen Akt missbraucht.
Aber an dieser jungen Frau war etwas Besonderes; er brachte es einfach nicht fertig zu tun, was er sonst tat.
Sein Zögern hatte den Bann über sie gebrochen. Sie fing an zu zweifeln und stellte Fragen. Was sollte er jetzt tun? Was machte man mit einem Opfer das noch sprach?
Er reagierte wie er es schon lange nicht mehr getan hatte: Er antwortete ehrlich. "Das ist eine Hintergasse im alten Gaswerk.", ... , "Du bist mit mir hingegangen.", ... , "Du standest unter meinem Bann.", ... ,"Ich bin nicht wie du..."
Jetzt wurde es eng, gleich würde sie erfahren, was er war. Doch er wollte ihr das nicht sagen, denn dann würde er sie verlieren. Und das wollte er nicht.
Nein. Er empfand etwas, das er seit Jahrhunderten in sich für tot gehalten hatte. Was er da verspürte war echte Zuneigung. Er wollte mit diesem Mädchen zusammensein, vielleicht sogar für die Ewigkeit.
Aber gerade war die Frage gestellt worden, wer er sei.
Somit gab es nur einen Ausweg. Er hob beschwörend die Hand: "Das ist nicht wichtig."
Sie stand wieder unter seinem Bann; die Schlange und ihr Opfer. Und da gab es noch eine Parallele: Auch sein Biss war giftig.
Bereitwillig bot sie ihm den Hals dar. Mit geübter Präzision biss er in ihre Schlagader, genoss den Geschmack ihres süßen Blutes und trank, bis kein Tropfen mehr in ihr war.
Nun stand er über ihrem leblosen Körper, der in der nächsten Nacht ein neues Leben beginnen würde - ein untotes Leben, als Vampir wie er.
Verärgert stellte er fest, dass wieder seine Natur gesiegt hatte. Hatte er damals, vor zehn Jahren, nicht auch Anne Zuwolski geliebt? Doch. Und all die Anderen ebenfalls.
Warum hatte er sich dann nicht daran erinnert? Aber er kannte die Antwort: Weil er, wenn er Emotionen gespürt hatte, diese bald wieder vergaß. Wie der Orgasmus eines Mannes ihn für einige Zeit keine Gefühle haben ließ, so tat es der Biss bei einem Vampir.
Doch wenn die schierer Geilheit gleichende Gier zurückkehrte vergaß er alle Beherrschung.
In zehn Jahren würde es wieder so laufen. Und Jennifer, von gerade eben, würde es schon morgen zum ersten Mal erleben. Auch sie war nun zu diesem ewigen Kreislauf verdammt.
Doch Schuldgefühl war in ihm so tot wie jede andere echte Emotion.
Er breitete seinen Umhang aus und flog in die Nacht hinaus; zurück ließ er nur ein weiteres Opfer der Gier.

 

Hallo Seth,

Mir fehlt bei deiner Geschichte das neue. Die Gedanken des Vampiers sind in so vielen anderen Geschcihten schon auf ähnliche Weise dargelegt worden und so bietet deine GEschichte leider nichts neues. - habe bis am Schluß vergeblich auf eine Überraschung gewartet.

Grüße
Bernhard

 

Hast Recht, ist nix Revolutionäres.
Ich lese normalerweise keine Vampirgeschichten, sondern schreibe sie nur. Klingt paradox, ist aber so. Alles was ich über Vampire und ihre Gedanken schreibe entspringt meiner eigenen Vorstellung. Sicher, Grundwissen und manche Details stammen freilich woanders her; aus verschiedenen Filmen, dem Musical "Tanz der Vampire" und so.
Was die Gedanken des Vampires angeht, so kam das eben zustande als ich versucht habe, mich in ihn reinzuversetzen. Wenn das schon öfters so beschrieben wurde - das wusste ich nicht, sorry - zeigt das wohl, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Als kleine Überraschung könnte man vielleicht sehen, dass er jedesmal glaubt sich zum ersten Mal zu verlieben, wobei er hinterher merkt, dass er jedes Opfer liebte, was er aber immer wieder vergisst.
Aber du schriebst ja, dass Andere schon den gleichen Gedanken hatte, was ich, aufgrund mangelnder Recherche, nicht wusste.

Naja, habe ich halt eine Null-acht-fünfzehn-Vampirgeschichte geschrieben. Würde wohl eher in die Rubrik "Alltag" gehören - den Alltag eines Vampires, der nun mal so empfindet. Schade nur, dass es in unserer Realität keine Vampire gibt (außer im übertragenen Sinne, siehe "Der Untote"), denn dadurch kann ich es nicht in die Alltagsrubrik setzen.

Was soll's. Solange die Geschichte kurzweilig ist und einigermaßen unterhaltsam ist sie nicht ganz wertlos. Vielleicht kein Glanzstück, aber es gibt sicher schlechtere.

Danke für die Kritik! Sie bringt einen weiter; Komplimente nur begrenzt.


Gruß,
Seth Rock

 

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