Was ist neu

Der Geschichtenerzähler

Mitglied
Beitritt
29.07.2003
Beiträge
23

Der Geschichtenerzähler

Schon früh fing er damit an und wurde mit 33 Jahren einer der Großen Acht. Doch war er kaum bekannt unter der Menge, denn seine Geschichten waren zu fremd, zu lebensfeindlich für das Volk.
Eines Tages wurde er in den Palast geladen, weil der Herrscher ihn und seine Geschichten kennen zu lernen wünschte. Von da an verbrachte er jeden Tag im Palast um den Herrscher in der Abenddämmerung mit seinen Erzählungen zu unterhalten. Seltsam waren diese Geschichten, ohne Anfang und ohne Ende, wie die Stücke einer fremdländischen Symphonie. Die Helden waren allesamt Gefallene – ruhelose Geister, von ihren eigenen Dämonen gejagt – ihre Beweggründe lagen jenseits alles Menschlichen und für ihre Wünsche und Begierden wurden noch keine Namen erfunden. Der Herrscher ließ sich gerne von diesen Erzählungen verzaubern, denn sie waren neu für ihn und alles Neue erregt schnell Aufsehen. Schon verbrachte er selbst seine Nächte in den Gärten seines Palastes im Schatten großer Bäume, die in der Dunkelheit ihre Persönlichkeit verloren. Dort hing er seinen Gedanken nach, grübelte und sinnte über die Phantasiewelt seines Geschichtenerzählers. Und im Laufe einer Nacht, als er selbst eine Geschichte schrieb und diese in seiner Begeisterung dem Erzähler zeigte, lachte der Künstler ihn aus, laut und unbarmherzig. Einen Dilettanten nannte er ihn, arm an Phantasie und gänzlich unbegabt. Der Herrscher ordnete beschämt die Hinrichtung an: „Um Mitternacht wirst du dein Leben lassen.“ Als der Geschichtenerzähler, von zwei Wachen geführt zum Schafott ging, sah er hoch zu den Sternen und in seinen Augen erschien jener umenschlich, sinnlose Glanz, mit dem auch die Helden seiner Geschichten den unheilvoll hungrigen Himmel ihrer staubigen Welt angeblickt haben mochten.
Drei Trage später ließ der Herrscher einen anderen Geschichtenerzähler einladen, von dem es hieß, seine Geschichten ließen die Gesetze von Raum und Zeit verschwinden.

 

Hallo lilovl und herzlich willkommen hier. :-)

Dein kleines Märchen hat mir ganz gut gefallen, wenn ich das Ende auch traurig fand. Aber so sind sie halt, die großen Herrscher. ;-)

En detail:

Schon früh fing er damit an und wurde mit 33 Jahren einer der Großen Acht.
Die "Großen Acht" kommen später nicht mehr vor und ich muss mir zusammenreimen wer sie sind, das finde ich etwas schade.
im Schatten großer Bäume, die in der Dunkelheit ihre Persönlichkeit verloren.
Ich bin mir nicht sicher, ob "Persönlichkeit" das richtige Wort an der Stelle ist ... mir fällt aber spontan noch nichts passenderes ein.
Der Herrscher ordnete beschämt die Hinrichtung an:
Ich glaube zwar, dass der Herrscher zunächst beschämt reagiert hat, aber die Hinrichtung dürfte er dann doch eher aus Wut angesetzt haben, oder? Fände ich zumindest logischer.

Alles in allem habe ich die Geschichte gern gelesen. Dein Stil ist in seiner Satzstellung den altertümlichen Märchen angepasst und der Inhalt gefällt mir auch.
Ein paar Absätze mehr schaden dem Text trotz seiner Kürze dennoch nicht.

Ginny

 

@Ginny-Rose
danke für deine Kritik
Wenn man bedenkt, dass das mein erster Beitrag ist, war es wirklich aufmunternd:D :engel:

was die Großen Acht betrifft, naja sie sind sowas wie der Rat der großen Geschichten-Erzähler, die von jedem (außer dem Herrscher :king: wie man sieht) bewundert und geachtet werden
aber das hätte ich wahrscheinlich in der Geschichte erzählen sollen :rolleyes:

 

Hallo lilovl,

Der Text ist trotz seiner Kürze nicht schlecht. Ein kleines Märchen für Zwischendurch. Etwas schade finde ich, daß es so schnell endet. Kaum hat man angefangen, ist man auch schon durch... seufzt...

Grüßle,
stephy

 

jaja
es war ein Fetzen aus irgendeiner fantasiewelt, der mit einmal zugeflogen ist

aber mehr als ein Fetzen war es leider auch nicht:(

Grüße

lilovl

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom