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Der Geruch des Todes
Der Geruch des Todes
Die Stille im Raum wurde von zwei Trunkenbolden durchbrochen, welche sich den Weg von der Tür zur Bar bahnten, wobei ihr unkontrollierter Gang und das übertriebene Schwanken eindeutig auf ihren Zustand hinwiesen. Die beiden waren sternhagelvoll. Jack McOlssen wusste genau, dass solche Gäste nur Ärger bedeuten konnten. Vor zwei oder drei Stunden, als sie noch einiges vertragen hätten, wären sie ihm willkommen gewesen, doch nun war kaum noch Geld mit ihnen zu verdienen. In ihrer gegenwärtigen Umnebelung wirkten sie nur noch abschreckend auf die anderen Gäste.
Doch was wäre wenn diese Leute hinter seine Fassade blicken könnten, wäre das was sie dort entdeckten nicht viel schrecklicher, als Torheiten zweier Durchschnittsbürger. Jack begriff selbst kaum, wie es dazu kommen konnte. Er war schon eine geraume Zeit Bartender und niemals waren ihm Zweifel an seinen Entscheidungen gekommen, doch nun wünschte er sich es wäre alles anders. Nichts sollte ihn an das Vergangene erinnern.
In der Zwischenzeit hatten sich die zwei Störenfriede bis zu ihm vorgekämpft und buhlten lauthals um seine Aufmerksamkeit. Jack drehte sich schwerfällig herum und legte den Lappen weg mit dem er eben noch den Zapfhahn geputzt hatte. Der Linke der Beiden hatte eine übergroße Nase die sein restliches Gesicht förmlich zu verschlucken schien, was ihm in Jacks Gedanken den Spitznamen Pinoccio einbrachte. Den anderen nannte er schlicht Al, weil ihn dessen überdimensionale Ausmaße und das italienisch anmutende Gesicht ihn wie einen Mafiapaten aussehen ließen, eben genau wie Al Capone nur die Zigarre fehlte noch. „Zwei Bier.“, lallte der eine, während sein Gefährte nur nickend zustimmte und ihm bedeutete in keinem Fall mit dem Bier zu sparen. „Kommt sofort“, erwidert Jack, ohne sich seinen inneren Konflikt anmerken zu lassen. Während er zwei Biergläser aus dem Regal holte überkam ihn die Erinnerung an jenen Tag, der sein gesamtes Leben verändern sollte.
Es war ein unglaublich schöner Sommertag, mitten im wohl sonnigsten Mai den er je erlebt hatte. Vielleicht war es nicht wirklich so, aber Jessica hatte ihn alles viel besser erscheinen lassen, als es hätte sein dürfen. Sie war so voller Leben gewesen. Er hatte sie so geliebt. Die Liebe von damals erschien ihm nun als die größte Folter, da sie ihn nun für immer verlassen hatte. Zwar hatten sie sich vor dem Ereignis erst 6 Wochen gekannt, doch von der ersten Sekunde an hatte er gewusst, dass sie die Richtige war. An diesem speziellen Tag wurde er ihren Eltern vorgestellt. Bei einem feudalen Essen sollten alle nötigen Informationen ausgetauscht und erste Familienbande geknüpft werden. Jack wusste was von der ersten Begegnung abhing, deshalb hatte er sich auch außerordentlich gut vorbereitet, indem er sich die Interessen und Abneigungen seiner damaligen Gastgeber genau eingeprägt hatte, doch Jessicas Eltern machten ihr einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Ihr Vater war früher ein Unteroffizier bei einer Spezialeinheit gewesen, der in Frühpension gegangen war, als ihm eine Übungsgranate die rechte Hand zerfetzt hatte. An die Stelle der Hand war ein Metallhaken getreten, doch das Loch in seinem Herzen, welches durch die unmittelbare Suspendierung entstand, konnte nie wieder gefüllt werden. Das war zu diesem Zeitpunkt schon 10 Jahre her. Ein Zeitraum in dem er genug Zeit gehabt hatte seine Familie in eine nicht enden wollende Depression zu stürzen und vor allem einen Faible dafür zu entwickeln seine Tochter zu quälen. Als Jack mit seiner Geliebten in der Einfahrt stand, erwähnte sie noch beiläufig, dass ihr Vater manchmal die Neigung besaß ohne Grund in Rage zu geraten, was auch zu Handgreiflichkeiten führen konnte. Jessica hatte ihm zwar sonst nichts anvertraut das ihn auf verbrecherische Grausamkeiten oder gar sexuellen Missbrauch gebracht hätte, aber als er ihm so gegenübersaß, sah er unvorstellbares Leid, das tiefe Furchen in seinem Gesicht hinterlassen hatte, und die Augen. Ja, diese Augen fesselten seine gesamte Aufmerksamkeit. Sie kamen ihm vor wie glühende Kohlen, die sich tief in die Augenhöhlen seines Gegenübers eingegraben hatten. Verstohlene Blicke huschten hierhin und dorthin, wobei in der tiefe seiner Seele ein Funke sie am brennen hielt. Dieser Funke war der pure Hass, den er gegenüber Jedem empfand, der nicht mindestens ebensoviel Leid erfahren hatte wie er selbst.
Jack hatte soeben zwei Krüge gefüllt und sie mit einer ansehnlichen Schaumkrone versehen, um sie mit einer geübten Bewegung vor den besoffenen Schweinen abzustellen, die seine Ruhe gestört hatten. „Bitte sehr, dass macht 3 Pfund pro Stück“, merkte er an. Seinen Groll tief im Inneren zu verbergen, kostete ihn viel Überwindung, aber er war eben Profi. „Wer denkt sich denn solche Preise aus?“, fragte ihn Pinoccio. „Für gute Qualität muss man eben bereit sein etwas zu zahlen, wir sind schließlich nicht irgendeine Hinterhofkneipe!“, erwiderte Jack in höflichem Ton. Widerwillig kramte Al in seinen Taschen und holte einen zusammengeknüllten 10-Pfundschein heraus den er Jack ungestüm auf den Tresen klatschte. Als Jack seine Börse öffnete um herauszugeben wehrte der großzügige Spender mit einer Geste seiner Hand ab. „Stimmt schon.“, verlautbarte er ohne Jack anzusehen. Verwundert steckte der routinierte Bartender das unerwartete Geschenk ein und freute sich, jedoch nur am Rande seines Bewusstseins, denn tief in seinem Innern keimte schon wieder die Erinnerung an damals.
„Bartender? Ist das überhaupt ein Beruf?“, dröhnte Jessicas Vater über den Tisch hinweg, den Blick fest auf Jack geheftet. „Wissen sie Sir man könnte auch Barkeeper dazu sagen, aber ich finde Bartender hat einfach mehr Stil. Und ja, Bartender ist ein Beruf. Ich verdiene außerdem auch nicht so schle…!“
„Halt die Klappe Junge, ich weiß was ein Bartender ist. Aber du hast scheinbar keine Ahnung was es bedeutet zu arbeiten. Jahrelang hab ich den Drill über mich ergehen lassen, nur um nach 25 Jahren, in einer Situation in der ich jede Unterstützung gebraucht hätte, einen Arschtritt zu bekommen.“
Plötzlich ragte der Alte, einem Mahnmal gleich, mit erhobenem Stumpf über ihm auf und war im Begriff den Metallhaken auf Jack niedersausen zu lassen. Jack wusste nicht wie das Messer in seine Hand gekommen war, doch ohne die Rolle des Zuschauers ablegen zu können, beobachtete er wie sein Arm sich in Bewegung setzte und den Dolch der Vergeltung tief im Körper des Mannes versenkte, der versuchte ihm zu drohen. Keine Regung durchzuckte den Körper von Jessicas Vater bis Jack das Besteck wieder herauszog, der Tyrann ohne auch nur ein Fünkchen Stolz zu zeigen seine Blase entleerte, und schließlich jeglicher Selbstkontrolle beraubt zur Seite kippte. Nachdem der Aufprall verhallt war, durchbrach die Angetraute des Gefallenen die Stille und stürzte zum nächsten Telefon.
Jack war nicht in der Lage zu sagen weshalb er es getan hatte, es musste sich wohl um eine Art Selbstverteidigungsreflex gehandelt haben, doch von diesem Moment an breitete sich tiefste Schwärze wie ein Mantel über seine Erinnerungen. Das letzte Bild das sich in seinem Gedächtnis festsetzte war das vor Blut triefende Messer in seinen Händen. „Erfreulich das man in diesem Haushalt auf gute Qualität setzt!“, war der absurde Gedanke, der mit dem Bild in seinem Kopf einherging.
Eine Dame hatte sich neben Al und Pinoccio gesetzt und gestikulierte aufgeregt in Jacks Richtung. Er musste sie schon geraume Zeit übersehen haben, denn sie wirkte ungeheuer erregt. „Entschuldigung, was darf ich ihnen bringen?“, fragte Jack geradeheraus. „Na endlich! Mein Name ist Cindy, bring mir ein kleines Bier!“, entgegnete sie mit diktatorischem Unterton und einem aufkommenden Lächeln im Gesicht. Die schroffe Art seines Gegenübers verblüffte Jack zunächst, aber dann machte er sich an die Arbeit, während er den neuen Gast etwas genauer betrachtete. Langes schwarzes Haar, das ungekämmt und glanzlos war, rahmte das schmale Gesicht der ungefähr 30-jährigen Frau, zerfetzten Vorhängen gleich, ein. Es war wohl auch nicht Vorteilhaft, dass ihr Antlitz unzählige eitrige Pusteln aufwies, die ihm erschienen als würden sie jeden Moment platzen. Obwohl es ihm für die arme Frau wirklich Leid tat, drängte sich ihm ein Gedanke auf. Eine hässlichere Frau hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Selbst der beste Schönheitschirurg wäre vor diesem Bild in die Knie gegangen und hätte bedingungslos kapituliert. Ein sanfter Windhauch zerrte an seinen Gedanken und riss ihn fort zu Ereignissen vergangener Tage.
Als sich der Schleier des Vergessens von seinem Bewusstsein zurückzog, bekam Jack ein schreckliches Bild zu sehen. Er lag in einer Lache aus Blut und Urin, die von der Leiche seines früheren zukünftigen Schwiegervaters ausging. Um sich einen Überblick zu verschaffen, stützte er sich auf seine Hände ohne an die Scheußlichkeiten zu denken, in die er sie tauchte.
Der Lebenssaft war im gesamten Raum verteilt.
Er erblickte außerdem noch die Leiche von Jessicas Mutter und schließlich Jessica selbst. Sie wirkte nicht wie eine Tote, es konnte einfach nicht sein. Ohne zu zögern kämpfte er sich auf die Beine, rannte zu der Stelle, an der sie mit starrenden Augen ruhte. Erst bemerkte er keinen Schaden an ihrem Körper, der auch nur im Ansatz ihren Tod erklärte, doch dann bemerkte er den eingedrückten Kehlkopf, Jack musste ihn zertrümmert haben. Sein Herz hämmerte wie wild.
Was konnte passiert sein? Wie war es möglich? Jack, der Bartender soll eine ganze Familie ausgelöscht haben? Wie konnte der Zwillingsbruder des legendären Schauspielers Jefferson McOlssen, der bald in „The Blue Sky“ zu sehen sein würde und damit den Olymp der Schauspielerei in Sichtweite hätte, nur so tief gesunken sein.
Konnte sich wohl nur um einen schlechten Scherz handeln!
Die Unauslöschlichkeit der Ereignisse musste er wohl einfach hinnehmen, aber es wäre in hohem Grade gegen seine Natur gewesen jetzt einfach sang- und klanglos abzutreten, und eine wenig geräumige Zelle in einer hiesigen Vollzugsanstalt zu beziehen. Doch was konnte er tun? Nichts, außer den entstandenen Schaden zu begrenzen. Nachdem er einige Stunden damit zugebracht hatte das Geschehene zu verarbeiten, machte er sich schleunigst daran der Sauerei Herr zu werden. Erst säuberte er das Zimmer so gut er konnte, fand sogar Zeit das Geschirr wegzuräumen und wechselte anschließend die Kleidung, obwohl es einige Zeit dauerte bis er etwas passendes fand. Jack sah sich nun dem größten Problem gegenüber.
Was sollte er jetzt mit den Leichen anfangen?
Als die Kobolde in seinem Kopf endlich anfingen zu arbeiten, dauerte es nur einen kurzen Moment bis sich die zwei für ihn am leichtesten umsetzbaren Pläne herauskristallisierten. Entweder er würde versuchen unerkannt nach Hause zu kommen ohne die Tat irgendwie zu verschleiern und darauf zu hoffen, dass ihm das Glück in dieser Sache hold war. Oder er forcierte die zweite Möglichkeit, welche vorsah, dass er die Leichen der unerwartet Verstorbenen mitnahm und versuchte das Geschehene selbst zu verschleiern. Es könnte wie eine Entführung aussehen. Unter Umständen würde die Polizei auf die Idee kommen, dass die Einwohner dieses Hauses einfach untergetaucht waren.
Doch dann wurde ihm bewusst, dass alles was gerade seinem Verstand entsprungen war, an absoluten Schwachsinn grenzte. Er sinnierte so lange über das Problem, bis sich ein genialer Einfall in seinem Hirn festsetzte. Was wäre, wenn Jessica ihre Eltern getötet hatte?
Er ließ Jessicas Eltern an Ort und Stelle liegen. Erst hinterließ Jack Spuren die Jessicas Schuld bewiesen, zum Beispiel ihr Blut auf ihres Vaters Hacken, um im Anschluss seine geliebte Jessica mitsamt seiner blutigen Kleidung in eine Kiste zu zwängen, die für einen einzelnen Mann eigentlich viel zu schwer war. Darüber machte er sich allerdings nicht viele Gedanken, weil er auf die übermenschlichen Kräfte baute, die Mörder auf der Flucht im Normalfall entwickeln, falls in der ganzen Situation überhaupt noch ein Funke Normalität steckte. Zum Schluss versuchte er noch seine Fußspuren zu entfernen und wartete auf die schützende Dunkelheit.
Als es endlich dunkel war, machte Jack sich auf den Weg. Die „Büchse der Pandora“ im Kofferraum verstaut, raste er sämtliche Verkehrsregeln missachtend nach Hause. Während der Fahrt dachte er gründlich über seine Situation nach. Es gab Gründe zuhauf, wegen derer es unausweichlich schien ihn als Mörder zu verdächtigen.
Erstens hatte ihn wohl ein Gutteil der Nachbarn gesehen, als er mit Jessica vorfuhr.
Zweitens mussten seine Fingerabdrücke überall verteilt sein, in erster Linie auf der Mordwaffe. Obwohl die hatte er noch immer eingesteckt, außerdem war da noch eine Tote im Wagen.
Jack fand das seien schlechte Aussichten ungestraft davonzukommen. Doch die positiven Aspekte des Ganzen drängten sich unmittelbar darauf in sein Bewusstsein. Niemand kannte ihn dort, nicht einmal ihre Eltern hatten seinen Namen gewusst. Und das Auto war das von Jessica. So ganz nebenbei war er noch nie straffällig geworden, was die Fingerabdrücke völlig wertlos werden lies. Vielleicht sah seine Lage doch nicht so schlecht aus. Jetzt musste er nur verhindern mit diesem Auto in seinem Heimatdorf gesehen zu werden, also stellte er auf halbem Weg ab und ging zur nächsten Bushaltestelle.
Ein intensiver Duft begrüßte Jack, als seine Gedanken wieder in der Gegenwart angekommen waren. Diese Mischung aus Schweiß, Fäulnis und der Süße eines billigen Frauenparfums war ihm bisher nur an einer einzigen Person aufgefallen. Jessica!
Nachdem er die Kiste mit Jessicas sterblichen Überresten abgeholt und ihr Auto in einem nahe gelegenen Teich versenkt hatte, fuhr er in seinem fünfzehn Jahre alten Ford Richtung Heimat. In seinem Haus angekommen, verstaute er die Kiste im Keller. Was sollte er nun mit ihr machen? Vorsichtig öffnete er das Behältnis und betrachtete die zusammengepferchte Leiche darin, die in seinen Augen noch immer äußerst lebendig aussah. Zwar war Jack noch immer bewusst, dass er ein Mörder war und die Tat belastete ihn noch immer stark, aber gleichzeitig hatte sich eine unwirkliche Kälte in ihm eingenistet, die seine Taten nicht ganz so schlimm erscheinen ließ. Aus diesem Grund war auch jegliche Reue aus ihm gewichen und so konnte er die Leiche seiner Freundin ohne Ekel oder Schuldgefühle betrachten. Sie war noch immer schön und man konnte von oben tief in ihren Ausschnitt sehen. Erst bemerkte er nicht wie sich sein Gemächt langsam versteifte, doch als ihm seine Gier nach Jessicas Weiblichkeit bewusst wurde, zog er sie aus der Kiste, um sie auf einem Tisch auszubreiten. Erst betrachtete er sie stumm und entkleidete sie so sanft er nur konnte, doch dann siegten seine niederen Instinkte. Mit einem Ruck brachte er ihren Körper in die richtige Position, um anschließend mit aller Wucht zuzustoßen. Fast wäre ihm sein Stecherwerkzeug abgebrochen. Ihrer Körperflüssigkeiten beraubt stellte es sich als eine relativ unrunde Angelegenheit heraus. Jack war schon dabei alles wieder zusammenzupacken und sich mit der Scham auseinanderzusetzen, die einem dreifachen Mörder und Leichenschänder zustand, als er über eine Tube Gleitcreme stolperte. Die musste sein Freund Max verloren haben. Max und seine Freundin Cathy trieben es wirklich immer und überall. Da manche ihrer Angewohnheiten Hilfsmittel erforderlich machten, brachten sie meistens das Halbe Inventar eines Sexshops mit, um auf alles vorbereitet zu sein. Wie auch immer, diese Entdeckung eröffnete Jack ungeahnte Möglichkeiten. Unversehens lief die Sache wie geschmiert. Fast wie früher möchte man meinen, aber Jack gefiel es sogar noch mehr. Und so verging er sich an der Leiche die früher seine Liebste gewesen war. Bei sich dachte er, dass sie bestimmt nichts dagegen gehabt hätte, denn mit Lebendigen war er bedeutend schlechter bei der Anwendung diverser Sexpraktiken gewesen. Nachdem er seine khakifarbene Hose wieder angezogen hatte, fühlte er sich wie neu geboren, wenn er auch einen milden Juckreiz verspürte der seine Genitalien peinigte. Es war ihm egal, der Hauch des Verbotenen hatte ihn in seinen Bann geschlagen. Die nächsten Wochen tat er es jeden Abend und wurde dabei immer kreativer, obwohl er von niemandem Beifall zu erwarten hatte.
So schön es auch war, Jessicas Geruch machte ihn schon nach wenigen Tagen wahnsinnig. Nach vier Wochen war wohl das endgültige Ablaufdatum erreicht. Irgendetwas musste geschehen!
„Eine Runde Whiskey! Und zwar schnell!“, schrie ihn ein groß gewachsener Ire an. „Kein Problem. Ich bin in einer Minute zurück!“, entgegnete Jack ungewohnt höflich, doch nur er wusste warum. So schnell er konnte füllte er die Gläser und brachte sie zum Tisch, an dem sich zehn ungeduldige und über die Maßen angeheiterte Gäste befanden, die alle um das erste Gläschen kämpften. Sie stießen an, tranken alle auf Ex aus und bestellten eine weitere Runde, wobei sich ein diabolisches Lächeln in seinem Gesicht breit machte.
Es hatte verdammt lange gedauert, die Leiche zu zerstückeln, alles Fleisch in seinem Ofen zu verbrennen und die Knochen zu einem feinen Pulver zu verarbeiten, damit es in keinem Getränk zu sehen war. Die Verteilung allerdings würde noch länger dauern, dessen war er sich ganz sicher. Doch diese Arbeit vermittelte nicht das Gefühl anstrengend zu sein. Er hatte schließlich gute Gründe diese Anstrengung auf sich zu nehmen. Während ihn das Schicksal zum Mörder und Leichenschänder gemacht hatte, würde er so viele Gäste dieses Etablissements zu Kannibalen machen, wie er nur konnte.
„Das Bier hier hat aber einen komischen Nachgeschmack!“, merkte Cindy geistesabwesend an. Jack beschloss nicht darauf zu reagieren, dennoch musste er antworten, da sie ihn mit einem intensiv fragenden Blick anstarrte. „Das Bier ist in Ordnung! Meine Stammmarke. Es gibt nichts Besseres!“, versuchte Jack zu beschwichtigen, doch sie wollte auf etwas anderes hinaus.
„Sie sehen genauso aus wie Jefferson McOlssen!“
Jack verschlug es die Sprache. Mit einem Mal kam ihm zu Bewusstsein, dass er durch seinen berühmten Zwillingsbruder überall erkannt würde, wenn „The Blue Sky“ erst einmal in allen Kinos lief. Er sah eine Polizeimarke in der Innentasche von
Pinoccios schwarzem Jackett aufblitzen.
Frank klopfte an der Tür und betrat nach kurzem Warten mit einem Fax in der Hand das Zimmer. Kurz blickte er sich um. Jefferson saß an seinem Tisch und trank ein Glas Wein, das er in seiner linken Hand hielt. Zu seiner Rechten stand der Schrankkoffer in dem Jefferson für gewöhnlich seine Sachen verstaute. Als sein Schützling, dem er schon seit Jahren als Manager zur Seite stand, ihn ansah, begann Frank zu sprechen.
„Ich habe eine schreckliche Nachricht für dich Jefferson!“
Sein Gegenüber streckte ihm die Hand entgegen und bedeutete Frank ihm das Papier zu überreichen. Frank konnte sich nicht zurückhalten und musste ihm die Nachricht im Voraus sagen. „Dein Zwillingsbruder ist untergetaucht! Scheinbar hat er die Eltern seiner Freundin ermordet. Sie ist übrigens mit ihm verschwunden!“
Jefferson saß wie gelähmt in seinem Stuhl und schien nicht recht zu begreifen, was Frank ihm vermitteln wollte.
„Was sagst du dazu?“, fragte er Jefferson nachdem keine Reaktion zu bemerken war.
Frank sah den gequälten Ausdruck auf Jeffersons Gesicht, der sichtbar um seine Fassung rang.
„Es ist schrecklich! Jack würde so etwas nicht tun, es muss diese Frau gewesen sein! Lass mich bitte alleine!“, entgegnete der Angesprochene kurz angebunden. Frank verließ langsam das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Als das Zimmer wieder geschlossen war, verschwand jegliche Qual aus Jacks Gesicht und machte einem hämischen Grinsen Platz. Er nippte an seinem Wein, während er geistesabwesend den Schrankkoffer zu seiner Rechten tätschelte, in dem sich die Leiche seines Zwillingsbruders befand. Als er ihn so musterte, fiel eine Tube Gleitcreme vom Tisch. Jack konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen als er sie ansah.
ENDE