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Der geheimnisvolle Besuch
Susi wurde mitten in der Nacht wach. Sie hatte Durst. Als sie sich gerade über ihren Nachttisch beugte, um nach dem Wasserglas zu greifen, sah sie ihn. Sie erschrak fürchterlich und schrie laut: „Mama, Mama, ein großer Geist ist bei mir im Zimmer und fliegt durch den Raum.“ Ihre Mutter eilte ins Kinderzimmer und machte das Licht an. „Susi“, flüsterte sie. „Was ist los? Warum schreist du so? Hast du schlecht geträumt?“
„Nein Mama, ich habe nicht geträumt, ich war wach. Ich wollte gerade etwas trinken, da habe ich einen Geist gesehen. Er ist hin und her geflogen. Mal war er klein, dann wieder ganz groß. Er hat mir Angst gemacht!“, berichtete Susi ganz aufgeregt. Dabei sprang sie im Zimmer herum und zeigte die Stellen, an denen sie den Geist gesehen hatte. Susis Mutter durchsuchte das komplette Kinderzimmer. Sorgfältig prüfte sie das Fenster. Es war verschlossen. Unter dem Bett war nichts zu sehen und auch im Kleiderschrank befanden sich nur die Klamotten von Susi.
„Nun lass uns wieder schlafen gehen. Vielleicht hattest du doch nur schlecht geträumt. In diesem Zimmer ist kein Geist zu finden“, versuchte die Mutter ihre Tochter zu beruhigen.
Susi ließ sich überreden, aber nur unter der Bedingung, dass das Licht an bleiben durfte.
Und ihre Mutter hatte Recht. Der Geist kam nicht wieder.
Am nächsten Tag dachte Susi noch lange über ihr gruseliges Erlebnis nach. Doch im Laufe des Tages, als sie mit ihren Spielkameraden im Kindergarten bastelte und sang, geriet es immer mehr in Vergessenheit. Abends beim zu Bett gehen, lächelte sie bei den Gedanken über ihre Freundin Klara, die heute ihr Butterbrot, mit der beschmierten Seite nach unten, hat fallen lassen. Dies ließ die letzten dunklen Gedanken verschwinden.
Doch als sie dann noch wach im Bett lag, war der Geist wieder da. Blitzschnell sprang sie unter der Decke hervor und schaltete, laut rufend, das Licht an und versteckte sich hinter ihrem großen Teddybären. Mama und Papa kamen ins Zimmer geeilt. Beide nahmen Susi in den Arm und versicherten ihr abermals, dass sich bestimmt kein Geist im Zimmer befände.
„Darf ich heute Nacht bei euch schlafen?“, fragte Susi schluchzend.
Sie durfte natürlich. Susi kuschelte sich ganz eng zwischen Mama und Papa und genoss die Wärme. Hier gab es mit Sicherheit keine Geister! Vorsichtshalber schaute sie sich noch mal im Raum um und schlief dann beruhigt ein.
Am nächsten Morgen im Kindergarten, schnappte sie sich ihre beste Freundin Klara und erzählte von ihrem Geist. „In meinem Zimmer ist nachts ein Geist. Nur ich kann ihn sehen. Vor Mama und Papa hat er bestimmt Angst. Ich will keinen Geist in meinem Zimmer haben.“
Klara machte ein wissendes Gesicht und erklärte ihrer Freundin alles: „Susi, das ist bestimmt kein Geist. Das doch nur die Zahnfee. Sie kommt, wenn ein Zahn heraus fällt und tauscht ihn gegen ein kleines Geschenk aus. Aber nur wenn der Zahn immer gut geputzt wurde. Das hat mir meine Mama erzählt. Letzte Woche ist mir ein Zahn raus gefallen. Ich habe ihn unter mein Kissen gelegt und die Zahnfee hat ihn nachts genommen und mir eine neue glitzernde Zahnbürste hingelegt. Leider habe ich es verschlafen.“
„Aber mir ist doch gar kein Zahn heraus gefallen“, entgegnete Susi.
„Vielleicht hat sich die Zahnfee im Zimmer geirrt und ein anderes Kind hat einen Zahn verloren. Heute Nacht musst du ganz still sein, vielleicht bringt sie dir trotzdem etwas mit.“
Dies klang einleuchtend. Als Susi abends ins Bett gebracht wurde, verkündete sie ihrer Mutter, dass sie keine Angst mehr habe. Susi fürchtete, dass ihre Mutter bald wieder nach ihr schaute und dann die Zahnfee vertrieb.
Kaum schloss ihre Mutter die Tür, war auch schon die Zahnfee da. Susi versuchte tapfer zu sein und keine Angst zu haben. Sie wartete ab, was passierte. Nichts. Sie sagte leise: „Hallo“, aber es kam keine Antwort. Nun bekam sie doch wieder Zweifel. Eine Zahnfee würde sich doch vorstellen oder sie begrüßen. Vielleicht war es doch ein Geist, der darauf wartete, dass sie einschlief, um sie dann zu erschrecken. Sie rief nach ihrem Papa. Der war stark und konnte ihr bestimmt helfen den Geist zu vertreiben.
Aber wie die Nächte davor, war der Geist weg sobald Mama oder Papa in den Raum kamen.
„Ich habe einen Plan, Susi“, flüsterte Papa. "Wir machen das Licht aus und ich warte mit dir zusammen auf den Geist.“
Er machte das Licht aus und setzte sich neben das Bett. Susi nahm seine Hand und drückte sie ganz fest. Sie hatte Angst und hatte Schluckauf vor Aufregung. Und da war er auch schon. Susi hielt sich an ihrem Papa fest und war gespannt was er nun mit dem Geist anstellen würde. Doch ihr Papa fing laut an zu lachen. Susi schaute ganz verdutzt.
Ihr Vater schmunzelte: „Ich zeige dir, dass dein Geist gar kein Geist ist! Komm mit mir!“
Auf allen Vieren krabbelten die beiden an die Wand. Dort ist, in der Steckdose, ein kleines Nachtlicht, damit es bei Susi nicht gar so dunkel im Zimmer ist, wenn sie schläft. Nun musste auch Susi lachen. Die Glühbirne hat einen Lampenschirm um sich herum. Dort hatte sich eine kleine Motte verfangen. Die hatte den Schatten, der wie ein Geist aussah, an die Decke geworfen.
„Das muss ich morgen früh im Kindergarten direkt Klara erzählen“, gluckste Susi.