Der Fremde
Ich hätte die Welt in Fetzen zerreisen können!! Ich wäre am liebsten auf und davon gelaufen! Aber leider war ich ja zu intelligent , um nicht zu wissen, dass meine Probleme damit nicht gelöst wären.
So hockte ich also im Regen auf diesem verdammten Bordstein, nass bis auf die Haut, das Gesicht in den Armen vergraben und heule wie ein Mensch nur heulen kann.
Plötzlich Schritte. „Are you okay?“ fragte eine männliche Stimme über mir. Neiiin natüüüürlich war ich okay, ich saß ja jeden Tag hier und weinte mir fast die Augen aus dem Kopf!! Ich erwiderte unwirsch so etwas wie: „I’m okay, let me alone...“
Von wegen. Stattdessen stand er immer noch da. Ich sah hoch, gegen das Laternenlicht konnte ich sein Gesicht nicht sehen, aber er schien mich halb interessiert, halb besorgt anzuschauen. Nahm ich zumindest an. „Was willst du denn noch??“ fauchte ich auf Deutsch. Er lachte leise und setzte sich ganz selbstverständlich neben mich. „What?? Can you translate your words?”
Ich fragte mich allmählich, was der sich dabei dachte, mir dermaßen auf den Wecker zu gehen. Ich rückte ein Stück ab und versuchte, mein Englisch zu sortieren. So eisig wie ich nur konnte wiederholte ich meine Worte auf Englisch. Keine Reaktion.
Der Fremde holte tief Luft und schien ernsthaft über meine Frage nachzudenken. Ich wollte mein Gesicht gerade wieder auf meine Arme legen, da sagte er plötzlich: „What I want here? I was wondering what are you doing here.”
“Nothing!” zischte ich. Das sei aber falsch, meinte er munter. Man könnte ja nicht auf der Straße sitzen und NICHTS tun. Ich könne das schon, erwiderte ich, immer noch hoffend, dass er endlich verschwinden würde. Nein, ich würde hier sitzen und weinen, wurde ich belehrt.
Na so was, was für ein schlauer Mensch, dachte ich genervt. Wenn er das so genau sehen würde, warum müsse er denn dann nachfragen? Ich stand entschlossen auf und lief davon.
Nach zwei Schritten war er neben mir. „Where are you going?” fragte er mich neugierig. Ich suchte nach einer schlagfertigen Antwort, aber mir fiel plötzlich keine ein. Ich blieb stehen. „I don’ t know...“ sagte ich leise. Meine frostige Fassade war wie weggeblasen.
Der Fremde setzte sich auf wieder auf den Bordstein und nach einer Weile setzte ich mich einfach dazu. Und dann erzählte ich ihm einfach alle meine Probleme. Ich redete und redete alles von der Seele. Es musste eine halbe Ewigkeit sein.
Er hörte einfach stillschweigend zu. Als ich geendet hatte, schwiegen wir beide. Nach einer Weile fiel ich plötzlich auf, dass ich ja auf Deutsch geredet hatte und er musste ja gar nichts verstanden haben. „Äh...I’ m sorry,“ stotterte ich, „but did you understand anything?“
“No.” meine er ruhig. „But thats okay. It helped YOU. More than any medicine.” Und damit stand er auf und ging davon. Ich folgte ihm nicht. Ich sah ihm nur nachdenklich nach und konnte es nicht fassen, dass ich diesem Fremden einfach meine ganzen Probleme erzählt hatte.
Nach eine Weile stand ich ebenfalls auf. Es hatte mittlerweile aufgehört zu regnen und so lief ich zurück nach Hause. Meine Probleme waren nicht weniger geworden, aber sie erschienen mir auf einmal nicht mehr so ausweglos.
Den Fremden sah ich nie wieder.
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Hi, ich mache sowas zum ersten mal und war einfach mal neugierig, was die Leute so zu der Story zu sagen haben!! Also, ich erwatre eure Meinungen!
Krissie