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Der fliegende Teppich
Erste Version, zweite folgt weiter unten im Thread
Der fliegende Teppich
Vor langer Zeit, als die Erde noch jung war, und die Naturwissenschaften noch nicht die Kraft der Natur beschränkt hatten, war einmal ein handgenknüpfter Teppich. Natürlich nicht von Kindern handgeknüpft, sondern von einer schönen Prinzessin, die eingesperrt in einem hohen Turm einen fliegenden Teppich knüpfen wollte, um aus ihrer Gefangenschaft zu entkommen.
Und die Prinzessin knüpfte in den Teppich ihren persönlichen Zauber und all ihr Wissen und sang die schönsten Lieder, die sie kannte. So wurden in den Teppich die Weisheit vergangener Tage und die Magie der Musik geknüpft, damit er fliegen und denken konnte. Denn ein Teppich der fliegt, aber nicht denken kann, fliegt bald gegen einen Baum, bald gegen einen Turm, und das ist nicht gut.
Als sie fertig war, setzte sie sich auf den Teppich, ein schöner Teppich, mit einem Motiv eines wilden Reiters auf einem weißen Hengst in der Wüste. Über ihm der weite Himmel des Orients. Am Horizont, die aufgehende Sonne, die das Licht der letzten Sterne verdrängt und mit roher, strahlender Energie übertüncht; arrogant und selbstverherrlichend.
Die Prinzessin setzte sich auf den Teppich und flog aus dem Fenster hinaus in die Weite des Himmels, hinein in die Freiheit.
Doch der Teppich war ein weiser Teppich, denn die Prinzessin hatte ihm die Weisheit ihrer Lieder eingeknüpft, und er wusste, dass die Prinzessin nie frei bleiben würde. Irgendwann würde sie wieder jemand gefangen nehmen, selbst wenn sie es selbst nicht so wahrnehmen würde. Und so flog er nicht weit und als sie über dem Ozean waren, stürzte er mit der Prinzessin in die Tiefe des schwarzen Wassers. Und er umschlang die Prinzessin und nahm sie mit in die einzige endgültige, absolute Freiheit. Nie würde sie von irgendjemand gefangen werden.
Und der Teppich entstieg den Tiefen des Meeres und siehe da, seine Farben waren verwaschen, das salzige Wasser hatte seine leuchtenden Farben zerstört, und er war nun kein schöner Teppich mehr. Bleich war er und bald auch schmutzig, denn der Staub der Wüste klebte an ihm, Und der Teppich wurde verbittert, denn obwohl er ein fliegender Teppich war, wollte ihn keiner mehr haben, weil er so hässlich war. Und bis heute ist der Teppich alleine, er fliegt im geistigen Vakuum der Menschheit und sucht jemand der ihn gefangen nimmt.
ednE