Was ist neu

Der Feuerschlucker

Mitglied
Beitritt
25.11.2016
Beiträge
29
Zuletzt bearbeitet:

Der Feuerschlucker

Es ist seine Passion, Leidenschaft und Wahnsinn zugleich.
Die Flamme züngelt an der Fackel, lodert hell, während kleine im Dunkel der Nacht fast unsichtbare Rauchschwaden in den Himmel steigen.
Er steht da und gleich einem Götzenbild eines griechischen Vorzeigehelden sind seine Arme ausgestreckt, während er in einer Hand die brennende Fackel hält.
Ein Platzsprecher kündigt verheißungsvoll, das spektakuläre Ereignis an, während die Fackel sich langsam und gefährlich nahe dem muskelbepackten Körper des Feuerschluckers nähert.
Würde man am Rande des Geschehens stehen, könnte man wohl kaum einen Blick erhaschen.
Dicht gedrängt und erwartungsvoll, bilden etwa 100 Menschen einen großen Kreis.
Das „Ah“ und „Oh“ der Masse, kündigt allerdings das nahende Szenario an.
Gleich ist es soweit!
Jetzt rollt er effektvoll mit den Augen und mit einem Ruck schiebt er die Flamme in seinen weit geöffneten Mund.
Der Feuerschlucker schließt seinen Mund um ihm gleich darauf wieder zu öffnen und eine große Stichflamme zu entzünden, die er von sich speit.
Tosender Applaus ertönt und der Künstler verbeugt sich artig.
Die Menge lichtet sich rasch und der Künstler steht nun einsam und alleine in der so klaren Sternennacht.
Mit hängenden Kopf und einem Blick der von Trauer spricht, lehnt er sich an eine Zeltplane.
Nur noch wenige Monate bleiben ihm, dann wird ihn das Schicksal einholen.
Er blickt zu den Sternen und fängt an zu weinen.
In diesem Moment ist er ein Held, aber ein geschlagener Held.
Ein Kampf tobt in seinem Inneren und bald wird er nur noch ein Schatten seiner selbst sein.
„Lieber Gott, hilf mir!“ seufzt er ein Stoßgebet zum Himmel und wendet den tränenverschleierten Blick in Richtung Boden.
Er nimmt die Fackel und bereitet sich auf seinen wirklich letzten, großen Abgang vor.
Er taucht die Fackel in eine Flüssigkeit und endzündet sie dann erneut an einer Feuerstelle um dann denn brennenden Stab zu seinem Körper zu führen und ihn zu entzünden.
Er brennt lichterloh und es dauert ein Weilchen bis jemand die dramatischen Ereignisse bemerkt.
Es kommt Bewegung in die Menge und sie versammeln sich wieder im Kreis um der so spektakulären und realistischen Aufführung zu folgen und nichts zu verpassen.
Als der Mann am Boden liegt und keine Anstalten mehr macht aufzustehen meint ein älterer Herr, der es seinem Sohn zuraunt: „Komm wir gehen, das ist einfach nur langweilig.
Auf diesem Jahrmarkt gibt es sicher bessere Attraktionen.“
Als das Dunkel der Nacht über den Feuerschlucker hereinbricht und der Schmerz schier unerträglich wird, hört aus weiter Ferne plötzlich ein mächtiges Donnergrollen und mit einem Mal steht er wieder in der Menge und vollführt einer seiner üblichen Aufführungen.
Eine Stimme flüstert wie aus weiter Ferne: „ Das ist deine zweite Chance, nütze sie gut!“
Er spürt den Regen auf seiner Haut und die Menge ist ihm jetzt völlig egal.
Er lacht und fährt mit seinen klatschnassen Händen durch sein Haar.
Dann packt er seine Utensilien und verlässt mit erhobenen Haupt die staunende Menge, ohne ein Blick zurückzuwerfen. Sein Körper fühlt sich leicht und unbeschwert an und seit langer, langer Zeit spürt er keine Schmerzen mehr.
Die Ärzte werden es später als großes Wunder bezeichnen.
Die wundersame Errettung des Feuerschluckers.
Er weiß es und spürt es tief in seinem Inneren.
Er kennt die Antwort über das Wie und das Warum, doch das behält er lieber für sich, für immer.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sunnshine,
ich möchte meinen Leseeindruck in drei Phasen beschreiben:
- Skepsis
- Verwirrung
- Überraschung

Zur Skepsis: Im ersten Abschnitt lese ich ein Genrebild eines Jahrmarktkünstlers. Das ist eine viel besprochene Figur, die in zahlreichen Varianten in der Literatur vorkommt, weil sie sich wunderbar als Demoobjekt für die Doppelbödigkeit darstellender Kunst eignet. Ich bin skeptisch, weil der gewählte Tonfall so antiquiert und behäbig daherkommt, so aufgeplustert theatralisch, um die Bedeutung der Szene zu unterstreichen. Skeptisch, weil das so epigonal klingt. Ich denke mir, wenn es noch eine besondere ironische Wendung nimmt, wie bei den Texten von Eric Satie, die er zu seinen Sonatinen geschrieben hat, könnte es noch gehen.
Verwirrt:

Er blickt zu den Sternen und fängt an zu weinen.
In diesem Moment ist er ein Held, aber ein geschlagener Held.
Ein Kampf tobt in seinem Inneren und bald wird er nur noch ein Schatten seiner selbst sein.
Das kommt für mich zu plötzlich und ist eine reine Feststellung. Ich hatte, wie gesagt, eine ironische Brechung erhofft. Aber das gleitet in eine hohle Theatralik hinein, die das klassische Heldenmotiv vom Anfang aufnimmt, ohne konkret zu sein.
Überraschung: Hoppala. Jetzt wird es doch ungewöhnlich. Er zündet sich selbst an. Das hab ich nicht erwartet.
Das harmlose "Weilchen" finde ich einen guten ironischen Kontrast zur Dramatik des brennenden Spuckers.
Weilchen bis jemand die dramatischen Ereignisse
Das ist für mich eine wirklich gelungene Stelle. Sprachlich nicht, mit dem "der es seinem Sohn". Das finde ich verschenkt vom Satzbau her im Vergleich zur wirklich schönen Konstruktion der Interesselosigkeit. Ein schönes und gelungenes Bild wofür auch immer.
meint ein älterer Herr, der es seinem Sohn zuraunt: „Komm wir gehen, das ist einfach nur langweilig.
Auf diesem Jahrmarkt gibt es sicher bessere Attraktionen.“
Er hat vorher schon die Sterne angeschaut, also muss es schon dunkel sein.
Dunkel der Nacht über den Feuerschlucker hereinbricht
Das finde ich nicht gut gelöst. Er brennt und steht später heil auf. Aber dazwischen fackelt er so dahin?
Schmerz schier unerträglich wird
Geht mir zu schnell.
mit einem Mal steht er wieder in der Menge und vollführt einer seiner üblichen Aufführungen.
Den Schluss finde ich dann wieder interessant. Eine Katharsis und ein offener Schluss.
In der Summe finde ich den Text vom Sujet her interessant in der Offenheit und in der überraschenden Wendung. Zur Sprache habe ich schon was geschrieben, obwohl es im Rückblick dann für mich doch irgendwie passt. Was mir nicht so gelungen vorkommt, sind die Übergänge und die emotionale Schilderung. Die Kommasetzung sollte man unbedingt noch kontrollieren. Und auch sprachliche Details unter die Lupe nehmen.
Ein paar Beispiele:
Zahl egal, zu technisch:
bilden etwa 100 Menschen einen großen Kreis.
So entbehrlich.
der so klaren Sternennacht
Wirklich entbehrlich.
seinen wirklich letzten, großen Abgang vor.
Herzlich
rieger

 

Hallo rieger!

Danke erstmal für deine wirklich professionelle und stilistisch hervorragende Kritik!

Ich bin skeptisch, weil der gewählte Tonfall so antiquiert und behäbig daherkommt, so aufgeplustert theatralisch, um die Bedeutung der Szene zu unterstreichen. Skeptisch, weil das so epigonal klingt. Ich denke mir, wenn es noch eine besondere ironische Wendung nimmt, wie bei den Texten von Eric Satie, die er zu seinen Sonatinen geschrieben hat, könnte es noch gehen.

Du hast recht: Der Tonfall ist antiquiert und aufgeplustert theatralisch.
Ich wollte damit dem ganzen Text mehr Farbe und vor allem eine besondere stilistische Note geben.
Die emotionale Schilderung werde ich natürlich auch noch mal überdenken und denn ganzen Text auf fehlende Kommasetzung überprüfen.
Zudem werde ich den Text auf Logikfehler durchforsten.
Den Schlussteil werde ich definitiv überarbeiten, da er zu starke Verwirrung verursacht und zu viele Fragen offenläßt.
Frage: Von wem wurde er gerettet?
Frage: Wieso steht er eigentlich plötzlich wieder auf?

Ganz liebe Grüsse und nochmals vielen Dank für deine ausführliche Kritik
Sunnshine

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom