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Der Feuerdämon

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09.01.2012
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Der Feuerdämon

Baal kauert im warmen Schein einer Sonnenader, unter schief emporragenden Himmelsfelstrümmern. Einst hatte er seine Tage auf Grund gezählt, doch er hat es längst aufgegeben, so wie er seine rotnarbige Haut nicht mehr kratzt und nicht mehr in den leeren Himmel aufblickt. Mit diesem Gedanken fällt er in einen raschelnden, unruhigen Schlaf und träumt von der Zeit, als Grund ein fernes, felsiges Ödland gewesen war, lange bevor es um ihn herum in Asche getaucht wurde, bis es schließlich unter den ziellosen Schritten seines Exils in pflanzlichem Leben erblühte.
Er träumt von Himmelsinseln, soweit das Auge reicht, getragen und gewärmt von Sonnenstein. Von dicker, süßer Luft die er im Schlaf gierig zu trinken glaubt, während sein verbrannter Körper japsend dünnes Gas einsaugt. Jener Luft, die Sonnenstein noch in den Himmel empor zu tragen vermocht hatte. Von kühlen Bädern in den Wolken und Städten über dem Sturm. Von Sonnenminen, aus denen goldleuchtendes Mineral, mit Seilen gebündelt und von Windschiffern gelenkt, zu den Fertigungsstätten seines Volkes schwebte. Von Himmelsfelslawinen, die langsam in die Tiefe stürzten, die einmal Grund genannt werden würde. Grund war immer näher gekommen, eine mysteriöse Abraumhalde von trägem Stein, doch ihnen war er egal gewesen. Der gewonnene Sonnenstein trug ganze Städte, stolze Schiffe und wendige Segelflitzer in neue Höhen. In grauer Vorzeit hatten die vorzeitlichen Windnomaden erst sein Licht und seine Hitze, dann seinen Donner benutzt, um die Pteraptoren zu verjagen und zu töten. Sich zu wärmen, zu versammeln und Geschichten zu erzählen. Der Himmel hatte nun ihnen gehört. Bis zu jenen Tagen, an denen die Leere darüber so nahe gewesen war, dass sie sich Grund zugewandt hatten, tiefe Löcher gegraben und Schächte erschlossen, neue Wunder wie Kohle entdeckt- Aber nie einen Himmel unter Grund. Er erinnert sich, einer jener Furchtlosen gewesen zu sein. Und schließlich den Feuerdämon befreit haben.
Baal wacht mit einem stummen Schrei auf, die narbenübersäten Züge im Schrecken verzerrt, als er einmal mehr das Brüllen der Flammenwand hört, welche von Horizont zu Horizont die Luft verbrennt. Bis sie so dünn ist dass Inseln, Schiffe und Flitzer fallen, selbst die letzten Pteraptoren. Doch er träumt nicht. Noch während er hyperventiliert und um Atem ringt, stürzt er beim Anblick der Flammensäulen panisch davon, auf denen Feuerdämonen aus dem verbrannten, kahlen Himmel über ihn kommen. Sie brechen durch das fremdartige Dschungelgeäst der aschebefruchteten Halde und kreisen ihn ein. Er stürzt in eine der zahlreichen Felsspalten, doch ehe er sich verkriechen kann entflammt sein Bein mit einem ohrenbetäubenden Knall. Baal erstarrt für einen Augenblick vor Schmerz. Dann windet er sich und wühlt und krächzt, aber sie packen und halten ihn fest.
„Unglaublich. Sie sollten längst alle tot sein.“ Der Jäger senkt seine Atemmaske und verzieht die jugendlichen Lippen, als er die dünne, heiße Luft schmeckt, die auch seine Generation noch nicht schmerzfrei atmen kann. Die Kohletriebwerke auf seinem Rücken ersterben mit einem letzten, glutheißen Wimmern.
„Gleich. Das ist der Letzte.“ Ihr greiser Anführer spricht durch seine Maske, während er die Hülsen aus seiner Feuerwaffe auswirft. Dann geht er in die Hocke und mustert durch die Gläser seiner Fliegerbrille die panisch aufgerissenen Augen des wimmernden Wesens. Ein goldenes, ein himmelgraues. „Galen Baal, Zünder des ersten Funkens.“ Mitglied der Forschergruppe, welche die Kohle und den Feuerstein entdeckt, schließlich über Grund gezündet, und damit den Himmel entflammt hat. Diese Augen hätte er noch auf seinem eigenen Totenbett wiedererkannt.
„Der letzte Feuerdämon“, flüstern die Jäger andächtig, während ihr Führer auf den Kopf des mythologischen Monsters anlegt.

 
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Liebe Gemeinde, hier ein obligatorisches Nachwort. Diese Fingerübung kam frei nach dem Motto "challange accepted!" zustande. Es ging darum, eine geschlossene Geschichte im Umfang von genau einer Word-Seite (Calibri, 11) zu schreiben. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Ob sie lesenswert ist? Ganz anderes paar Schuhe. Ich bin für jede Kritik dankbar. :)

(Ich habe mir bei der Forenwahl schwer getan- Fantasy oder SciFi? Letztlich habe ich mich aufgrund von Twist und "Ideenliteratur"-Komponente für letzteres entschieden. Ich hoffe, dass das niemanden vor den Kopf stößt.)

 

Hallo quitter,

Lesenswert finde ich die Geschichte auf jeden Fall, du zeichnest ein lebendiges Bild einer fremdartigen Welt, und sprachlich hat es mir gut gefallen. Allerdings ist die Einschränkung, die du dir selbst auferlegt hast, für mich der Hauptkritikpunkt: Die Geschichte ist so kurz, dass du nicht richtig erzählen, sondern nur anreißen kannst. Als würde man in einem dunklen Raum ein Streichholz anmachen, einen ganz kurzen Blick auf eine faszinierende Umgebung erhaschen, und dann verbrennt man sich die Finger und lässt es fallen. Und steht da wieder im Dunkeln mit einer Menge Fragen, weil man in der kurzen Zeit manches nur so aus dem Augenwinkel mitgekriegt hat, aber Pech gehabt, das war halt das einzige Streichholz. Ich würde da lieber in Ruhe mit einer Taschenlampe auf Erkundungstour gehen :).

Dass in diesen wenigen Zeilen trotzdem deutlich wird, worum es geht, obwohl das Ganze in einer so unvertrauten Welt spielt, und dass die Handlung in sich abgeschlossen ist, finde ich schon beachtlich - aber ich bin ziemlich sicher, dass ich die Geschichte noch mehr mögen würde, wenn sie zwei, drei Seiten mehr hätte und sich besser entfalten könnte.

So bleibt vieles vage und Interpretationssache. Ich wüsste zum Beispiel gern ob ich richtig liege mit meiner Vermutung, dass Baal und die Jäger der gleichen Spezies angehören, er sieht nur anders aus, weil er von Brandnarben gezeichnet ist.

Etwas verwirrend fand ich, dass der titelgebende Feuerdämon gleich in drei verschiedenen Bedeutungen auftaucht.

Und schließlich den Feuerdämon befreit haben.
Hier ist es nach meiner Interpretation eine Metapher für die Katastrophe, die Baal und andere Kohlegräber ausgelöst haben, bei der die Atmosphäre in Brand gesteckt wurde.

Noch während er hyperventiliert und um Atem ringt, stürzt er beim Anblick der Flammensäulen panisch davon, auf denen Feuerdämonen aus dem verbrannten, kahlen Himmel über ihn kommen.
Hier denkt er von den Jägern als Feuerdämonen - vielleicht, weil er gerade aus dem Traum aufwacht und die Kohletriebwerke ihn an die Katastrophe erinnern.

„Der letzte Feuerdämon“, flüstern die Jäger andächtig,
Für die Jäger allerdings ist Baal selbst ein Feuerdämon.

Wäre die Geschichte länger, würde mir das glaube ich nicht so viel ausmachen, jede der drei Varianten ergibt für sich genommen ja durchaus Sinn. Aber dadurch, dass die Bedeutung so schnell wechselt, wirkt es etwas konfus, finde ich.

Textkram und Details:

Einst hatte er seine Tage auf Grund gezählt, doch er hat es längst aufgegeben, so wie er seine rotnarbige Haut nicht mehr kratzt und nicht mehr in den leeren Himmel aufblickt.
hat er. Du erzählst ja im Präsens, deshalb muss da nicht die Vorvergangenheit stehen.

Mit diesem Gedanken fällt er in einen raschelnden, unruhigen Schlaf und träumt von der Zeit, als Grund ein fernes, felsiges Ödland gewesen war, lange bevor es um ihn herum in Asche getaucht wurde, bis es schließlich unter den ziellosen Schritten seines Exils in pflanzlichem Leben erblühte.
Aus dem letzten Nebensatz werde ich nicht schlau. Die Pflanzen müssten doch vor dem Freisetzen der Feuerdämonen da gewesen sein, also die logische zeitliche Abfolge wäre für mich pflanzliches Leben - alles in Asche getaucht. Es scheint aber umgekehrt zu sein. :confused:
Später wird der Boden als "aschebefruchtet" bezeichnet, also im Nachhinein denke ich mir, es vielleicht ist es so zu verstehen, dass der Grund vorher öde war, und dann nach dem Brand die Asche den Nährboden für die Pflanzen gebildet hat. Aber trotzdem finde ich den Satz sehr kryptisch.

Er erinnert sich, einer jener Furchtlosen gewesen zu sein. Und schließlich den Feuerdämon befreit haben.
Im zweiten Satz scheint noch was zu fehlen - ich denke entweder "Und schließlich den Feuerdämon befreit zu haben" oder auf den Satz davor bezugnehmend "Die schließlich den Feuerdämon befreit haben"

Bis sie so dünn ist dass Inseln, Schiffe und Flitzer fallen, selbst die letzten Pteraptoren.
Bis sie so dünn ist KOMMA dass

Auf jeden Fall gern gelesen, falls du je Lust haben solltest, das zu einer längeren Geschichte auszubauen, wäre ich auf jedenFall dafür zu haben.

Grüße von Perdita

 

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