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Der Feuerdämon
Baal kauert im warmen Schein einer Sonnenader, unter schief emporragenden Himmelsfelstrümmern. Einst hatte er seine Tage auf Grund gezählt, doch er hat es längst aufgegeben, so wie er seine rotnarbige Haut nicht mehr kratzt und nicht mehr in den leeren Himmel aufblickt. Mit diesem Gedanken fällt er in einen raschelnden, unruhigen Schlaf und träumt von der Zeit, als Grund ein fernes, felsiges Ödland gewesen war, lange bevor es um ihn herum in Asche getaucht wurde, bis es schließlich unter den ziellosen Schritten seines Exils in pflanzlichem Leben erblühte.
Er träumt von Himmelsinseln, soweit das Auge reicht, getragen und gewärmt von Sonnenstein. Von dicker, süßer Luft die er im Schlaf gierig zu trinken glaubt, während sein verbrannter Körper japsend dünnes Gas einsaugt. Jener Luft, die Sonnenstein noch in den Himmel empor zu tragen vermocht hatte. Von kühlen Bädern in den Wolken und Städten über dem Sturm. Von Sonnenminen, aus denen goldleuchtendes Mineral, mit Seilen gebündelt und von Windschiffern gelenkt, zu den Fertigungsstätten seines Volkes schwebte. Von Himmelsfelslawinen, die langsam in die Tiefe stürzten, die einmal Grund genannt werden würde. Grund war immer näher gekommen, eine mysteriöse Abraumhalde von trägem Stein, doch ihnen war er egal gewesen. Der gewonnene Sonnenstein trug ganze Städte, stolze Schiffe und wendige Segelflitzer in neue Höhen. In grauer Vorzeit hatten die vorzeitlichen Windnomaden erst sein Licht und seine Hitze, dann seinen Donner benutzt, um die Pteraptoren zu verjagen und zu töten. Sich zu wärmen, zu versammeln und Geschichten zu erzählen. Der Himmel hatte nun ihnen gehört. Bis zu jenen Tagen, an denen die Leere darüber so nahe gewesen war, dass sie sich Grund zugewandt hatten, tiefe Löcher gegraben und Schächte erschlossen, neue Wunder wie Kohle entdeckt- Aber nie einen Himmel unter Grund. Er erinnert sich, einer jener Furchtlosen gewesen zu sein. Und schließlich den Feuerdämon befreit haben.
Baal wacht mit einem stummen Schrei auf, die narbenübersäten Züge im Schrecken verzerrt, als er einmal mehr das Brüllen der Flammenwand hört, welche von Horizont zu Horizont die Luft verbrennt. Bis sie so dünn ist dass Inseln, Schiffe und Flitzer fallen, selbst die letzten Pteraptoren. Doch er träumt nicht. Noch während er hyperventiliert und um Atem ringt, stürzt er beim Anblick der Flammensäulen panisch davon, auf denen Feuerdämonen aus dem verbrannten, kahlen Himmel über ihn kommen. Sie brechen durch das fremdartige Dschungelgeäst der aschebefruchteten Halde und kreisen ihn ein. Er stürzt in eine der zahlreichen Felsspalten, doch ehe er sich verkriechen kann entflammt sein Bein mit einem ohrenbetäubenden Knall. Baal erstarrt für einen Augenblick vor Schmerz. Dann windet er sich und wühlt und krächzt, aber sie packen und halten ihn fest.
„Unglaublich. Sie sollten längst alle tot sein.“ Der Jäger senkt seine Atemmaske und verzieht die jugendlichen Lippen, als er die dünne, heiße Luft schmeckt, die auch seine Generation noch nicht schmerzfrei atmen kann. Die Kohletriebwerke auf seinem Rücken ersterben mit einem letzten, glutheißen Wimmern.
„Gleich. Das ist der Letzte.“ Ihr greiser Anführer spricht durch seine Maske, während er die Hülsen aus seiner Feuerwaffe auswirft. Dann geht er in die Hocke und mustert durch die Gläser seiner Fliegerbrille die panisch aufgerissenen Augen des wimmernden Wesens. Ein goldenes, ein himmelgraues. „Galen Baal, Zünder des ersten Funkens.“ Mitglied der Forschergruppe, welche die Kohle und den Feuerstein entdeckt, schließlich über Grund gezündet, und damit den Himmel entflammt hat. Diese Augen hätte er noch auf seinem eigenen Totenbett wiedererkannt.
„Der letzte Feuerdämon“, flüstern die Jäger andächtig, während ihr Führer auf den Kopf des mythologischen Monsters anlegt.