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der ferienort
Der Ferienort
Escala ist ein Ferienort an der spanischen Küste aber er könnte auch irgendwo anders sein, Ferienorte sehen irgendwie überall gleich aus.
Früher mag es mal ein netter Ort gewesen sein, ein kleines Fischerdorf mit einem Café in der Bucht um die sich die weißen Häuschen gruppiert haben. Sicher gab es auch eine Bäckerei,
das Brot frisch und warm, eine Apotheke und einen Metzger und einen Laden für Wäscheklammern und Seife und was man so braucht.
Das Café war abends Bar, Wein gab es und öligen Fisch, Tortillas und Oliven.
Ruhig war das Leben im Ort, so ruhig daß man das Geräusch des Windes hören konnte der vom Meer kommt und die salzige Luft bringt, und das Rauschen des Meeres.
Die Männer waren früh morgens mit den Booten draußen, da ist es noch dunkel und das Wasser noch schwarz, die Frauen machten Kaffee und Schokolade für sich und die Kinder.
Die Kinder in die Schule, die Frauen im Haus, alles hat seinen Platz, im Boot, in der Schule, im Haus.
Mittags wurde es ein bißchen lauter, es gibt Essen in den Häusern, die Männer zurück, die Familien am Tisch, Weingläser klirren wenn sie an den Tellerrand stoßen, Besteck klappert, die Kinder haben viel zu erzählen, es riecht nach Fett in den Gassen, und danach- Stille.
Siesta heißt Stille, heißt schnarchende Männer auf der Couch, die Kinder im Bett und die Frauen verräumen noch schnell das schmutzige Geschirr. Dann ruhen sie aus.
So still ist es daß man den Wind hören kann, der die salzige Luft bringt und das Rauschen des Meeres.
Dann kamen die Leute.
Sie kamen von überallher, "wie ist das ursprünglich hier", und saßen im Café und tranken zuviel Wein, "und so günstig", und waren viel zu laut.
Es dauerte zwei, drei Sommer dann gab es einen Campingplatz, ein Hotel mit Restaurant, einen Tretbootverleih und unzählige Geschäfte die Sonnenöl, Luftmatratzen, Zeitungen und Postkarten verkauften. Es gab neue Straßen, öffentliche Toiletten, eine Diskothek und viele Dinge die die alten Familien vorher noch nie gesehen hatten.
Nacktbadestrände zum Beispiel; weiße Frauenbrüste, die zwischen den Booten nach oben schauten wie Blümchen zur Sonne.
In der kleinen Bucht konnte man vom Café aus das Meer nicht mehr sehen, die Sonnenschirme standen dicht an dicht, bunt und schief über den großen Handtüchern ( für die Jungen) und den Liegen ( für die Älteren), über den Wasser- und Colaflaschen, den Eistüten und Radios.
Die Radios waren das Schlimmste.
Möchte man die Leute nicht sehen dann kann man eine Tür schließen, ein Fenster oder einfach nur die Augen. Aber der Lärm- der sucht sich seinen Weg durch die Ritzen, die Vorhänge, durch unsere Finger auf dem Ohr, hinein ins Gehirn und zieht da an den Nerven, unermüdlich, unermüdlich, unermüdlich.
Bald trafen sich die Männer nicht mehr im Café, zu laut, zu viele Leute, teurer alles auch, fotografiert werden ist ein bißchen wie im Zoo sitzen, "hast du den alten Fischer gesehen? Sieht der nicht aus wie von einer Postkarte?"
Die Kinder gehen nach der Schule nicht mehr nach Hause, lieber Brüste anschauen, und Geschäfte. Das Essen wurde kalt in den Küchen und die Frauen machten sich Sorgen- um die Kinder, um die Männer, sie trinken in letzter Zeit zuviel.
Und der Wind kommt vom Meer, das Rauschen bringt er mit und die salzige Luft, nur hören kann man ihn nicht mehr.
Abends zu Hause sein geht nicht mehr so gut, wenn die Lichter an sind bleiben die Leute draußen stehen und schauen da rein. Und die Männer schauen nach den Booten abends und holen die gebrauchten Kondome da raus, die Diskothek wirft bunte Lichter auf den Sand.
Einer der Fischer hat ein Haus etwas außerhalb vom Dorf, ein kleiner Hügel und obendrauf das Haus, weiß. Da sind abends keine Leute, nur tagsüber gehen sie spazieren durch seinen Garten und schauen den Gemüsegarten an und die Ziegen. "Sind die nicht süß? Machst du ein Foto wie ich auf der Ziege sitze?"
Da waren die Männer abends jetzt, tranken Anisschnaps und spielten Karten, beim Spielen und Trinken sagen sich Wahrheiten leichter.
Den ganzen Sommer saßen sie da und den nächsten wieder. Alte Männer, früher mal Revolution gemacht, Bürgerkrieg und Diktatur sind noch nicht lange vorbei, zumindest für die Alten nicht.
Und dann eines Nachts treffen sie sich wieder, die alten Revolver sind geputzt, einer hat ein paar alte Maschinengewehre dabei, die werden verteilt. Es ist schon spät und als erstes gehen sie in das Hotel, über die Treppe in den obersten Stock, sind keine stabilen Türen da, ein Tritt dann sind die auf.
Hinter den meisten sind Leute, fast alle im Bett, ein Paar sind zwei Schüsse, eine Familie ein paar mehr.
Von oben nach unten durch das Hotel, der Speisesaal ist leer, an der Bar noch zwei betrunkene Frauen und ein Kellner, macht drei Schuß.
Dann zum Campingplatz, Zelte kann man leicht aufmachen, ein Reißverschluß, zip, ein Knall oder zwei, fast wäre ein dicker Mann entkommen in seinem Wohnwagen, aber Kugeln gehen durch Glas.
Auf dem Weg zur Diskothek, Bars und Restaurants sind schon zu, ist das ein Pärchen am Strand? Zwei Schuß, ein Hund dabei, noch ein Schuß.
Die Diskothek, drei Maschinengewehre, der hinter der Bar kann sich nicht verstecken, geht alles zu schnell für Panik, liegen schon alle, Blut läuft an einem Glas herunter, die letzten Schüsse sind für die Lautsprecher. Kommt jetzt nichts mehr raus.
Nach all der Knallerei, den Schreien und den Schüssen, jetzt Stille.
Alles ruhig, gehen die Männer zum Café, da ist schon zu, setzen sich auf die weißen Plastikstühle vor dem Café, sitzen da und schauen auf das schwarze Meer, von dort kommt etwas salzige Luft und, leise,
ein Rauschen.