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Der falsche Freund!
Sandra kann sich gar nicht mehr so genau erinnern, wann sie das erste Mal zu ihrem zukünftigem Freund Kontakt aufnahm.
Tausend Gedanken, kreisen durch ihren Kopf, die Erinnerung schmerzt.
Wer hatte ihn, ihr vorgestellt?
Sie hatte keine Ahnung mehr, zu viel Zeit war schon verstrichen.
Sie muss damals ca. 15 Jahre alt gewesen sein, das wird ungefähr hin kommen.
Sandra war von Natur aus ein sehr ruhiges Mädchen, das aber sofort im Beisein anderer in die „Kasperlrolle“ schlüpfte.
Das war ihr Markenzeichen, so wollten sie die anderen haben, immer lustig und sehr unterhaltsam.
Sie konnte nicht anders, für ihr Aussehen würde sie wohl nie jemand beachten, da blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf diese Weise die Aufmerksamkeit zu holen, die sie dringend brauchte.
Aber wie es in ihr drinnen aussah, das wusste keiner.
Es war leider niemand da, der sich die Mühe machte ihr Seelenleben zu hinterfragen.
Dadurch war sie oft sehr einsam, da war niemand zum reden, niemand den sie ihre seelischen Schmerzen mitteilen konnte und davon gab es bei Gott genug.
Eigentlich wusste niemand wie sie wirklich war, was ihre Träume sind.
Ich glaube sie hätte sich vorher die Zunge abgebissen bevor sie die irgendjemand erzählt hätte.
Schön wenn man so viel Vertrauen zu anderen Menschen aufbauen kann!
Als sie dann mit 15 in die Arbeitswelt gestoßen wurde, verlor sich ihr altes Umfeld, alles änderte sich in relativ kurzer Zeit.
Man traf sich nicht mehr in einem Park, sondern in Bars und Kaffeehäusern.
Eigentlich mochte sie die Parks lieber, sie war ja total gerne draußen, aber wie immer schwieg sie und folgte dem Rest der Clique der noch übrig war.
Nach kurzer Zeit wurde ein "Stammkaffee" gefunden und der Park war endgültig Geschichte.
Es war für sie, eine sehr schwierige Situation, sie war nun mal keine Draufgängerin und ohne "perfektem" Aussehen sehr selbstbewusst zu sein, in diesem Alter, ist nicht leicht.
In den Lokalen waren die meisten Leute über 25, für ihre Freunde nicht wirklich ein Problem.
Sie waren ja mit genug Selbstsicherheit ausgestattet um diesen Menschen zu begegnen.
Für sie war es die Hölle!
Sie fühlte sich so klein, so unbeholfen, daür hasste sie sich.
Die anderen Stammgäste, des Lokals, merkten sehr schnell, dass sie ein „Würmchen“ war und da war es dann schon wieder sehr lustig.
Lustig für die anderen, aber das brauche ich glaube ich nicht zu erwähnen.
Es gab wieder, „Jemandem zu verarschen“.
Sie war es gewohnt, dass man über sie Witze machte und versuchte auch hier wieder, tapfer mit zu spielen.
Das alte Verhaltensmuster ging von vorne los, dass Problem war nur, das es diesmal nicht reichte, den „Kasperl“ zu spielen.
Die Leute in diesen Lokalen waren zu „alt“ für ihr kindisches Spiel.
Die Masche zog hier nicht, warum ging sie nicht einfach.
Sie fühlte sich doch total unwohl, aber sie wollte dazu gehören, endlich dazu gehören.
Endlich akzeptiert werden, keine weichen Knie haben, wenn sie mit diesen „hochgeistigen“ Menschen kommunizierte.
Sie beobachtete die Leute heimlich, "warum waren die immer so gut drauf, so überdreht, so überselbstbewusst"? Sie kam relativ schnell hinter das Geheimnis, der fortwährend guten Laune!
Alkohol!!!!!!!!!
"Alkohol ist dein Sanitäter in der Not"
„Komm trink auch mal was, sei net so fad“, gröhlte es aus einer Ecke des Lokals.
Das war der falsche Satz, für ein junges Mädchen mit tausend Komplexen, dass endlich auch beliebt sein wollte.
Was danach folgte ist schon offensichtlich, ihr erster Rausch.
Das große Pech war, dass sie anscheinend über eine gute körperliche Konstitution verfügte, weil am nächsten Tag außer Müdigkeit, keine Katererscheinungen zu spüren waren.
Der Alkohol hatte eine wunderbare Wirkung, auf einmal konnte sie reden, egal wer vor ihr saß.
Sie war „ur cool“, schimpfte wie ein Rohrspatz und es war ihr so verdammt wurscht.
Endlich war sie auf etwas gestoßen, das ihr half selbstbewusst zu sein.
Sie musste nicht mehr nachdenken, „was sag ich“, „wie muss ich mich benehmen“, „was denken die anderen von mir“, alles egal.
Sie hatte ihren Körper, ihre Seele geopfert, nur um dazu zugehören.
Nur um es mit ein paar Vollproleten aufnehmen zu können, die sich aber im Grunde auch nicht für die "wahre Sandra" interessierten.
Nur um endlich das Gefühl zu haben, wie „alle“ anderen zu sein und endlich anerkannt zu sein.
Ihr „neuer Freund“ begleitete sie zunächst nur am Wochenende, mit der Zeit war er auch unter der Woche öfters dabei.
Mir ist heute schleierhaft wie sie es trotzdem geschafft hat, ihre Lehre fertig zu machen.
Vor allem erstaunt mich das ihre Familie, von all dem nichts mit bekam, oder wollte sie vielleicht gar nicht.
Nach ca. 2 Jahren kam dann der große Crash.
Körperlicher und nervlicher Zusammenbruch, zumal am Schluß der Odyssee auch noch Drogen mit ins Spiel kamen. Aber diesen Crash brauchte sie anscheinend, denn von dem Zeitpunkt an veränderte sie ihr Leben von Schlag auf Schlag. Sie fing endlich an zu hinterfragen und ihren Körper zu schätzen, sich mit ihrem Leben und mit ihrer eigenen Persönlichkeit auseinander zu setzen.
Den "alten Freund" verbannte sie aus ihrem Leben und merkte sehr bald, das es auch echte Freunde gibt.
Für sie war es damals der einzige Weg, keiner sagte ihr, dass er falsch war, keiner merkte es!
Jahre später kommt sie sich total albern vor, dass sie damals so gehandelt hat. Sie kann nur kopfschüttelnd an diese Zeit zurück denken.
Aber sie hat daraus gelernt, wie schlimm es ist, wenn man sich nicht aufrichtig geachtet und geliebt fühlt.