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Der Falke des Teufels
Der Falke des Teufels
Es war einmal ein großer König, dessen Macht sich über das gesamte Land erstreckte. Seine Festung war riesig und galt als uneinnehmbar. Er besaß mehr Gold und Juwelen, als jeder andere König auf der Welt und war berühmt für seine große Güte und Barmherzigkeit.
Eines Tages tauchte ein junger Spielmann vor der Festung auf, nicht älter als 15 Jahre. Den lieben langen Tag saß er vor der Zugbrücke, spielte auf seiner Fidel und fütterte seinen Gefährten, einen Falken, der nur ein Auge hatte. Nach einiger Zeit ging er an den Wassergraben, wo ein Soldat Wache hielt und bat um Einlass. Als ihm dieser verweigert wurde, rief er seinen Falken, der den Mann ein paar Mal umkreiste und dann dreimal laut krächzte. Der Junge lächelte und hielt dem Soldaten seine leere Hand hin. „Hier Brot, wollt ihr essen?“ Der Soldat lächelte und sagte freundlich: „Du bist ein guter Junge. Gern will ich dies Brot essen. Du darfst hereinkommen, wenn du möchtest.“ Der Landstreicher kam also in die Festung hinein, wo er auf einige Wachen traf. „Stop!“, riefen sie, und packten ihn. „Du darfst nicht durch!“ wieder umkreiste der Falke sie und krächzte dann dreimal laut. „Möchten die Herren etwas trinken? Es ist doch so heiß heute!“ Er hielt ihnen seine rechte Hand hin, die geformt war als halte er einen Becher. „Dank dir, lieber Junge. Wenn du zum König willst, geh einfach diesen Gang entlang, die Treppen hinauf.“ Dankend sagte der Junge ja, ging weiter, und kam dann in eine große geschmückte Halle. Dort kniete ein Heiliger in weißer Kutte vor einem Kruzifix. „Ihr wollt hübsche Frauen, nicht wahr?“, rief der Junge ihm zu. Erschrocken drehte der Mönch sich um, und fragte: „Junge, vermagst du Gedanken zu lesen?“ „Ich kann dir die Frau an meiner Seite überlassen, wenn du mich durchlässt, zum König!“ Das war natürlich Unsinn, denn an der Seite des Jungen saß nur der Falke und wartete geduldig. Trotz dessen willigte der Heilige ein. „Der König ist ganz am Ende der Halle, dort steht sein Thron.“
Als der Junge den Thron des Königs erreichte, arm und schmutzig wie er war, da wusste dieser kaum wie ihm geschehen war. „Kleiner, der du vor den König trittst, was verlangst du?“ „Ich verlange den Königstitel, deine Burg und all deine Leute für mich.“ Er holte sein Instrument heraus und begann eine merkwürdige, dunkle Melodie zu spielen. Der König wiegte seinen Kopf im Takt, schloss die Augen und summte leise vor sich hin. Als das Spiel beendet war, sank er zu Boden und rührte sich nicht mehr.
Von dem Tage an regierte der Junge über die Festung, die als uneinnehmbar gegolten hatte, und niemand vermochte mehr, zu sagen wer er war.