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Der erste schöne Tag

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20.12.2013
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Der erste schöne Tag

Stephanies Mundwinkel ärgern mich. Stephanies Geruch ärgert mich auch aber nicht so sehr wie ihre Mundwinkel. Es stehen alle Zeichen auf Aufgeben und Untergehen. So sitzt sie mir gegenüber am weißen Tisch der Oberstufencafeteria. Das Gesicht mit dem breiten Kiefer und den kleinen, blassgrünen Augen nach links gewendet. Sie redet mit Mara. Hinter meinem Stuhl steht Lars. „Sitz hin!“ sage ich. Er ist riesig. Im Sitzen. Ich pule die Erdnüsse aus Maras Studentenfutter und lasse sie in seine großen, rosa Hände fallen. Er hasst es, wenn ich ihn wie einen Hund behandle. Manchmal kann ich es nicht lassen. Ich selbst esse nur die Cranberries, Rosinen und Walnüsse. Es reden alle durcheinander. Ihre Köpfe und Hände schwenken und ich lächle und schwenke meine Hände und rede und kichere. Es ist alles überhaupt nicht wichtig und doch schön. Ich schaue flüchtig durch die Glaswand der Cafeteria. Steinplatten und das ehemalige Rauchereck, dahinter die Stadt in der Sonne. Es ist fast eine Frühlingssonne. Der erste schöne Tag. Ein Tag an dem ich mich in jeden verlieben könnte. Ein Tag an dem ich es schön finde dumme Geschichten zu erzählen, mich über fremde Mundwinkel zu ärgern und den Anderen in ihrem Geplapper zuzuhören.

Schwimmunterricht am Nachmittag. Die besseren Schwimmer sollen den Schlechteren beim Verbesser ihres Kraulstils helfen. Ich tauche auf. Tobi fragt mich ob ich ihm zusehe und helfe. „Du darfst aber nicht zu viel erwarten, ich kanns nich so besonders gut“ sagt er, während er sich seine Brille über den Kopf zieht und zurechtrückt. Ich nicke, die Arme vor dem Bauch verschränkt. Ich mag ihn. Er springt und taucht ein. Ich laufe neben der Bahn entlang während er schwimmt. Sein Stil ist eher mühevoll. Die Bewegungen stimmen. Er schwankt zu stark, liegt nicht gut im Wasser. Wenig Eleganz. Er ist groß, größer als ich, dunkle Haare, braune Augen, blasse Haut. Sein Aussehen ist vollständig dunkelblau. Nicht wie Nachthimmel, eher wie ein Bartschatten oder Blut unter der Haut.

Seine Bahn verläuft ganz hinten, parallel zur Glaswand. Geradeaus gibt es einen Liegebereich und ein Kiosk. Ich mag die Schwimmbadluft. Die Wärme und den Chlorgeruch. Er ist am Ende, taucht auf. Ich rutsche ins Wasser. Einerseits um auf gleicher Höhe zu sein, andererseits um weniger zu frieren. Außerdem will ich nicht, dass alle meinen Körper zu genau sehen können. Ich finde mich zwar schön, aber deshalb muss ich ja nicht gleich vor allen im hautengen, nassen, schwarzen Badeanzug dastehen. Nur unsere Köpfe kommen aus dem Wasser. Ich übe Kritik. Er versteht nicht was ich meine. Er versteht es schon, was er falsch macht aber er weiß nicht wie er es richtig machen muss. Ich bin hilflos ich weiß es nämlich auch nicht.

Beim Schwimmen tue ich zwei Dinge. Ich schiebe das Wasser weg und strecke mich so weit wie möglich nach vorne. Ich bin langsam, nicht unbedingt ausdauernd, aber elegant im Wasser. Ehrgeizig bin ich nicht.

Manche denken sie würden leiden. Stephanie hat heute morgen fast geweint weil sie ihren besten Freund zu zynisch findet. Sie hat recht. Er ist zynisch und selbstverliebt und süchtig nach Anerkennung. Ist doch egal. Dafür ist Steph weinerlich und deprimiert und kindlich. Und ich bin egoistisch, verständnislos und verplant. Ich verstehe nicht was das Problem sein soll. Deswegen sind wir auch nicht schlechter als Andere. Das Leben sollte einfach mal ein bisschen weniger dramatisiert werden. Das Leben ist nicht dramatisch. Es ist kalt, heiß, grausam und birgt unvorstellbare Qualen. Es macht dich so glücklich und zerstört dich in der selben Minute. Das alles zwischen Kaffeebechern zum Mitnehmen und Leuchtbuchstaben, Sternbildern, Marmorfußböden und Flugzeugträgern. Der Taubendreck auf dem Gehweg und die Kreuzung am Ende der Straße. Wenn ich das alles so ansehe bin ich unendlich glücklich. Die größte Faszination ist das Gesamtbild. Weil es nur durch die Erschaffung von Millionen von Teilen und das Aneinanderreihen, Übereinanderstapeln, Aufeinander häufen und Ineinander verstecken dieser Teile möglich ist. Und das macht uns zu Menschen. Weil wir das Drama erfunden haben, obwohl das Leben viel zu echt ist um dramatisch zu sein.

 

Hallo Madita,

ich muss gestehen, dass mich dein Text ziemlich ratlos zurück gelassen hat. Liegt es an mir, dass ich ihn einfach nicht verstehe? Habe ich recht, dass du den Alltag von Menschen mit Behinderungen beschreibst? Ich versuche mal ein paar Beispiele zu nennen, was mich verwirrt hat.

Es stehen alle Zeichen auf Aufgeben und Untergehen
Warum? Bei wem - Stephanie? Aber sie unterhält sich doch mit Mara, irgendwie deutet nichts konkret auf totales Aufgeben in dieser Situation hin.

Die Bewegungen stimmen. Er schwankt zu stark, liegt nicht gut im Wasser.
Wenn er zu stark schwankt können die Bewegungen ja nicht stimmen, oder? Ansonsten vielleicht eher "Die Bewegungen stimmen, ABER er schwankt zu stark."

Er versteht nicht was ich meine. Er versteht es schon
Was denn jetzt? ;)

Manche denken sie würden leiden
Wer ist "sie"? Warum schließt sich die Protagonistin hier selbst aus?

Neben der Verwirrung (und einigen Grammatikfehlern) fehlt mir hier auch eine richtige Geschichte. Erst sitzen sie in der Cafeteria, dann sind wir plötzlich im Schwimmbad und zack gibt es noch ein bisschen die Gedanken der Protagonistin und es ist zu Ende.

Die Geschichte hat mir das Gefühl gegeben, dass ich irgendwie zu blöd bin, sie richtig zu verstehen, tut mir Leid. Erleuchte mich bitte :)

Liebe Grüße,
Lilu

 

Stephanies Mundwinkel ärgern mich. Stephanies Geruch ärgert mich auch [Komma] aber nicht so sehr wie ihre Mundwinkel. Es stehen alle Zeichen auf Aufgeben und Untergehen.
Ein wirklich starker Beginn, Madita.

Lilu hat‘s ja schon gesagt, eine Geschichte erzählst du hier eigentlich nicht, und die grammatikalischen Nachlässigkeiten (wirklich sehr viele Kommafehler!) erwähnt Lilu auch.
Trotzdem, mir hat der Text sehr gut gefallen. Ob das nun eher an deiner jugendlich unbekümmerten Sprache liegt oder mehr an meinem eigenen nicht mehr so recht jugendlichen Alter, das mich diesen Gedanken einer Halbwüchsigen sozusagen mit wohlwollender Melancholie zuhören und mich einfach Gefallen finden lässt an ihrem so alterstypischen Gefühlsdurcheinander, weiß ich nicht recht, ist auch egal. Auf jeden Fall gelingt es dir für meinen Geschmack sehr gut, die Stimmungen, die ambivalenten Gefühle einer Jugendlichen zu beschreiben und du erschaffst stellenweise wirklich starke Bilder und wunderschöne Sätze:

Ich pule die Erdnüsse aus Maras Studentenfutter und lasse sie in seine großen, rosa Hände fallen. Er hasst es, wenn ich ihn wie einen Hund behandle. Manchmal kann ich es nicht lassen.

… und ich lächle und schwenke meine Hände und rede und kichere. Es ist alles überhaupt nicht wichtig und doch schön. Ich schaue flüchtig durch die Glaswand der Cafeteria. Steinplatten und das ehemalige Rauchereck, dahinter die Stadt in der Sonne.

Sein Aussehen ist vollständig dunkelblau. Nicht wie Nachthimmel, eher wie ein Bartschatten oder Blut unter der Haut.

Ich verstehe nicht [Komma] was das Problem sein soll. Deswegen sind wir auch nicht schlechter als Andere [andere]. Das Leben sollte einfach mal ein bisschen weniger dramatisiert werden. Das Leben ist nicht dramatisch. Es ist kalt, heiß, grausam und birgt unvorstellbare Qualen.

Ach, ihr altklugen Teenager, man muss euch einfach mögen.

Deinen Stil, ich nenn ihn mal so schreiben wie einem der Schnabel gewachsen ist, mag ich wirklich, Madita, der erinnert mich ein wenig an eine andere sehr junge Autorin hier im Forum, die sich in letzter Zeit leider etwas rar gemacht hat. Aber schau dir mal z.B. diese Geschichte von ihr an, da kannst du sehen, dass über die charmant geschwätzige Stprache hinaus ein wenig Handlung einer Geschichte durchaus gut tun kann.

Auf jeden Fall bin ich neugierig auf weitere Sachen von dir.

offshore

 

Liebe Madita

Da dein Text kurz ist, kann ich nicht beurteilen, ob dein Schreibstil mich auch über längere Passagen zu fesseln vermögen würde - über diese kurze Strecke hin tat er das aber jedenfalls.
Deine Art zu schreiben schwankt extrem - von ziemlich vielen fehlenden Kommas sowie der konsequent (falschen) Grossschreibung von "die Anderen" einmal abgesehen hast du einige wunderschöne Sätze kreiert, wie z.B.

Das Leben ist nicht dramatisch. Es ist kalt, heiß, grausam und birgt unvorstellbare Qualen. Es macht dich so glücklich und zerstört dich in der selben Minute. Das alles zwischen Kaffeebechern zum Mitnehmen und Leuchtbuchstaben, Sternbildern, Marmorfußböden und Flugzeugträgern. Der Taubendreck auf dem Gehweg und die Kreuzung am Ende der Straße.
oder der Schlusssatz
Weil wir das Drama erfunden haben, obwohl das Leben viel zu echt ist um dramatisch zu sein.
. Diese Sätze bzw. Abschnitte haben mich echt fasziniert!

Dann gibt es im Gegenzug jedoch ein paar "Ausrutscher".

Er ist groß, größer als ich, dunkle Haare, braune Augen, blasse Haut. Sein Aussehen ist vollständig dunkelblau. Nicht wie Nachthimmel, eher wie ein Bartschatten oder Blut unter der Haut.
dieser plötzliche Stilwechsel wirkt auf mich ziemlich aufgesetzt.

Ich übe Kritik. Er versteht nicht was ich meine. Er versteht es schon, was er falsch macht aber er weiß nicht wie er es richtig machen muss. Ich bin hilflos ich weiß es nämlich auch nicht.
diesen Abschnitt finde ich zu banal und verstehe auch überhaupt nicht, was du damit zu sagen versuchst bzw. was der Sinn für den Verlauf der Geschichte sein soll...?

Wenn ich das alles so ansehe bin ich unendlich glücklich. Die größte Faszination ist das Gesamtbild. Weil es nur durch die Erschaffung von Millionen von Teilen und das Aneinanderreihen, Übereinanderstapeln, Aufeinander häufen und Ineinander verstecken dieser Teile möglich ist. Und das macht uns zu Menschen.

dies kommt in meinen Augen zu "altklug" rüber, und ist auch viel zu allgemein. Ich würde das weglassen und stattdessen den sehr starken Schlusssatz für sich stehen lassen.

Ich tauche auf
.
Dies ist noch ein Beispiel für ein paarmal auftauchende Zweideutigkeiten in deinem Text - ich habe mich gefragt, ob dies deine Absicht war, oder ob es unfreiwillig passiert ist?

Ich hoffe sehr, dass meine Kritik auch ein wenig hilfreich für dich ist.
Schöne Grüsse!

 

Es reden alle durcheinander,
heißt es einmal treffend in Deinem kleinen Text, in dem Du,

liebe Madita,

buchstäblich aus der Schule plauderst und gegenüber Deinem straff erzählten Erstling

Nemoj da me zhalite
einem alten Mann wie mir etwas (ver)wirr(end) vorkommst – von der Caféteria bis ins Schwimmbecken hinein, von einer, welche der Icherzählerin ein Ärgernis ist und deshalb nicht riechen kann
Stephanies Geruch ärgert mich auch aber nicht so sehr wie ihre Mundwinkel,
einem vermeintlichen Freund, den sie aber wie einen Hund anbellt
„Sitz hin!“ sage ich,
und schon sind wir inmitten des eigentlichen Schlamassels – der Grammatik, die im Gegensatz zum Erstling nicht hinhaut. Das gilt selbst für den zitierten Hundebefehl, der zwar als Imperativ korrekt gebildet ist, aber für einen Hund gefährlich lang, es genügen „sitz!“, oder auch “sit!“ (gelegentlich sprech ich englisch mit Hunden, weil sitz und platz allzu viel Zischlaute haben für ein empfindlicheres Gehör als dem menschlichen). Aber auch das die wörtl. Rede abschließende Komma fehlt. Besser also
„Sitz !“[,] sage ich
Das Komma wird i. d. R. vergessen, hier

„Du darfst aber nicht zu viel erwarten, ich kanns nich so besonders gut“[,] sagt er,
wobei ich nicht weiß, ob beim „nich“ Slang/Dialekt für einen Augenblick gesprochen wird oder das t vergessen wurde (Flüchtigkeit wird gleich an sich aufgezeigt).

Grundsätzlich werfen die Nebensätze Probleme mit der Zeichensetzung auf:

Tobi fragt mich[,] ob ich ihm zusehe und helfe.
Einerseits[,] um auf gleicher Höhe zu sein, andererseits[,] um weniger zu frieren.
Er versteht nicht[,] was ich meine.
Er versteht es schon, was er falsch macht[,] aber er weiß nicht[,] wie er es richtig machen muss.
Ich bin hilflos[,] ich weiß es nämlich auch nicht.
Manche denken[,] sie würden leiden.
Stephanie hat heute morgen fast geweint[,] weil sie ihren besten Freund zu zynisch findet.
Ich verstehe nicht[,] was das Problem sein soll.
Wenn ich das alles so ansehe[,] bin ich unendlich glücklich.

Der folgende Absatz, der wie ein Eigenkommentar klingt, zeigt noch einmal geballt die grundlegenden Probleme auf
Der erste schöne Tag. Ein Tag[,] an dem ich mich in jeden verlieben könnte. Ein Tag[,] an dem ich es schön finde[,] dumme Geschichten zu erzählen, mich über fremde Mundwinkel zu ärgern und den Anderen in ihrem Geplapper zuzuhören.
Die Caféteria hab ich schon oben angezeigt (was im dt. durchs doppel e angezeigt wird im „Kaffee“ geschieht im frz. durchs accent aigu überm betonten e). Hier sind Buchstaben vergessen
Die besseren Schwimmer sollen den Schlechteren beim Verbesser[n] ihres Kraulstils helfen.
Wobei das zwote Attribut der Schwimmer wie das erste klein geschrieben wird:
Die besseren Schwimmer sollen den chlechteren beim Verbesser[n] ihres Kraulstils helfen.
Geradeaus gibt es einen Liegebereich und ein[en] Kiosk.

Alles kein Beinbruch und lass Dir dadurch den schönen Tag nicht verderben, das wird schon werden, meint der


Friedel

 

Hallo Madita,
Ich habe mich recht gut in deine Geschichte einfinden können. Ich sah eine Protagonistin vor mir, Oberstufe mit Sportprofil, die einfach nur in dem Moment ist,indem sie Momente beschreibt und dazu ihre persönlichen Eindrücke wiedergibt. Der letzte Teil ist die Reflexion zur Allgemeingültigkeit. Bei mir kamen sie als Weltschmerzgedanken zum einfachen Glück eines jugendlichen Philosophen an. Hat mir gefallen, obwohl da einiges an Formulierung ungelenk war und sich Fehler eingeschlichen haben, die du ausbügeln könntest.

Außerdem finde ich, waren die Beobachtungen zu den Momentaufnahmen für mich treffend. Das hat mich sogar belustigt, weil ich etwas wieder erkannt habe, das ich auch beobachtet habe.
LG , GD

 

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