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Der erste Roman

Seniors
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14.10.2003
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Der erste Roman

Das hier ist kurzgeschichten.de, ist mir klar. Aber in dieser Rubrik kann man sich ja auch mal anderen literarischen Formen widmen, die die meisten auch interessieren dürften, schätze ich.

Ich möchte etwas zur Diskussion stellen, das mir ein wenig Kopfzerbrechen bereitet. Mag sein, dass es eine echte Noob-Frage ist, aber bei Romanen bin ich ja auch ein Noob. :shy:

Ich habe auf der Website eines recht erfolgreichen Autors gelesen, dass man immer den bestmöglichen Roman schreiben soll. Also wenn man ein paar Ideen für Plots hat, den nehmen soll, der einem selbst am interessantesten, anspruchsvollsten, witzigsten, ... halt als der beste erscheint. Auf der anderen Seite habe ich mehrfach von Leuten gelesen, die selbst schon mehrere Romane veröffentlicht haben, dass der erste immer ein reines Übungswerk ist und letztlich in der Tonne landet.

Ihr ahnt es wahrscheinlich schon: Ich habe eine (wie ich finde) sehr gute Plotidee für einen Roman. Und noch ein paar andere, die noch nicht so ausgegoren sind. Soll ich wirklich meine "Topidee" für ein Übungswerk verschwenden, das wahrscheinlich ein bisschen Staub ansetzen, schließlich vor sich hinschimmeln wird, aber mit großer Sicherheit niemals gedruckt wird? Einmal geschrieben, könnte ich mich aber (glaube ich) auch nicht mehr so von der Vorlage lösen, dass mir eine komplette Neuumsetzung gelingen würde. Auf der anderen Seite verstehe ich die Prämisse, immer den bestmöglichen Roman zu schreiben. Allein schon, weil man da sicher mehr Herzblut, Eifer, Ernst und Motivation an den Tag legen dürfte.

Alle Gedanken hierzu sind herzlich willkommen. :)

 

katzano, ich halte ja nichts von solchen Ratschlägen, vor allem, wenn sie so vage Hinweise geben. Was ist der beste Roman?
Ich persönlich verfahre immer so, zu schreiben, was gerade am Flüssigsten läuft.
Einen Roman, den ich im November begonnen habe, habe ich zum Beispiel erstmal auf eis gelegt, weil ich merkte, es ist noch nicht reif genug. Das macht das Konzept nicht schlechter.
Das eigene Drängen ist meistens ein guter Ratgeber, an welchen Plot du dich setzen solltest.

 

Hey, Katz!

Ich finde beide Dinge, die du da "gehört" hast, irgendwie suspekt.

Was macht einen Plot besser als einen anderen bzw. wie will man das beurteilen, bevor man das Manuskript gelesen hat, das daraus geworden ist? Manche wirklich hervorragende Bücher, die ich gerne und immer wieder gelesen habe, hatten u.U. einen sehr schlichten, unoriginellen oder total seltsamen Plot. Trotzdem waren es tolle Bücher, die ich mit Freude gelesen habe...
Und warum bitte ist der erste Roman automatisch für die Tonne? Wer erzählt denn son Quatsch? :susp: Die erste Fassung vielleicht, aber das ist bei mir bei 70% aller Geschichten genauso. Überarbeiten heisst der Trick.

Soll heißen: Ich würde mich davon nicht irritieren lassen. Schreib einfach die Geschichte, die gerade geschrieben werden will. Das mit dem "meinen Top-Plot an den Müll-Roman verschwenden" halte ich für totalen Käse. Schreib einfach. Wenn die Geschichte gut ist - was soll dann schief gehen? ;)

 

Ich stimme sim und Horni zwar zu - diese Ratschläge sind mir auch irgendwo suspekt, weil zu vage und verallgemeinernd -, andererseits:

Das mit dem bestmöglichen Roman verstehe ich auch so, wie sim es gesagt hat. Der bestmöglichste Roman für dich selber ist immer der, an dem du gerade mit Herzblut schreibst. Selbst, wenn du im Hinterkopf noch einen tolleren Plot hast, mit dem aber nicht voran kommst.

sim schrieb:
Das eigene Drängen ist meistens ein guter Ratgeber, an welchen Plot du dich setzen solltest.
Das find ich auch und so gesehen ergibt der Tipp mit dem bestmöglichen bla dann auch Sinn, wenngleich er für meine Begriffe überflüssig wird: Es sollte klar sein, dass ich meine Schreibenergie in etwas stecke, wo ich auch das Gefühl habe, dass es irgendwie läuft und mich selbst zu irgendwas führt.

Andrerseits schließen sich diese beiden komischen Ratschläge auch nicht unbedingt aus. Warum solltest du nicht deinen bestmöglichen Roman schreiben, selbst wenn er "in der Tonne landet"? Wenn du das schlechtestmögliche schreibst, passiert das auch und der einzige Unterschied ist, dass du es vorher schon gewusst hast.

Nee: In der Hinsicht ist Schreiben für mich zu sehr Intuitionssache. Schreib das, was du jetzt kannst, willst und was, wie sim sagte, gerade flüssig läuft und in diesem Sinne kann ich auch bloß Horni zitieren:

Horni schrieb:
Schreib einfach die Geschichte, die gerade geschrieben werden will. Das mit dem "meinen Top-Plot an den Müll-Roman verschwenden" halte ich für totalen Käse. Schreib einfach. Wenn die Geschichte gut ist - was soll dann schief gehen?

...
Eigentlich war eh alles schon vor mir gesagt ...

 

Huhu katzano.

Ich habe meinen ersten Roman geschrieben, weil ich einfach Spaß dran hatte.
Irgendwann hatte ich die (meine!!!) Charaktere so richtig lieb gewonnen. Und das, obwohl ich wusste, dass er wohl nie veröffentlicht werden würde.

Nachdem er "fertig" war, habe ich in ausgedruckt (auf richtig tollem Papier) und ihn binden lassen. Und dann habe ich ihn gelesen, und du glaubst gar nicht, wie viel Spaß das gemacht hat und wie stolz ich war: 400!!! Seiten allein in meiner Fantasie entstanden.
Beim Lesen fiel mir immer wieder etwas ein, was ich verbessern konnte. Und somit entstand die zweite Fassung (das Grundkonzept war immer noch gleich).
Und wieder hatte ich Spaß am Lesen ... und korrigieren ... und neu ausdrucken ... und ...

Und irgendwann hab ich das Ding dann an Verlage geschickt und siehe da, er soll dieses Jahr veröffentlicht werden :D

So, lange Rede, keinen Sinn: Schreibe das, was aus dir heraus will, das, was du magst, was du liebst und mit dem du dich identifizieren kannst. Schreib es zunächst für dich. Und wenn du 100%ig zufrieden bist, dann versuche es einfach mal.

Hat jetzt nicht viel geholfen, gelle?! Falls doch: Viel Spaß und später auch Erfolg!

Lieben Gruß! Salem

 

Danke für die Rückmeldungen! :)

Im Grunde sehe ich es zwar genauso. Aber ich komm trotzdem ins Grübeln.

sim schrieb:
ich halte ja nichts von solchen Ratschlägen, vor allem, wenn sie so vage Hinweise geben.
Ja, ich bin da normalerweise auch recht vorsichtig. Nachdem ich aber das mit "1. Roman = für die Tonne" von mehreren Leuten unabhängig voneinander gehört (besser: gelesen) hatte, kam ich doch ans Nachdenken. Zumal diese Leute schon einige Erfahrung mit dem Veröffentlichen von Romanen haben. Und ich könnte mir schon vorstellen, dass es ein Lernprozess ist, einen Roman zu konzipieren etc.

Horni schrieb:
Was macht einen Plot besser als einen anderen bzw. wie will man das beurteilen, bevor man das Manuskript gelesen hat, das daraus geworden ist?
Hmm, ich weiß, was du meinst. Eine gute Schreibe ist schließlich das A und O und das, warum man ein Werk gern liest. Aber dieser Plot, den ich meine, ist nach meinem Kenntnisstand wirklich neu. Also nicht einfach ein Aufguss eines schon 1.000 Mal dagewesenen Plots in einer xten Variation, sondern ich habe so was tatsächlich noch nie gelesen. Aber ich weiß nicht, ob ich so weit bin, das Thema wirklich packend und lebendig rüberzubringen. Oder ob ich schon auf den ersten 50 Seiten viel zu hastig beginne und mir dann die Luft ausgeht. Oder umgekehrt: Ich so langsam einsteige, dass die Leser nach 50 Seiten das Interesse längst verloren haben. Ich kenn mich halt nicht damit aus, ein Werk auf sagen wir mal 300 Seiten auszulegen.

Horni schrieb:
Wenn die Geschichte gut ist - was soll dann schief gehen?
Ich könnte dem Projekt Roman nicht gewachsen sein. :shy:

Malinche schrieb:
Warum solltest du nicht deinen bestmöglichen Roman schreiben, selbst wenn er "in der Tonne landet"?
Weil der Plot dann für mich unwiderruflich tot wäre. :( Dazu ist er mir tatsächlich zu schade. Mein Gott, das hört sich jetzt wahrscheinlich an, als glaubte ich, der Weisheit letzter Schluss gefunden zu haben. Nein, es ist einfach was, was ich selbst gern lesen würde und wofür es (glaube ich) einen guten Markt gibt. Und was mir Spaß machen würde, es zu schreiben. Wenn ich mich jetzt selbst so höre, komme ich fast selbst zu dem Schluss: "Dann mach's doch endlich, du Trantüte!"

Salem schrieb:
Und irgendwann hab ich das Ding dann an Verlage geschickt und siehe da, er soll dieses Jahr veröffentlicht werden
:eek: Congratulations! Mensch, das nenne ich eine Erfolgsstory. :)

Salem schrieb:
Hat jetzt nicht viel geholfen, gelle?!
Doch, es hat Mut gemacht. Und ihr habt wahrscheinlich alle Recht: Ich kann noch 10 weitere Jahre vor mich hinzaudern oder es mal probieren ... und auf die Schnauze fallen. :D Egal, no risk, no fun.

Danke euch nochmals für die Rückmeldungen! Als ich alle gelesen hatte, war ich mir nach wie vor nicht darüber im Klaren, ob ich besser mal mit einem 08/15-Plot zunächst das Romanschreiben an sich und die Konzeption austesten soll, und erst, wenn ich mir sicher bin, ans eigentliche Werk gehen soll, oder ob ich direkt ans Eingemachte gehe. Erst bei meinen Antworten auf eure Anmerkungen (bei denen ich erst gemerkt habe, wie dünn manche meiner Argumente sind) kam ich der Entscheidung näher. Thanks a lot! :)

 

Hey Katzano,

keine Angst, kein Plot landet jemals in der Tonne, wenn er Dir gefaellt - es besteht immer die Moeglichkeit daran weiterzuarbeiten und irgendwann einmal damit zu frieden sein. Auch wirst Du nie wissen ob's was wird oder wie's wird, wenn Du's nicht einfach versuchst. Also Schluss mit warmduschen oder zaudern, nix wie hinein ins kalte Wasser (die Haie warten schon ... :D).

sarpenta

P.S: Ich weiss, Katzen scheuen das Wasser - nicht?
P.P.S: Ich hab' momentan drei Plots auf Eis, weil bei einer 70std. Woche nicht viel Zeit zum schreiben bleibt. Allerdings bin ich im Sommer mal vier Wochen auf'm Lehrgang, da hab' ich dann Zeit ...
P.P.P.S: Wenn Du's nicht versuchst, dann waere dieser Thread auch fuer die Katz' ... oder?
:D

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo katzano
Es gibt nichts Gutes, ausser frau tut es.
:D
[Hach, wie originell, aber irgendwie trifft es doch den Kern, oder?]
Viel Spass beim Schreiben.

Gruss
dot

 

Hallo katzano,

ein Roman ist ein Lebensabschnittgefährte, du wirst vermutlich viele Monate mit ihm verbringen. Also würde ich den Roman auswählen, der dich wirklich interessiert. Denn gerade beim ersten Roman tauchen immer wieder Probleme auf, wie man etwas erzählt, wie etwas funktioniert und welche Optionen man hat. Da muss man dranbleiben- und da hilft es sehr, wenn man wenigstens von seinem Stoff zu 100% überzeugt ist.
Es gibt Autoren, die veröffentlichen den ersten Roman bei einem Publikumsverlag, ich kenne Autoren, die haben sieben Romane gebraucht, bis das erste Buch veröffentlicht wurde. Das hängt sehr von den Autoren und den Romanen ab, von ihren bisherigen Erfahrungen beim Schreiben, ihre Erfahrung im Umgang mit Sprache und das ominöse Talent.

Ich halte es aber nicht für einen Nachteil, wenn der erste Roman nicht veröffentlicht wurde. Weil der den meisten Autoren nach einiger Zeit ziemlich peinlich wäre...
Ich habe z.B. einen fertigen 580seitigen Fantasyroman in der Schublade, der gut geschrieben ist, nur leider ist mir die Handlung Amok gelaufen. Und ganz im Ernst, ich schreibe inzwischen überhaupt kein Fantasy mehr, und könnte mich über die Fehler in diesem Roman teilweise lachen. (Und dabei habe ich mehr als drei Jahre an dem Werk geschrieben). Und trotzdem mag ich mein heimliches Ziehkind.
Und neben diesem Roman gibt es noch drei weitere Manuskripte mit über 200 Seiten, die alle unfertig sind, weil das Scheitern schon abzusehen war.

Ich bereue davon keine Seite, ganz ehrlich nicht. Weil ich bei jedem dieser Versuche einiges gelernt habe. Wobei ich zugeben muss, dass ich meinen ersten Roman nach fünf Kurzgeschichten angefangen habe, völlig ohne Erfahrung und ohne Kenntnisse über das Handwerk.
Oder anders formuliert:
Wenn du professionell an den Roman herangehst, und du hast ja schon jede Menge Erfahrung, kann es gut sein, dass du diesen Roman verkaufen kannst. Entscheidend ist aber die Zeit, die du investierst, die Vorbereitung, die Testleser und der Plot.

Mach was draus. Aber du solltest nicht vergessen, dass Roman schreiben eine Berufung und Heimsuchung ist. Viele Autoren kommen danach nicht mehr vom Schreiben los, und Roman schreiben ist eine dauernde Prüfung des Selbstbewusstseins, des Muts, des Handwerks. Man schreibt zuerst alleine. Und so ist man als Autor immer alleine für das Scheitern verantwortlich, und man scheitern immer wieder, immer wieder. Und zweifelt und zweifelt, und verzweifelt manchmal.
Man lebt nur noch für die kleinen Glücksmomente, wo etwas mal direkt klappt, oder etwas fertig wird. Und wenn ein Roman fertig wird, macht man sich sofort an den zweiten Roman.
Und der Preis fürs Roman schreiben ist ziemlich hoch: Man muss vieles aufgeben, wobei das Leben aber nicht schlecht wird. Nur anders. Mehr konzentriert aufs Schreiben.

Oder anders gesagt: Wenn du es wirklich willst, dann mach es. Aber das Roman schreiben ist nicht sehr romantisch, und hilft auch dabei sich dauernd an sich selber zu messen, an seinen Vorstellungen, und oft zu scheitern.

Gruss

Bluomo

 

Die Behauptung, dass der erste Roman zwangsläufig Schubladenware bleibt, stimmt nicht. Es gibt genug Beispiele von "echten" Erstlingen, die gedruckt & verkauft wurden.

Außerdem sollte man mit Tipps etablierter Autoren generell vorsichtig sein. Vieles ist gut und richtig, aber man sollte nicht vergessen, dass diese Autoren quasi der vorigen Generation entstammen. D.h. als sie ihr Handwerk lernten, gab es kein Internet, die lokale Schreibgruppe und ein paar Brieffreunde waren das höchste der Gefühle bzgl. Rückmeldungen. Damit will ich nicht sagen, dass heute (mit Foren wie kg.de) alles besser ist, aber einige Dinge haben sich geändert. Insbesondere kann man sehr viel Schreiberfahrung sammeln, ohne jemals eine Zeile "ernsthaft" veröffentlicht zu haben.

 

Just my two cents...

Hi,

Klar, ein Autor konzentriert sich immer auf die Geschichte - es ist aber beim Veröffentlichen immer hilfreich, wenn man sich mal die Verlagsseite anschaut.
Ein Bekannter von mir hat vor fünf, sechs Jahren eine Geschichte geschrieben, die so in Richtung Dan Brown geht. Natürlich hat er es an einige Verlage geschickt, aber kein Mensch interessierte sich dafür. "Verschwörungstheorien über den Vatikan passen nicht in unser Verlagsprogramm" hieß es oft. Damit wollte der Verlag sagen: Wir können deinen Bullshit nicht verkaufen und haben keine Lust uns auf Experimente einzulassen:D

Als Mr. Brown dann mit Sakrileg in den 7. Himmel gehoben wurde, probierte mein Bekannter es nochmal. Jetzt wollten sie alle ein derartiges Buch haben. Er erhielt sieben Angebote und suchte sich einfach das Beste aus.

Und was lehrt uns diese Geschichte? Wenn ihr einen Roman fertig habt, schaut euch auf dem Buchmarkt um. Ist die Thematik gerade aktuell, schickt das Manuskript ab. Findet ihr in den Bestseller-Listen keine derartigen Geschichten, wartet einfach. Die Zeit der Veröffentlichung wird kommen.

 

Stellt sich jemand hin und sagt: "Ich schreib jetzt einen Roman", so bin ich mir fast sicher, dass lediglich eine gestreckte Geschichte herauskommt.
Schreib lieber eine Geschichte, würde ich raten. In der Kürze ... -- Hinterher, wenn sie doch länger wird, kannst du sie ja immer noch Roman nennen. Denk auch an die Bäume, die dann daran glauben müssen.

-- floritiv.

 

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