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Der Erde Alltagskleid

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26.11.2013
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Der Erde Alltagskleid

Einmal, es regnete stark an diesem Tag (weswegen ich wohl vermutlich zuhause blieb), sah ich mal wieder auf die alte Tür meines Mahagonieschrankes. Ein Sammlerstück, groß und geräumig, dunkles, starkes Holz, kein billiges welches sofort zerspringe, würde man es mit leichtestem Kraftaufwand drücken. Zwei Türen, nicht wie einfache Schränke nur eine und eine kleinere. Nein, es waren definitiv zwei Türen. Zwei, gleichgroß und robust waren sie. Man konnte sie mit Leichtigkeit öffnen, einmal daran ziehen und man konnte den Inhalt betrachten.
Doch dieser ist nicht relevant, zumindest nicht jetzt zu diesem Zeitpunkt. Ich kaufte den Schrank in einem großen Möbelhaus. Der Verkäufer riet uns diesen Schrank zu nehmen, nur diesen, gerade diesen und keinen anderen außer diesen. Er stamme aus Brasilien, nein besser wir haben ihn aus Brasilien. Es ist schon sehr lange her, aber wir waren dort. Dessen bin ich mir sicher. Ich vergesse, doch ich kann erinnern. Dieser Schrank stammt definitiv direkt aus Brasilien. Wir haben ihn importieren lassen, wir mussten ihn kaufen schließlich waren wir damals noch gut betucht. Heute scheint es anders, doch wir waren es, definitiv. Wenn es ein anderer Schrank gewesen wäre, so stünde dieser nun nicht hier und ich könnte mich nicht an seinem starken und rustikalen Anblick erfreuen.
Ich verehre den Schrank nicht, nein nein, nimmer! Ich erfreue mich nur seinen Abbilds und seiner Funktion. Er ist sehr nützlich, vor allem wenn man in ihm Kleidung verstauen möchte. Hemden, Krawatten, Mäntel mit und Mäntel ohne Kapuzen, ja sogar meine alte Weste aus vergangenen Zeiten bewahre ich in diesem Schrank auf. Und das alles tat ihm nicht einmal weh. Er beklagte sich jedenfalls nie bei mir. Er nahm die Situation einfach hin, egal was ich in ihn reinstecke, er nahm die Dinge dankbar auf und versperrt sie in seinem Schlund als würde er sie einfach auffressen und verdauen.
Ich weiß nicht was passiert, sobald ich die Schranktüren schließe. Möglicherweise verschwinden die Sachen und tauchen plötzlich, wie aus dem Nichts wieder auf wenn ich die Türen öffne, sodass ich mir das passende raussuchen möge und es anziehen könnte. Ich trage sehr oft Kleidung, ist es nicht das was einen Menschen ausmacht? Bunte, helle Kleidung, mit Mustern und Verzierungen. Nein doch nicht, das ist es nicht was meine Kleidung ausmacht. Gelegentlich wohl eher etwas dunkles, schlichtes ohne Klambam und ohne viel Aufwand. Passend muss es sein und tragfähig, nicht unzerstörbar aber elastisch, sodass es mir schmeichelt, nein besser: Mir gefällt.
Aber genug von meiner Kleidung, ich sagte der Inhalt meines Schrankes tue nichts zur Sache, zumindest nicht jetzt zu diesem Zeitpunkt.
Meine Wohnung ist klein, nicht zu klein aber keinesfalls groß. Ausgestattet, einmal reichhaltig aber nun dürftig. Abends manchmal, ich sitze jeden Abend in meinem Fernsehsessel, er war rot, und groß genug um mir Bequemlichkeit zu bieten.

Aber abends manchmal schaue ich auf den Bildschirm und sehe mir alles an was die Welt bietet. Ich sehe fremde Länder (nicht das ich noch nie fremde Länder sah, im Gegenteil, ich verreiste damals sehr oft, heute nicht mehr allzu viel, es war einmal anders). Ich sehe andere Kulturen, ich sehe Kochsendungen aus Indien und der Mongolei und ich sehe auch das endlose Nichts. Denn das Nichts umgibt uns doch alle. Es fröstelte mir, kein Wunder denn es herrschte stetiger Durchzug in meiner Wohnung (auch wenn diese nicht allzu groß war).
In meiner Wohnung stehen alle Türen offen, bis auf die besagte Schranktür, welche meinem Besitztum, welches mir durchaus heilig ist, Schutz bietet (dieses muss man sich nicht als Art heidnischen Götzenkult, nein vielmehr als Werthaltung meiner Besitztümer vorstellen). Ich mache die Türen niemals zu. Eine Angewohnheit, welche mir lange anhängt.
Ich will, nein vielmehr kann ich es nicht ändern, aber fest steht: Diese Türen bleiben offen. Ich hasse Veränderung nicht, keineswegs, im Gegenteil, oft liebe ich sie ein wenig. Aber es macht mich einfach nervös, wenn ich nicht beobachten kann was hinter diesen Türen passiert. Möglicherweise tuen sich neue Welten auf, wenn ich die Türen schließe, Welten, welche nur erscheinen wenn die Türen geschlossen sind, damit niemand sieht was passiert und die ewigen Geheimnisse bewahrt werden. Es könnte so viel, doch es ist tatsächlich sehr wenig. Ich werde niemals erfahren, was wäre wenn, denn fest steht: Diese Türen bleiben offen. Die Dunkelheit der toten Fluren durchzieht die totgesagten Fluren der Leere, Leere und Stille, welche mir keine Gnade hergibt. Es war nicht immer still. Einst regte sich florierendes Leben, aber nicht mehr in diesem Stück Welt. Hier war nur ich, ich und der Mahagonieschrank, der meine Sachen beschützt. Vor was beschützt er sie? Nicht vor Motten. Und ich sitze in meinem Sessel in der alten Wohnung an der staubigen Straße und sitze, denke nach und altere vor mich hin, kompromisslos und rücksichtslos. Ich habe nix gegen das Altern. Im Gegenteil: Ich schätze alte Menschen, sie sind weise und haben viel zu erzählen, anscheinend bin ich es selbst, denn auch ich habe viel zu erzählen, zum Beispiel über meinen Mahagonieschrank der meine Sachen beschützt. Wovor beschützt er sie? Nicht vor Motten, nicht vor Staub. Auf meinem Schrank steht das alte dunkle Buch, still und einfach. Und ich sitze in meinem Sessel und denke nach und ich lese, lese immer zu:
Was soll das, was sollst du?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Alex,
erstmal vielen Dank für deine Rückmeldung.
Ich gebe dir vollkommen Recht, die Sätze sind verschachtelt und ich habe die konfus wirkende Anordnung von Adjektiven bewusst gewählt, um die geistige Situation des Protagonisten darzustellen. Genauso wie alle anderen beschriebenen Eigenartigkeiten, welche fast kafkaesk wirken.
Somit sollte ein Bild eines verwirrten, neurotischen und schließlich eines unter allerlei Psychosen leidenden Mannes beschrieben werden, welches einem zugegeben nicht auf den ersten Blick klar wird. Als Beispiel: Der Mann schließt keine Türen, er weiß selber nicht wovor sein Schrank die Sachen beschützt. Somit könnte man textimmanent Anzeichen einer Paranoia finden. Weiterhin wird beschrieben, dass der alte Mann unter Zwangsneurosen leidet. Dazu kommt, dass er ersichtliche Schwierigkeiten damit hat, Entscheidungen zu treffen und verzweifelt versucht sich selbst zu betrügen, nämlich indem er sich selbst beweisen muss, dass er sich an Sachen erinnern kann. Dieses habe ich versucht sowohl in Syntax als auch in Semantik auszudrücken.
Summa summarum soll der Text ein einsames Leben eines isolierten, alten Mannes darstellen und in gewisser Weise auch eine Art Gesellschaftskritik (als Beispiel die Frage nach der Kleidung, welche einen Menschen in der Gesellschaft auszeichnet). Es kann durchaus sein, dass mir dieses Ziel nicht gelungen ist und ich werde in Zukunft versuchen, ein etwas klareren Stil zu finden.
Vielen Dank für die differenzierte Kritik und ich hoffe ich konnte in der Sinnerschließung etwas Licht ins Dunkle bringen.

 

Hallo jo95
Und Willkommen auf kg.de :)

Ich kann mich da meinem Vorrdener nur anschließen. In dieser Form ist der Text leider sehr zäh und dreht sich nur um sich selbst. Das schabt ja schon am Rande des Tagebucheintrages. Also Handlung oder Entwicklung - Fehlanzeige. So ein bisschen wartete ich, ob es gleich noch kommen würde, da ja der Inhalt betont nur "augenblicklich" keine Rolle spielt. Dacht, da käme dann der twist, wenn dem so übertrieben beschriebene Kram endlich eine Funktion zukommt.
Kam nicht, dafür aber ein Reim am Ende des Textes. Unglücklich formuliert. Setzt dem ganzen die Krone auf, hat was fabelhaftes an sich, da wirkt so der Zeigefinger durch.
Spannend wäre doch, wenn die Reise durch den Schrank die Handlung wäre. Was verbergen sich für Geschichten hinter dem Zeugs?

Grüßlichst
Weltenläufer

 

Wenn es ein anderer Schrank gewesen wäre, so stünde dieser nun nicht hier und ich könnte mich nicht an seinem starken und rustikalen Anblick erfreuen.

Hallo Jo95 -
und auch von mir ein herzliches Willkommen!

Nun, neugierig gemacht hat mich der Poesie verbreitende Titel, um dann die Aussagen meiner Vorredner bestätigt zu finden, wobei mich die Personifaktion eines Schrankes eher amüsiert als befremdet hat, dass ich mich getrost auf ein anderes Feld begeben kann, denn es gilt auch grammtische Schnitzer aufzuzeigen.

Hier wäre vorm Relativsatz ein Komma nachzutragen

Ein Sammlerstück, groß und geräumig, dunkles, starkes Holz, kein billigesKOMMA welches sofort zerspringe, würde man es mit leichtestem Kraftaufwand drücken.
Und warum beim Verb zerspringen der Konjunktiv I? Entweder Indikativ (zerspringt) oder Konjunktiv irrealis (zerspränge), da es ja eine hypothetische Eigenschaft ist, dass das starke Holz zerspringen könnte ...
Ansonsten klappt's doch mit dem Konjunktiv!

Ich kaufte den Schrank in einem großen Möbelhaus. Der Verkäufer riet unsKOMMA diesen Schrank zu nehmen, nur diesen, ...
Neben der Korrektur am Infinitivsatz fällt mir auf, das das erzählende Ich vom Verkäufer als ein Wir ("riet uns") weitergeführt wird

Er stamme aus Brasilien, neinKOMMA besserKOMMA oder besser: DOPPELPUNKT wir haben ihn aus Brasilien.

Ich vergesse, doch ich kann erinnern.
Da hat Kubus eine Anfrage gestellt, die fiz mE wunderbar beantwortet hat ... Besser mit Reflexivpronomen, sonst könnt es auch bedeuten, dass jemand durch den Icherzähler erinnert werde (an was auch immer).

Dieser Schrank stammt definitiv direkt aus Brasilien.
Hastu einen Hang zu "definitiv" (relevant ist ja auch in einem erzählenden Text erstaunlich).

, wir mussten ihn kaufenKOMMA schließlich waren wir damals noch gut betucht.

Heute scheint es anders, ...
Nur die Sonne scheint, alle andern haben sich ihr Licht geliehen. Besser mit Infinitif wie "scheint es anders ZU SEIN", ähnlich wie beim brauchen.

Ich erfreue mich nur seinen Abbilds und seiner Funktion.
Besser Genitiv-Konstruktion "seines Abbilds" oder Dativ mit Partikel
Ich erfreue mich nur [an] seine[m]e[m] Abbild und seiner Funktion.

Hier kommt jetzt einiges zusammen incl. Gezeitenwechsel (reinstecke)
Er nahm die Situation einfach hin, egal was ich in ihn reinsteck[t]e, er nahm die Dinge dankbar auf und versperrt[e] sie in seinem SchlundKOMMA als würde er sie einfach auffressen und verdauen. Ich [wusste] nichtKOMMA was passiert[e], sobald ich die Schranktüren [schloss].
usw.
Sollte dies nun einen anhaltenden Tempuswechsel anzeigen, wäre das anfängliche nahm zu korrigieren.

So viel oder wenig für heute, meint der

Friedel

 

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