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Der ekelhafte Frei

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11.10.2006
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Der ekelhafte Frei

Der ekelhafte Frei


„Gib mir das Mädchen“, forderte Hans-Jakob Frei und lachte niederträchtig. Er besaß das südliche Landgut, welches ein riesiges Anwesen war. „Hab ich einen Erben mit ihr gezeugt, sind deine Schulden vergessen, Eckbert!“
Frei wirkte wie ein Wildschwein: Ein fetter Bauch, ein wabbelndes Doppelkinn, seine zu lang geratenen Schneidezähne - ließen sogar einen Eber vermuten. Nachdem er gelacht hatte, zog er mit einem riesigen Zug den Schleim in seiner Nase hoch, holte sein weißes Taschentuch hervor und spuckte die Ausscheidung hinein. Vorführend nahm er es von seinem Gesicht, und hielt es so, dass Eckbert zu Pommern es sehen musste.
Die Schulden von Eckbert waren durchaus erheblich. Und hätte Eckbert zu Pommern auch noch das Grundrecht für das Land am Weiher verloren, so wäre das der endgültige Ruin für seinen Gutshof gewesen.

***

„Ihr Vater lässt Sie ins Arbeitszimmer rufen“, sagte das Dienstmädchen leise.
„Ja“, antwortete Eva freundlich. Sie erhob sich von ihrem Stuhl, stellte sich kurz vor ihren Spiegel, machte sich zurecht und ging. Eva war siebzehn Jahre alt. Sie klopfte an die Tür ihres Vaters. „Herein“, rief dieser. Eva betrat das Arbeitszimmer, blickte kurz zu Frei und grüßte, wie es der Anstand gebührte.

„Hans-Jakob Frei“, rülpste der Eber, bevor Eckbert zu Pommern ein Wort sagen konnte. Der Wildschweineber war höchst entzückt, auch ein wenig erregt.
„Herr Frei lädt dich für die nächste Woche auf sein Gut ein. Also mache hier alles soweit fertig, du fährst in drei Tagen mit der Kutsche – Johann wird dich bringen.“
Eva schwieg. Ein Schauer von Ekel überfiel sie. Eigentlich wollte Frei gerade wieder in sein einstmals weißes Taschentuch rotzen, als nicht der Anstand, sondern vielmehr die Erregung, ihn nur zweimal kurz und leise hochziehen ließ. Danach strich er sich die borstigen Haare zurück und sagte:
„Auf Wiedersehen Eva!“
Er legte erneut zwar vermindert aber dennoch hörbar sein abstoßendes Lachen auf.

Am Tag der Abreise betrat Eva zu Pommern ein letztes Mal ihr edles Gemach. Sie betrachtete noch einmal ihren Stuhl, auf welchem sie unzählige Deckchen gestickt hatte.
Nachdem man sich hinreichend verabschiedet hatte, nahm Johann die Peitsche und versetzte das Pferd in einen leichten Trab. An der Pforte des Gutshofes kamen zwei Bewaffnete Reiter hinzu, welche die Reise begleiten sollten.

***

Das weitere Geschehen ist schnell zusammengefasst:

Die kleine Reisegruppe wurde von einer Räuberhorde überfallen. Angeführt wurde sie von einem jungen Räuber namens Ostwälder.
Wie das Schicksal spielte, töteten die Räuber die beiden Wachen. Nur der Kutscher Johann konnte fliehen. Die beiden Wachen blieben mit aufgeschlitzten Leibern liegen.
Das Schicksal spielte weiter. Eva verliebte sich während der Entführung in Ostwälder.
Frei reagierte mit Zorn und bezahlte viel, um die Räuber fassen zu lassen und um Eva in seine Gewalt zu bekommen. Schließlich hatte Frei alle Räuber auch Ostwälder gefasst.

***

Da standen sie - gefesselt nebeneinander.
Frei betrat das Gelände. „Hab ich euch also gefasst!“
Er holte einen kleinen Flachmann aus seiner Innentasche hervor und nahm einen Schluck Branntwein. Einer der Söldner gab ihm eine Keule, zugleich waren mehr als zwanzig Musketen auf die gefesselten Räuber gerichtet.
Die Keule war ein Familienerbstück, welches Frei auf nachhaltiges Drängen von seinem Vater schon zu Lebzeiten geerbt hatte.
Früher hatte die Keule vielleicht edlen Rittern genutzt, einen Gegner vom Pferd zu schlagen.
„Seht nur her!“, sagte er zu Gefangenen und grunzte dabei. Er spukte auf den sandigen Boden und schritt langsam voran.
Als er hinter dem ersten Räuber stand, verhielt er sich so, als ob er zum Schlage ausholen wollte, dann grunzte er nur und ging zum nächsten Gefangenen.
Dem Ersten sah man die Panik noch an. Er wäre fast zu Boden gefallen, da stand das Schwein schon bei seinem Nachbarn.
Beim diesem Räuber wiederholte der Eber die Prozedur.
Der Dritte fühlte sich fast sicher, als das Wildschwein hinter ihm stand. Der Eber schien das zu spüren, doch erst beim Vierten schlug er, mit dem Schrei eines Betrunkenen und mit voller Wucht, auf den Schädel. Es folgte ein kurzer dumpfer Knall, als die Schädeldecke brach und das Gehirn platzte.

Todesangst bildete sich in Form von Bleichheit in den Gesichtern ab. Der Siebte unter ihnen hatte lange zottelige Haare. Als das Wildschwein bei ihm stand rief er: „ Rasiert ihn – oder soll ich meine Keule verschmutzen!“ Die Söldner schnitten ihm die Haare. Frei erschlug den Achten und den Neunten – dann trat er wieder vor die Räuber.
„Seht ihr, so kann es gehen“, grunzte er. Als keiner der Söldner reagierte, grunzte Frei weiter, bis sich alle Söldner an dem zynischen Gegrunze beteiligten.

„Die Anderen lasst gehen“, grunzte Frei, „ aber nur bis zum Ost-Wald. Dort hängt ihr sie an den Strick!“

***

Eva zu Pommern ging es besser, das Fieber war zurückgegangen. Frei hatte ihr ein Gemach eingerichtet. In diesem Gemach gab es sogar ein Regal mit Büchern. Weit unten im Regal hatte Eva den Simplicissimus gefunden.
Keine Frage - man wollte nicht, dass er gesehen wird. Eva zu Pommern war froh, dass sie lebte, denn bei den Räubern hätte sie eine solche Krankheit nicht überlebt. Sie dachte an den Anführer der Räuber, der sich selbst Herrmann Ostwälder nannte. Dachte, an die schönen männlichen Gesichtszüge, die das Gesicht dieses Mannes formten.

Es klopfte an der Zimmertür. „Darf ich zu dir rein“, fragte Hans Jacob Frei, der inzwischen gebadet hatte.
„Ja, bitte“, antwortete Eva zu Pommern.

Hans Jacob Frei, betrat nüchtern, gebadet und mit einem sauberen Anzug das Gemach der Eva zu Pommern. In der Hand, hielt er ein silbernes Tablett, auf dem ein glänzender grüner Apfel lag.
„Eva, den hab ich für dich gepflückt, damit du wieder gesund wirst!“
Eva dankte, nahm den Apfel und biss zärtlich ein Stück davon ab.
Da grunzte der Wildschweineber, und verschlang mit zwei Bissen, den ganzen Rest vom Apfel.

Ich weiß nicht, ob er den Ostwälder in ihr gerochen hat. Jedenfalls zog er sie nun an den Haaren, stellte sie an die Fensterbank, riss ihr das Kleid von hinten auf, öffnete seine Hose und saß auf. Nur ein paar mal grunzte das Schwein, holte dann tief Luft, und ließ die Luft ab.

Eva weinte nur stumm. Da stieg er ab, öffnete das Fenster und schrie sie an: „So nun fort, du Hure!“ Da fiel sie in den Mist und lief fort.

 

Hallo,

also eigentlich finde ich die Geschichte gehört in die
Rubrik Horror.

Dort wurde sie jedoch abgelehnt und auf meinen Wunsch gelöscht.

Gruss Hanqw

 

Hallo Hanqw,

zunächst möchte ich mich entschuldigen, dass ich letztens im Chat etwas übellaunig war und zu deinen Fragen, die du zu dieser Geschichte gestellt hast, keine hilfreichen Antworten gegeben habe.

Zu dieser Geschichte: Worin, würdest du sagen, besteht der Unterschied zwischen Weltliteratur und Romanheften vom Kiosk mit ihren Westernhelden und Ärzten und Geheimagenten? Auch die Verfasser dieser Hefte können gut schreiben. Allerdings sind die Geschichten vorhersehbar und voller Klischees.

Die Charakterisierung von Hans Jacob Frei ist, um es mal vorsichtig auszudrücken, eindimensional:

Frei wirkte wie ein Wildschwein: Ein fetter Bauch, ein wabbelndes Doppelkinn, seine zu lang geratenen Schneidezähne - ließen sogar einen Eber vermuten. Nachdem er gelacht hatte, zog er mit einem riesigen Zug den Schleim in seiner Nase hoch, holte sein weißes Taschentuch hervor und spuckte die Ausscheidung hinein. Vorführend nahm er es von seinem Gesicht, und hielt es so, dass Eckbert zu Pommern es sehen musste.
Wir haben also einen durch und durch (körperlich und moralisch) ekelhaften Menschen und einen passiven Schuldner, der ihm zum Opfer fällt. Dazu kommen noch seine arme, unschuldige und reine 17-jährige Tochter, die ihre Zeit mit Stickarbeiten zubringt:
Am Tag der Abreise betrat Eva zu Pommern ein letztes Mal ihr edles Gemach. Sie betrachtete noch einmal ihren Stuhl, auf welchem sie unzählige Deckchen gestickt hatte.
Schließlich gibt es da noch den jungen und tapferen Hermann Ostwälder. Auch er und seine Räuberbande fallen dem "ekelhaften" Frei zum Opfer. Wie genau erfahren wir nicht.

Interessante Situationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht vorhersehbar sind.
Interessante Charaktere zeichnen sich dadurch aus, dass sie klug handeln und vielschichtig sind. Beides kommt in diesem Text nicht vor. Manche historische Geschichten zeichnen sich dadurch aus, dass man aus ihnen interessante Fakten und Hintergründe erfährt. Das ist hier nicht der Fall. In welcher Zeit spielt diese Geschichte? Es wäre zwingend erforderlich, wenigstens im Internet Informationen zu sammeln, ob es diese Form der Schuldtilgung gab - sagen wir mal 1650 in Pommern. Dabei wäre allerdings fraglich, ob es schon Flachmänner gab und wann der Simplicissimus gedruckt wurde.

Formal würde ich empfehlen, zur Übung einmal einen Text OHNE Adjektive zu schreiben. Dein (momentaner) Stil ist das literarische Äquivalent zu einer Tasse Kaffee mit sechs Löffeln Zucker. Die Vergewaltigung von hinten und der Fenstersturz sind weder glaubhaft noch wirkungsvoll. Was der Geschichte auch fehlt: Wir erfahren nichts über die Gedanken und Gefühle der Protagonisten.

Um diese Mäkelliste ins Positive zu verkehren:
* Vor dem Schreiben historischer Texte gründlich recherchieren und den Leser mit Fakten und Hintergründen verblüffen!
* Die Protagonisten mehrdimensional und interessant anlegen
* Den Leser mit den Protagonisten fühlen lassen. Das geht, indem du beschreibst, wie sie sich körperlich fühlen, was sie denken und hoffen.
* Einen klaren Stil mit möglichst wenigen Adjektiven schreiben
* Direkte Rede immer mit "sagte" einleiten
* Den Leser überraschen

Beste Grüße vom

Berg

 
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Hallo Berg,

mit dem Chat ist schon in Ordnung, hab ich Verständnis dafür. Nun mal der erste Absatz stumpf ohne Adjektive


„Gib mir das Mädchen“, forderte Hans-Jakob Frei und lachte. Er besaß das südliche Landgut. „Hab ich einen Erben mit ihr gezeugt, sind deine Schulden vergessen, Eckbert!“
Frei wirkte wie ein Wildschwein: Ein fetter Bauch, Doppelkinn, lange Schneidezähne - ließen einen Eber vermuten. Nachdem er gelacht hatte, zog er mit einem Zug den Schleim in seiner Nase hoch, holte sein Taschentuch hervor und spuckte die Ausscheidung hinein.
Vorführend nahm er es von seinem Gesicht, und hielt es so, dass Eckbert zu Pommern es sehen musste. Die Schulden von Eckbert waren durchaus erheblich. Und hätte Eckbert zu Pommern auch noch das Grundrecht für das Land am Weiher verloren, so wäre das der endgültige Ruin für seinen Gutshof gewesen.

Ist das so besser? Lässt sich so einer Besserung erkennen?

Mit dem recherieren ist auch klar. Flachmänner gibt es seit Anfang des 18ten Jahrhunderts, sie wurden aus Feldflaschen entwickelt. Das Schulden mit "Fleisch" bezahlt werden, dürfte es auch damals schon gegeben haben. Ich geb zu, den Flachmann habe ich erst eben geprüft ist mir nicht aufgefallen.

* Die Protagonisten mehrdimensional und interessant anlegen
* Den Leser mit den Protagonisten fühlen lassen. Das geht, indem du beschreibst, wie sie sich körperlich fühlen, was sie denken und hoffen.

Ich kopier mir deinen Rat an den Anfang meiner nächsten Geschichte.

* Direkte Rede immer mit "sagte" einleiten

Das versteh ich nicht.

* Den Leser überraschen

Kopier ich mir auch ins Textprogramm.


Eins Noch: Die von Hinten-Nummer klingt unglaubwürdig. Soll sie auch. Fazit: Noch unglaubwürdiger Formulieren.

Gruss Hanqw

 
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Hallo Hanqw,

alle Adjektive hast Du noch nicht erwischt, und ein paar umständliche Formulierungen sind immer noch drin. Von allem Schnickschnack befreit, sieht der Absatz so aus:

„Gib mir das Mädchen!“, forderte Hans-Jakob Frei und lachte.
Er besaß das Landgut im Süden.
„Hab ich einen Erben mit ihr gezeugt, sind deine Schulden vergessen, Eckbert!“
Frei wirkte wie ein Wildschwein: Bauch, Doppelkinn, Schneidezähne - alles wie bei einem Eber. Nachdem er gelacht hatte, zog er den Schleim in der Nase hoch, holte sein Taschentuch hervor und spuckte die Ausscheidung hinein. Dann hielt er es seinem Schuldner Eckbert zu Pommern vor die Nase. Würde er auch noch das Grundrecht für das Land am Weiher verlieren, wäre das der Ruin für seinen Gutshof.
Das ist natürlich besser als die usprüngliche Version! Das wichtigste ist allerdings, wie schon im Chat gesagt, dass die Geschichte glaubhaft und interessant ist. Der Ansatzpunkt dafür sind die Figuren, die wie richtige Menschen wirken müssen und keinesfalls nur eine Eingenschaft haben dürfen. Wie wäre es, wenn Frei gebildet und gutaussehend wäre und Eckbert ein Alkoholiker oder ein Spieler? Wie genau war die Rechtslage?

Beste Grüße,

Berg

 

Hallo Berg,

Super. Danke für die Anregungen.
Ich werd die Geschichte überarbeiten.

Gruss Hanqw

 

Hallo Hanqw,

deine Geschichte lässt mich ratlos zurück, weil ich nicht so recht weiß, was du mit ihr bezweckst.
Ich kann nur vermuten, dass du den Blick dafür verloren hast, um was es dir eigentlich ging.

Sollte dies eine Art Übung sein, einmal eine Geschichte aus alter Zeit zu schreiben? So eine Art Milieudarstellung?
Wolltest du dich im Genre der Räubersagen tummeln?
So richtig kann ichs nicht einsortieren.

Diese Geschichte hat so wenig Tiefgang, dass sie schon als trivial zu bezeichnen ist. Die Personen sind allesamt irritierend flach dargestellt. Der Vater ohne väterliche Empathie, aber, wenn sie ihm fehlen sollte, dann auch ohne Erklärung, warum das so ist.
Der Frei ist einfach nur eindimensional widerlich gezeichnet und ich fühle mich wie mit dem Holzhammer bearbeitet.
Die Tochter konnte sich auch vor meinen Augen nicht entwickeln, sie ist irgendwie nicht einzusortieren.

Allein die Szene, in welcher Frei diese Räuber abschreitet und zum Teil tötet hat gewisse Spannung. Daraus könnte man mehr machen. Sie noch verdichten, indem du en detail mehr über die Personen beschreibst.


Ich mochte nicht richtig mitgehen in dieser Geschichte. Sie hat mir von daher nicht gefallen.
Ich glaube, verstanden zu haben, dass du ansich etwas Unterhaltsames angesiedelt in alter Vorzeit darbringen wolltest, aber das ist dir nicht gelungen.

Hoffentlich verstehst du, wie ichs meine.

Lieben Gruß
lakita

 
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Hallo Lakita,

auch wenn es unhöflich erscheint, habe ich mir mal etwas mehr Zeit als
ein Jahr genommen, um zu antworten.

Ist die Geschichte trivial - Für jedermann ersichtlich, leicht zugänglich?

Nun dann müsstest du folgendes erkannt haben:

Erstens:

Ein wiederlicher Typ, der Geld hat. Grotesk der Typ.
Abnormal das gesamte Verhalten und das Umfeld dieses Typen.
Ruhig auch grotesk der sprachliche Stil der Geschichte - obwohl ich
die Vorschläge von Berg gerne angenommen habe.

Das hübsche, unschuldige Mädchen. Das sich vor diesem Typen ekelt,
die das Abendteuer mit dem Räuber Ostwälder sucht.
Sich aber trotzdem von Frei verführen lässt (Apfel), ihn jedoch gleichzeitig verarschen will - da sie ja eine Affäre mit Ostwälder hat
"Ich weiß nicht, ob er den Ostwälder in ihr gerochen hat."

Zweitens:

Eltern die ihre Kinder verkuppeln, nur aus Geld- oder Gesellschaftlichen gründen.
- Das ist so, als würde man seine eigenen Kinder auf den Strich schicken.
- Ein Verhalten wie es in der Vergangenheit möglich war, (dadurch erklärt sich das vielleicht zurückliegende Millieu - auch wenns schlecht recheriert ist)
- Wie es aber auch heute noch vorkommt - wenn der Lebensgefährte der Kinder nicht akzeptiert wird im Sinne von:
"Du hast was besseres verdient."

Drittens:
Gerade, dass es darum geht einen kleinen gesellschaftlichen Spiegel zu malen,
so wie im Simplicissimus.

Viertens:
Das die Geschichte gerade aus diesem Grund trivilal und grotesk wirken soll.


Nun das Thema ist wirklich Uralt, wenn es zu Beziehungen aus anderen Gründen als der Liebe kommt. Oder wenn Eltern ihre Kinder nicht respektieren - und sich dadurch vielleicht unglücklich machen.

Trotzdem kommt das immer wieder vor, was doch wirklich sehr schade ist - oder?

Gruss Hanqw

 

Weit unten im Regal hatte Eva den Simplicissimus gefunden
- und nicht nur sie, deucht mich. Aber es ist eine amüsante Räuberpistole, die Du uns erzählst, älter als die Schmalenbachgesellschaft und der olle Gutenberg, mit dem ich noch’n Köllsch hätte trinken können,

lieber Hanqw!

Nun kann man nicht behaupten, Du wärest ein Schüler aus Grimmelshausen, geschweige sein Wiedergänger, doch les ich hier nicht die triefende Schülerlürik für nur einen Augenblick von zuletzt (wo ist der Text überhaupt hingekommen? – ich behaupte mal einfach, dass man selbst da was hätte draus machen können, wenn auch keinen Rimbaud), doch erzählerisches Talent sprudelt gelegentlich hervor und was das wichtigste bei Räuberpistolen überhaupt ist: sie sind durch ihren Witz / Humor zum Schießen! Freilich verträgt der Text noch einige Renovierung, von denen vor allem die gelegentliche Zeichensetzung eigenwillig wirkt (was im Prosagedicht wohl auf die Spitze getrieben wurde). Beginnen wir darum mit den Satzzeichen!

„Gib mir das Mädchen“, forderte Hans-Jakob Frei und lachte niederträchtig.
Vielleicht noch ein Ausrufezeichen am Ende der wörtlichen Rede, um dem ganzen mehr NACHdruck zu verleihn, wie später auch beim
„Herein“, rief dieser.

Wohl eher Flüchtigkeit im folgenden Falle und doch zu korrigieren wäre
… in Ostwälder.Frei reagierte ...
Leertaste nach dem Punkt!

Schließlich hatte Frei alle Räuber* auch Ostwälder* gefasst.
* Komma oder Gedankenstrich!

Als das Wildschwein bei ihm standKOMMA rief er:

Hans Jacob Frei, betrat nüchtern, …
Komma nach’m Frei entbehrlich.

… kurzer dumpfer Knall, …
Besser durch Komma trennen, sind doch die Attribute unabhängig voneinander.

Da grunzte der Wildschweineber, und verschlang mit zwei Bissen, den ganzen Rest vom Apfel.
Da laufen die Kommas aus’m Ruder. Alle entbehrlich.

Wir kommen nun in die Grauzone der Flüchtigkeit:

… und grüßte, wie es der Anstand gebührte.
Klingt abenteuerlich. Verb oder Artikel ist falsch gesetzt. Entweder wie’s der Anstand „verlangte“ oder aber „dem“ Anstand gebührte.

Er spukte auf den sandigen Boden …
Was ich nicht glaube! Wenn doch, dann im Dativ, bitte!

… kamen zwei Bewaffnete Reiter hinzu, …
In dem Fall bewaffnete klein, alternativ, wenn Du Bewaffnete gerne liest, „berittene Bewaffnete“, wie man’s dreht, ein Substantiv wird wieder Adjektiv. May be back to the roots.

Beim diesem Räuber wiederholte der Eber die Prozedur.
Ich sach ma’ nix …

Zudem krankt es m. E. gelegentlich an Adjektivitis, Verdoppelungen und andern Entbehrlichkeiten – wir kommen also zu’n bissken Feinschliff:

Er besaß das südliche Landgut, welches ein riesiges Anwesen war.
Hier kann man im Nebensatz das Relativpronomen und das Prädikat weglassen, ohne die Satzaussage zu verfehlen:
Er besaß das südliche Landgut, … ein riesiges Anwesen.

…, zog er mit einem riesigen Zug den Schleim in seiner Nase hoch, …
Die übertrieben Beschreibung des riesigen Zugs ist entbehrlich. Kein Mensch erwartet dies von einem Herrn. Ich finde, der Teilsatz mitsamt Anhang verliert in der abgespeckten Version nichts an Aussagekraft:
…, zog er … den Schleim in seiner Nase hoch, …
Weiter unten (Eva-Szene) erscheint die Beschreibung – wie von Dir vollzogen - sogar notwendig!

Die Schulden von Eckbert waren durchaus erheblich.
Das Adverb erscheint mir entbehrlich:
Die Schulden von Eckbert waren … erheblich.

Sie erhob sich von ihrem Stuhl, stellte sich kurz vor ihren Spiegel, machte sich zurecht und ging.
Nun gut, seit Hegel ist klar, dass der Bürger sich über Eigentum & Besitz (keine Bange, ich kenn den wesentlichen Unterschied), und doch: Possessivpronomen sind hier eher entbehrlich, denn wessen … sollte es sonst sein? Also vielleicht besser „Sie erhob sich vom Stuhl, stellte sich kurz vor den Spiegel, machte sich zurecht und ging.“

Der Wildschweineber war höchst entzückt, auch ein wenig erregt.
Die Adjektive erscheinen mir entbehrlich.
Der Wildschweineber war … entzückt, auch … erregt,
alternativ könnte das auch durchs und ersetzt werden, wodurch das Komma verschwände:
„Der Wildschweineber war … entzückt und … erregt.“

… schlug er, mit dem Schrei eines Betrunkenen und mit voller Wucht, auf …
Das zweite mit ist entbehrlich.

Dachte, an die schönen männlichen Gesichtszüge, die das Gesicht dieses Mannes formten.
Erstes Komma ist entbehrlich, wie das Attribut und die Verdoppelung des „Gesichts“. Vielleicht besser:
Dachte an die schönen … Gesichtszüge … dieses Mannes.

Und nochenemal Gesichter
Todesangst bildete sich in Form von Bleichheit in den Gesichtern ab.
Most complicated! Warum nicht bescheidener „Todesangst stand in den Gesichtern geschrieben.“

Und nun zum Konjunktiv und andern Randglossen!

Und hätte Eckbert zu Pommern auch noch das Grundrecht für das Land am Weiher verloren, so wäre das der endgültige Ruin für seinen Gutshof gewesen.
Da lacht mein Herz über den Konjunktiv irrealis, der als relativ gelungen anzusehen ist. Allerdings wären Partikel und Partizip entbehrlich:
Und hätte Eckbert zu Pommern auch noch das Grundrecht für das Land am Weiher verloren, … wäre das der endgültige Ruin für seinen Gutshof …

Nun meldet sich unser alter Freund Simpel, ehedem ein Hirt
…, seine zu lang geratenen Schneidezähne - ließen sogar einen Eber vermuten.
- oder wär's der Jäger von Soest, der sich meldet?
Eber heißt das männl. Schwein unter Hausschweinen. Zur Wildsau gehört der Keiler (was Herrn Frei auch vom Charakter her zukäme). Dennoch:
Wildschweineber
ist ein gelungener Kompromiss.

…, welches Frei auf nachhaltiges Drängen von seinem Vater …
Ja, so findet Nachhaltigkeit auch über die Mikroökonomie in groteske Räuberpistolen Eingang.

Gern gelesen und darum gern die Mühsal auf sich genommen hat der

Friedel

ohne Gewehr!

 

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