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Der Durchbruch
Birgit war heute zeitig aufgestanden, heute war Sonnabend. Sie hätte wirklich noch länger im Bett bleiben können. Sie blickte auf ihre Armbanduhr, es war erst 6.00 Uhr. Die ersten Sonnenstrahlen erhellten den Himmel, doch in ihrem Herzen war es finster und kalt. Sie hatte einem Menschen vertraut, der sie schmählich verraten hatte.
Ohne einen Blick zurück zu wenden, eilte sie ziellos des Weges. Sie achtete nicht darauf dass es bergauf ging. Sie wollte vor sich selbst fliehen. Vor ihr war eine Ruine zu sehen, die vielleicht früher einmal eine Burg war.
Sie sah auf eine Mauer. Eine Mauer stark und fest gegründet, auf einem Felsen, der weithin im Land zu sehen war.
Doch hinter der Mauer war nichts als eine Ruine, die daran erinnerte was es einmal gewesen war. Keine Stimmen waren mehr zu hören und manch Wanderer hatte vielleicht gefragt, wer hier einmal gewohnt, geliebt und vielleicht manchmal gehasst hatte.
Keiner konnte es so genau beantworten und deshalb war es schwierig, irgendwelche Schlüsse zu ziehen.
Birgit stand auf dieser Anhöhe und sah hinab ins Tal. Von weit her hörte sie Hundegebell und eine Kettensäge kreischte, ansonsten war alles ruhig.
Doch der Friede täuschte, in Birgits Brust bäumte sich alles auf, was sie in der letzten Zeit durchlebt hatte. Sie setzte sich ins Gras und pflückte Gedankenverloren eine Blume.
Wie fest war die Wand die sie um ihr Herz gebaut hatte? War es nicht so, dass es eine Zeit gab in der alles offen war für einen Menschen, den sie liebte? Der in ihr einen festen Platz gefunden hatte und ihren Sinn und ihre Gedanken angeregt hatte, mit Freude, mit Erwartung und mit Glück?
Sie hatte ihr Herz geöffnet, ohne irgendwelche Bedenken. Ja, er hatte sie im Sturm erobert und sie vertraute ihm die geheimsten Wünsche an, ohne überhaupt nur einen Augenblick daran zu denken, er könnte dieses Vertrauen missbrauchen. Und doch, war es soweit gekommen.
Das gemeinsam erbaute stürzte mit einem Mal ein, es waren nur noch Ruinen da, die daran erinnerten, was einmal in ihrem Leben so feststand. Sie wusste, was sie da alles für Kräfte an Glauben und Liebe hineingebaut hatte. Die Realität war grausam genug, denn alle Träume und Wünsche waren dahin. Was geblieben war, war die Mauer, hinter der sie sich jetzt verschanzte. Sie wollte nicht sehen, dass der Horizont nach wie vor so weit war, wie eh und je. Das es trotz allem Erleben in ihrem Herzen noch eine Tür gab, die aus dieser Verwüstung hinausführte.
Ja sie sah sogar den Weg, der da entlang ging. Weg von diesem Geröll, zu einer neuen Anhöhe, mit einer anderen Sicht. Sie konnte sich nicht ständig hier verstecken und sich zurückziehen.
Sie erhob sich von ihrem Platz und ging ein Stück entlang. Kalt und grau stand die Mauer da, so kalt wie es in ihrem Herzen jetzt war. Hier wehte ein rauer Wind, der die Bäume und Sträucher hin und her bewegte. Doch er konnte ihnen nichts anhaben, denn sie waren fest verwurzelt.
Was konnte der Sturm im Leben ihr noch anhaben? War sie wirklich fest verwurzelt, oder konnte eine Enttäuschung, wie sie diese jetzt erlebte, sie aus der Bahn werfen? Nein und nochmals nein!
Plötzlich blieb sie stehen. In einem Riss der Wand wuchs eine Pflanze. Grün und voller Hoffnung und voller Leben. Irgendwann hatte der Wind ein Samenkorn hierher getragen, welches nur schwer sich entwickeln konnte. Trotz aller Härte hatte es doch genug Raum gehabt sich zu entfalten und zu wachsen und zu blühen. Sie griff mit den Händen danach, nein sie wollte es nicht herausziehen, sondern es in den Fingern fühlen, zu spüren hier gedeiht neues Leben.
Auch in ihrem Inneren war bestimmt noch ein Platz, für neue Hoffnung, neues Wachstum und neuem Glück.
Die Natur lies sich nicht abschrecken von irgendwelcher Härte, sondern nahm den Nährboden an, der zur Verfügung stand. Auch in ihr war noch genügend Nährboden für ihre Wünsche und ihrem Glück.
Es war nicht zu Ende, sondern es konnte neu beginnen!