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Der Diamantenmord

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23.09.2003
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Der Diamantenmord

Eigentlich hasste Jack Brandon, bekennender Hobbydetektiv, die reiche Gesellschaft. Ihre Arroganz und Eitelkeit war ihm tiefst zu wider. Aber er war knapp bei Kasse und brauchte das Geld dringend. So musste er gezwungenermaßen das Angebot der wohlhabenden Mrs. Diana Wood annehmen, die ihn um die diskrete Aufklärung eines Diamantendiebstahls bat. Er fuhr mit seinem rot lackierten Oldtimer die groß angelegte Einfahrt des riesigen, zweistöckigen Anwesens herauf, parkte sein Wagen gleich neben dem Eingang und stieg aus. Mit hastigen Schritten näherte er sich der Tür und stolperte dabei über die dritte Stufe der Marmortreppe.
„Mist!“, murmelte er, die Zähne zusammenknirschend, noch während des Sturzes und dachte dabei an sein großes Ziel, einmal zu den weltbesten Detektiven zu gehören. Leider ist bisher nichts daraus geworden. Und als er sein Gesicht auf dem eiskalten Marmor aufprallen spürte, hatte Jack das Gefühl, das in Zukunft auch nichts daraus werden würde. Unnahbarkeit und Geschicklichkeit: dies waren Eigenschaften wirklich guter Detektive. Aber nicht die, die Jack besaß. Darüber nachdenkend, wie er das ändern könnte, stand er auf und befreite sich vom Schmutz, den er sich auf dem Boden eingefangen hatte.
Noch bevor er sich der Eingangstür vollends nährte, öffnete sich diese auch schon und eine korpulente Frau mit einem geschmacklosen, roten Gewand kam zum Vorschein. Sie musterte Jack mit einem herablassenden Blick.
„Mr. Brandon?“, fragte sie nach einer Weile mit einem Unterton, der eindeutig Abscheu ausdrückte. Was haben sie denn bei diesen Preis erwartet, dachte er in genauen Wissen darüber, dass Jack Brandon wohl zu den am billigstzuhabenden Privatdetektive in der Gegend gehörte(und das nicht ohne Grund...). Er vermutete stark, dass es sich bei der Frau um Mrs. Diana Wood handelte, da er sich schon ein bisschen umgehört hatte, um etwas über seinen Auftraggeber in Erfahrung zu bringen: sie war reich, sagenhaft reich, egozentrisch und eitel. Und da sie ihm den Auftrag anvertraut hatte, schloss er daraus, dass sie zu alldem habgierig war, denn sie hätte sich bei ihrem Vermögen auf jeden Fall einen teureren Detektiv leisten können.
Er setzte ein ironisches Lächeln auf und sagte triumphierend und selbstsicher: „Ja!“
Die Frau schaute ihm tief in die Augen und erwiderte dann: „Sie kennen wohl nicht die oberste Regel für Privatdetektive?“
Sie hat schon begriffen, dass er versucht hatte sie zu verspotten.
„Nein...“, antwortete er in einem nicht mehr so selbstsicheren Ton wie vorher.
„Sie lautet: Verärgere deinen Auftraggeber nicht oder du bist deinen Job los.“
Auf diese indirekte Drohung erwiderte Jack: „Bei meiner Arbeit ist dies ein Manifest und keine Regel...“
Er hoffte mit dieser Aussage und einem charmanten Lächeln die Sache aus der Welt geräumt zu haben. Ganz ruhig, Jack, du musst es ja nicht gleich am Anfang verpatzen, sprach er in Gedanken zu sich. Wie er diese aufgeblasenen Reichen doch hasste...
„Ich bin Diana Wood“, sagte sie, die Augen gen Himmel gerichtet. „Folgen sie mir!“
Mit großem Schwung drehte sie sich kunstvoll um und stolzierte die Eingangshalle entlang. Jack ging ihr langsam hinterher, vorbei an der mit roten Teppich ausgelegten, zweigeteilten Treppe, die in die obere Etage führte. Jack beobachtete die Umgebung sehr genau: vergoldeter Treppenlauf, vergoldete Lehnen an den Sesseln, vergoldete Fensterrahmen. Hier schien jemand eine Schwäche für Gold zu haben. Am Ende der Hausbibliothek, die sie gerade durchquerten, erschien eine verglaste Tür, die den Durchgang zur Veranda ermöglichte. Dort angekommen, blieben sie stehen.
„Hier wurden die Diamanten gestohlen“, sagte Mrs. Wood, die Veranda mit einer präsentierenden Handbewegung umreißend
„Was genau ist passiert?“, fragte Jack, während er den Tatort genau betrachtete: ein quadratischer Tisch mit wuchtigen, mittig angeordneten Standbein, drei Stühle, alle nach hinten hin umgefallen.
„Also, ich trank hier mit meinen Bekannten Dr. D.C. Spaniel und Owen Griffin Kaffee-„
„Was sind das für Personen?“, unterbrach er sie.
„Ich pflege nur Kontakt zu Menschen, die vermögend sind, wie Owen Griffin, oder einen ausgeprägten Intellekt haben, wie Dr. Spaniel. Oder die beides besitzen, wie ich...“
„Aaah – soooo...“, erwiderte der Amateurdetektiv mit verwirrter Stimme. Diese eitle Aussage musste wohl als Antwort auf seine Frage genügen.
„Es war so“, fuhr Mrs. Wood fort. „Owen hatte vor, ein paar Diamanten zu verkaufen. Da er weiß, dass ich Diamanten liebe, hatte er sie mitgebracht-“
„Wenn ich sie noch einmal unterbrechen könnte. Sie saßen doch auf dieser Seite des Tisches?“, fragte Jack sie aufdringlich und zeigte dabei auf die Tischkante, die zur Verandatür gewandt und dieser am nächsten war.
„Ja, ja...“, antwortete sie mit geplagten Gesichtsausdruck. Brandon hatte die Kaffeekanne auf diesem Teil des Tisches erblickt und fasste somit den einzigst möglichen Entschluss: Hier muss der Gastgeber gesessen haben.
„Könnten sie jetzt endlich still sein und mir zuhören?“, fuhr Mrs. Diana Wood ihn an und redete dann weiter, ohne überhaupt eine Reaktion seinerseits abzuwarten. „Wir haben gerade die Diamanten betrachtet. Ich war geblendet von ihrer Schönheit. Aber plötzlich rief jemand im Haus `Feuer, Feuer!` und Owen, der Doktor und ich stürmten durch die Verandatür ins Anwesen-“
„Oh, wenn sie noch mal entschuldigen könnten...“
Sie verzog ihre Mundwinkel, so als ob daran Gewichte hingen, und schaute Jack wutentbrannt an; sagte jedoch nichts.
„Also gut, dann stelle ich ihnen noch ein paar Fragen – wer hatte denn aus dem Haus gerufen?“
„Das hätte ich ihnen ja noch erzählt, wenn sie mich ausreden lassen hätten!“, erwiderte sie mit zornigen Blick. Jack spürte langsam, dass er hier irgendetwas falsch machte und ihm wurde in Anwesenheit von Mrs. Wood immer unangenehmer. Aber er war doch der Schnüffler? Und das hieße, er stellt die Fragen, die jemand anderes beantwortet. Ohne wenn und aber! Dachte er sich jedenfalls so...
„Als wir das Obergeschoss, also wo die Schrei herkamen, erreichten, war das Feuer schon von zwei meiner Angestellten gelöscht worden. Die Köchin hatte die brennende Gardine entdeckt und darauf so fürchterlich geschrieen. Alle hier im Haus können sich nicht vorstellen, wie das geschehen ist-“
„Und dann, als sie zur Veranda zurückgekehrt sind, waren die Diamanten weg...“, unterbrach er sie.
„Ja, genauso war es.“
„Wo lagen diese Diamanten?“
„Dort auf dem schwarzen Tablett, ungefähr in der Mitte des Tisches“, antwortete sie ihm, während sie mit dem Finger darauf zeigte.
„Mrs. Wood, sie lieben Diamanten, haben sie vorhin erwähnt?“, fragte Jack sie mit nachdenklicher Mine.
„Ich liebe alles, was glänzt und glitzert“, erwiderte die reiche Frau mit erregter Stimme.
„Aber sie lieben auch ihr Geld?“
„Über alles...“
„Noch eine letzte Frage, Mrs. Wood – Ist es im Bereich des Möglichen, dass Dr. Spaniel oder einer ihrer Angestellten den Raub begangen hat?“
„Keinesfalls – Dr. Spaniel ist ein ehrlicher Mann und meine Angestellten werden für ihre Arbeit ausreichend belohnt“, fauchte sie ihn an, so als ob sie sich bedroht gefühlt hat.
Jack klopfte sich nun ununterbrochen mit seinem Zeigefinger auf die Oberlippe und schaute dabei in die Leere. Seine Art nachzudenken... sah wirklich komisch aus. Er vergaß dabei völlig sein Gegenüber, welches immer ungeduldiger wurde und sich dann mit übertriebener Eindringlichkeit räusperte.
„Oh ja, sie habe ich ja völlig vergessen...“, meinte er. Darauf folgte ein gestelltes Lachen seinerseits, in der Hoffnung die gespannte Situation aufzulockern; jedoch ohne Erfolg. Mrs. Wood war nicht zu Lachen zu Mute. Sie lächelte nicht einmal. Ihr Gesichtsausdruck war monoton, gelangweilt und in gewisser Weise auch arrogant.
„Sind Owen Griffin und Dr. Spaniel noch anwesend?“, fragte er zaghaft und mit stockender Stimme.
„Ja“, murmelte sie, wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
„Wenn ich...sie bitten dürfte, einen von ihnen zu mir zu schicken...“, bat er sie. Jack schaute ihr nicht einmal mehr in die Augen, da er ihren Blick keinesfalls mehr ertragen konnte. Entrüstet über diese kleine Aufgabe, aber erleichtert darüber, dass sie endlich gehen durfte, drehte sie sich um und verschwand in der abgedunkelten Bibliothek.
Er stand nun allein auf der Veranda und schaute sich den Tisch genauer an. In der Mitte erblickte er das schwarze Tablett... es war selbstverständlich leer. Sein Augenmerk galt nun dem Sitzplatz links von dem, an dem Mrs. Wood gesessen hat. Dort lag ein roter Rezeptblock. Die Anordnung des rechteckigen Platzdeckchens, der darauf befindlichen Tasse mit Untertasse und der Kuchengabel war identisch. Nur lag neben dem Block eine zerknitterte Serviette, die bei den anderen Gedecken allerdings noch völlig unberührt war. Die dritte Person hatte gegenüber der Gastgeberin, welche mit den Rücken zur Verandatür gesessen hatte, Platz genommen. Auf seiner Seite war das Platzdeckchen verschoben, eine der vier Ecken hing über die Kante des Tisches. All diese Tatsachen versuchte er in seinen Gedanken zu ordnen: im Haus hat jemand „Feuer!“ geschrieen, Mrs. Wood, Mr. Griffin und Dr. Spaniel sind aufgesprungen, die Stühle sind nach hinten umgefallen, dabei kann es auch vorgekommen sein, dass jemand in Eile das Gedeck mitgerissen und somit verrückt hat...
„Sie wollten mich sprechen...“
Der Detektiv wurde von den Worten des kleinen, schmächtigen Mannes, der in der Verandatür stand, aus seinen Gedanken gerissen.
„Oh ja, kommen sie doch bitte“, forderte Jack ihn höflich auf. Obwohl er ein schwarzes Jackett trug, sah man dem noch jüngeren Mann an, dass er nicht in dieses reiche Milieu gehörte. Diese Bekleidung stand ihm einfach nicht.
„Sie sind Dr. Spaniel?“, schlussfolgerte Jack mit unsicherer Stimme.
„Das ist korrekt...“
„Und sie haben höchstwahrscheinlich hier gesessen?“, fragte er ihn die Hand auf die Seite des Tisches richtend, auf welcher sich der Rezeptblock befand.
„Da haben sie vollkommen recht.“
„Ich bitte sie jetzt darum, mir genau die Ereignisse, die sich heute Mittag hier abgespielt haben, zu schildern!“
„Also, Diana hat mich und Owen zum Kaffeetrinken eingeladen. Bei dieser Gelegenheit hat Owen ein paar Diamanten mitgebracht, die er irgendwie loswerden wollte-“
„Können sie mir vielleicht sagen, warum er vorhatte die Edelsteine zu verkaufen?“
„Nein, das kann ich ihnen leider nicht mitteilen...“, erwiderte Dr. Spaniel hoffnungslos. „Aber eines wusste Owen ziemlich genau, dass er die Diamanten Diana Wood leicht verkaufen könnte. Sie hält viel von solchem Kram, auch von Gold.“
„Ist ihnen aufgefallen, dass Mrs. Wood in irgendeiner Art geizig ist?“, hakte Jack vorsichtig nach. Diese Bemerkung brachte Spaniel zum Schmunzeln.
„Wissen sie, Habgier ist in diesem Umfeld völlig normal, glauben sie mir... Man gewöhnt sich nach einer Weile schon daran und lernt, darüber hinwegzusehen.“
„Sagen sie mir, waren sie aufgeregt, als sie die Diamanten betrachteten!“
Der Doktor wich kurzzeitig dem Blick des Detektivs aus. Dann erwiderte er langsam und ruhig:
„Wieso fragen sie überhaupt?“
„Ich habe die zerknitterte Serviette gesehen und da noch kein Essen serviert war-“
„Ah ja, ich habe äußert viel geschwitzt, da es hier draußen so heiß war und da musste die Serviette herhalten...“
Jack wusste erst nicht mehr, was er noch fragen könnte und stand bewegungslos da. Doch dann eine Idee: „Ähm...wie sind sie zur Zeit finanziell gestellt? Wie viel bringt ihnen ihre Arztpraxis ein, wenn ich fragen darf?“
„Nicht viel, gerade genug zum Leben...ich hoffe durch meine Verbindung zu Diana und Owen auch einmal etwas Reichtum einzustreichen. Na ja, sie wissen schon...“
„Und Owen Griffin, er gehört auch zu den Reichen?“
„Ja, ja... der ist auch wohlhabend. Trägt immer Armani – ist sein Markenzeichen“, sagte Dr. Spaniel betrübt. Ihm schien wirklich etwas am Reichtum zu liegen.
„Noch eine Kleinigkeit, dann sind sie entlassen – als sie aufgesprungen sind, weil sie die Rufe aus dem Haus vernommen hatten, hatten sie da zufällig Mrs. Wood oder Mr. Griffin im Blick?“
„Nein, es war alles viel zu hektisch und ging zu schnell, ich habe wirklich nicht auf die beiden geachtet...“
„Ich danke ihnen fürs erste. Könnten sie dann bitte Owen Griffin sagen, dass ich ihn gern sprechen würde?“
„Ja...“ Mit diesen Worten verschwand Dr. Spaniel hinter der Verandatür und ließ Jack allein. Er dachte gerade über sich selbst nach. Von den sieben Fällen, mit denen er sich innerhalb seiner kurzen Hobbydetektiv-Laufbahn schon beschäftigt hatte, hatte er fünf nicht lösen können. Von den zwei Gelösten war einer ein geraubtes Sandförmchen und der andere ein verschwundener Wellensittich. Obwohl...den Vogel hatte er auch nur tot aufgefunden. Aufgrund dieser Tatsachen und seiner jetzigen Auftraggeberin, mit der er wohl Verständigungsprobleme zu haben schien, hegte er große Zweifel an sich.
„Entschuldigen sie bitte...“, die Stimme klang warm und gelassen. Es war die von Owen Griffin. Er war um die 45, dafür noch ein außergewöhnlich sportlicher und gutaussehender Mann. Und er trug Armani. Jedoch passte irgendetwas nicht: Vielleicht war eine Naht falsch gesetzt oder es war nicht die richtige Größe; Jack konnte es nicht genau bestimmen. Während Mr. Griffin auf die von der Sonne erwärmte Veranda trat und sich ihm lässig näherte, fragte der Detektiv ihn:
„Mr. Griffin, ich habe erfahren, sie wollten Mrs. Diana Wood Diamanten verkaufen. Könnten sie mir erklären, warum sie dies im Sinn hatten?“
„Es sind Erbstücke. Sie erinnern mich allerdings an einen Verwandten, an den ich nicht erinnert werden will. Das ist eine private Sache...und es ist unwichtig. Diana hat erzählt, ich solle ruhig bleiben, sie würde einen fähigen Mann engagieren, ihm die Sache anvertrauen, damit er den Dieb aufspürt. Sagen sie schon, was haben sie bis jetzt herausgefunden?“
Jegliche Ruhe und Gelassenheit war nun von ihm gegangen. Er war übertrieben nervös und aufgeregt, obwohl ihm doch nichts an den Edelsteinen gelegen hatte. Jack fing an, die Erkenntnisse, seiner Meinung nach waren es für seine bisherigen Detektivleistungen verhältnismäßig viele, zusammenzutragen:
„Nun wissen Sie, ich glaube, es waren zwei Täter. Einer hat vorsätzlich dieses Feuer gelegt, doch konnte dieser nicht in so kurzer Zeit vom zweiten Stock auf die Veranda hetzen; genau hier kam sein Partner ins Spiel. Vielleicht hatte dieser im Garten gelauert und die Diamanten gestohlen, nachdem Sie, Dr. Spaniel und Mrs. Wood von der Veranda liefen...“
Während Jack erzählte, berührte Mr. Griffin mit zitternden Händen das schwarze, rechteckige Tablett, auf dem die Edelsteine gelegen hatten, schob es penibel und exakt in die Mitte des Tisches und richtete es parallel zu den Tischkanten aus. Danach nahm er noch sorgfältig mit den Augen Maß, um zu überprüfen, ob das Tablett auch wirklich in der Mitte und kerzengerade positioniert war. Der Hobbydetektiv räusperte sich und meinte darauf:
„Das hier ist ein Tatort und der sollte möglichst unberührt bleiben, verstehen sie?“
„Ich weiß, aber ich habe oft das Verlangen, alles gerade zu rücken. Diese Ordnungssucht verfolgt mich schon lange...“, erwiderte er deprimiert.
„Oh Mann, waren sie wegen dieser Sache vielleicht schon beim Arzt?“, diese mitleidende Bemerkung rutschte Jack versehentlich heraus. Du bist doch kein Psychologe, sondern ein Detektiv... rief er sich in Gedanken zu. Er riss sich zusammen und sagte dann mit leichter Überheblichkeit:
„Das war alles, sie können nun gehen!“
Als sich Mr. Griffin schon entfernen wollte, rief Jack ihm nochmals zu: „Könnten sie mir noch eine Frage beantworten? Sie saßen ja gegenüber von Mrs. Wood. Als sie alle ins Haus rannten, haben sie sie und Dr. Spaniel da im Blickfeld gehabt?“
„Ja, dass habe ich.“
„Und?“
„Sie sind, wie auch ich, vom Tisch aufgesprungen und zur Verandatür gestürmt. Da war nichts Ungewöhnliches...“

Das war es dann wohl. Er ist kein Stück weitergekommen. Er hatte keine sicheren Tatsachen in der Hand. Auch die darauffolgende Befragung der Angestellten brachte nichts neues. Alles schien vollkommen normal. Jack musste diesen Fall aber lösen, denn er brauchte dringend Geld. Sehr zum Missfallen von Mrs. Wood durfte er im Anwesen übernachten und sollte am nächsten Tag weiterarbeiten. Kurz bevor Jack schlafen ging, schlenderte er noch durch das stille Haus. Trotz des Umstandes, dass schon alle Lichter gelöscht waren, schaute er sich die riesigen, oftmals mit Gold verzierten Räume genauer an, in der Hoffnung einen Hinweis zu finden. Nichts.
Er legte sich schlafen.

„Brandon, Brandon - wachen sie doch auf!“
Jack wurde unliebsam von einer schreienden Diana Wood aus dem Schlaf gerissen. In ihren Gesicht war keine Spur mehr von Eitelkeit, nur noch Angst. Noch bevor er mit beiden Beinen aus dem Bett trat, zog sie ihn hysterisch schreiend aus dem Zimmer. Mit pink-gelb gestreiften Pyjama gekleidet, wurde er von ihr in das monumentale Wohnzimmer im zweiten Stock geschleppt, in dessen Zentrum eine Leiche lag. Dr. Spaniel, zusammengekauert an eine Wand lehnend, und Owen Griffin, selbstsicher und mit ernster Mine dastehend, befanden sich auch im Raum. Die Person war auf den Bauch gedreht, wurde von einer einen Meter langen Bronzefigur erschlagen. In Kopfnähe stand, mit Blut geschrieben, der Schriftzug „Spaniel“.
„Ich denke, das ist eindeutig“, sagte Mr. Griffin in seiner lässigen Art.
„Er war mein Angestellter...“, murmelte Mrs. Wood mit leicht zitternden Kopf. Sie hatte sich mittlerweile beruhigt.
Dr. Spaniel sagte gar nichts und schaute mit gesenkten Blick auf den Fußboden. Jack stand ziemlich hilflos da. Sie alle erwarteten nun etwas von ihm. Sie erwarteten die Lösung des Diamantendiebstahls und des Mordes. Er wusste es nicht. Er schaute sich im Raum, der von der einfallenden Morgensonne in einen gelblichen Farbton getaucht wurde, um. Plötzlich bemerkte er etwas und ihm wurde alles klar.
Alle Anwesenden starrten ihn ganz verwundert an, als er anfing, wie ein Gladiator nach einem Sieg, mit seinem Pyjama überheblich durch das Wohnzimmer zu stolzieren.
„In diesem Raum ist ein Mord geschehen“, stellte er triumphierend fest.
„Ach was...“, erwiderte Diana Wood. Ihre Eitelkeit war auf einmal wieder präsent.
„Und dieser Mord“, fuhr Jack fort, „wurde begangen von ... Owen Griffin!“
„Wie bitte!“, plusterte sich Mr. Griffin auf, als ob er es nicht glauben könnte.
„Sie brauchen gar nicht so zu tun, mein Lieber. Das, was sie da anhaben, ist doch nie und nimmer Armani. Es ist eine billige Fälschung, welche auf einem windigen Parkplatz von einem windigen Verkäufer angeboten wurde. Und warum sollte jemand, dessen Markenzeichen Armani ist, eine Fälschung tragen? Weil er finanzielle Probleme hat. Fürchtend, aus dem Kreis der Wohlhabenden ausgestoßen zu werden, täuscht man also den Raub von seinen eigenen, geerbten Diamanten vor, um die Versicherung zu betrügen. Dazu hat Owen Griffin einen Angestellten von Diana Wood angeheuert, im Obergeschoss eine Gardine anzufackeln. Und während Dr. Spaniel und Mrs. Wood, nichtsahnend, die Schreie von Oben hören und losstürmen, um der Sache auf den Grund zu gehen, greift sich Owen Griffin, der am weitesten entfernt von der Verandatür sitzt und somit als Letzter der Gruppe unbeobachtet bleibt, die Diamanten und verschiebt dabei aus Versehen das Platzdeckchen, welches vor ihm liegt. Niemand verdächtigt ihn; er wollte die Edelsteine schließlich verkaufen, wieso sollte er sich selbst berauben...Nun wird es Nacht und er, sowie sein Partner, der Angestellte von Mrs. Wood, finden sich in diesem Raum ein. Owen aber will ihm den versprochenen Anteil der Diamanten nicht überlassen und erschlägt ihn mit der Bronzefigur. Als Nächstes schreibt er mit dem Blut des einstigen Mittäters den Namen `Spaniel` auf dem Fußboden, so als ob der Sterbende noch einen letzten Hinweis auf seinem Mörder geben will.“
Dr. Spaniel, der sich inzwischen zu Diana Wood gesellt hatte, flüsterte ihr ins Ohr:
„Ist das nicht theatralisch...!“
„Nein, ich habe wirklich schon bessere Auftritte erlebt“, erwiderte sie und unterstützte das mit einer anmaßenden Kopfbewegung.
Jack redete , zu Hilfenahme von darstellenden Gesten und Artikulierungen, weiter: „Bloß, Owen Griffin hatte etwas vergessen: Seine krankhafte Zwangsneurose - die Sucht, alles gerade zu rücken, in Ordnung zu bringen. Und nachdem er den Mord begangen hat, fiel ihm auf, dass dieses Gemälde“, der Detektiv, der sich immer mehr in Lautstärke und Entschlossenheit steigerte, zeigte auf eine große, mit einem Goldrahmen versehene Ölmalerei an der den Fenstern gegenüberliegenden Wand, „...dass dieses Gemälde schief hing. Jedenfalls war es gestern Abend, als ich dieses Zimmer begutachtete, noch der Fall gewesen. Heute früh hingegen hängt es, wie wir alle sehen können, absolut gerade. Und ich glaube nicht, dass sich über diesen Zeitraum ein Hausmädchen daran zuschaffen gemacht hat...“
„Ja, ich war es - bitte hören sie jetzt endlich auf!“, gestand Owen Griffin.
„Aber Warum?“, fragte Mrs. Wood mit mitfühlenden Blick.
„Ich hatte kein Geld mehr, ich hatte gar nichts mehr. Aber ich wollte... wollte trotzdem zu den Reichen gehören. So habe ich getan, als ob ich noch wohlhabend wäre, ansonsten hätte man mich verachtet. Dann fiel mir das mit dem Versicherungsbetrug ein. Und eigentlich hätte alles gut gehen können-“
„Und was wäre mit mir passiert?“, fragte Dr. Spaniel vorwurfsvoll.
„Du... wärst im Gefängnis dahinvegetiert und ich hätte mich wieder mit meinem Geld amüsieren können“, erwiderte Mr. Griffin kalt und gefühllos.
In der Ferne hörten sie Sirenen. Diana Wood hatte schon die Polizei alarmiert.
Jack wurde ausreichend belohnt. Als er das Anwesen verließ und in seinen Oldtimer stieg, schaute er sich noch einmal um. Dies war vielleicht der Ort, an dem sein Leben als Privatdetektiv eine entscheidende Wende erfahren hatte...

 

Hi bekay!

Mal ehrlich: Es lag nicht in deiner Absicht eine spannende Geschichte zu erzählen, oder? Auf mich wirkt das Ganze eher wie eine Detektivkomödie. Und Dialoge wie dieser unterstreichen meine Vermutung:

Zitat:
„In diesem Raum ist ein Mord geschehen“, stellte er triumphierend fest.
„Ach was...“, erwiderte Diana Wood

Wenn ich die Handlung zusammenfasse bleibt eine Geschichte übrig, die jeglicher Realität entbehrt und ziemlich plump daherkommt: (Wer die Geschichte nicht gelesen hat, möge bitte den folgenden Absatz überspringen!)

Ein erfolgloser Detektiv versucht in einem reichen Anwesen einen Diamantenraub aufzuklären. Alle Verdächtigen befinden sich praktischerweise noch am Tatort, so dass das typische Frage und Antwortspielchen beginnen kann. Der Arzt, erkennbar an seinem Rezeptblock, übernimmt die Rolle der falschen Fährte, auf die der Leser gelenkt werden soll. Selbstverständlich hat er ein Motiv. Selbstverständlich fällt da niemand drauf rein, einfach weil es zu offensichtlich ist. Dann gibt es da noch den Zwangsneurotiker Griffin mit dem gefälschten Armanianzug, der von einem heruntergekommenen Detektiv als solches sofort entlarvt wird, aber nicht von seinen reichen Bekannten. Hm.
Nach Anhörung der Verdächtigen hält er erst mal ein gemütliches Schläfchen im Haus seiner Auftraggeberin. Danach geschieht der Mord, der praktischerweise alles aufklärt. Ein Angestellter wird von einer 1 Meter großen Bronzestatue erschlagen, die, wie sich dann herausstellt, von Griffin geschwungen wurde, der mit dem Blut seines Opfers einen Namen auf den Fußboden schrieb, um von sich selbst abzulenken. Plumper geht’s nicht.

Ich könnte noch einiges anführen, aber ich denke du siehst anhand meiner Zusammenfassung, das deine Handlung so einige Schwächen hat.

Das positive an deiner Geschichte war für mich der Humorgehalt. Manche Gedanken der Hauptperson, seine Abneigung gegen wohlhabende Menschen z.B., brachten mich schon zum Schmunzeln. Ich hätte mir gut vorstellen können deine Geschichte unter Satire oder Humor zu lesen, dann wäre auch meine Kritik positiver ausgefallen. Das ist keineswegs kränkend gemeint! Ich glaube nur dass du das Potenzial hättest eine gute Komödie zu schreiben. Was ernstere Themen betrifft solltest du dir vorher genau überlegen, ob sich das in der Realität so abspielen könnte. Gerade bei einer Detektivgeschichte ist es wichtig Puzzlestück für Puzzlestück sorgfältig einzubauen und den Leser daran zu fesseln. Ist höllisch schwer, deshalb schreibe ich auch andere Sachen.

Nun gut. Frohes Schreiben wünscht,

gollum

 

*g* weiss eigentlich auch nicht, was der Text hier zu suchen hat, und werde ihn dann wohl bald mal löschen oder verschieben lassen ... Eigentlich war das ganz mehr als lustig gemeint, klar wirkt die Geschichte sehr konstruiert - danke für die Kritik, hätte nicht gedacht, dass ich hier noch ne Antwort erhalte :)

 

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