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Der Dank der Familie

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03.01.2018
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Der Dank der Familie

Sie erreichten die Küste kurz vor Sonnenaufgang. Zwar hatte das Licht der Morgendämmerung den Strand noch nicht berührt. Dennoch waren sie spät dran; die Fahrt von Sirte hatte länger gedauert, als sie erwartet hatten und auch eine geeignete Stelle zum Anlanden hatten sie erst suchen müssen. Der Mann am Ruder drosselte den Motor, so dass das Schlauchboot die letzten Meter nahezu geräuschlos mit den leichten Wellen an den Strand trieb. Die Kiesel knirschten unter dem Kautschuk. Die sieben Männer sprangen heraus, warfen ihre Beutel an den Strand und zogen das Boot aus dem Wasser. Dann knüpften sie die Steuerpinne an ein Seil, das sie bis zur Öse am Bug spannten, drehten das Schlauchboot, schoben es zurück ins Wasser, fixierten den Gasgriff auf schwachen Vortrieb und stießen das Boot an. Gemächlich tuckerte es gegen die leichte Brandung zurück aufs offene Meer.

Die Männer schauten sich um, ob sie jemand in der blauen Dämmerung gesehen hatte. Aber der Strand war noch immer verlassen, auch in den kleinen Häusern hinterm Strandabschnitt rührte sich um diese Uhrzeit nichts. Die Männer hoben die Beutel auf, liefen den Strand entlang und verschwanden hinter den Felsen zwischen den Häusern. Ihre Ankunft hatte nur wenige Minuten gedauert. Laetitia, die das Ganze hinter der Gardine ihres Schlafzimmers aus beobachtet hatte, wartete ab, bis die Männer außer Sicht waren, und ging, ohne das Licht anzumachen, in die Küche zum Telefon. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie rief Massimo an. Er war seit dem Unglück mit Bruno immer für sie da. Egal, zu welcher Zeit.

Es dauerte bis zum nächsten Vormittag, bevor sie davon hörte. Auf dem Wochenmarkt, zwischen Obst, Gemüse, gebrauchter Kleidung und Haushaltswaren, raunten sich Händler und Kunden die selbe Geschichte zu. Wenige Kilometer hinter Pedara, am Fuße des Ätnas, seien unweit der Straße die Leichen von sieben bärtigen Männern gefunden worden. Sie hätten nebeneinander gereiht im Lava-Geröll gelegen, die Hände gefesselt mit Kabelbindern hinter dem Rücken und alle mit einem Loch in der Schläfe. Einige waren misshandelt worden. Dem Aussehen nach stammten sie von der anderen Seite des Wassers. Die Polizei habe wohl einen anonymen Tipp zum Fundort bekommen. Ganz bestimmt habe sich die Familie um diese Männer gekümmert.

Laetitia, die Brot, Zwiebeln, Auberginen und Tomaten besorgt hatte, nickte stumm, aber verlor kein Wort. Erzähle es niemandem, hatte Massimo am Telefon gemahnt. Natürlich hielt sie den Mund! Wie ihr Bruno.

Am Abend klopft es an der Außentür der Küche. Es ist Massimo. Ich habe dich erwartet, sagt Laetitia und lächelt. Massimo tritt herein, zieht die Tür hinter sich zu, beugt sich zu ihr und küsst sie höflich auf die Wangen. Setz dich, sagt Laetitia und weist auf den Tisch neben dem Ofen. Möchtest du etwas essen? Nein, sagt er und nimmt Platz. Sie holt zwei kleine Gläser aus dem Schrank und die dunkle Flasche mit dem Grappa aus dem Regal und setzt sich zu ihm. Dann gießt sie den Schnaps in ihre Gläser.

Sie beide kennen sich seit über 20 Jahren. Bruno, ihr Ehemann, war damals verurteilt worden für einen Mord, den er nicht begangen hatte. Weil er schwieg, versprach ihm die Familie, sich um seine Frau und seine kleine Tochter zu kümmern und bestimmte den jungen Massimo als beider Beschützer. Tatsächlich sind sie sogar um ein paar Ecken miteinander verwandt; Laetitia ist die Nichte einer angeheirateten Tante seines Vaters.

Nach 14 Jahren war Bruno im Gefängnis an einer Lungenentzündung gestorben. Laetitia heiratete nie wieder, sie wollte und brauchte keinen neuen Mann. Die Familie kümmert sich seither um das kleine Haus, in dem sie wohnt, um den Unterhalt für sie und ihre Tochter, die seit vorvergangenem Sommer im fernen Triest Jura studiert. Und wenn sie Unterstützung benötigt, hilft Massimo.

Ich bin gekommen, um dir im Namen der Familie zu danken, sagt er. Deine Aufmerksamkeit hat großes Unheil verhindert. Laetitia neigt ihren Kopf. Erzähl mir, was passiert ist, antwortet sie.

Massimo nimmt einen Schluck aus dem Glas. Wir haben sie an der Straße nach Catania gefunden. Sie waren zu überrascht, um sich zu wehren. Wir haben sie eingeladen und ins Versteck gebracht. Sie hatten Messer und Handgranaten dabei. Wir haben sie befragt, aber die Älteren haben nichts gesagt. Der Jüngste, er sah aus wie 17, hat Englisch gesprochen, ein bisschen zumindest. Er war fast noch ein Kind, kaum Bart, womöglich war er auch erst 15. Er hat uns sein Handy entsperrt, so dass wir Bilder machen konnten. Wir haben den Ältesten vor seinen Augen erschossen, aber der Junge hat trotzdem nicht das Richtige gesagt. Oder wir haben ihn nicht verstanden. Wir haben ihn gezwungen, die Fotos zu verschicken. Dann haben wir einen nach dem anderen erschossen, zum Schluss den Jungen. Er hat gezittert wie eine Zeder im Wind, aber was sollten wir tun? Du weißt, es kann keine Zeugen geben. Es ist nie passiert. Es gibt keinen Bericht in der Zeitung, keinen im Fernsehen. Es wird auch kein Protokoll der Polizei geben, das ist geregelt. Alle werden schweigen.

Laetitia denkt an Bruno. Massimo fixiert sie einen Moment. Hast Du irgendjemandem außer mir erzählt, was du gesehen hast, fragt er dann eindringlich. Laetitia denkt an ihre Tochter, mit der sie am Nachmittag telefoniert hat. Nein, sagt sie ruhig, niemandem. Massimo mustert sie. Er glaubt ihr nicht. Laetitia schaut ihm in die Augen, hält seinem Blick stand. Er muss sich sicher sein.

Gut, sagt er schließlich, ich glaube dir. Laetitia nickt. Er sagt nicht die Wahrheit. Sie fühlt es. Sie atmet tief. Sie weiß es. Ach, Bruno. So ist das also.

Langsam hebt sie ihr Glas und trinkt es aus. Werden noch mehr solche Männer kommen, fragt sie. Ich glaube nicht, sagt Massimo bestimmt. Die Botschaft ist klar. Sie werden sie verstehen.

Laetitia schaut ihn an. Massimo erwidert ihren Blick. Alles ist ruhig. Die Zeit steht.

Sie wissen es beide. Es ist für die Familie.

Ich möchte beten, sagt sie. Sie stützt die Ellbogen auf den Tisch, faltet die Hände und schließt die Augen. Darf ich mitbeten?, fragt Massimo sanft. Laetitia nickt. Sie beten still. Er beobachtet sie. Ihre geschlossenen Augen. Ihre grauen Haare, die ins Schwarze wechseln, da, wo die künstliche Farbe ihre Wirkung tat. Der schmale Goldring an ihrem Finger. Ihre Lippen, die stumme Wörter formulieren.

Als sie fertig ist, haucht sie ein Amen, öffnet die Augen und dreht den Kopf zu ihm. Tut es weh?, fragt sie ruhig. Nein, lügt er. Sie nickt wieder. Massimo steht auf und stellt sich hinter ihren Stuhl. Er beugt sich nach vorne, geht etwas in die Knie und legt vorsichtig seinen muskulösen linken Arm um sie. Laetitia schließt die Augen und seufzt. Er presst ihren Körper fest an die Rückenlehne, umgreift mit der rechten Hand ihren Kopf und bricht ihr mit einem kräftigen Ruck das Genick. Laetitias Körper erschlafft und sackt zur Seite. Massimo richtet sich auf, setzt sie wieder hin und bettet ihren Kopf behutsam auf die Tischplatte. Er steckt sein Schnapsglas in seine Jacke. Sein Blick wandert prüfend durch das Zimmer. Dann geht er hinaus, schaut sich um und zieht die Tür sachte hinter sich zu.

 

Hallo Meyberg!

Willkommen bei den Wortkriegern.

Dein zweiter Text hier? Ich empfehle, nicht nur Tetxe zu posten, sondern auch Texte anderer zu kommentieren. Geben und Nehmen, du weißt schon.

Grundsätzliche Tipps:

Zahlen sollte man in literarischen Texten möglichst ausschreiben. (Solange es nicht unübersichtlich wird.)

Und wörtliche Rede ist in Anführungszeichen besser aufgehoben. Nackt ist nicht so schön, weil beim Lesen unübersichtlich.

"Sie erreichten" => Der Leser muss hier rätseln. Wer kann "sie" sein? Benenne Leute möglichst gleich. "Die Familie Hartmann." "Der Schwimmverein." "Tim und Struppi." Wer auch immer "sie" sein sollen.

Den ersten Absatz finde ich irre langweilig. Im ersten Satz hast du schon gesagt, dass "sie" die Küste erreichen. Ich weiß das also. Der Rest des Absatzes ist nur eine detaillierte Wiederholung dieses ersten Satzes.

"Sie rief Massimo an. Er war seit dem Unglück mit Bruno immer für sie da."
=> Hilfe, wer sind bloß all die Leute? Sieben Männer, der Bootslenker, Laetitia, Massimo und Bruno.
Und dann wird noch irgendein Unglück erwähnt, von dem der Leser aber nur dieses Stichwort erfährt.

"bevor sie davon hörte."
=> Und wer ist jetzt "sie"? Laetitia kann es nicht sein, denn die weiß ja Bescheid, hat aus dem Fenster gesehen und telefoniert. Also ist "sie" Person Nummer Zwölf! Das ist viel zu viel Personal für eine Kurzgeschichte, geschweige denn für gerade mal zwei Absätze plus einen Satz.
=> Ach, doch Laetitia, aber das wird erst am Anfang des nächsten Absatzes klar.

"Laetitia, die Brot, Zwiebeln, Auberginen und Tomaten besorgt hatte"
=> Was mir viel wichtiger wäre, als das, was Laetitia detailliert gekauft hat, wäre, dass ich nicht so viel rumrätseln muss, was da eigentlich abgeht. Wer ist nun wer, und wer ist von denen eigentlich wichtig? Und was ist wichtig? Ich möchte die Geschichte nicht unter einem Berg Zwiebeln suchen müssen.

"Möchtest du etwas essen? Nein, sagt er und nimmt Platz."
=> Ja, ein Berg Zwiebeln! Ein großer Teil deines Textes sind solche Belanglosigkeiten. Das sind Stimmungs- und Spannungskiller.

Nein, sorry, mit deinem Text werde ich absolut nicht warm. Also lasse ich es hier gut sein.

Grüße,
Chris

 

Hallo, Meyberg

Ich mag die Stimmung in dieser Geschichte sehr gerne. Vor allem das Ende (die letzten beiden Absätze) fand ich toll geschrieben: diese sehr ruhige, einfache Atmosphäre. Wie alles so wahnsinnig gelassen dahinplätschert, obwohl gleich eine stirbt. Man hört richtig das Ticken der Küchenuhr. Damit widerspreche ich ein bisschen meinem Vorredner, denke ich. Das musst Du entscheiden. Vielleicht findest Du auch einen Mittelweg.

Ich möchte meinem Vorredner jedoch zustimmen, wenn ich sage, dass ich den ersten Absatz auch nicht gelungen finde.

Dann knüpften sie die Steuerpinne an ein Seil, das sie bis zur Öse am Bug spannten, drehten das Schlauchboot, schoben es zurück ins Wasser, fixierten den Gasgriff auf schwachen Vortrieb und stießen das Boot an.

Das ist alles so wahnsinnig technisch. Ganz viele Wörter, die mit ganz vielen "unds" miteinander verbunden sind. Das muss ich auch alles gar nicht so genau wissen. Ich habe es, ehrlich gesagt, beim ersten Mal komplett überlesen, weil es mir zu detailliert war und so viele Begriffe vorkommen, über die man einen Augenblick nachdenken muss, wenn man mit dem Steuern von Booten nicht vertraut ist. Das ist schade, denn eigentlich ist das nicht einmal wichtig.

Es dauerte bis zum nächsten Vormittag, bevor sie davon hörte.

An diesem Satz hat sich ja auch vorher schon jemand gestört. Ich habe das gleiche Problem. Am besten präzisierst Du das "davon", sonst denkt Dein Leser, dass es sich dabei um die Männer am Strand handelt (und nicht um die toten Männer am Strand).

Erzähle es niemandem, hatte Massimo am Telefon gemahnt. Natürlich hielt sie den Mund! Wie ihr Bruno.

Das verstehe ich nicht. Hinterher heißt es ja, sie hätte es jemandem erzählt. Der Erzähler belügt hier den Leser. Das finde ich ziemlich gewagt. Denn die meisten würden das nicht als unzuverlässigen Erzähler, sondern als schlampige Arbeit des Autors interpretieren, der sich wohl erst später überlegt hat, was als nächstes passiert. Und wenn das doch ein Hint sein soll, heißt das also, dass Bruno auch mal irgendwas ausgeplaudert hat? Nee, oder?

Du weißt, es kann keine Zeugen geben.

Es darf keine Zeugen geben.

Gut, sagt er schließlich, ich glaube dir. Laetitia nickt. Er sagt nicht die Wahrheit. Sie fühlt es. Sie atmet tief. Sie weiß es. Ach, Bruno. So ist das also.

Moment. Heißt das, sie hat es doch niemandem erzählt, aber man glaubt ihr nicht? Ich bin so verwirrt. Bitte, bitte mach das klar. Die Geschichte ist zu kurz, um den Leser so aufs Glatteis zu führen. Man möchte ja immer als erstes dem Autoren die Schuld geben, wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht passt.

Ihre grauen Haare, die ins Schwarze wechseln, da, wo die künstliche Farbe ihre Wirkung tat.

Das ist komisch. Normalerweise gäbe es wohl einen Ansatz von Grau, wo die schwarze Farbe rausgewachsen ist. Oder Laetitita hat die falsche Färbung für ihre Naturhaarfarbe genommen. Dann könnte es sein, dass es nicht funktioniert. Allerdings sind graue Haare normalerweise leicht zu färben, v.a. wenn es schwarz sein soll. Bei Rot muss man auch mit grauen Haaren vorsichtig sein, sonst könnten sie Lila werden, aber ...! Dass ich darüber schon nachdenken muss, ist blöd. Das zeigt, dass dieser Satz eine vollkommen unerwünschte Wirkung auf den Leser hat. Mit dem grauen Ansatz wäre es schön. Hier stolpert man einfach, weil man sich denkt: "Nee, aber was nimmt sie denn für ein Haarfärbemittel?"

Generell würde ich nicht nur Anführungszeichen an die wörtliche Rede setzen, sondern dafür auch Absätze machen. Das erleichtert die Lesbarkeit noch einmal enorm.

Mir hat es insgesamt Spaß gemacht, diese Geschichte zu lesen. Freue mich auf eine überarbeitete Version.

Viele Grüße,
Maria

 

Hallo Meyberg,

erst einmal herzlich willkommen hier im Forum. :) Ich habe deine Geschichte gerne gelesen, mochte den Kontrast zwischen der ruhigen, sachlichen Erzählweise und dem grausamen Inhalt. Es ist eine bittere Geschichte, die für mich die totale Abhängigkeit von der Mafia und ihren grausamen Gesetzen zeigt.

Sie erreichten die Küste kurz vor Sonnenaufgang. Zwar hatte das Licht der Morgendämmerung den Strand noch nicht berührt. Dennoch waren sie spät dran

Ich mag das gerne, dass man nicht gleich weiß, um wen es sich handelt und was sie vorhaben. Die Beschreibung macht mich neugierig.

Gemächlich tuckerte es gegen die leichte Brandung zurück aufs offene Meer.

Merkwürdig.

Laetitia, die das Ganze hinter der Gardine ihres Schlafzimmers aus beobachtet hatte, wartete ab, bis die Männer außer Sicht waren, und ging, ohne das Licht anzumachen, in die Küche zum Telefon. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie rief Massimo an. Er war seit dem Unglück mit Bruno immer für sie da. Egal, zu welcher Zeit.

Laetitia ist wichtig. Sie bekommt einen Namen. Und Massimo. Als Vertreter der "Familie" wird er im Laufe der Geschichte von ihrem Beschützer und Wohltäter zu ihrem Mörder. Hier weiß man noch nichts davon, aber dennoch läßt die Art, wie du schreibst, nichts Gutes ahnen. "Sie wusste, was sie zu tun hatte." Das hat etwas Unausweichliches.

Es dauerte bis zum nächsten Vormittag, bevor sie davon hörte.

Auch hier gefällt es mir, dass man erst im Laufe des Absatzes erfährt, was sie gehört hat. Das schafft Spannung.

Sie hätten nebeneinander gereiht im Lava-Geröll gelegen, die Hände gefesselt mit Kabelbindern hinter dem Rücken und alle mit einem Loch in der Schläfe. Einige waren misshandelt worden.

Brutale Grausamkeit, die von der Bevölkerung mit einer gewissen Gleichmut aufgenommen wird. So kommt es mir vor.

Ganz bestimmt habe sich die Familie um diese Männer gekümmert.

Der Satz gefällt mir nicht so gut. Er wirkt so naiv. Eigentlich wissen doch alle, dass es die Familie war. Wäre es nicht eher im Gegenteil so, dass man schweigt? Oder dass vielleicht jemand den Namen der Familie flüstert, aber böse Blicke erntet. Hier wäre es noch besser möglich, das Klima der Angst darzustellen.

Laetitia, die Brot, Zwiebeln, Auberginen und Tomaten besorgt hatte, nickte stumm, aber verlor kein Wort. Erzähle es niemandem, hatte Massimo am Telefon gemahnt. Natürlich hielt sie den Mund! Wie ihr Bruno.

Hier würde ich nur den ersten Satz stehen lassen. "Laetitia besorgte Brot, Zwiebeln, Auberginen und Tomaten." Wenn sie dort sofort anruft, ist ihr klar, dass sie nichts sagen darf. Sie kennt doch den Verein. Ich glaube nicht, dass Massimo ihr das extra einschärft.

Am Abend klopft es an der Außentür der Küche. Es ist Massimo. Ich habe dich erwartet, sagt Laetitia und lächelt. Massimo tritt herein, zieht die Tür hinter sich zu, beugt sich zu ihr und küsst sie höflich auf die Wangen. Setz dich, sagt Laetitia und weist auf den Tisch neben dem Ofen. Möchtest du etwas essen? Nein, sagt er und nimmt Platz. Sie holt zwei kleine Gläser aus dem Schrank und die dunkle Flasche mit dem Grappa aus dem Regal und setzt sich zu ihm. Dann gießt sie den Schnaps in ihre Gläser.

Schön gezeigt.

Sie beide kennen sich seit über 20 Jahren. Bruno, ihr Ehemann, war damals verurteilt worden für einen Mord, den er nicht begangen hatte. Weil er schwieg, versprach ihm die Familie, sich um seine Frau und seine kleine Tochter zu kümmern und bestimmte den jungen Massimo als beider Beschützer. Tatsächlich sind sie sogar um ein paar Ecken miteinander verwandt; Laetitia ist die Nichte einer angeheirateten Tante seines Vaters.

Nach 14 Jahren war Bruno im Gefängnis an einer Lungenentzündung gestorben. Laetitia heiratete nie wieder, sie wollte und brauchte keinen neuen Mann. Die Familie kümmert sich seither um das kleine Haus, in dem sie wohnt, um den Unterhalt für sie und ihre Tochter, die seit vorvergangenem Sommer im fernen Triest Jura studiert. Und wenn sie Unterstützung benötigt, hilft Massimo.


Das sind jetzt zwei Abschnitte, wo du einfach nacherzählst, was passiert ist, dem Leser Informationen lieferst. Das ist eine Möglichkeit. Raffinierter, aber viel schwieriger wäre es, wenn sich der Leser diese Informationen aus verschiedenen Szenen zusammenreimt, nur so als Gedanke. Wenn sie zum Beispiel ein Bild von Bruno dort stehen hat.

Der Jüngste, er sah aus wie 17, hat Englisch gesprochen, ein bisschen zumindest. Er war fast noch ein Kind, kaum Bart, womöglich war er auch erst 15. Er hat uns sein Handy entsperrt, so dass wir Bilder machen konnten. Wir haben den Ältesten vor seinen Augen erschossen, aber der Junge hat trotzdem nicht das Richtige gesagt. Oder wir haben ihn nicht verstanden. Wir haben ihn gezwungen, die Fotos zu verschicken.

Das mit dem Handy ist brutal. Und vorstellbar. Dennoch kann ich mir nicht so richtig vorstellen, dass ein Massimo so erzählt. Abgesehen davon, dass er italienisch spricht.;) Ich verstehe nicht, warum er ihr das alles erzählt. Ich fände es natürlicher, wenn er eher ausweichend antwortet, Smalltalk macht, irgendwas zum Wetter sagt. Er weiß ja schon, dass er sie umbringen wird.

Du weißt, es kann keine Zeugen geben.

Das ist ein Satz für die Leser. Er würde das nicht zu Laetitia sagen, denn sie weiß es ja. Nennt man gerne "Erklärbär", so einen Satz. Auch die folgenden Sätze gehören für mich dazu. Das weiß sie doch alles.

Ich mag die Art wie du schreibst, aber ich würde vielleicht doch eher eine Situation beschreiben, wo du die Szene kennst. Weißt, wie gesprochen wird. Du hast dir ein schweres Thema ausgesucht.

Bin gespannt, was noch so von dir kommt.

Liebe Grüße von Chutney

 

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