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Der Dachboden

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19.04.2003
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Der Dachboden

„Und? Was möchtest du jetzt tun?“, fragt der Alte das kleine Mädchen.
Das Mädchen strahlt. „Springseil hüpfen!“
Als sie jedoch bemerkt, dass er den Wunsch nicht teilt, ruft sie: „Oder verkleiden. Kannst du das?“
„Und ob ich das kann!“, lacht der alte, gebrechliche Mann, „Hast du denn eine Verkleidungskiste mitgebracht?“
Sie nickt voller Eifer. „Klaro. Da sind ganz tolle Sachen drin. Ich hab’ sogar ein Clownskostüm.“ Sie schaut den Alten herausfordernd an. Wartet darauf, dass er diesen Test besteht und das Clownskostüm würdigt und bewundert.
Er nimmt ihre Hand. „Das ist ja toll. Willst du es mir nicht mal zeigen?“
Glücklich hopst sie, noch an seiner Hand, vor ihm her. Er kann nicht mehr so schnell gehen. Aber er bemüht sich, denn das Kind ist sehr ungeduldig.
Gemeinsam steigen sie die Treppe des alten Hauses hinauf.
Das Kind hat inzwischen sein Gehüpfe eingestellt und seufzt: „Sag mal. Ist das nicht sehr blöd, wenn man nicht mehr hüpfen kann? Oder schnell laufen?“
Er lächelt. Es fällt ihm schwer diese Treppe hinaufzusteigen. Aber er kann es noch.
„Weißt du, mein Kind, ich bin mein ganzes Leben lang gehüpft und schnell gelaufen. Und gehetzt bin ich natürlich auch. Da bin ich sogar ganz froh, dass meine Beine das nicht mehr mitmachen. Es ist lästig. Aber nicht schlimm.“
Mittlerweile sind sie oben angekommen und das Mädchen, das eben noch sehr aufmerksam seinem Vortrag gelauscht hat, hat ihn vermutlich schon wieder vergessen, denn sie zieht den alten Mann aufgeregt in das Zimmer, in das ihr Vater vor ungefähr einer Stunde den Koffer und die Kiste abgestellt hat.
Ihre Locken fliegen um ihren Kopf herum, während sie den alten Mann mit einer Umdrehung loslässt und sich auf die Kiste stürzt.
Das Zimmer ist ein Kinderzimmer, immer noch so eingerichtet, wie es das Kind, das vor langen Jahren hier gewohnt hatte, verlassen hat.
Ein altes Kinderbett mit Eisenstäben steht in der Ecke, daneben ein Nachttischchen aus Holz. Die weißen Wände sind geschmückt mit ein paar aufgemalten Blumen, einem eingerahmten Schwarz-Weiß-Foto von einem lachenden Kind, und einer Kinderzeichung.
Ein alter, verschnörkelter Holzschrank steht neben der Tür, ein Teppich liegt vor dem Bett, von der Decke hängt eine schwere Lampe herunter und ein Regal mit vergilbten Büchern und einer Puppe darin steht neben dem Fenster.
In dem Zimmer riecht es nach vergangenen Zeiten.
Während das Kind in der Kiste herumwühlt steht der Greis in der Tür, atmet geräuschvoll ein und aus und schaut sich um. Seufzend setzt er sich auf das Bett.
Es knarrt. Mit einem Lächeln erinnert er sich an das lachende Kind, das einst auf dem gleichen Bett herumhüpfte. In dem Raum ist dieses Kind verewigt.
Den Mann überfallen Erinnerungen. Er fühlt sich, als wäre er in einem Hagelschauer der Erlebnisse.
Ein Hagelschauer voller Erinnerungen.
Er sieht, wie das Kind bei warmen Licht und zugezogenen Gardinen im Bett liegt und seine Mutter um zwei weitere, vorgelesene Seiten eines Buches anfleht. Er sieht, wie es an seinem Geburtstag aufwacht und ein Springseil neben sich entdeckt. Dieses Springseil, das es sich schon so lange gewünscht hat.
Er sieht, wie das Kind heranwächst. Wie es in diesem Zimmer seine ersten Schularbeiten macht. Er sieht, wie es um das zerschnittene Springseil weint, wie es von seinem Schulfreund ein neues Springseil geschenkt bekommt. Wie sein Vater mit ihm aus dem Fenster spuckt. Als Zeichen der Freundschaft. Er sieht das Kind verzweifelt, traurig, fröhlich. Er sieht es spielen, weinen, lachen, arbeiten, lesen...
Er sieht wie es stolz die neue Tischlampe bewundert, er sieht die Weihnachtsdekoration, die jedes Jahr aufgebaut wird. 2 Kerzen auf dem Fensterbrett. Das Bild, das es gemalt hat. Seine Mutter, die dieses Bild aufhängt...
Dem alten Mann auf dem Bett laufen ein paar Tränen der Überwältigung an den eingefallenen, runzligen Wangen herunter.

„Ich haaabs!“
Der Schrei des kleinen Mädchens holt ihn wieder in die Realität.
„Guck. Hier.“ Stürmisch springt sie auf das knarrende Bett. Das Clownskostüm hat sie in ihren Händen. Er wischt unauffällig die Tränen weg.
„Na dann zieh es mal an. Und wenn du es mir gezeigt hast gibt es eine Überraschung, ja?“
Er nickt ihr zu.
Übermütig legt sie ihre Ärmchen um seinen Hals und fragt: „Echt? Tooooll. Was denn für eine Überraschung?“
Der Alte grinst verschmitzt. „Wenn ich es dir sagen würde, wärst du nur halb so gespannt und ich hätte nur halb soviel Spaß.“ Er muss husten.
Einen kleinen Moment lang guckt sie mürrisch und steht auf. Dann fällt ihr Blick auf das Kostüm in ihrer Hand und sie lacht wieder fröhlich.
Sie zieht sich ihre Klamotten aus, bis auf die Unterwäsche, um gleich danach wieder in einem drolligen Kostüm dazustehen. Er lacht mit ihr um die Wette, auch wenn er dadurch mehr husten muss.
„Wirklich, du siehst aus wie ein Clown.“
Er sitzt noch immer auf dem Bett und betrachtet das Kind. Es hat eine gelb-rot-schwarz gestreifte Hose an, lächerlich große Schuhe mit einem kleinen Loch vorne und eine lilafarbene Jacke mit weißen Punkten an. Auf dem Kopf sitzt ein lustiger, viel zu kleiner Hut.
„Du-u?“ Das Mädchen schaut den alten Mann mit großen Augen an.
„Ja? Was ist?“, schmunzelt er. Er weiß, worauf sie anspielt.
„Was ist denn jetzt mit der Überraschung?“
Das Kind ist neugierig. Alle Kinder sind neugierig.
Er legt den Finger auf seinen Mund. Dann auf ihren.
Er flüstert geheimnisvoll: „Du musst mir jetzt ganz leise folgen. Und ganz langsam. Wenn du jetzt schnell gehst, dann läuft die Überraschung vor uns weg, verstehst du?“
Das Mädchen nickt. Sie versteht. Versteht vollkommen. Und sie fragt sich, warum er das auch versteht. Über so etwas Aufregendes, Geheimnisvolles lachen die Großen doch eigentlich nur.
Aber sie sagt keinen Ton.
Er flüstert weiter. „Wir werden jetzt langsam nach oben gehen. Auf den Dachboden. Und wir müssen uns aneinander ketten. Hast du ein Seil?“
Mit offenem Mund schüttelt sie den Kopf.
„Hm. Egal. Wir können uns auch an den Händen halten. Weißt du, sonst könnte einer von uns einfach so verschwinden. Was wir jetzt vorhaben ist ein Abenteuer. Ein gefährliches Abenteuer. Fast so etwas wie eine Reise. Und du musst sehr, sehr vorsichtig sein. Das ist dir doch klar oder?“
Sie nickt. Ihre Augen blitzen.
„Gut, dann gib mir jetzt deine Hand. Und auf geht’s.“
Ihre kleine Hand fest in seiner verschlossen – für sein Alter hat er eine erstaunliche Kraft – schleicht er, etwas gebeugt, aus dem Zimmer hinaus. Leise tapsen die beiden über den Korridor und er führt sie zu einer anderen Treppe. Das Haus ist erstaunlich groß. Von außen sieht man ihm gar nicht an, dass es so etwas wie ein Abenteuer-Haus ist.
Sie schleichen still und ganz langsam die Treppe hinauf , bis sie vor einer Tür stehen.
Der alte Mann beugt sich zu dem Mädchen herab, streicht ein paar Haare weg, legt seine Hand an ihr Ohr und wispert: „Wir sind der Überraschung nun sehr nahe. Bis du bereit?“
Ihr kleines Herz klopft wie wild, ihr Gesicht verzieht sich zu einem aufgeregten Lächeln und sie formt mit ihrer Hand ein „Ja“-Zeichen, indem sie sie zu einer Faust bildet und den Daumen nach oben streckt.
„OK!“, haucht sie dazu.
Damit atmet der Greis tief ein und seine Finger umschließen den Türgriff.
Langsam drückt er ihn hinunter und öffnet die Tür.
Das Mädchen hält es fast nicht mehr aus vor Aufregung. Am liebsten würde sie in die Lüfte springen und ‚Hurra’ rufen, aus lauter Vorfreude. Aber das geht natürlich nicht. Sie muss ja leise sein. Sonst läuft die Überraschung vielleicht doch noch weg.
Die Tür steht nun offen. Die Kleine schaut gespannt in das große Zimmer hinein. Der Dachboden. Man kann leider noch nicht viel erkennen, es ist zu dunkel.
Enttäuscht schaut sie den Mann an.
Er lächelt gütig. „Komm.“, sagt er in normaler Lautstärke und betritt das dunkle Zimmer. Die Kleine folgt ihm. Als er die Tür hinter ihr schließt ist es völlig dunkel. Sie halten sich die Hände. Dann betätigt der Greis den Lichtschalter.
Wenn das kleine Mädchen sich in vielen Jahren an diesen Augenblick zurück erinnern wird, wird sie nicht ausdrücken können, was sie nun fühlt.
Sie weiß es selbst nicht. In ihrem bisher kurzem Kinderleben ist ihr so ein Wunder noch nie passiert. Und die Wahrheit ist, dass es eigentlich kein Wunder ist. Jedenfalls kein herkömmliches.
Der Dachboden erstrahlt in einem Licht, einem vollkommen warmen angenehmen Licht, wie sie es noch nie gesehen hat. Selbst er, der alte Mann, der alles schon tausend und einmal gesehen hat, ist überwältigt und wagt nicht, sich zu rühren.
Denn das Licht ist nicht alles.
Der gesamte Dachboden ist in einer unerklärlichen Weise zu Leben erwacht.
Für Physiker ist es sehr wohl erklärlich. Logisch, rational.
Doch für das Kind und für den alten, gebrechlichen Mann ist es ein Wunder.
Es sieht aus wie ein vollkommenes Spielparadies. Eine kleine Eisenbahn fährt durch den gesamten Dachboden und macht mit Vorlieben „Tut-tut!“ (an einigen Stellen gibt es auch Bahnhöfe), in einer der vielen vielen Ecken ist ein kleines Puppenland mit 2 Schränken voller Puppenkleider und eine der Puppen klimpert mit den Augen, in der Mitte steht wahrhaftig auch eine Verkleidungskiste, viel größer, als die des kleinen Mädchens. In einer anderen Ecke stehen 2 Bücherregale und 2 Sessel. Ein großer und ein kleiner. Über ihren Köpfen hinweg fliegen 2 Flugzeuge. Sie sind mit einem Draht an der Decke montiert und die Drähte werden durch eine mit Strom betriebene Leitung, bewegt. So ist die physikalische Erklärung.
Aber eigentlich fliegen die Flugzeuge.
Eine wunderbare Musik kommt aus einem Plattenspieler auf einem kleinen Tisch.
In einem offenstehenden Schrank liegen eine Menge Spielzeuge. Springseile, eine Fahrrad-Hupe, Dinge zum Krach machen, ein paar Brettspiele, Kreide, Papiere und Stifte...
Einfach alles, was man zum Spielen benötigt.
Es ist noch viel mehr in dem Raum und man braucht einige Zeit bis man alles sieht.
Das Mädchen blickt sich staunend um, geht ein paar Mal zu einigen Dingen, um dann doch nicht zu wagen, sie anzufassen.
Der Greis steht einfach bloß da, die Augen geschlossen. Er hat diese Dinge schon so oft gesehen. Nein, eher erlebt. Und es ist jedes Mal ein anderes Gefühl.
Das erste Mal hat er es zusammen mit seinem Vater gesehen. Nachdem er das Springseil, was nachher zerschnitten wurde, geschenkt bekam. Er hatte nämlich nur diese beiden Überraschungen zu seinem Geburtstag bekommen. Heute wäre das unmöglich. Heute bekommen die Kinder mind. 10 Geschenke zum wichtigsten Tag des Jahres. Früher war das anders. Früher hat man sich über Springseile und alte Dachböden mehr gefreut, als heute die Kinder über einen neuen Gameboy oder eine hochelektronische Puppe, die ‚Mama’ sagt und etwas trinken kann.
Er seufzt. „Die Zeiten haben sich einfach geändert. Ich kann es keinem vorhalten.“, denkt er.
Er schaut nach dem Mädchen. Es kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Im Laufe der Jahre sind viel mehr Spielsachen hinzugekommen.
Aber im Grunde ist es doch gleich geblieben.
Plötzlich schreit das Kind entzückt auf. Es hat eine kleine Stofftierkatze entdeckt und nimmt sie sofort in den Arm.
„Oh, das ist sooo toll hier!“, jauchzt sie und läuft auf den alten Mann zu.
Er geht zitternd runter auf die Knie, soweit er das noch kann und sie umarmen sich.
„Bitte, Opa. Lass uns jeden Tag hierher kommen.“, fleht sie ihn an.
Sein Herz macht einen Hüpfer. Selbstverständlich keinen großen. Das wäre zu gefährlich für ihn. Doch er ist gerührt. Sie hat ihn Opa genannt. Dabei ist er kein Opa. Nie gewesen.
Vielleicht ein biologischer Opa. Aber mehr auch nicht.
Und doch hat sie ihn Opa genannt.
„Mal sehen!“, flüstert er heiser und hält mit Mühe seine Tränen zurück.
‚Je älter man wird, desto näher ist man anscheinend am Wasser gebaut’, denkt er.
Das Mädchen hat sich inzwischen wieder von ihm gelöst. Es schaut sich um und kann sich nicht entscheiden, mit welchem wunderbaren Spielzeug es zuerst spielen soll. Sein Blick fällt auf die Leseecke.
„Du, Opa?“
„Hm?“, brummt er und ist ganz damit beschäftigt seine Rührung und Freude zurückzuhalten.
„Erzählst du mir eine Geschichte?“
„Was denn für eine?“
„Was von früher...“
„Na gut, mein Kind.“, sagt er und nimmt sie an die Hand.
Zusammen gehen sie zum Plattenspieler und stellen ihn aus, gehen zu dem Schalter für die Eisenbahn und schalten auch diese aus und gehen dann zu den beiden Sesseln.
Nur die Flugzeuge dürfen weiterfliegen. Sie machen keinen Lärm.
Der Greis setzt sich in den einen Sessel und wartet darauf, dass auch sie sich setzt.
Stattdessen steht sie vor ihm, etwas verlegen.
„Was ist denn?“, fragt er verwundert.
„Darf ich auf deinen Schoß?“
Er lächelt über sein ganzes, faltiges Gesicht und hebt sie mit ein wenig Anstrengung auf seinen Schoß. Da kuschelt sie sich zurecht und legt ihren Kopf auf seine Brust.
Er schweigt erst ein wenig und sammelt seine Gedanken. Dann fängt er an:
„Du willst also etwas von mir hören? Wie es früher war, als ich klein war?“
Sie nickt und ihre Augen sehen schon etwas schläfrig aus.
„Na gut. Also, ich war ungefähr so alt wie du und hatte auch gerade erst diesen Dachboden erblickt. Ich hatte ihn nämlich von meinem Vater zum Geburtstag bekommen. Ich fand ihn toll. Bezaubernd. Gigantisch. Und mein Vater genauso. Und auch meine Mutter.
Na, auf jeden Fall spielt meine Geschichte genau in dieser Zeit. Mir ist es damals nie schwer gefallen Freunde zu finden. Wir haben immer alle zusammen gespielt. Aber den Dachboden, den hab ich nur mit einem geteilt. Und zwar einem kleinen Jungen, den ich erst kurz vorher kennen gelernt hatte. Und ich will dir nun erzählen, wie ich mich mit diesen Jungen, der nämlich etwas ganz besonderes war, befreundet habe.
Oder willst du lieber etwas anderes hören?“
Die Kleine hatte eben für kurze Zeit die Augen geschlossen, doch jetzt reißt sie sie wieder auf und blickt ihren Großvater mit leuchtenden, aber müden Augen an.
„Nein. Erzähl mir das, Opa!“
Der alte, gebrechliche Mann, der nun endlich ‚Opa’ genannt wird, lächelt und streichelt seiner Enkelin über den Kopf.
„Also gut. Eigentlich hat alles 2 Wochen vor meinem Geburtstag angefangen. Ich war gerade draußen, auf dem Hof. Auf dem Hof vor diesem Haus hier. Den hast du doch, als dein Papa dich gebracht hat, auch gesehen, oder?“
Das Kind nickt nur.
„Ich stand gerade in der Mitte dieses Hofes, als ich einen Jungen in meinem Alter erblickte. Kleiner als ich, aber mind. genauso stark. Er malte mit einem rötlichen Stein Gestalten auf den Bürgersteig vor dem Hof. Verwundert ging ich näher hin. Der Junge ließ sich von mir nicht stören und malte unaufhörlich weiter. Er malte, bis ich mich endlich getraute, ihn zu fragen, wer er ist, und woher er kommt, und was er da malt.
Er antwortete: „Ich bin neu eingezogen in das Haus nebenan. Und ich bin ein Künstler. Wir haben kein Papier. Das ist zu teuer. Und das Papier, das wir haben, das brauchen wir für Briefe und andere Dinge. Deshalb muss ich hier üben. Gefällt es dir?“
Ich sagte natürlich ja, und es gefiel mir auch wirklich. Solche wundersame Gestalten hatte ich noch nie gesehen. Er malte also weiter und ich stand daneben und schaute zu. Plötzlich sagte er: „Soll ich dir mal meinen Wald zeigen?“ Ich lachte verwundert. Er konnte doch keinen eigenen Wald besitzen. Dachte ich zumindest. Doch er antwortete schnippisch auf mein Lachen, dass er dann doch lieber alleine gehen wollte. Da entschuldigte ich mich natürlich sofort. Und dann gingen zwei kleine Steppkes, wie wir, ganz alleine in den Wald, der dem einen gehörte.“
Das kleine Mädchen murmelt, halb im Schlaf: „Was sind denn Steppkes?“
Der Greis streichelt das Kind und antwortet: „So wurden früher manchmal Kinder genannt.“
„Bin ich dann auch ein Steppkes?“
„Nein. Du bist ein Steppke. Steppkes sagt man nur, wenn man von mehreren spricht!“, lacht der Mann.
„Ach so. Erzähl weiter, Opa!“
„Gut. Weißt du, meine Mutter hatte mir eigentlich verboten weiter wegzugehen, als bis zum Ende der Straße. Doch der Wald lag viel weiter weg und ich dachte gar nicht mehr an das Verbot meiner Mutter. Der Wald war ein richtiger Abenteuerwald. Ich fragte meinen neuen Freund nie wieder, ob es auch wirklich sein Wald war. Das war einfach klar. Am Anfang hatte ich auch noch etwas Angst davor, ihn wieder ärgerlich zu machen. Doch nach ein paar Stunden war mir klar, dass er mich nie belügen würde. In diesem Wald war es wundervoll.
Ein ganz normaler Wald eigentlich. Aber mein neuer Freund schien manche Tiere anzuziehen, wie ein Magnet. Es kamen sogar Füchse zu uns. Und wir liefen durch den Wald, sangen und lachten. Und rannten um die Wette. Es war einfach toll. Ich hatte das Gefühl, dass er schon immer mein Freund gewesen war.“
Der alte Mann erinnert sich gerne an diesen Tag. Er hat bisher jedoch nie darüber gesprochen.
Er sieht, dass das Kind längst schläft. Doch er muss die Geschichte noch fertig erzählen.
Also spricht er weiter: „Er hat mir in diesem Wald auch mehrere Baumhäuser gezeigt und wir sind überall hochgeklettert, wo es nur ging. Als wir am Abend nach Hause kamen, gab es natürlich Schelte. Auch von seiner Mutter. Doch das war dieser tag wert gewesen. Seitdem waren wir unzertrennlich. Wir sprachen nicht viel über uns selbst. Wir erlebten immer neue Dinge. Meistens gingen wir in den kleinen Wald. Ich war der einzige, der mit ihm in den Wald durfte. Und er war der einzige, der mit mir den Dachboden erforschen durfte.“
Dann schweigt der Alte und hängt noch ein paar Erinnerungen nach. Ist es denn zu fassen, dass er seinen allerbesten Freund von damals, nie wieder gesehen hat? Kann man das verstehen? Er weiß, sein damaliger Freund ist nun ein großer Künstler. Oder vielleicht war er es. Der Greis lächelt. Schließlich ist er ja auch nicht jünger, sondern älter geworden.
Er überlegt. Grübelt darüber nach, warum er sich nie bei dem Bordsteinkünstler gemeldet hat.
Nachdem seine Familie wieder aus dem Nachbarhause ausziehen musste, hatten sie sich aus den Augen verloren. Kein einziger Brief wurde abgeschickt. Kein Wiedersehen. Und kein großer Abschied. Vor dem geplanten Abschiednehmen ein großer Streit, der Pläne über den Haufen warf.
Er wünscht sich, wünscht sich von ganzem Herzen, dass seiner Enkelin so etwas nie zustoßen wird. Ein großer Streit vor dem großen Abschied, der daraus ein Schweigen macht.
Er nimmt sich vor, am nächsten Morgen mit dem Kind wieder hierher zu kommen. Und er nimmt sich vor, ihr beim Springseil-Hüpfen zuzuschauen. Vielleicht, aber nur vielleicht, nimmt er sich auch vor den Bordsteinkünstler zu suchen. Aber nur vielleicht...
Er schaut hinab auf das Mädchen. Seine Enkelin. Und er seufzt. Seufzt zufrieden und glücklich. Dann nimmt er das Kind auf den Arm und geht mit großer Anstrengung mit ihr durch den Raum, macht das Licht aus und steigt die Treppe hinab.

 

hi fliegenbein,

deine geschichte halte ich für gut. ich habe sie sehr gern gelesen. ich mag den erzählstil. herrlich malerisch beschrieben und mit liebe zum detail.
du hast nicht vergessen, das sprachniveau des kindes bei der erzählung vom opa zu berücksichtigen.
schön, dass du sie dann "steppkes" nachfragen ließt. ("schnippisch hätte eigentlich auch erklärt werden müssen")
diese geschichte ist in sich rund und absolut gelungen.
der inhalt ist weniger spketakulär, man konnte alles an geschichtenrichtungen erwarten, als der "opa" mit der kleinen an der hand zum dachboden emporging. ich dachte: "jetzt bloß nicht wieder so eine missbrauchsgeschichte." ich wurde nicht enttäuscht :D

bitte korrigiere die fehler, ich denke, dass sich das hier lohnt!

bis dann

barde

Weißt du mein Kind, ich bin mein ganzes Leben lang gehüpft und schnell gelaufen.

hinter "du" ein komma.

Das Zimmer ist ein Kinderzimmer, immer noch so eingerichtet, wie es das Kind, das vor langen Jahren hier gewohnt hatte, verlassen hat.

zeitproblem:

Das Zimmer ist ein Kinderzimmer, immer noch so eingerichtet, wie es das Kind, das vor langen Jahren hier wohnte, verlassen hatte

Er sieht wie das Kind bei warmen Licht und zugezogenen Gardinen im Bett liegt und seine Mutter um 2 weitere, vorgelesene Seiten eines Buches anfleht.

hinter "sieht" ein komma.
bitte schreibe zahlen weitmöglichst aus.

Er sieht wie es an seinem Geburtstag aufwacht und ein Springseil neben sich sieht.

hinter "sieht" ein komma.
"sieht" ist doppelt. vielleicht kannst du das 2. "sieht" mit "findet" eintauschen?

und sie formt mit ihrer Hand ein „Ja“-Zeichen, indem sie sie zu einer Faust bildet und den Daumen nach oben streckt.
„Ja!“, haucht sie dazu.

kannst du das erste "ja" mit "ok" ersetzen?

Früher hat man sich über Springseile und alte Dachböden mehr gefreut, als über einen neuen Gameboy oder eine hochelektronische Puppe, die ‚Mama’ sagt und etwas trinken kann.

*hmh* da ist ein fehler: man hatte sich darüber nicht gefreut, weil es das nicht gab!

Den hast du doch, als dein Papa dich gebracht hat auch gesehen, oder?“

hinter "hat" ein komma

Und dann gingen zwei kleine Steppkes, wie wir ganz alleine in den Wald, der dem einen gehörte.“

hinter "wir" ein komma.

Ist es denn zu fassen, dass er seinen allerbesten Freund von damals, nie wieder gesehen hat?

das komma hinter "damals" ist zuviel.


meine lieblingsstelle ist:

Sein Herz macht einen Hüpfer. Selbstverständlich keinen großen. Das wäre zu gefährlich für ihn.

 

Danke für die Kritik. Fehler werden verbessert, schnellstmöglich.

"jetzt bloß nicht wieder so eine missbrauchsgeschichte."
*schock*
Daran hätte ich nie im Leben gedacht. Der liebe alte Opa ein böser Opa. Wuah... Das hätte ich nicht fertig gebracht *g*

Und übrigens ist das auch meine Lieblingsstelle :)

(bei 'schnippisch' war sie zu müde, um nachzufragen...*rausred* ;) )

 

Achja, bei dem Zeitproblem.
Bist dir da sicher?
Vom Sinn her finde ich das irgendwie nicht korrekt. Denn dann müsste das Kind ja erst verlassen und dann darin wohnen.
Aber es wohnte doch erst viele Jahre darin, und dann hat es das Zimmer verlassen.

 

hi

Das Zimmer ist ein Kinderzimmer, immer noch so eingerichtet, wie es das Kind, das vor langen Jahren hier gewohnt hatte, verlassen hat.

vollendete gegenwart kann unmöglich richtig sein! eigentlich müsste beides mit "hatte" enden, weil das ende des "wohnen" und das "verlassen" zeitgleich stattfindet. nur klingt diese wortdoppelung nicht gut, also habe ich aus dem bauch heraus den vorschlag gemacht.
bei unsicherheit frage bitte häferl oder raven, die beiden sind da wesentlich besser firm als ich *smile*.

bye

barde

 

Hallo Fliegenbein,

wow, was für 'ne Story! Kompliment, die ist Dir durch und durch gelungen!!! Ich war am Anfang etwas verwirrt, zu welchem Verhältnis der Alte zu dem Mädchen steht, aber dann hat sich das auch geklärt.
Die Geschichte ist Dir so richtig gelungen! Es war ein Genuß, sie lesen zu dürfen!!!

Griasle,
stephy

 

dankeschön. das freut mich aber :)


barde.
ja. ich werd mal meinen deutschlehrer fragen, glaub ich*g*
vielleicht änder ich den satz einfach um, sodass die schwierigkeit bei den zeiten gar nicht auftaucht.. hm..

 

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