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Der Cafeautomat
Nach zehn Minuten kam endlich der Bus. Hoffentlich schaffe ich es noch rechtzeitig zu meinem Seminar „Das Traumhafte in der Literatur des 20. Jahrhunderts.“, dachte sie und zeigte ihre Studentenkarte dem Busfahrer.
Im Bus saß, wie immer, Hinterberger. Er lachte sie freundlich an und in seinem Mundwinkel war wie immer dieser weiße Fleck. Sie vermutete, dass es getrockneter Euf war.
Vor mehreren Tagen hatte er ihr unmissverständlich klar gemacht, dass er geil auf sie war und sie ficken wollte. Hinterberger, offensichtlich ein Wichser, hatte gesagt: Wir können die Seminararbeit über „Des Knaben Wunderhorn“ doch zusammen schreiben. Danach können wir Videos gucken und ein wenig poppen. Sie lehnte das dankend ab, denn sie masturbierte lieber beim Lesen von Jane Austen-Romanen. Außerdem vermutete sie, dass Hinterberger beim Ficken sabbert.
Hinterberger schien das aber gar nicht abzuschrecken. Er hatte weder jemals etwas von Jane Austen gelesen, noch interessierte er sich irgendwie für Germanistik.
Er war geil auf sie und das schien der einzige Grund für sein Germanistikstudium zu sein.
Wie sollte sie sich sonst erklären, dass Hinterberger in jedem aber auch jedem Seminar neben ihr saß? Wenn er später als sie in den Raum kam, zwängte er sich neben sie, obwohl im Raum noch reichlich Stühle frei waren.
Sie hatte sich vorgenommen seinen Charakter erst mal zu überprüfen, bevor sie ihn ran ließ. Am Cafeautomat sprach sie ihn auf politische Themen an, Globalisierung, Gentechnik, die Politik der Grünen. Hinterberger schien, obwohl er keineswegs der Schönste war, geeignet.
Sie hatte nämlich festgestellt, dass die Jungen, die ihr gefielen sowieso alle schwul waren.
Also sagte sie sich: Er ist nicht doof und ich will ihn ja auch nicht heiraten, man könnte es ja mal versuchen.
Hinterberger erwies sich als rechter Superficker. Zwei Wochen lang trafen sie sich bei Hinterberger zu Hause und es ging nicht um „Des Knaben Wunderhorn“.