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Der Brief

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11.03.2016
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Der Brief

Der Brief

Ich starrte auf den Brief, dessen Worte vor mir verschwammen und sich zu unscharfen Gebilden zusammenfügten. Die Tränen kullerten mir über die Wangen. Meine Hände begannen zu zittern. Immer wieder überflog ich diesen einen Satz, geschrieben in der mir so vertrauten Handschrift. Wie konnten sechs Worte so ausdrucksstark sein? Sechs Worte, die alleine bedeutungslos wären. Aber fügte man sie richtig zusammen, bedeuteten sie so viel. Wut, Schmerz und der Wunsch „sie“ vor allem Leid der Welt zu beschützen. All das steckte darin. Wieder las ich mir die Worte durch. Die Worte, die vor dreißig Jahren aneinandergereiht wurden. Von diesen zwei Menschen, die mir heute so unendlich viel bedeuten, die damals keine Ahnung hatten, dass ich jemals geboren werden würde, dass ich jemals diesen Brief in meinen Händen halten würde. Sie dachten nur an „sie“, denn „sie“ war es, die verletzt worden war. Nicht einmal „sie“ konnte damals wissen, dass ich eines Tages hier auf dem Boden sitzen würde und dass ich, ihr Fleisch und Blut, über dieses schmerzvolle Kapitel ihres Lebens erfahren würde. Und das durch diese Briefe. Briefe, die jahrelang versteckt waren und erst jetzt, durch meine Neugier ans Tageslicht kamen. Erneut kamen mir die Tränen.

Ich wusste doch, dass es einen solchen Abschnitt in ihrem Leben gab, aber damit hatte ich nicht gerechnet. Innerlich spürte ich Wut in mir aufkommen. Niemand durfte so mit meiner Mutter umgehen. Niemand würde so mit meiner Mutter umgehen, so dachte ich bis zu diesem Tag. Aber es gab jemanden. Jemand kaltherziges. Jemanden, der meine Mutter nicht liebte. Wie war das möglich? Wie konnte man diese Frau nicht lieben. Diese Frau, die mir das Leben geschenkt hatte, die auch nach so vielen Jahren noch ihre Träume verwirklichte. War sie denn glücklich? Oder belastete sie die Erinnerung an diesen Jemand immer noch? Ich wünschte mir, für sie dagewesen zu sein, aber das konnte ich nicht. Ich war noch nicht geboren. Geboren, um diesen Menschen, den ich so sehr liebte zu beschützen. Zu beschützen vor allem Leid der Welt. Oder überreagierte ich? War das alles wohl gar nicht so schmerzvoll und dramatisch wie ich es empfand? Konnten diese Briefe mir überhaupt vermitteln, was damals passiert war? Eigentlich war es doch gar nicht so schlimm. Von solchen Geschichten handelte doch jeder dritte Liebesroman. Aber das war kein Roman. Diese Briefe waren real. Genauso wie ihr Inhalt. Ich konnte die Briefe nicht einfach wieder ins Regal stellen wie ein Buch, denn das waren sie nicht. Diese Briefe schilderten den Schmerz, der meiner Mutter zugefügt worden war. Meiner Mutter, die so stark und doch so verletzlich wirkte. Konnte man so eine Erfahrung jemals verarbeiten? Wie konnte man nach so etwas wieder lernen zu vertrauen. In Filmen war das immer so leicht, nach ein paar Tagen Liebeskummer lernte man die Liebe seines Lebens kennen und alle waren glücklich. Würde ich so etwas in einem Film sehen, wäre ich unberührt geblieben, aber das hier war kein Film. Es war das Leben meiner Mutter. Und mit dem hatte man nicht zu spielen. Niemand! Ich musste an die letzten Jahre zurückdenken. Wie oft hatte ich meine Mutter verletzt, ohne es zu merken. So viele Male hatten wir uns gestritten, so viele Male hatte ich schlimme Dinge gesagt. Wieder musste ich weinen.

Ich würde versuchen eine bessere Tochter zu sein. Ich wollte sie nie wieder verletzen, nie wieder Schmerz in ihren Augen sehen müssen. Denn sie hatte bereits genug davon in ihrem Leben gehabt. Aber hätte sie das nicht auch ohne Grund verdient? Musste ich erst so etwas erfahren, um eine bessere Tochter zu werden? Mir liefen die Tränen über den Mund. Warum kamen mir diese Gedanken erst nach 17 Jahren. 17 Jahre, in denen ich egoistisch und zickig war. 17 Jahre, in denen ich nicht über meine Worte nachgedacht hatte. Dabei konnten Worte so ausdrucksstark, ja so verletzend sein, obwohl sie doch alleine völlig bedeutungslos waren. Jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten.

Ich weinte und weinte und spürte, wie der Schmerz in meinem Herzen immer unerträglicher wurde. Der Gedanke daran, meine Mutter leiden zu sehen, war der schmerzhafteste, den ich je empfand. Sechs Worte, die so Vieles in mir auslösten. Sechs Worte, die so Vieles über das Leben meiner Mutter verrieten. Sechs Worte, die so viele Fragen aufwarfen. Fragen, vor deren Antworten ich mich fürchtete, denn sie würden noch mehr Schmerz bedeuten. Sechs Worte, geschrieben von den Eltern meiner Mutter, die womöglich den selben Schmerz beim Schreiben verspürten, wie ich nun beim Lesen. Ich würde sie so gerne fragen, aber ich hatte Angst, den Schmerz in ihren Augen sehen zu müssen. Ich wollte weder sie, noch meine Mutter daran erinnern, was passiert war. „Sie hat es doch schwer genug!“. Sechs Worte, die die Kraft haben, mich nachts stundenlang wach zu halten.

 

Hallo Luisa1288 & herzlich willkommen bei den Wortkriegern!


Dein Text lässt sich gut und flüssig lesen. Das gefällt mir - als Leser -besonders gut. Die Figur wirkt aufgrund der aufkommenden Gefühle sehr real. Schön ist auch, dass ich mir gedanklich die Situation vorstellen kann, in der die Protagonistin und ihre Mutter sind bzw. waren.

Da ich es jetzt nicht mit der "Bauch-Pinselei" nicht übertreiben will, kommt jetzt auch was Negatives:

Der Text ist für mich fast schon stur in einem Stück heruntergeschrieben worden. Ein wenig Struktur lockert den Text optisch auf. Sinnvolle Absätze zum Beispiel laden den Leser zum "Gern lesen" ein. Niemand liest gerne einen Block von 35 Zeilen. Da sind zwar die bekannten "Punkt und Komma" enthalten, aber dieses stoische "Runterschreiben" gefällt mir nicht so sehr.


Ich freue auf mehr von dir. Nächstes mal bitte mit ein paar Absätzen.

LG

Betze

 
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Hola Luisa1288,

willkommen im Club! Du schreibst zügig und fast fehlerfrei, und wer das kann, sollte am Ball bleiben.
Trotzdem hat mir das Lesen wenig Freude bereitet. Ich empfinde den Text als eine geballte Ladung Lamento. Er dreht sich im Kreis, ein klagender Dauerton überlagert die - Geschichte kann ich nicht sagen, denn es ist leider nur ein Text mit viel zu vielen Wiederholungen:

Die Tränen kullerten mir über die Wangen.
Erneut kamen mir die Tränen.
Wieder musste ich weinen.
Mir liefen die Tränen über den Mund.
Jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten.
Ich weinte und weinte und spürte, wie der Schmerz …

Wie konnten sechs Worte so ausdrucksstark sein?
Sechs Worte, die alleine bedeutungslos wären.
Sechs Worte, die so Vieles in mir auslösten.
Sechs Worte, die so Vieles über das Leben …
Sechs Worte, die so viele Fragen aufwarfen.
Sechs Worte, geschrieben von den Eltern
Sechs Worte, die die Kraft haben, …

Ich könnte mir gut vorstellen, dass Du diesen Text in einem Stück, in der dazu passenden Gemütslage, heruntergeschrieben hast. Doch das ändert nichts an meiner leichten Frustration, einen weinerlichen Text ohne Höhen und Tiefen, ähnlich einer tibetanischen Gebetsmühle, zu Ende gelesen zu haben in der Hoffnung, dass noch irgendetwas passieren würde.
Und tatsächlich: Sie hat zum sechsten Mal geweint!

Luisa1288, ich bin ein Scheusal, ich weiß. Aber schlimmer wäre es aus meiner Sicht, viel Honig zu verkleistern und die Dinge nicht beim Namen zu nennen. Mit Deinem Schreibtalent und der richtigen Idee bist Du in Nullkommanix in der Lage, eine passable KG zu schreiben.
Wetten?

José
Bitte lass nicht die Flügel hängen, denn schreiben kannst Du!

 

Hallo Luisa,

sprachlich finde ich diesen Text recht schön. Er ist gut lesbar. Für meinen Geschmack so gut lesbar, dass ich gleich zweimal durchgerauscht bin. Aber: Auch nach dem zweiten Lesen komme ich nicht so richtig dahinter, was die Protagonistin da genau herausgefunden hat, welches schreckliche Liebesgeheimnis. Was das genau für Briefe sein sollen, das bleibt für mich sehr im Nebulösen. Ich kann mir auch gar nicht wirklich etwas darunter vorstellen - Briefe von der großen Liebe? Aber sollten die nicht eher etwas ganz Schönes sein? Briefe mit wüsten Beschimpfungen? Aber wer lässt sich so etwas denn mehrfach zusenden, ohne sich zu wehren? Ansonsten fehlt mir - womöglich - einfach die Fantasie, um dahinter zu kommen, was der Mutter Deiner Protagonistin genau zugestoßen ist. Und das fuchst mich schon sehr (egal ob es an der Verschlossenheit des Textes oder meiner eigenen Blödsinnigkeit liegt - es fuchst mich eben).

Formal gesehen würde ich mir vielleicht ein paar Absätze wünschen. Vielleicht aber auch nicht. Denn eigentlich weisen diese Gedanken der Protagonistin alle denselben "Flow" auf und gehören insofern in einen Fluss. Ach ja, was diese Protagonistin angeht: Ihre Gedanken bzw. Gefühle kann ich schon recht gut greifen, diesen Instinkt, dieses Entsetzen, das Partei-Ergreifen. Mir fehlt nur der Zugang. Das Warum.

Aber trotz meines Mangel-Verstehens war es schön zu lesen.

LG

 
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Hallo Betze,
Danke für deinen Kommentar!
Ich verstehe, was du meinst, aber leider nicht genau, wie ich das verbessern kann mit der Struktur.
Aber ich freue mich sehr über deine Antowort!!

Liebe Grüße,
Luisa

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Hallo José,
Danke für deine Ehrlichkeit!!!
Ich hoffe, du hast recht!

Liebe Grüße,
Luisa


Hi Alltagsschleife,
Auch dir danke für deine Antwort!
Also meinst du, ich müsste das noch erzählen? Denn das hatte ich bewusst weg gelassen.

LG,
Luisa


Edit von Novak:
Hallo Luisa, bitte zeitnahe Antworten in einem einzigen Post veröffentlichen. Viele Grüße von Novak

 

Hallo again!

Das soll heißen, dass du die einzelnen Absätze mit einer Leerzeile trennen sollst. So machst du den Text optisch ansprechender und schöner zu lesen.

LG

Betze

 

Hallo,

es lässt sich gut lesen und obwohl unklar ist (und für mich leider auch bleibt), was denn da nun genau vor sich geht, transportiert sich das Gefühl. Jetzt noch mal zurück zum eben in Klammern gesetzten Wortbeitrag: ich war ehrlich gesagt enttäuscht, dass so gar keine Richtung, keine Auflösung zum Schluss für mich zu finden war.
"Sie hat es doch schwer genug" - dieser Satz trifft wahrscheinlich auf nahezu alle Menschen auf diesem Planeten zu irgendeinem Zeitpunkt zu. Damit endet alles in einem sehr allgemeinen Satz.

Gruß zum Sonntag!

 

Hallo Luisa,

Du fragtest:

Also meinst du, ich müsste das noch erzählen?

Hm, na ja, für meinen persönlichen Geschmack meine ich das schon. Mir ist das einfach zu unspezifisch. Ich als Leser kann mir quasi alles und nichts vorstellen. Vielleicht wenigstens mal die Richtung ein wenig andeuten?

Denn wie Schattenspringer sagt: Dieser eine Satz ist doch sehr allgemein gehalten und trifft in irgendeiner Form wohl tatsächlich für so gut wie jeden Menschen auf der Erde zu.

Im Moment weiß ich so gar nicht, in welche Richtung die traurige Reise der Mutter ging. Betrug? Ruin? Höllenqual? Oder einfach nur ein Beziehungsende? Tut manchmal auch extrem weh.

Sicher wirkt der Text auch so. Zumindest schmeißt er bei mir als Leser die Gedankenmaschine an. Allerdings lässt er mich auch unbefriedigt zurück.

LG

 

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