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Der blutige Köder

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29.07.2003
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Der blutige Köder

Julia fühlte sich unwohl. Es war schon später Nachmittag und sie war auf dem Weg nach Hause. Ihre Einzimmerwohnung in Britz, der südlichste Teil von Berlin, war leicht zu erreichen, doch wenn einmal der Bus ausfiel, mußte sie ein Stück am Teltowkanal langlaufen.
Der Teltowkanal war das schäbigste Gewässer von Berlin. Niemand sprach gerne über diesen Zweckkanal, der täglich den Dreck aus der Stadt spülte. Julia lief am dicht bewachsenen Ufer entlang. Hierher verschlug es nur mutige Spaziergänger, die nicht Angst hatten im Morast des Wassers einzusinken. Der Kanal war ein schmutziges, ungepflegtes Gewässer, dessen Farbe so schwarz wie Teer war. Ähnlich klebrig und schmierig war seine Konsistenz. Wie ein dicker Eiterstrahl quoll er durch die Industrieanlagen Berlins. Als Kind hatte sie gelegentlich hier gespielt, doch dann wurde der Kanal immer schmutziger und man warnte sie vor dem Gewässer.
Schlußendlich hingen nur noch die Rabauken der Schule am Kanal herum. Hier konnte man ungestört Bier trinken und sich den Rücken tatowieren lassen. Müll und das Blut aus den Wunden der Tatowierten endete im Kanal und hinterließ eine schimmernde Spur in dem dunklen Wasser. Abenteuerlich fand sie das damals. Doch die Zeiten dieser Partys waren vorbei.
Julia lief ein Stück weiter. Jetzt wo sie Werbekommunikation studierte hatte sie nur noch wenig Zeit zum spazierengehen. Die Uni verlangte ihr einiges ab. Sie trat ans Wasser heran und warf einen Blick über das trübe Gewässer. Der Kanal stand in der Hitz des August wie eine muffiger See. Es gab keine Strömung. Fast schon gespenstisch ruhig ruhte das Wasser in der Hitze. Gelegentlich surrten Fliegen über die trübe Brühe und hier und da sprang ein Wasserläufer durch das Gebüsch. Das Ufer war ungepflegt und wirkte verwaschen, pelzig, und modrig. Julia schauderte bei dem Anblick.
Der Gedanke in die Brühe zu fallen war schrecklich. Sie sah, wie sich ihre Silhouette im Kanal spiegelte und freute sich über ihre schlanke sexy Figur. Die langen dunklen Haare fielen ihr locker über die Schulter und ihre knappen Shorts betonten ihre Figur sexy. Julia war zufrieden mit ihrem Aussehen. Plötzlich hörte sie ein Scharren! Sie drehte sich um und sah einen seltsamen Körper ins Wasser gleiten.
Er glänzte vom Wasser und war offentsichtlich dicht mit Pelz bewachsen. Julia war überrascht. Was konnte das sein? Ein Otter? Eine kleine Schlange? Solche Viecher hingen hier herum und es wurde sogar mal ein Biber gesehen. Naja, immerhin fühlte sich die Natur hier wohl, dachte Julia und lächelte in sich hinein. Vorsichtig trat sie zurück und begann sich wieder auf den Weg zu machen. Doch plötzlich schreckte etwas neben ihr auf. Julia blickte auf den Boden und sah ein paar Ratten flüchten!

Ihh, dachte Julia und wollte nur noch schnell weg. Doch dann sah sie genauer hin. Die Ratten hatten es sich in einem Mantel aus Leder bequem gemacht. Jemand hatte hier anscheinend seine Klamotten verloren. Julia verfolgte ihre Spuren und ihr Blick viel auf ein Loch am Ufer. Was war das denn? Es sah aus wie eine kleine Höhle, direkt am Wasser gebaut.
Als ob es sich dort jemand gemütlich gemacht hatte. Julia überlegt kurz, doch es war schon spät und sie widerstand dem Drang einen Blick hinein zu werfen. Was mochte wohl in der Höhle sein? Es gab immer wieder Geschichten von Anglern und sogar Studenten die hier am Kanal tagelang angelten, zelteten und quasi campten. Doch die Polizei verbot diese Tätigkeiten.
Vielleicht hatte man sich anders beholfen und eine kleine Höhle gebaut? Julia sah, daß man perfekt eine Angel aus dem Loch halten konnte. Unvermutet mußte sie schmunzeln. Auf was für Ideen die Leute manchmal kamen. Eine Anglerhöhle...
Julia macht einen weiteren Schritt in Richtung Heim, doch plötzlich hörte sie ein Stöhnen. Julia schloß die Augen. Auch das noch. War ja klar. Sie blieb stehen und rührte sich nicht. Vielleicht hatte sie sich nur getäuscht. Vielleicht war das gar kein Stöhnen. Vielleicht gab es gar niemanden in der Höhle. Julia rührte sich nicht.
„He....“, klang es leise aus der Höhle. Julia schluckte. Scheiße.
Da drin konnte alles sein. Irgendein freundlicher Angler von nebenan war es bestimmt nicht.
Julia ahnte was sich dort befand. Ein Obdachloser, der sich die Höhle zu seinem kleinem Eigenheim umgebaut hatte. Schon allein bei dem Gedanken wurde ihr schlecht. Verflucht nochmal, mußte das denn sein? Wahrscheinlich hatte er sich eine Entzündung geholt und brauchte nun Hilfe. Wer weiß, wie lange er schon in dem Loch hauste. Julia dachte nach. Natürlich. Sie mußte helfen.
Sie mußte nachschauen, was oder wer da war. Aber sollte sie etwa in das kleine Loch reinkriechen? Sie sah sich um. Niemand war zu sehen. Sie war allein am Kanal. Sie könnte natürlich zur Polizei laufen oder einen Arzt rufen, aber was, wenn es dann schon zu spät war? Julia nahm all ihren Mut zusamen und beugte sich zur Höhle.
Das Loch war etwa 40 cm groß. Groß genug um durch zu kriechen. In der Höhle war es stockdunkel. Julia konnte nichts erkennen.

„Hallo?“, rief sie.
Keine Antwort. „Hallo. Sie... Ich habe sie gehört.“
Wieder keine Antwort. Julia verzweifelte. War er schon Tot?
„Scheiße!“

Julia nahm all ihren Mut zusammen und kroch in das Loch. Es war seltsam stickig in der Höhle und der Boden war mit schmierigen Schleim bedeckt. Julia bereute sofort ihren Entschluß. Es stank nach Verwesung und altem Papier. Wie ein Nest, dachte Julia.

„Hallo?“, versuchte sie es wieder.

„Hilf mir!“, klang es aus den Tiefen des Lochs. Julia erschrak.

„Was ist mit ihnen? Brauchen sie Hilfe?“

„Komm her!“, krächzte die Stimme aus der Dunkelheit. Julia schluckte wieder. Die Stimme klang undefinierbar. Sie konnte nicht sagen, ob es ein alter oder junger Mann war. Ein Husten erklang und Julia machte sich sofort Sorgen. Was hatte der Typ? Vielleicht Typhus oder TBC? Gott, sie mußte hier raus!

„Bitte nicht.“, krächzte die Stimme, als ob sie Gedanken lesen könne. „Ich brauche Hilfe.“

„Was ist mit ihnen?“

„Ich glaube, mein Bein ist gebrochen!“ Die Stimme klang schon klarer. Dennoch war es völlig dunkel. Julia konnte nichts sehen. Vorsichtig tastete sie sich weiter vor.

„Wie kommen sie hier rein?“, fragte Julia.

“Das Loch war größer. Es ist zusammengestürzt. Verfluchte Anglerhöhlen!“

Julia atmete auf. Nur ein Angler, der sich verletzt hatte.

„Warten sie hier. Ich hole Hilfe.“ Julia versuchte sich zu drehen. Unglaublich, wie er in dieses Loch gelangt war. Er mußte ganz tief hineingekrochen sein.

„Bitte nicht. Mein Bein schmerzt! Schauen sie nach, ob es gebrochen ist.“

Julia drehte sich um. „Ich kann nichts sehen. Es ist das beste, wenn ich Hilfe hole. Sie müssen ins Krankenhaus.“

Die Stimme antwortete nicht. Es war furchtbar still. Julia krallte sich in dem matschigen Boden fest. Wenn sie nicht aufpaßte, rutschte sie von selbst immer tiefer in die Höhle.

„Bitte sieh nach. Es schmerzt sehr.“, bettelte die Stimme. Julia wurde unsicher.

„Ich kann nichts sehen. Es ist viel zu dunkel.“

„Taste bitte nach dem Bein. Ich sage dir, wo du anfassen mußt!“ Julia hielt inne. Sie konnte ihn nicht allein lassen.

Vorsichtig kroch sie weiter in die dunkle Höhle. Sie muße sich fast auf den Bauch legen, um weiter voran zu kommen. Es wurde immer stickiger und muffiger. Irgendwelche Stöcker, die verdammt hart waren, versperrten ihr den weg. Sie drückte sie beiseite und hörte wie sie krachend zusammenpurzelten. Sie machten dabei das Geräusch von trockenen Knochen. Julia stöhnte und verfluchte sich selber. „Wo ist ihr Bein?“, fragte sie in die Höhle.

„Komm näher“, krächzte die Stimmme. Seltsamerweise war der Schmerz in ihr verschwunden. Julia wundert sich kurz und dachte nach. Das konnt auch böse enden. Doch das Stöhnen der Stimme riß sie aus ihren Gedanken und ließ sie wieder zu sich kommen.

„Bitte nur noch einen Meter.“

Julia kroch weiter und bekam plötzlich etwas zu fassen. Das konnte ein Bein sein! Leider sah sie überhaupt nichts. Der Eingang war gut drei Meter entfernt und keinerlei Licht schimmerte hinein.

„Bitte fühle dran. Drück vorsichtig auf den Knochen.“

Julia ergriff das Bein und drückte auf den Knochen.

Der Mann stöhnte.

Julia zuckte zusammen. „Es ist gebrochen. Ich hole Hilfe.“

Sie versuchte sich zu drehen, doch plötzlich wurde sie festgehalten. Etwas zog an ihren Haaren! Der Griff war stark und brutal.

„Bleib bitte hier!“ Julia bekam Panik. Er riß ihr fast die Haare aus!

„Sie brauchen Hilfe. Ich muß Hilfe holen!“

Julia riß sich los und kroch zum Eingang. Hektisch rutschte sie über den schmierigen Boden. Etwas schoß hinter ihr her! Wie eine Schlange fühlte sie etwas an ihrem Bein. Es versuchte, sie zu greifen, doch Julia trat danach.
Sie mußte raus hier! Wie ein Wahnsinnige kroch sie aus dem Loch. Sie schaffte es in letzter Sekunde und erblickte schnell das Tageslicht. Sie sah sich um. Ihre Klamotten war schmutzig und dreckig. Alles war zerzaust und zerwühlt. Sie sah furchtbar aus. Vorsichtig sah sie ins Loch der Höhle, doch dort war niemand. Der Typ war ihr nicht gefolgt. Gott, was war das?

Plötzlich sah sie auf den Boden und sah ein paar Knochen. Schmierige, dreckige weiße Knochen. Ein paar Hautfetzen hingen noch daran und Julia schauderte bei dem Anblick. Sie hatte sie mit rausgezogen bei ihrer Flucht. Sie schreckte auf und sah aus den Augenwinkeln etwas im Wasser. Diesmal war sie schneller.
Sie drehte sich um und sah einen großen Körper durch das Wasser gleiten.
Er war schmierig, pelzig, nass und fast otternhaft. Etwa von der Größe eines Menschen, jedoch in der Bewegung einer Schlange ähnlicher.
Der Kopf war überseht mit rosa Pusteln und Julia nahm nur noch ein Blinzeln der Augen wahr. Menschenaugen, die ihr seltsam listig zublinzelten und dann unter Wasser verschwanden. Erst jetzt merkte sie, daß sie etwas in der Hand hielt. Sie blickte herab und sah, daß sie ein abgerissenes Bein umklammerte. Der blutige Köder, dachte sie.

 

Hallo!

Eine seltsame Geschichte ... ein Ungeheuer im Berliner Kanal? Eigentlich ne gute Idee, aber an der Umsetzung solltest du noch arbeiten. Folgendes ist mir u.A. aufgefallen:

"Julia fühlte sich unwohl."

warum? Das würde mich als Leser schon interessieren. Gibt es einen Grund dafür, daß sie schlecht drauf ist? Ansonsten könntest du den Satz weglassen.

"Müll und das Blut aus den Wunden der Tatowierten endete im Kanal und hinterließ eine schimmernde Spur in dem dunklen Wasser."

ist eine eklige Vorstellung, aber ich halte das doch für SEHR übertrieben. Das Blut fließt ja nicht in Strömen :-)

"Sie sah, wie sich ihre Silhouette im Kanal spiegelte und freute sich über ihre schlanke sexy Figur. Die langen dunklen Haare fielen ihr locker über die Schulter und ihre knappen Shorts betonten ihre Figur sexy."

ab hier ist mir Julia absolut unsymphatisch geworden. Wer so eingebildet ist und sich selbstversessen betrachtet, der hätte es verdient gefressen zu werden :-) Außerdem 2x sexy, stört irgendwie

"Solche Viecher hingen hier herum und es wurde sogar mal ein Biber gesehen."

hier musste ich schmunzeln. Ein Biber wurde gesehen...huh, furchteinflößend :D

Hier ist mir auch aufgefallen, daß du einige Sätze mit Ausrufezeichen drin hast. Das stört m.M. nach total und wirkt mir persönlich zu plump, so als wolltest du dem Leser allein durch das ! signalisieren "aufpassen, jetzt wird's spannend.

Von Anglerlöchern hab ich auch noch nie was gehört. Gibt's sowas wirklich? Allerdings muss Julia schon _sehr_ dünn sein, wenn ihr 40 cm zum robben reichen. Das solltest du ein bisschen größer sein lassen.

Ab dann hab ich der Story leider nicht mehr folgen können. Der Penner will, daß Julia sein Bein betatscht. Dann krabbelt ihr irgendwas hinterher und als sie wieder Oben ist, hat sie sein Bein in der Hand. Versteh ich nicht. Wollte der Penner, daß Julia sein Bein "mitnimmt", damit dadurch das pelzige Monster angelockt wird? Warum sollte er das tun?

Ansonsten ist mir noch aufgefallen, daß du viele kurze, abgehackte Sätze drin hast. Vielleicht könntest du die teilweise mit "und" oder so verknüpfen.

Das war nur meine Meinung, also kein Allgemeinurteil. Die Idee ansich gefällt mir sehr gut. Stelle es mir unheimlich vor...so allein an einer dreckigen Brühe...irgendwas blubbert im Wasser...usw. Da könnte man echt super was draus machen. Bei deiner Story fehlt mir aber irgendwas, liegt wahrscheinlich da dran, daß ich den Schluß nicht kapiert hab. Aber gelesen hab ich sie trotzdem gerne, sehr kurzweilig.

Ach ja, übrigens viel Spaß hier auf der Seite.

Gruß
Mike

 

Hallo, Richard Stark! Bin zwar weder Moderator noch Administrator, begrüße dich als Neuzugang dennoch herzlich in unserer Mitte.

Da ich mit meinen Kritiken in letzter Zeit einige User dazu gebracht habe, um die Löschung ihres Accounts zu ersuchen, will ich mal ganz versuchen, ganz lieb zu sein. :) Während ich diese Einleitung schreibe, habe ich deinen Text übrigens noch nicht gelesen.

...

>die nicht Angst hatten
keine Angst

>Der Kanal war ein schmutziges, ungepflegtes Gewässer,
Das wissen wir bereits

>Wie ein dicker Eiterstrahl quoll er durch die
>Industrieanlagen Berlins.
Es steigert sich immer mehr. Erst nur dreckig, dann Teer, nun Eiter. Aber gerade das wirkt irgendwie nicht mehr glaubwürdig.

>Müll und das Blut aus den Wunden der Tatowierten
>endete im Kanal
endeten

>und hinterließ eine schimmernde Spur in dem dunklen
>Wasser
Das muß aber eine MENGE Blut sein...

>in der Hitz des August
Fehler oder Absicht?

>Es gab keine Strömung
Für einen Kanal recht merkwürdig.

>Das Ufer war ungepflegt und wirkte verwaschen,
>pelzig, und modrig
Ja, wir wissen´s mittlerweile!

>und freute sich über ihre schlanke sexy Figur
Hm, "freute" und "sexy", das liest sich irgendwie, als hätte das ein Mann geschrieben, der gerne eine schöne Frau wäre.
Ich hätte vielleicht nur geschrieben: und bewunderte ihre schlanke Figur.

>und ihre knappen Shorts betonten ihre Figur sexy
Wortwiederholung.

>Julia war zufrieden mit ihrem Aussehen.
Sinnwiederholung.

Diese lange Ausbreitung der Figurbetrachtung würde ich wie folgt zusammenstreichen:
Sie bewunderte ihre schlanke Figur, deren Silhouette sich im Kanal spiegelte und durch die knappen Shorts betont wurde.
Du fragst dich, wo die Haare geblieben sind. Nun, da sie darüber nicht sinniert, brauchen wir sie hier auch nicht. Finde ich jedenfalls.

>Plötzlich hörte sie
Das sollte vielleicht in einem neuen Absatz beginnen.

>Sie drehte sich um und sah einen seltsamen Körper ins
>Wasser gleiten.
>Er glänzte vom Wasser und war offentsichtlich dicht
>mit Pelz bewachsen. Julia war überrascht. Was konnte
>das sein? Ein Otter? Eine kleine Schlange? Solche
>Viecher hingen hier herum und es wurde sogar mal ein
>Biber gesehen.
Ein Tip zum Thema Beschreibungen: gehe vom Groben ins Feine. D.h. Größenangaben sollten immer als allererstes kommen. Ich dachte beim ersten Satz z.B. an ein Monster in Menschengröße, aber dann fragt die Protag. sich, ob es ein Otter oder eine kleine Schlange (pelzige Schlange?) ist. Auch sieht sie ihn nicht genau, deswegen ist das Attribut "seltsam" auch nicht gerechtfertigt. Jedenfalls nicht so. Hier ein Vorschlag, wie man das formulieren könnte:
Sie drehte sich um und sah gerade noch, wie ein kleiner, pelziger Körper ins Wasser glitt. Wahrscheinlich ein Otter oder Biber, die waren hier häufig anzutreffen.

>Vorsichtig trat sie zurück und begann sich wieder auf
>den Weg zu machen.
Hier wird die bisherige präzise Erzählweise plötzlich schwammig. Unter "beginnen, sich auf den Weg zu machen", kann ich mir nicht viel vorstellen. Was genau tat sie? Oder tat sie eigentlich noch nichts (was ich vermute)? Dann brauchst du darüber auch nicht zu schreiben, bzw. muß es heißen, sie WOLLTE sich auf den Weg machen. Ach ja, und was für ein Weg eigentlich? Nachhauseweg, Weg in die Disko, Weg in die Bibliothek, zum Einkaufen...? Unwichtig, sagst du? Nein, solche Kleinigkeiten würzen eine Geschichte.

>Ihh, dachte Julia und wollte nur noch schnell weg.
>Doch dann sah sie genauer hin.
Warum tut sie was anderes als sie will? Das klingt seltsam. Mach die Handlungen deiner Charaktere dem Leser glaubwürdig.

>Jemand hatte hier anscheinend seine Klamotten
>verloren.
Das ist mir jetzt zu umgangssprachlich geraten. Aber das ist Geschmackssache.

>und ihr Blick viel auf ein Loch
fiel

>Es sah aus wie eine kleine Höhle, direkt am Wasser
>gebaut.
>Als ob es sich dort jemand gemütlich gemacht hatte
Siehe oben. Ich dachte zuerst an ein Mauseloch oder Biberhöhle, aber offenbar paßt da ein Mensch rein?
Ich verbinde übrigens mit Höhlen am Ufer von Dreckwasser keine Gemütlichkeit.

>Julia überlegt kurz
überlegte

>Doch die Polizei verbot diese Tätigkeiten
PQP bitte. Und noch besser wäre es als obwohl-Satz:
obwohl die Polizei solche Tätigkeiten verboten hatte
Genau genommen verbietet sowas auch nicht die Polizei, sondern irgendwelche Stadträte und Sachbearbeiter. Übrig bliebe also:
obwohl es verboten war

>Vielleicht hatte man sich anders beholfen und eine
>kleine Höhle gebaut? Julia sah, daß man perfekt eine
>Angel aus dem Loch halten konnte. Unvermutet mußte
>sie schmunzeln. Auf was für Ideen die Leute manchmal
>kamen. Eine Anglerhöhle...
Du meinst nicht, daß das keine sehr gute Tarnung ist?

>Julia macht einen weiteren Schritt in Richtung Heim,
>doch plötzlich hörte sie ein Stöhnen
Das arme Mädchen. Immer, wenn es eine Bewegung macht, passiert was.

>Irgendein freundlicher Angler von nebenan war es
>bestimmt nicht
Wäre aber doch erst mal das Naheliegendste bei einer Anglerhöhle, oder?

>Sie mußte nachschauen, was oder wer da war.
Nein, nein! Warum fragt sie nicht erst mal, was los ist?

>Das Loch war etwa 40 cm groß.
Huuuch? Das ist aber extrem klein! Ein Erwachsener müßte schon sehr klein und dünn sein, um da durch zu passen.

>Die Stimme klang schon klarer. Dennoch war es völlig
>dunkel.
Wieso "dennoch"?

>Irgendwelche Stöcker, die verdammt hart waren
Was sind Stöcker?

>Sie machten dabei das Geräusch von trockenen Knochen
Was machen trockene Knochen denn für Geräusche (machen sie doch gar nicht) und woher kennt Julia so ein Geräusch?

>Julia schauderte bei dem Anblick. Sie hatte sie mit
>rausgezogen bei ihrer Flucht. Sie schreckte auf
Wenn man schon geschaudert hat, schreckt man doch nicht mehr auf. Eher ummgekehrt.

Also inhaltlich war die Story schon mal nicht schlecht. Sprachlich müßte man sie überarbeiten, insbesondere die ohnehin schon spannende Szene in der Höhle ließe sich noch spannender gestalten. Und der etwas lange Anfang müßte vorsichtig beschnittten werden.
Natürlich alles nur meine persönliche Meinung.

r

 

Geschrieben von Mike1978
Ab dann hab ich der Story leider nicht mehr folgen können. Der Penner will, daß Julia sein Bein betatscht. Dann krabbelt ihr irgendwas hinterher und als sie wieder Oben ist, hat sie sein Bein in der Hand. Versteh ich nicht. Wollte der Penner, daß Julia sein Bein "mitnimmt", damit dadurch das pelzige Monster angelockt wird? Warum sollte er das tun?
Hehe, meinst du das ernst? :D

Also ich hab das so verstanden, daß da ein Monster lauert, das sprechen kann, und das Bein war nur dazu da, damit Julia es anfaßt und glaubt, es mit einem Menschen mit gebrochenem Bein zu tun zu haben ("blutiger Köder"!!!). In Wirklichkeit dürfte das einem ihrer weniger glücklichen Vorgänger gehört haben.

r

 

Ja, aber dann stellt sich die Frage, weshalb das Monster sich die ganze Mühe macht. Warum "überfällt" es Julia nicht einfach und zieht sie mit in's Wasser oder ähnliches?

Ist ja wohl äußerst ausgefallen, die Idee mit dem Köder.

Gruß
Mike

 

Das ist richtig. Das Monster ist quasi ein mutierter Obdachloser, der sich nun von solchen Leuten ernährt.

Danke für die Kritik, die ist ja spitze ausführlich. Ich hoffe, daß ich mit der Zeit besser werde, da dies meine erste Kurzgeschichte ist. Ich wollte mal fragen, ob es eine Wortanzahl gibt, die der durchschnittlichen Länge einer Kurzgeschichte entspricht? Also wieviel Wörter sollte eine Kurzgeschichte haben?

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Richard,

herzlich willkommen auf kg.de!

In Deinem Profil steht zwar, dass Du Autor und Künstler bist, aber ich glaube trotzdem, dass Du noch nicht allzu erfahren im Schreiben bist, zumindestens was die phantastische Literatur angeht.

Bei Deiner Geschichte scheint mir so fast gar nichts richtig zu stimmen, obwohl der Beginn eigentlich vielverheißend ist.
Ich versuch Dir mal anhand einiger Detailbemerkungen zu verdeutlichen, was mir nicht gefällt oder wo mir etwas fehlt:

Wie ein dicker Eiterstrahl quoll er durch die Industrieanlagen Berlins.
Teilweise sind Deine Beschreibungen meiner Meinung nach nicht stimmig. Hier hast Du erst beschrieben, dass die Brühe tiefschwarz ist, und dann vergleichst Du sie mit Eiter. Eiter ist aber gelblich, das passt also nicht wirklich.
Mir ist schon klar, dass Du so eher die Zähflüssigkeit und die Trägheit des Kanals verdeutlichen wolltest, da bietet sich Eiter natürlich an, aber aufgrund der vorherigen Farbbeschreibung musste ich stocken. Auch "Strahl" halte ich daher für weniger glücklich gewählt. Das beschreibt doch eher eine plötzliche, mit Druck hervorschießende Flüssigkeit. In meiner Fantasie wurde die dunkle, langsame Brühe eben plötzlich zu einem hellen Sturzbach.
Das Ufer war ungepflegt und wirkte verwaschen, pelzig, und modrig.
Das ist z.B. eine Beschreibung mit der ich persönlich gar nichts anfangen kann. Wie sieht denn ein verwaschenes und pelziges Ufer aus?

Fast schon gespenstisch ruhig ruhte das Wasser in der Hitze.
Wortwiederholungen kommen einer Erzählung nie zu Gute. Hier ist das Adjektiv zudem auch unnötig, da ja schon das Verb verdeutlicht, welchen Zustand das Wasser hat.

Sie sah, wie sich ihre Silhouette im Kanal spiegelte und freute sich über ihre schlanke sexy Figur. Die langen dunklen Haare fielen ihr locker über die Schulter und ihre knappen Shorts betonten ihre Figur sexy. Julia war zufrieden mit ihrem Aussehen.
Hier auch wieder eine unnötige Wortwiederholung. Ich würde Dir empfehlen, den Text daraufhin noch einmal zu überprüfen und Synonyme zu suchen oder gegebenfalls die Sätze umzustellen.
Außerdem stört mich hier die Personenbeschreibung von Julia. Von ihrem Charakter kommt während der Geschichte fast nichts rüber, Du beschränkst Dich fast nur auf ihr Aussehen. So beschreibst Du am Ende zum Beispiel nicht ihre Ängste, sondern nur wie ihr Outfit ruiniert ist.
Es ist wirklich wichtig, dass der Leser Empathie für Julia empfindet. Wenn sie mir egal ist, juckt es mich auch nicht, was mit ihr passiert. Und ihr Aussehen allein macht sie mir nicht sympathisch und bringt sie mir auch nicht näher.

Plötzlich hörte sie ein Scharren! Sie drehte sich um und sah einen seltsamen Körper ins Wasser gleiten.
Immer wenn Du auf eine spannende Stelle überleiten willst, passiert etwas "plötzlich":
Doch plötzlich schreckte etwas neben ihr auf. Julia blickte auf den Boden und sah ein paar Ratten flüchten!
Julia macht einen weiteren Schritt in Richtung Heim, doch plötzlich hörte sie ein Stöhnen.
Aber dieses Wort allein trägt bei mir nicht dazu bei, dass ich mich fürchte oder gespannt etwas erwarte.
Am besten funktioniert das bei mir, wenn ich mit den Hauptfiguren mitfühlen kann oder wenn der Autor eine dichte Atmosphäre aufbaut, indem er mir z.B. die unheimliche Umgebung anschaulich näher bringt.

Er glänzte vom Wasser und war offentsichtlich dicht mit Pelz bewachsen. Julia war überrascht. Was konnte das sein? Ein Otter? Eine kleine Schlange?
Hm, das Wesen hat einen Pelz und sie denkt an eine Schlange? Wieder ein Beispiel für die unstimmigen Beschreibungen.
Ich denke, Du wolltest durch die Schlange darauf hinweisen, wie sich das Ding bewegt - dann schreib das doch einfach.

Solche Viecher hingen hier herum
Hängen Tiere tatsächlich rum?

Wahrscheinlich hatte er sich eine Entzündung geholt und brauchte nun Hilfe.
Ich kann Julias Gedankengänge nicht nachvollziehen. Ich würde eher an eine Verletzung denken, aber an eine Entzündung? Und was für eine Entzündung? Lungen-, Nagelbett- oder Wundentzündung?

Irgendwelche Stöcker, die verdammt hart waren, versperrten ihr den weg.
"Stöcke" und "Weg"
Es gibt noch andere Flüchtigkeitsfehler. Wäre schön, wenn Du die im Nachhinein noch eliminierst, zumindestens mich stören sie beim Lesen.

Sie schaffte es in letzter Sekunde und erblickte schnell das Tageslicht. Sie sah sich um. Ihre Klamotten war schmutzig und dreckig. Alles war zerzaust und zerwühlt. Sie sah furchtbar aus. Vorsichtig sah sie ins Loch der Höhle, doch dort war niemand. Der Typ war ihr nicht gefolgt. Gott, was war das?
Normalerweise ist etwas spannend, wenn man es in letzter Sekunde schafft. Kennt man ja aus etlichen Filmen.
Aber warum ist es da spannend? Meistens, weil man mit dem Protagonisten mitfiebert, ob er es tatsächlich noch schafft, weil immer wieder kurze Situationen auftreten, in denen man an seinem Erfolg zweifelt. Weil man seine Verzweiflung, Angst und seine Anstrengung eben mitfühlt. Du beschreibst das alles in acht knappen Sätzen. Mit keinem Wort gehst Du auf ihre Gefühle ein, da fällt es mir als Leser wirklich schwer, mitzufiebern.

Plötzlich sah sie auf den Boden und sah ein paar Knochen. Schmierige, dreckige weiße Knochen. Ein paar Hautfetzen hingen noch daran und Julia schauderte bei dem Anblick.
Sie schauderte? Bei so einem Anblick würde mir wahrscheinlich meine letzte Mahlzeit wieder hochkommen.
Sie blickte herab und sah, daß sie ein abgerissenes Bein umklammerte. Der blutige Köder, dachte sie.
Auch hier, sie reagiert völlig gelassen und denkt rational, obwohl sie ein blutiges, zermatschtes und wahrscheinlich extrem stinkendes Körperteil einer Leiche in der Hand hält. Wenn sie das so locker nimmt, warum sollte ich mich dann fürchten oder ekeln? Ist ja scheinbar alles in bester Ordnung.

Die Idee zur Geschichte finde ich interessant. Nur die Umsetzung funktioniert in meinen Augen noch gar nicht. Vielleicht konnte ich Dir ja verdeutlichen, warum es mir so geht. Wäre schön, wenn Du Dich noch einmal an die Geschichte setzt und sie überarbeitest. Wäre auf jeden Fall gespannt, was Du noch aus der Story herausholst.
Aber Kopf hoch, Übung macht des Meister. :)

Rechts unter "Workshop" und "Autoren" findest Du übrigens ein paar Threads, in denen Du u.a. hilfreiche Tipps zum Spannungsaufbau nachlesen kannst.

Edit:
Als ich mit dem Schreiben anfing, stand hier noch keine Antwort. :dozey: Also ignorier mich ruhig, wenn ich nur meine Vorgänger wiederholen sollte.

 

@ Richard

zu deiner Frage bzgl. der Wortanzahl. Das kannst du ganz so machen wie du willst. Eine 2-seitige Story zählt ebenso als Kurzgeschichte wie eine 50-seitige. Sollte ich Mist erzählen, dann weißt mich bitte darauf hin :D

Ich persönlich lese aber gerne Storys, die ein bisschen umfangreicher sind. Kurze Storys können zwar durchaus ihren Reiz haben, dann sollte aber auch eine sehr gute Idee dahinterstecken. "Blutiger Köder" war vom Umfang vollkommen okay.

Gruß
Mike

 

Geschrieben von Richard Stark
Ich wollte mal fragen, ob es eine Wortanzahl gibt, die der durchschnittlichen Länge einer Kurzgeschichte entspricht? Also wieviel Wörter sollte eine Kurzgeschichte haben?
Sowas sollte am Besten nicht in diesem Thread sondern in "Diskussion der Autoren" gestellt werden. Da gibt es dann DEUTLICH mehr Antworten.
Ansonsten schau einfach, wie lang die Kurzgeschichten hier sind. Einige passen auf eine Bildschirmseite, andere sind so unglaublich lang, daß es eine Stunde dauert, sie zu lesen.
Je kürzer die Geschichte ist, umso mehr Leute werden sie lesen (und auch kommentieren), aber das sollte nicht dazu verführen, nur noch Mikrostories zu verfassen. Wenn etwas richtig gut/spannend/interessant ist, darf es auch lang sein.

r

 

Danke nochmal für die Begrüßung und ausführliche Kritik, ich werde sie mir zu Herzen nehmen.

Ich bin neu im Prosaschreiben (hab ich seit meiner Schulzeit nicht mehr richtig gemacht), arbeite aber als Autor in anderen Bereichen.

 

Hi Richard Stark,

auch ich heisse Dich herzlich willkommen und wünsche Dir viel Spaß und Anregungen hier.

Leider kann ich den Posts nichts Neues hinzufügen, deswegen fasse ich das einfach nochmal zusammen:

Idee wirklich gut und interessant, viele Flüchtigkeitsfehler - besser korrigieren - und auch viele kleine, logische Dinge, die seltsam und unstimmig erscheinen.

Es hilft, wenn man sich selbst fragt:
Wie würde ich in einer bestimmten Situation reagieren?
Dann klappert man seine Freunde ab, gedanklich:
Wie würde XY...
Und dann kann man leicht vom Normverhalten abweichen, in dem man sich eine passende Charakterisierung ausdenkt:

Die Protagonistin könnte Medizin studieren und einen Nebenjob in der Pathologie haben. Dann würde der Anblick des Beines sie ein bisschen weniger schocken - aber auch nur ein kleines bisschen...

Der Stil selbst ist gar nicht schlecht. Halte Dich bloss nicht mit allzu vielen Adjektiven auf. Wir sind ja kein Elite-Literaten-Kurs ;-)))

Denk mal drüber nach und viel Spass noch

Henry Bienek :cool:

 

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