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Der Blick ins Leere
Der Blick ins Leere
Sein Kopf dröhnte als er die Augen aufmachte und ins Dunkle blickte. Es war wie ein hämmernden Schmerz in jedem Bereich seines Kopfes. Langsam versuchte er seine Gliedmaßen zu sortieren und sich zu bewegen, aber wie von kalter Hand festgehalten, konnte er sich nicht rühren. Der Boden fühlte sich kalt und feucht an, nur ein tropfendes Geräusch war zu hören. Es war finster um ihn herum, kein Licht wollte sich ausbreiten in diesem...er wußte nicht einmal wo er war. Er konnte sich nicht erinnern, nicht daran an welchem Ort er festsaß. Verwirrt und zerstört versuchte er sich an etwas zu erinnern, nichts! Leere erfüllte seinen Kopf, Schmerzen füllten seine Glieder. Angst machte sich breit in seiner verzweifelten Lage.
Er versuchte um ihn herum etwas zu erfühlen, etwas zu entdecken, etwas zu finden was seine Lage erklären könnte. Einen Hinweis zu erhalten, wo er sich befand und warum er sich dort auf dem Boden liegend so fürchten musste. Begleitet von zahlreichen Schmerzen und dieser grauenvollen Angst, tastete er sich ab. Schauder lief ihm kalt den Rücken herunter, als er bemerkte, dass er in seinem Gefängnis nackt auf dem Boden lag. Scham erfüllte ihn und er verfluchte dieses tropfende Geräusch, dieses Hämmern der Tropfen in seinem ohnehin schon schmerzerfülltem Schädel.
Wie war er hierher gekommen, warum hat er nichts an, was ist passiert? Angst umschlang seinen Hals, fesselte ihn, er wollte schreien, biss sich auf die Lippen, um niemanden aufzuschrecken, der sich in seiner Nähe befinden könnte. Um niemanden bemerken zu lassen, er ist erwacht. Tränen liefen ihm die Wangen herunter, er schmeckte Blut in seinem trockenen Mund, wie eine feuchte Erlösung.
Mit einem Angriff an sich selbst, zwang er sich, sich zu bewegen. Sein Arm erfühlte kurz etwas, dass darauf wie eine Flasche auf Steinboden kullerte und schließlich an irgendetwas zersprang.
Stille.
Er suchte einen Hinweis, nun hatte er einen, aber was war die Folge. Es war eine Flasche ohne Zweifel, das brachte ihn nicht weiter, aber er fühlte sich nun beobachtet. Irgendetwas war in seiner Nähe. Er blickte ins finstere und wartete. Auf etwas was seine Angst bestätigen würde.
Nichts.
Da war es wieder, dieses tropfende Geräusch, er bewegte sich darauf zu. Es wurde lauter und hielt schließlich wieder inne. Er zitterte vor Kälte, vor Angst, nichts sehen zu können. Sich nicht erinnern zu können an das was geschehen ist.
Plötzlich spürte er einen Luftzug, wie ein eiskalter Wind erhebte sich die Luft über seinem Arm. Er bekam eine Gänsehaut bei diesem zärtlichen Streicheln. Er konzentrierte sich auf den Luftzug, woher er stammen möge und kroch über den Boden, er schleppte seinen schmerzenden kalten Körper über den steinartigen Boden. Er robbte vorwärts in der Dunkelheit, für ihn waren es unendliche Meter. Seine Verwirrung spielte ihm diesen Streich, vielleicht um ihn zu quälen, oder vor etwas zu beschützen, dem er nicht näher kommen sollte.
Ein kurzer Schmerz erfüllte seinen Arm, der vorher noch sanft gestreichelt wurde. Wie ein Messer bohrte sich die Glasscherbe in seine Hand, die zersprungene Flasche. Blut lief ihm über seine Handfläche und erfüllte diese mit Wärme. Kurz darauf übertraf seine Angst das Empfinden. Er zog sich die Glasscherbe aus seinen blutigen Hand und legte sie leise an den Ort zurück, wo sie sich in seine Hand erstreckte.
Er bewegte sich weiter, als er auf einmal etwas zu hören schien, etwas was sich nach Stimmen anhörte. Er zuckte zusammen, er war nicht allein. Dumpfe Stimmen in einem großen Raum, er konnte nicht verstehen was sie sagten. Er wollte es nicht verstehen. Er wollte dass sie weg gehen. Er wollte nicht wissen wer oder was es war. Trotzdem seine Verzweifelung wollte es, sie sehnte sich nach Aufklärung, egal was es war.
Er spürte einen Widerstand, der ihn nicht weitergehen ließ, er tastete es ab. Eine Tür. Vor ihm baute sich eine Tür auf. Er fühlte den Luftzug, der aus einem langen Spalt unter dieser Tür wehte. Die Stimmen wurden lauter, um so mehr er sich gegen die Tür lehnte. Zusammengekauert und frierend lag er da und presste sein Ohr gegen die kalte Tür. Er konnte kaum etwas verstehen, er atmete nicht. Dann ein Streit, Geschrei, welches sich in seinen Ohren vertraut anhörte. Er kannte diese Stimmen, er erkannte diesen Streit, als wäre es schon einmal passiert.
Wo war er? Er hielt es nicht aus, diese Ungewissheit, diesen tiefen Schmerz, diese Angst, die diesmal die Schmerzen nicht übertönen konnte, diese verdammte Dunkelheit. Er erhob sich, stemmte sich gegen die Tür, er stand. Hammerschläge dröhnten in seinem schweren Kopf, seine Beine zitternden. Wackelig stand er nun in seinem dunklen Gefängnis.
Nichts ahnend, was er tat, bewegte sich seine Hand an die Wand, er ertastete einen Lichtschalter, betätigte ihn und wie ein Blitz raste das Licht in seine Augen, wie ein Laser brannte das Licht der Neonröhre ein Loch in seine Pupillen, die Schmerzen waren unerträglich. Er kniff die Augen zusammen und wartete auf eine Erlösung, seine Neugierde, die vielleicht alles erklären könnte war so stark, dass er immer wieder verzweifelt versuchte seine Augen an das Licht zu gewöhnen. Bis er schließlich endlich seinem Gefängnis ins Auge blicken konnte.
Ein weiß erstrahlter Raum, ein Waschbecken, ein tropfender Wasserhahn, seine Kleidung. Eine zersprungene Flasche, eine Flasche Whiskey. Er hörte Musik auf der anderen Seite der Tür. Er kannte dieses Lied, er wußte es war der Jingle von einer Fernseh-Serie. Die Stimmen die er hörte, waren der Fernseher. Eine Wiederholung musste laufen, deswegen kannte er diesen Streit. Er erkannte den Raum, er wußte er war zu Hause, das war es. Ja er erinnerte sich. Er wollte Duschen und sich waschen, von seinem Dreck befreien, obwohl er betrunken war. Er sah den Wannenvorleger zusammengeknüllt in einer Ecke, er ist einfach nur ausgerutscht. Er tanzte, er freute sich. Ihm liefen die Tränen herunter, er war befreit von Angst! Glücksgefühle stießen in ihm empor. Er tanzte um her. Er hatte sein Rätsel gelöst.
Nur eins wußte er nicht und er stand steif und regungslos da, als er um die Ecke seines Badezimmers schaute. Er bewegte sich nicht und alles in ihm erfüllte sich wieder mit Angst. Schrecken überkam ihn und ein Brechreiz bewegte sich von seinem leeren Magen in seinen Hals.
Wer war die Leiche in seiner blutbefüllten Badewanne?