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Der blaue Schmetterling
Einst zog ein junger Ritter, den die Abenteuerlust gepackt hatte, in die Welt hinaus.
Er hatte Geschichten über einen schrecklichen Troll gehört, der die Kinder der Menschen raubte, die am Fuße der Berge lebten.
Mit seinem Schwert machte er sich auf den Weg, das Ungeheuer zu erschlagen.
Alle, die dem jungen Ritter auf seinem Weg begegneten, warnten ihn davor, weiterzugehen, denn die Wälder und Berge des Trolls waren verzaubert.
Der junge Ritter jedoch war überzeugt von seinem Können und so zog er unverdrossen weiter.
Als er an einer Weggabelung angelangte, sah er sich um:
Der rechte Weg führte hinauf in die Berge, der linke in einen dichten Wald.
Der junge Ritter entschied, dass der Weg in die Berge der richtige sein müsse.
Gerade, als er weitergehen wollte, sah er einen leuchtendblauen Schmetterling, der dem Weg in den Wald folgte.
Noch bevor er begriff, was ihn dazu bewogen hatte, folgte der junge Ritter dem Schmetterling.
Nach einer Weile jedoch verlor er den Schmetterling aus den Augen und stellte entsetzt fest, dass er vom Weg abgekommen war und sich vollkommen verlaufen hatte.
Der wald war düster, alt und voller Bäume und Pflanzen die der junge Ritter noch nie zuvor erblickt hatte. Die größeren Bäume waren riesig und bildeten mit ihren dunklen Blättern ein dichtes Dach, dass kaum noch Sonnenlicht zum Boden dringen lies.
Der junge Ritter verfluchte den blauen Schmetterling, der ihn in die Irre geführt hatte. Er wanderte den ganzen Tag umher, ohne seinen Weg wieder zu finden.
Als die Nacht kam, senkte sich mit ihr eine unheimliche Kälte über den Wald, die wie ein lebendiges Wesen unter seine Kleider zu kriechen schien und egal, wie sehr sich der junge Ritter bemühte, so gelang es ihm doch nicht, ein Feuer zu entfachen.
Erschöpft lehnte er sich an einen Baum und fragte sich, ob sein Abenteuer so enden sollte:
Alleine in einem verzauberten Wald, bezwungen von einem Schmetterling. Ohne dass er das Ungeheuer auch nur gesehen hätte, welches er bezwingen wollte.
Er hätte auf die Warnungen der Anderen hören sollen.
Als der junge Ritter sich fest in seinen Mantel wickelte und zum Schlafen niederlegte, stach ihn ein Ast in den Rücken.
Er zog ihn unter seinem Mantel hervor und bemerkte erstaunt, dass er eine Flöte in der Hand hielt.
Sie war grob geschnitzt, keine besonders gute Arbeit.
Seine Mutter hatte ihn als Kind das Spielen gelehrt. Bei der Erinnerung an sie legte er die Flöte an die Lippen und spielte das erste Lied, welches ihm in den Sinn kam.
Es war ein Wiegenlied aus seiner Kindheit.
Die Ängste und Zweifel des jungen Ritters schienen zu schwinden.
In dieser Nacht träumte er wieder wie damals, als er noch ein Kind war und kein Ritter.
Am Morgen zog er weiter, entschlossener als jemals zuvor, seinen Weg wieder zu finden und den Troll zu besiegen.
Nach einiger Zeit erreichte er die Berge, da war er sich sicher, richtig gegangen zu sein.
Plötzlich tauchte der blaue Schmetterling wieder neben ihm auf.
Der junge Ritter blieb stehen, etwas in ihm wollte dem Schmetterling erneut folgen, obwohl er es doch besser wusste.
Er schloss die Augen, atmete tief ein, wie vor einem Sprung in kaltes Wasser, und lief dem blauen Schmetterling hinterher.
Dieses Mal verschwand er nicht, sondern führte den jungen Ritter zu einer Höhle.
Dem Gestank nach zu urteilen konnte dies nur eine Trollhöhle sein.
Er folgte einem langen, dunklen Gang, an dessen Ende er das Flackern von Feuer erkennen konnte.
Vorsichtig schlich er sich an, konnte aber weder etwas sehen noch hören.
Vielleicht war er fort, um sich ein Kind zu stehlen, überlegte der Ritter. Eine perfekte Gelegenheit, ihm eine Falle zu stellen.
Er trat in die Kammer und in diesem Moment rollte ein riesiger Felsen hinter ihm vor den Ausgang.
Der Troll hatte den jungen Ritter schon lange gerochen und ihm im Schatten aufgelauert.
Der junge Ritter erstarrte vor Furcht beim grauenhaften Anblick des Trolls, der ihn heimtückisch anfunkelte. Beinähe wäre er von diesem einfach zu Sülze zerquetscht worden, als der Troll mit einer riesigen Keule oder vielmehr einem abgebrochenen Baum, den er als Keule benutzte, weit ausholte und nach dem Ritter schlug. In letzter Sekunde fasste der junge Ritter sich wieder und rannte vor dem Troll davon. Er quetschte sich durch einen schmalen Spalt an der gegenüberliegenden Höhlenwand, der zu schmal war, als dass der Troll ihn dort erreichen konnte.
Einstweilen war er hier in Sicherheit, aber das Ungeheuer ließ den Spalt nicht aus den Augen und so saß der junge Ritter gleich doppelt in der Falle.
Er fragte sich, wie er jemals hatte glauben können, fähig zu sein, einen Troll zu besiegen.
Ohne darüber nachzudenken, zog er die gefundene Flöte aus seinem Mantel hervor. Er spielte wieder das Wiegenlied seiner Kindheit.
Als er spielte, begann der Troll zu gähnen und kurze Zeit später schnarchte er ohrenbetäubend.
Immer weiter spielend schlich der junge Ritter aus dem Spalt.
In dem Moment, als die Melodie verstummte, erwachte der Troll wieder.
Doch es war zu spät, der junge Ritter stand hinter dem Troll und erschlug ihn mit seinem Schwert.
Nun war der junge Ritter aber immer noch in der Höhle gefangen.
Er versuchte, den schweren Felsen vor dem Ausgang fortzuschieben, der bewegte sich aber kein Stück.
Da tauchte zum dritten Mal der blaue Schmetterling auf.
Dieses Mal lächelte der Ritter.