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Der beste Freund
Es war schon fast dunkel. Die Laternen schimmerten schon leicht, als die beiden Jungen auf der Bank Platz nahmen. Sie setzten sich mit dem Po auf die Rückenlehne und ließen die Füße baumeln. Der Ältere, von den Beiden, zog eine Zigarettenschachtel aus seiner Jeansjacke, machte sie auf und boten den Jüngeren eine an, bevor er selbst nach dem Nikotinstängel griff. Mit Streichhölzern, auf dessen Verpackung dick und fett das Word YOLO draufstand zündete er sie sich und dann seinen besten Freund an. Entspannt nahmen beide erstmal einen Zug, bevor sie nach den Bierdosen griffen, die auf der Sitzfläche der Bank standen. Der Jüngere nahm einen kräftigen Schluck und sagte plötzlich: „Der Sack fickt die jetzt bestimmt!“ Erschrocken guckte ihn der Ältere an und fragte dann mit großen Augen: „Wen meinst du?“ Mit seiner Hand fuhr der Jüngere durch seine lange blonde Mähne und ein Zug an der Zigarette und ein Schluck aus der Dose Bier folgten, bevor er langsam antwortete: „Naja, ich mein meine beste Freundin, der Typ ist bei ihr und die Eltern sind übers Wochenende weg. Kann man sich ja denken was passiert oder?“ Der Ältere guckte nachdenklich auf den Boden, richtete seine Mütze und streichelte seinen Vollbart. Mit seinen Vans tippelte er nervös auf der Sitzfläche der Parkbank. „Und wenn schon, “ antwortete er „Gönn es ihr doch, vielleicht ist der Typ nicht so schlimm.“ Er versuchte ihn zu beruhigen, doch der Jüngere erwiderte: „Jeder Typ ist scheiße!“ Eine längere Pause folgte, keiner der Beiden wagte ein Wort zu sagen. Stillschweigend tranken sie ihr Bier aus und rauchten die Zigaretten auf. Der Ältere stand auf, strich seine Röhrenjeans glatt, guckte in das verzweifelte Gesicht seines besten Freundes und fragte: „Liebst du sie?“ Keine Antwort kam. Wie erstarrt saß der Jüngere noch auf Bank, der Blick, peinlich berührt, nach unten gerichtet. Der Ältere wiederholte die Frage: „Bro, liebst du sie?“ Wieder kam keine Antwort. Er hörte nur schluchzen und leises Weinen. Er streichelte den Kopf seines besten Freundes, beugte sich nach vorne und drückte einen Kuss auf den Hinterkopf. „Fuck, Bro du tust mir Leid, verdammt Leid nochmal.“ Er wusste helfen konnte er seinen besten Freund in dem Moment nicht. Er kramte in seiner Umhängetasche rum, bis er die Packung Tempos fand, zog eins aus der Verpackung und reichte es seinen niedergeschlagen Freund. Wütend schmiss der es, aber auf den Boden, sprang von der Bank auf und blickte in den dunklen Himmel. Er versuchte die Tränen zu unterdrücken, die aber einfach so an seinen Wangen hinunter kullerten. „Was verdammt noch mal ist Liebe, Bruder? Kannst du es mir erklären?“ Erwartungsvoll schaute er seinen Gegenüber an, doch dieser erwiderte nur: „Sorry, Kleiner, das kann ich nicht. Du musst es schon selber fühlen.“ Wieder kehrte Ruhe ein und die Beiden gingen neben einander die Straße entlang. Die Stimmung war bedrückt, keiner wollte etwas falsches Sagen, grade der Jüngere wusste einfach nicht, was in ihm vorging. Es war einfach zu verwirrend und erschreckend. „Du kennst sie dein ganzes Leben lang schon und du weißt nicht, was du für sie empfindest?“ Wieder war es der Ältere der die Schweigemauer durchbrach. „Doch klar. Sie ist was Besonderes so. Sie verdient nur das Beste und nicht so einen Lappen, jemanden der sie wert schätzt, der ihr das gibt was sie braucht, der sie kennt, der sie in den Arm nimmt, jemanden der immer für sie da ist und was für sie empfindet, jemanden der für sie sterben würde.“ „Dich, also?“ Die Jungs stoppten unter einer Laterne und wieder zog der Ältere aus der Jeansjacken Tasche die Zigaretten Schachtel, nahm sich eine aus der Packung und gab auch seinen besten Freund wieder eine. „Warum weiß sie das nicht?“, fragte er ihn dann anschließend. „Was will sie schon mit so einem wie mir anfangen?“ „Naja es reicht, dass du sie in den Arm nimmst und immer für sie da bist, oder?“ Zögerlich nickte der Jüngere. Hastig rauchte er die Kippe auf. Er schnippt den Filter Stummel auf den Boden und trat dann mit seinen Chucks die Glut aus. Mit beiden Händen in den Hosentaschen ging er nichts sagen neben seinen besten Freund bis zur Kreuzung. Dort verabschiedeten sich Beide. Der Ältere sagte noch: „Kopf hoch!“, bevor er sich umdrehte und nach Hause ging. Der Kleine zog die Kopfhörer aus seiner Hemdbrusttasche, schloss sie an sein Handy an und öffnete sein MP3 Player, dann wählte er seinen Lieblingssong und ließ seinen Schritt von der Musik treiben.
„I want you by my side / So that I never feel alone again / They’ve always been so kind / But now they’ve brought you away from here / I hope they didn’t get your mind / Your heart is too strong anyway / We need to fetch back the time / They have stolen from us / And I want you / We can bring it on the floor / You’ve never danced like this before / But we don’t talk about it / Dancin on oin the boogie all night long / Stoned in paradise / Shouldn’t talk about it“ (Stolen Dance Milky Chance)
Immer wieder hörte er den Song und musste nur an seine beste Freundin denken, die ihn irgendwas bedeutete, aber was es genau war, wusste er leider auch nicht. Am Ende der Straße schien aus ihrem Fenster noch Licht. Er dachte an die Worte eines Sängers : „Am Anfang trifft man sich nur/ Später vermisst man sich / Und irgendwann kann man nicht mehr ohne / Die ganze Welt verliert die Farbe, wenn du alleine bist / Und du denkst du musst lernen damit umzugehen (Sierra Kidd „Signal“)“ Ohne mit der Wimper zu zucken ging er an seiner Haustür vorbei, nur um auf das Licht aus dem Fenster zu zugehen. Ängstlich stand er vor dem Fenster, er hoffte, dass sie ihn nicht sehen würde. Er musste nur einen Blick durch die Glasscheibe werfen, um zu sehen wie es ihr ging. Er sah wie sie auf dem Bett lag. Taschentücher lagen um sie. Anscheinend hatte sie geweint. Schnell rannte er zu Tür und drückte auf die Klingel. Nervös tippte er immer wieder mit seinen Füßen auf den Boden. Schließlich, dass surren der Eingangstür ertönte. Er drückte sie auf und stand vor dem Mädchen. „Endlich!“, sagte sie, als sie erkannte, dass es ihr bester Freund war. Schnell lief er auf sie zu und nahm sie in den Arm. Er umarmte sie fest und streichelte dabei ihre Haare glatt. Ihm wurde klar, egal was er fühlte, egal was es war, es war richtig so. Mit ruhiger Stimme sagte er immer wieder: „Ich bin ja jetzt da. Ich bleib bei dir!“ und küsste ihren Hinterkopf vorsichtig.